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Ein Abteil für zwei

von cbra
Kurzbeschreibung
KurzgeschichteLiebesgeschichte / P12 / Het
Edward Anthony Masen Cullen Isabella "Bella" Marie Swan
26.12.2010
26.12.2010
1
7.676
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26.12.2010 7.676
 
Das ist mein Beitrag zum Ein-Satz-Contest auf http://www.twilight-ff.de.

Den ersten Platz teile ich mir mit der Geschichte "Despair" von Inamabilis. Dir und allen, die mitgemacht haben, herzlichen Glückwunsch!

Ein liebes Dankeschön an meine Beta Bleyfrei78, die den OS von der alten dt. in die neue dt. Rechtschreibung "übersetzt" hat und an alle, die abgestimmt haben! Dankeschööön!

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Genre: Romanze / Humor


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Hätte mir jemand noch vor ein paar Monaten gesagt, ich wäre heute verheiratet, hätte ich ihn für verrückt erklärt...

Perfekt!

Schnell kritzelte ich diesen Satz auf meinen Papierblock und lächelte selig über diese Eingebung. Ja, der Satz war großartig. Eine glanzvolle Einleitung für meinen neuen Liebesroman.

Bella Swan, du bist die Beste.

Jawohl!

Das zufriedene Lächeln blieb auf meinen Lippen haften, während ich meinen Block wieder in meiner Umhängetasche verstaute und mit großen, schnellen Schritten meinen Koffer über den Bahnsteig der Los Angeles Union Station zog. Der Zug, der mich zum Weihnachtsfest meiner Lieben bringen würde, wartete schon auf dem Gleis vier.

Für gewöhnlich reiste ich nicht mit dem Zug. Diesen Horror würde ich mir unter normalen Umständen nicht antun, aber leider hatte ich vergessen, mir rechtzeitig einen Flug zu buchen und es war einfach kein Flieger mehr nach Chicago zu bekommen gewesen.

Das hatte man nun davon, wenn man sich nur noch in der Traumwelt seiner Protagonisten befand und ich mir die Finger wund schrieb, damit andere eine atemberaubende Herzschmerzgeschichte mit Irrungen und Windungen zu lesen bekamen. Man reduzierte sein Privatleben auf ein Minimum, vergaß das Essen und leider auch den Flug zu buchen.

Aber egal, der Schlafwagen des California Zephyr, eines Überland-Schnellzuges, hatte für die vierundvierzig Stunden Fahrt von Los Angeles nach Chicago noch ein Deluxe-Abteil frei gehabt und ich hatte es mir schnell unter den Nagel gerissen.

Glück musste man haben!

Lächelnd schritt ich durch die milde Winterluft. Achtzehn Grad hatte das Thermometer heute morgen auf dem Balkon meiner kleinen Wohnung angezeigt. Nun, in Chicago würde mich Dauerfrost erwarten. Minus fünf Grad hatte ich gestern abend noch im Internet recherchiert.

Brrr!

Ich wußte schon, warum ich mich an der Westküste niedergelassen hatte. Meine Eltern liebten Chicago, aber für mein Studium hatte ich mir Los Angeles ausgesucht und war dort hängengeblieben. Die Stadt gefiel mir einfach ausgezeichnet, was mich aber nicht davon abhielt, alle wichtigen Festlichkeiten und den einen oder andern Pflichtbesuch in Chicago wahrzunehmen. Schließlich war das heutzutage, im Zeitalter der Linienflüge, ein Katzensprung. In nur sechs Stunden, war man da.

Okay, zugegeben, so schnell würde es diesmal nicht gehen.

Inzwischen hatte ich meinen Zug erreicht. Der Schaffner half mir freundlicherweise mit dem Koffer in den richtigen Zugwagon und schon suchte ich mein Abteil, in dem ich mich die nächsten knappen zwei Tage aufhalten würde.

Mein Zugticket hervorziehend, orientierte ich mich kurz und ging dann zielstrebig zu der entsprechenden Nummer. Der Wagon war gerammelt voll. Mühsam schob ich mich mit meinem Koffer an den Leuten vorbei. Wollten die etwa alle noch schnell an Weihnachten zu Hause sein, so wie ich? Kopfschüttelnd drängte ich mich weiter.

