Offiziell will sich die Bundesregierung nicht zum Wahlergebnis in Österreich äußern. "Innenpolitische Entwicklungen eines Nachbarstaates" würden nicht kommentiert, sagte eine Sprecherin am Tag nach dem überraschend deutlichen Wahlerfolg des Rechtspopulisten Norbert Hofer bei der ersten Runde der österreichischen Präsidentschaftswahl. Und dennoch mischen sich führende SPD-Politiker in den Wahlkampf des Nachbarlands ein. Parteichef Sigmar Gabriel appellierte in der Bild-Zeitung an die demokratischen Parteien in Österreich, sich im zweiten Durchgang im Mai hinter den von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen zu stellen.

Gabriel nannte Hofers Wahlerfolg "vor allem eine Absage an die SPÖ und ÖVP". Alle demokratischen Parteien sollten nun gemeinsam Hofers Wahl zum Staatschef verhindern. Die SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wertete das Wahlergebnis als "weiteres Signal für das Erstarken von Rechtspopulisten und der Rechten in etlichen Teilen Europas". Die Sozialdemokraten würden sich "mit Haltung und vernünftigen Argumenten gegen Angstparolen der Rechten in Deutschland stellen und in Europa insgesamt".

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner bezeichnete den Erfolg des FPÖ-Kandidaten als "Weckruf für Europa". Der Stuttgarter Zeitung sagte er, wer ähnliche Ergebnisse in Deutschland verhindern wolle, dürfe nicht Rechtspopulisten nacheifern. Denn "rhetorische Anbiederung oder gar das Kopieren von deren Gaga-Forderungen" mache "Rechtsaußen" erst richtig stark. Deshalb müsse jetzt Schluss sein mit dem "ständigen Flirt des Orbán-Flügels in der CSU mit AfD-Parolen", sagte Stegner mit Blick auf die Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Die Grünen-Chefin Simone Peter erklärte, "mit dem Problem, dass die Wähler dann das Original wählen, müssen wir uns auch in Deutschland auseinandersetzen". Mit einer Stimme für den ehemaligen Grünen-Vorsitzenden lasse sich Hofer am 22. Mai aber möglicherweise noch abwehren.

Inzwischen ist der hohe Sieg Hofers und sein Einzug in die Stichwahl amtlich. Laut offiziellem Endergebnis vom Montagabend kam der 45-Jährige auf 35,1 Prozent der Stimmen. Europas Rechtspopulisten fühlen sich deshalb im Aufwind. Der FPÖ-Kandidat erhielt unter anderem Glückwünsche von der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) sowie von Marine Le Pen, der Chefin der rechtsextremen französischen Partei Front National. AfD-Chefin Frauke Petry gratulierte Hofer und der FPÖ zum "grandiosen Erdrutschsieg" und wünschte dem Kandidaten für die zweite Runde viel Erfolg. Le Pen sprach von einem "großartigen Ergebnis" und beglückwünschte das gesamte österreichische Volk.

Österreichs Presse schreibt von politischem Tsunami

Glückwünsche kamen auch vom rechtspopulistischen niederländischen Politiker Geert Wilders und der rechtsgerichteten Lega Nord aus Italien. In Ungarn sprach die rechtsextreme Partei Jobbik von einer "beschämenden Niederlage" für die österreichische Regierung.

Die Kandidaten der beiden Volksparteien ÖVP und SPÖ hatten es erstmals seit 1945 nicht in die Stichwahl geschafft. Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer kamen auf jeweils rund elf Prozent der Stimmen, Van der Bellen auf etwa 20 Prozent.

Entsprechend fiel am Tag nach der Wahl auch das Medienecho in Österreich aus. Mehrere Zeitungen sprachen von einem Tsunami oder einem Erdbeben. Die Tageszeitung Die Presse schrieb in Anspielung auf die Farbe der FPÖ vom "Tag, als Österreich blau wurde".