Die nächste Runde beim JMStV

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Und: sind die deutschen Bestimmungen zum Jugendschutz ein Feigenblatt?

Heute war ich bei der KJM in München zu einer Diskussion zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV). Der Bericht auf heise online fasst den Diskussionsstand ganz gut zusammen.

Ergänzend kann ich dem noch hinzufügen, dass von einigen Akteuren überlegt wird, ob man denn Hardwarehersteller verpflichten solle, Computer nur noch mit aktivierten (!) Filtern („Jugendschutzprogrammen“) auszuliefern – und da natürlich nur mit zugelassenen Programmen. Allerdings sollen die Nutzer die Möglichkeit haben, die Filter abzuschalten (alles andere wäre auch kaum verfassungskonform).

Wobei ich mir sicher bin: da wird sicher irgendwer die Forderung aufstellen, dass die Blockade von „absolut unzulässigen Inhalten“ nicht abgeschaltet werden können soll.

Passend zum Thema: für das Magazin Tandenz der Beyerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) habe ich einen Kommentar zum Jugendschutz geschrieben – mit Gegenkommentar von Verena Weigand, der Leiterin der Stabsstelle der KJM.

 

Jugendschutz im Netz: Sind die deutschen Bestimmungen ein Feigenblatt?

Was ist wichtig im Jugendschutz? Aufklären und schützen. Doch sollte das eine nicht die Alternative des Anderen sein. Beides ist nötig – aber wie weit dürfen und sollen die gesetzlichen Vorgaben für den Jugendschutz in einem freiheitlich-demokratischen Staat gehen?

Deutschland hat in der gesamten westlichen Welt einmalig strenge Bestimmungen für den Jugendschutz im Internet. In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber einige erfolgreiche Maßnahmen für den Jugendschutz im Internet auf den Weg gebracht, die dazu geführt haben, dass Kinder und Jugendliche heute nicht mehr zufällig auf jugendgefährdende Inhalte stoßen. Der Umkehrschluss ist klar: Jeder durchschnittlich intelligente 14-jährige kann gezielt unerwünschte Inhalte aufrufen, und ein großer Teil der Jugendlichen tut dies auch. Dagegen hilft kein Filterprogramm (Neudeutsch: Jugendschutzprogramm) und Gesetz – hier ist also Aufklärung gefragt. Diese Realität ist bedauerlich, aber es ist nur ehrlich zuzugeben, dass weder strengere Auflagen für die Webseitenbetreiber noch Filterprogramme, auch nicht solche, die durch die KJM „anerkannt“ werden, an dieser Realität etwas ändern. Wenn man also den forcierten Einsatz von Jugendschutzprogrammen als die Leitlinien der deutschen Jugendschutzpolitik begreift, dann sage ich: Ja, das ist ein Feigenblatt.

Dieser Eindruck vervollständigt sich, wenn man sich die beiden von der KJM anerkannten Programme näher anschaut. Zahlreiche Medienberichte zeigen, dass die hier eingesetzte Software fehlerhaft und vollkommen unzureichend ist. Schlimmer noch: Sie stammt aus dem direkten Umfeld der Erotik- und Unterhaltungsindustrie! Ziel der Hersteller ist mitnichten ein verbesserte Jugendschutz, sondern niedrigere Hürden bei der Verbreitung ihrer Inhalte, insbesondere von Erotikfilmen. 

Wie soll man reagieren? Die Erfahrungen anderer Länder im Umgang mit unerwünschten Inhalten im Internet zeigen, dass eine wirklich effektive Filterung von Inhalten nicht möglich ist. China und der Iran haben dies bereits erkannt – ihre Reaktion darauf war die Schaffung inländischer Dienste und Inhalte, strengere gesetzliche Regelungen für die Betreiber und schließlich die schrittweise Abschaltung des Internets. Wer also unter Schutz versteht, dass es Kindern und Jugendlichen unmöglich gemacht werden sollte, an unerwünschte Inhalte zu gelangen, der muss verstehen: Das geht nur, wenn man das Internet abschaltet und ein „Deutschland-Net“ erschafft. Das kann keine sinnvolle Option sein.