Endlich erreichte ich mein Abteil und drückte die blickdichten Türen auseinander. Ich trat ein und stellte langsam meinen Koffer ab. Während sich leise zischend die Türschotten hinter mir schlossen, ließ ich neugierig meinen Blick durch den kleinen Raum schweifen. Zwei bequem aussehende Sitze, einen kleinen Tisch, eine Garderobe, zwei Etagenbetten, okay, der Raum war nicht riesig, aber hier konnte man es aushalten.

Mit zwei Schritten war ich bei dem winzigen Bad, das sich hinter einer schmalen Tür versteckte. Eine kleine Toilette mit Waschtisch, sowie eine Dusche, das Notwendigste halt.

Insgesamt alles sehr sauber, fast gemütlich, wenn man das über ein Bahnabteil überhaupt sagen konnte.

Zufrieden ließ ich mich in einen der zwei Sitze am Fenster sinken und schaute auf den Bahnsteig. Die Menschen liefen wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen kreuz und quer durcheinander. Direkt vor meinem Fenster wurde in diesem Moment ein junger Mann, nur wenig älter als ich, von einem anderen kräftigen Kerl über den Haufen gerannt.

Dass ihm das passierte, fand ich recht ungewöhnlich. Er war groß und bestimmt nicht zu übersehen. Er kam ins Stolpern und konnte sich eben noch so fangen. Allerdings wurde seine Aktentasche zu Boden geschleudert und ein Stapel Papier flatterte wild um ihn herum. Eilig sank er auf die Knie und sammelte seine Unterlagen auf.

Ich lehnte mich näher an das Fenster, um ihn besser beobachten zu können. Seine Gestalt war zwar unter dem dunklen Mantel nur mäßig zu erkennen und doch konnte man ihn durchaus als schlank und attraktiv bezeichnen. Lange, flinke Finger sammelten in unglaublicher Geschwindigkeit die unzähligen Blätter vom Boden auf.

Sein Antlitz konnte ich nur von der Seite erkennen, doch seine Haut war hell, als würde er nicht oft die Sonne zu Gesicht bekommen und bildete einen interessanten Kontrast zu den rotbraunen Haaren, die durch den Aufprall mit dem Typ jetzt verstrubbelt abstanden.

Himmel, war ich froh, bereits in aller Ruhe meinen Platz gefunden zu haben. Nicht auszudenken, wenn mir so etwas Peinliches passiert wäre. Früher als Teenie war ich auch schusselig gewesen, aber inzwischen war ich da herausgewachsen. Mit fünfundzwanzig konnte man sich ruhig Ladylike verhalten.

Mein Handy vibrierte in meiner Jeans. Mit zwei Fingern zog ich es hervor und sah kurz aufs Display. Lächelnd nahm ich das Gespräch an.

„Hey, Dad.“

„Hi, Bells, wie sieht es aus? Bist du unterwegs?“, meldete sich Charlie.

Deutlich konnte man aus seiner Stimme seine Vorfreude vernehmen, dass ich die Feiertage zu Hause verbringen würde.

„Ja, alles bestens, hier lässt es sich gut aushalten. Ich sitz schon gemütlich in meinem Abteil und der Zug fährt gleich los. Du holst mich vom Bahnhof ab?“

„Natürlich werden wir dich abholen. Wir freuen uns schon. Paß auf dich auf, Bells.“

„Klar, Dad, der Zug weiß wo es lang geht. Liebe Grüße an Mom. Bye.“

Charlie machte sich echt zu viele Sorgen, okay, er hatte meine chaotische Mutter am Hals, aber ich war doch wirklich gut geraten. Seit Jahren musste man sich keine Sorgen mehr um mich machen. Mein Literaturstudium war problemlos verlaufen und hatte sich inzwischen mehr als bezahlt gemacht. Mein erstes Manuskript hatte nach nur drei Verlagen, einen Abnehmer gefunden und war wie eine Bombe eingeschlagen. Mein Buch verkaufte sich sogar so gut, dass ich davon leben konnte.

Ich war ein Glückspilz.

Auf dem Bahnsteig gab es eine Durchsage, dann das berühmte Geräusch, welches verriet, dass sich die Türen schlossen und nur wenige Sekunden später, setzte sich der Zug in Bewegung. Auf dem Gang konnte ich immer noch die Menschen vorbeilaufen hören, wie sie sich lautstark zu ihren Sitzplätzen begaben. Sollten sie sich doch draußen alle gegenseitig auf die Füße treten, ich konnte mich entspannt in meinen Sitz sinken lassen und die Aussicht genießen. Durch das Fenster konnte ich beobachten, wie wir den Bahnhof hinter uns ließen und zügig an Fahrt aufnahmen, als sich die Türschotten meines Abteils leise zischend öffneten.

Der große, schlanke Typ vom Bahnsteig entschuldigte sich bei einer vorbeigehenden Blondine, die er gerade angerempelt hatte und bewegte sich, seinen Koffer hinter sich herziehend, seitwärts in mein Abteil. Ich sah das Unglück kommen, doch es ging einfach zu schnell, um reagieren zu können.

Er stolperte über meinen achtlos auf dem Boden vergessenen Koffer und konnte sich eben noch am Türrahmen festhalten, um nicht der Länge nach hinzufallen. Krampfhaft umklammerte er seine Aktentasche, damit die Blätter nicht schon wieder durch die Gegend flogen.

Mit großen Augen verfolgte ich das Schauspiel und machte mich rasch auf, um meinen Koffer zur Seite zu räumen. Okay, der Kerl hatte sich in mein Abteil verirrt, aber um ein Haar hätte er sich wegen meiner Schlampigkeit die Knochen gebrochen.

„Entschuldigung“, murmelte er, straffte seine Gestalt und zog rasch seinen Koffer in das Abteil.

Automatisch schlossen sich hinter ihm die Türschotten und er begann, sich aus seinem Mantel zu schälen.

Moment! Was sollte das werden? Wollte er sich etwa hier häuslich einrichten?

Ungläubig schaute ich zu, wie er jetzt mir abgewandt seinen Mantel an die Garderobe hing und ein schwarzer Nadelstreifenanzug darunter zum Vorschein kam.

„Das ist mein Abteil, Mister“, gab ich missgestimmt von mir.

Ich hatte es komplett – gegen einen nicht unerheblichen Aufpreis – reserviert, denn ich legte keinen gesteigerten Wert darauf, mit irgendeinem Fremden in einem Schlafabteil die Räumlichkeiten teilen zu müssen.

Mister-ich-falle-über-meine-eigenen-Füße wandte sich zu mir um und lächelte mich entschuldigend an.

„Cullen. Edward Cullen.“

Eine schlanke Hand wurde mir entgegengestreckt.

„Ich nehme an, wir teilen uns dieses Abteil?“

Sprachlos sah ich ihn an. Was mich mehr aus der Bahn warf, wußte ich nicht zu sagen. Waren es diese unglaublichen grünen Augen, die mich anstrahlten oder die Bemerkung, dass er mit mir dieses Abteil teilen wollte?

„Swan und ich teile diese Räumlichkeiten nicht“, gab ich dennoch mürrisch von mir.

Seine Hand ignorierend, verschränkte ich meine Arme vor der Brust.

Zögerlich nahm er seine Hand zurück und holte aus der Innentasche seines Anzuges sein Bahnticket. Darauf bedacht, nicht über seinen eigenen Koffer zu stolpern, war er zur Tür raus und verglich auf dem Gang die Nummer des Abteils mit dem Papier in seiner Hand. Mit einem unverschämten Lächeln, kam er wieder zurück und mit einem leisen Seufzen, schlossen sich die Tütschotten wieder hinter ihm.

„Nun, ich befinde mich im richtigen Abteil“, sagte er sichtlich zufrieden mit einer ruhigen Samtstimme, die seinesgleichen suchte und hielt mir sein Ticket vor die Nase.

Misstrauisch nahm ich es an mich und verglich rasch die Nummer mit meinem Fahrschein und spürte, wie ich blass wurde.

„Da muss ein Fehler vorliegen“, hauchte ich und gab ihm sein Ticket wieder zurück. „Ich habe das Abteil komplett gebucht.“

„Scheinbar nicht“, gab er süffisant von sich und verstaute gemächlich seinen Koffer.

Seelenruhig begann er, sich sein Jackett aufzuknöpfen. Ein weißes Hemd kam zum Vorschein, das seinem Oberkörper schmeichelte. Mit einem zufriedenen Lächeln, plazierte sich auf dem gegenüberliegenden Sitz und sah zu mir herüber.