Moderner Jugendschutz auf Basis unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung muss aufhören, das Internet als zweiten Fernseher zu begreifen und entsprechend  regulieren zu wollen. Das Internet ist Zeitung, Stammtisch, Radio, Schwarzes Brett, Hörsaal, Shopping-Mall, Fernsehen, Spielplatz, Telefon, Schule und vieles mehr in einem, und doch immer anders. Wir brauchen daher eine moderne, medienadäquate Regulierung, die dem Charakter des Internets als Kommunikationsmedium gerecht wird und dessen Vielfalt erhält. Wir brauchen mehr kindgerechte Inhalte, die nicht nur als geistig degenerierendes Füllmaterial zwischen den Werbeblöcken daherkommen. Wir brauchen medienkompetente Eltern und Lehrer – sowie Kinder, die sich nicht zum bloßen Klickvieh deklassieren lassen.

 

4 Kommentare

>Das geht nur, wenn man das Internet abschaltet und ein „Deutschland-Net“ erschafft. Das kann keine sinnvolle Option sein.

Wieso nicht?
Ihr Vertreter des Freien Internets seit schlimmer als CDU,NSDAP und Katholiosche kirche zusammen.

Wenn es euch nutzt redet ihr von Freheit,wenn es euch stört ist davon plötzlich aber keien rede mehr.
Sieht man ja aktuell Pirate Lauer.

>Lauer argumentiert, kurz gefasst: Twitter nervt. Jeder könne ihn erreichen und seine Tweets kommentieren. Er habe aber keine Lust mehr, jeden Tag "mindestens einen doofen Kommentar, eine Beleidigung" zu lesen. Mehr als 500 Personen habe er bereits geblockt, sie können nicht mehr mit ihm kommunizieren. Allein diese Notwehrmaßnahmen aber verursachten "sozialen Stress". Jo mei, möchte man dazwischen rufen: Sind die Piraten nicht angetreten, sich genau dem auszusetzen? Gehört die mühselige, basisdemokratische Meinungsfindung nicht zu ihrem Markenkern? Wie hält Lauer eigentlich einen Piraten-Parteitag durch? Oder genauer: Was will er da eigentlich?

Quelle:http://www.stern.de/politik/deutschland/bye-bye-schmidtlepp-warum-pirat-lauer-twitter-verlaesst-1974039.html

Jaja,freihiet dient euch Netzaktivisten und co. in wahrheit halt nur dazu eure Private meinung zu verbreiten.

Wenn es nicht so Traurig,Schlimm und eine Standartsichtweise wäre,könnte man über so viel Dummheit echt richtig lachen.

Ihr Vertreter des Freien Internets seit schlimmer als CDU,NSDAP und Katholiosche kirche zusammen. Wenn es euch nutzt redet ihr von Freheit,wenn es euch stört ist davon plötzlich aber keien rede mehr. Sieht man ja aktuell Pirate Lauer.

Wow, das ist ja mal eine Leistung: mit „ich lass das mal mit der Kommunikation und suche nur noch Reichweite“-Lauer wurde ich ja noch nie verglichen.

Ach, übrigens, da fällt mir ein: ich stehe auch auf seiner Block-Liste – weil ich seinen theatralischen Abgang beim Politcamp kritisiert hatte.

Hi, für mich ist das WWW gut vergleichbar mit einer Großstadt. Jugendliche in der Stadt gehen garantiert auch mal in den Rotlichtbezirk - und keiner kann sie davon abhalten. Und trotz Jugendschutz findet Komasaufen statt. Aber nur ein kleiner Teil der Jugendlichen säuft und hurt. Die meisten lernen es, mit diesen Versuchungen umzugehen.

>Und trotz Jugendschutz findet Komasaufen statt. Aber nur ein kleiner Teil der Jugendlichen säuft und hurt.

Wenn man das nicht macht,wird man doch als Jugendlicher mit Ritalin vollgepumpt,und bestenfalls zum Psychologen geschickt,wenn nicht gleich in die Geschlossene.

Ich sag ja mit Freiheit meinen Leute wie diese Piratepartei,CCC,Gauck u.s.w,ihre eigene Freiheit.

Die Anderdenkenden(Anders ist automatisch immer gleichgestzt mit falsch) kommen in dieser tollen new World Freiheit nicht vor.

Man kann heutzatge in China,Nord Korea,Iran oder den USA seine Meinung genauso frei sagen wie in Deutschland,
es muss halt nur die Richtige Meinung sein.

Nur ob das die Grundgestzlich gemeinte Freiheit ist,das man alleine im Wald frei seine Meinung sagen darf,wo sie keiner hört?

Meinunsgfreiheit ist derzeit ein Privileg der Reichen und Berühmten.
Egal ob TV,Internet,Print oder sonstwas.

Maximal das Telefon bleibt noch.
Was für ein toller Fortschritt,denn uns das Internet da gebracht hat.

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