Unglaublich, mir fehlten die Worte. Ich stemmte meine Hände in die Hüfte und starrte ihn fassungslos an, als sich die Türschotten erneut öffneten und eine ältere, rundliche Schaffnerin herein kam.

„Guten Tag, ihre Fahrscheine bitte“, ertönte ihre freundliche, routinierte Stimme und ließ ihren Blick zwischen uns schweifen.

Schnell reichte ich ihr mein Ticket und begann der Frau zu erklären, dass es hier ein Problem gab. Geduldig hörte sie sich meinen Monolog an, dann nahm sie den Fahrschein von Mister-ich-trag-ein-weißes-Hemd-und-seh-darin-unwiderstehlich-aus entgegen und begutachtete beide eingehend.

„Miss, sie hätten hier noch ein Häkchen setzen müssen, dann wäre es ihr alleiniges Reich gewesen. So müssen sie es wohl oder übel teilen, denn der Zug ist restlos ausgebucht. Aber, ich nehme an, es gibt schlimmere Gesellschaft, nicht wahr?“

Sie zwinkert mir zu und lächelte Mister-ha-ich-hatte-recht-und-grinse-unverschämt-vor-mich-hin an.

Entnervt fuhr ich mir durch meine langen, braunen Haare, als sie aus dem Abteil in den Korridor hinaus trat und uns wieder alleine ließ.

Verdammt, wie hatte mir dieser Fehler nur unterlaufen können? Normalerweise passierte mir doch so etwas nicht. Und warum war mein Ticket dann so teuer gewesen? War das etwa ein Feiertagszuschlag gewesen?

Grimmig starrte ich mein Gegenüber an, der sanft vor sich hinlächelte.

„Fein. Wenn das geklärt wäre, können wir vielleicht nochmal von vorne anfangen. Ich heiße Edward Cullen.“

Wieder streckte er mir euphorisch seine Hand entgegen. Himmel, war der Kerl hartnäckig. Aber gut, auf seinem Fahrschein hatte ich gelesen, dass er auch nach Chicago unterwegs war. Wohl oder übel, musste ich mich mit ihm die nächsten knappen zwei Tage arrangieren.

Seufzend streckte ich ihm meine Hand entgegen. Sein Händedruck war angenehm warm und fest, meine Hand verschwand geradezu in seiner. Naja, kein Wunder der Kerl überragte mich um einen ganzen Kopf. Um ihm aus dieser kurzen Distanz in die Augen blicken zu können, musste ich meinen Kopf in den Nacken legen.

„Isabella Swan“, sagte ich resigniert und entzog ihm wieder meine Hand.

Lächelnd sah er zu mir herunter.

„Ich verspreche, du wirst mich kaum bemerken. Ich bin ein ruhiger Zeitgenosse.“

Das hoffe ich für dich, grummelte ich stumm in mich hinein und bemerkte gereizt, dass er soeben zum Du übergegangen war. Na gut, sollte er halt. Ich schätzte ihn auf mein Alter, höchstens Ende zwanzig, also wo lag das Problem?

Ich kam zu dem Ergebnis: Der Kerl war ein Problem.

Grimmig biß ich mir auf die Unterlippe.

„Und ich kann mich nützlich machen. Soll ich deinen Koffer verstauen?“, bot er sich an.

Das konnte ich schon sehr gut selbst. Kopfschüttelnd bewegte ich mich an Mister-ich-versuch-es-mal-auf-die-charmante-Art vorbei. Den Koffer schob ich hinter ihm in die Nische unter der Garderobe und holte meinen Laptop hervor. Wenn ich schon gezwungen war, seine Anwesenheit zu ertragen, dann wollte ich wenigstens meine neuesten Notizen für mein Buch niederschreiben.

Achselzuckend zog er sich das Jackett aus, hing es über die Lehne seines Sitzes und streckte die Beine entspannt aus.

Mit einer fließenden Bewegung, setzte ich mich auf den Platz gegenüber, klappte meinen Laptop auf und überschlug meine Beine, wobei ich ihn unter dem Tisch an das selbige trat.

Himmel, hatte der lange Stelzen.

Rasch zog er seine langen Beine ein, murmelte eine Entschuldigung und setzte sich gerade hin.

Hey, ich hatte ihn getreten, warum entschuldigte er sich?

„Sorry“, murmelte ich und begann meinen Block aufzuschlagen, um meine Notizen abzutippen.

Hätte mir jemand noch vor ein paar Monaten gesagt, ich wäre heute verheiratet, hätte ich ihn für verrückt erklärt...

So, weiter geht´s. Mike und Jessica sollten in meiner neuen Geschichte ihre Hochzeit feiern und auf Umwegen sich ihrer Liebe bewußt werden. Hmm, ich könnte meine Protagonisten dafür nach Las Vegas schicken...

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDumDumDaaa.“

Mein Kopf schoss hoch, als völlig überraschend diese Melodie in den Raum plärrte.

Wild um sich suchend, sprang Mister-ich-hab-so-einen-furchtbar-schrecklichen-Handy-Klingelton auf und suchte sein Mobiltelefon. Nachdem ich das Gequäke zum zweiten Mal ertragen musste, fand er es endlich in seinem Mantel.

„Edward Cullen.“

Verlegen lächelnd, setzte er sich mir wieder gegenüber und lauschte seinem Gesprächspartner.

„Was sagst du? Kein Geschenk? … Rose, beruhige dich… Du hast doch bisher immer das Passende gefunden… Keine Panik, ja? Ich überleg mir was… Jaaa, ich melde mich, sobald mir was einfällt.“

Er klappte sein Handy zu und legte es auf den Tisch zwischen uns.

Okay, wo war ich stehen geblieben? Ah ja, Mike und Jessica. Eine heiße Liebesnacht sollte auch noch stattfinden. Die Leser sollten schließlich was geboten bekommen…

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Genervt, starrte ich das lärmende Handy auf dem Tisch an. Wie sollte ich nur dabei weiterschreiben? Die Hand meines Gegenübers schoss zu dem Handy vor und riss es an sein Ohr.

„Edward Cullen.“

Stille.

Ich schielte über meinen Laptop zu ihm herüber. Mit einem angestrengten Blick, fixierte er einen Punkt auf dem Tisch zwischen uns.

„Hey, Alice, bitte sprich ein wenig langsamer… Nein, bitte, ehrlich, ich versteh dich kaum… Oh… Wirklich? … Nein, langsamer, bitte… Ich versteh nur Bahnhof… Das kann nicht dein Ernst sein… Bist du sicher? … Hey, bitte, nicht auch noch weinen… Alice, Kleines… Das renkt sich schon wieder ein… Nein, tut es nicht? ... Hey, ich überleg mir was… Nein, lass mich mal machen… Da kann es sich doch nur um ein Missverständnis handeln… Alice, bitte, beruhig dich… Atme mal tief durch… Na, bitte, geht doch… Okay, ich schau, was ich aus ihm herausbekommen kann… Klar, bin ich doch immer… Hab dich auch lieb. Kopf hoch. Ich melde mich.“

Na, war ja klar, Mister-ich-seh-unverschämt-gut-aus hatte an jedem Finger eine Frau. Was auch sonst? Ich sollte diesen Kerl wirklich als Inspirationsquelle für meinen Roman nutzen.

Lächelnd begann ich zu tippen. Mike könnte was mit einer… hmm… Alicia haben und diese Rose machte ich zu einer Lauren. Ja, Lauren hörte sich angenehmer als Rose an. Gerade als ich meiner Fantasie weiter freien Lauf lassen wollte, wurde die Stille schon wieder unterbrochen.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Unendlich langsam, sah ich über meinen Laptop hinweg, in ein verlegen errötendes Gesicht. Mein Herz begann, schneller zu schlagen. Das bißchen Farbe stand ihm unverschämt gut.

„Edward Cullen.“

Er lauschte und sein Mund verzog sich.

„Seth, ich hab die Akten kopiert und abgelegt. Der Fall ist doch geschlossen, oder? … Oh, ist er nicht? … Ähm, ehrlich? … Der Mandant hat was anderes gesagt… Ja, die ganze Zeit… Wie er hieß? Lass mich mal überlegen… Banner, ja, genau, der war es… Was soll das heißen, ich bin schusselig? … Okay, ja, nach den Feiertagen… Ja, Seth, mach ich… Ich wünsche dir auch ein schönes Fest. Bye.“

Meine Augenbrauen wanderten hoch.

„Wie war das? Du wirst mich kaum bemerken?“, neckte ich ihn und konnte meinen ironischen Tonfall nicht komplett unterdrücken.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Entschuldigend zog er seine Schultern nach oben und hob das Handy an sein Ohr.

„Edward Cullen. Oh, Alice,… Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen… Hey, natürlich bist du mir wichtig… Hör doch… Nein, bitte, nicht weinen… Ich kümmere mich gleich darum… Ja, versprochen… Bis dann.“

Seufzend fuhr er sich durch die Haare und verstrubbelte sie nun völlig. Huh, der steife Anzugsmensch vor mir verwandelte sich langsam aber sicher in einen legeren, sexy Typ.

„Ähm, also normalerweise geht mein Handy nicht so häufig, ehrlich“, versuchte sich Mister-ich-fahr-mir-gleich-nochmal-durch-die-verstrubbelten-Haare herauszureden.

Noch bevor ich einen bissigen Kommentar abgeben konnte, erklang erneut das quäkende Gedudel.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Seine Wangen verfärbten sich rosa und ich konnte einfach nicht anders als ihn über meinen Laptop anzustarren.

„Edward Cullen… Hey, Dad, ja ich bin auf dem Weg zu euch, der Zug ist seit einigen Minuten unterwegs… Nein, Zug nicht Flugzeug… Nein, ich bin nicht des Wahnsinns. Ich hab keinen Flug mehr nach Chicago buchen können… Wie meinst du das? … Was für ein Flugticket? … Oh, wirklich? … Dad, ich befürchte, dein Brief mit dem Flugticket muss in die Werbung hineingerutscht sein und die habe ich unbesehen weggeworfen… Ja, das ist dumm gelaufen… Was soll das heißen, das kann nur mir passieren? Emmett macht auch manchmal Mist… Okay, lässt sich nicht mehr ändern… Ja, ich komme noch rechtzeitig zu Weihnachten heim… Freu mich schon… Bis dann, Dad. Bye.“

Entschuldigend lächelte mich Mister-meine-Wangen-nehmen-gar-keine-normale-Gesichtsfarbe-mehr-an über den Tisch hinweg an.

„Familie. Man muss sie einfach lieben, sonst würden sie einen wahrscheinlich wahnsinnig machen.“

Knapp nickte ich und vertiefte mich dann an meinen Laptop.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Diesmal konnte ich mir ein gereiztes Aufstöhnen nicht verkneifen. Wie sollte man hier einen klaren Gedanken fassen, geschweige denn, einen Satz schreiben können?

„Es tut mir wahnsinnig leid“, stammelte er, riss sein Handy an sich, sprang auf und stolperte rasch aus dem Abteil auf den Gang hinaus.

Kopfschüttelnd sah ich ihm hinterher. Was für ein Chaot! Hmm, aber ein wirklich gutaussehender. Langsam wandte ich mich wieder meiner Story zu. Warum nur, hatte ich Mike blaue Augen und einen Blondschopf verpasst? Rotbraune Haare und grüne Augen sahen so sexy aus.

Seufzend hing ich meinen Gedanken hinterher und dachte mir eine heiße Szene in Las Vegas aus, allerdings schoben sich immer wieder die himmlischen Augen von Mister-ich-strahle-puren-Sex-aus in meine Phantasie.

Meine Finger entwickelten ein Eigenleben und tippten eine abstruse Idee nach der anderen ab. Als ich nach ein paar Minuten über mein Geschreibsel las, keuchte ich leise auf.

Das war heiß!

Holla, der Kerl entwickelte sich zu meiner persönlichen Muse. Apropos Muse, wo war er denn hinverschwunden? Seit einer halben Ewigkeit, war es schon so furchtbar ruhig und langsam begann ich, ihn zu vermissen.

Zu vermissen?

Herrgott, ich kannte den Kerl noch nicht mal. Was war nur los mit mir? Als könne er Gedanken lesen, ging die Tür auf und trat mit zwei dampfenden Becher Kaffee in das Abteil.

„Hey“, sagte er schüchtern und kam an den Tisch. „Ich dachte, ich könne mich hiermit vielleicht für den Telefonterror entschuldigen.“

Mir wurde ein dampfender Becher hingehalten, der herrlich verlockend roch.

„Danke“, murmelte ich und klappte meinen Laptop zu.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

„Ich… Es tut mir unendlich leid“, stammelte er und zog sein Handy aus der Hosentasche.

„Edward Cullen… Hey, Angela, wolltest du heute nicht früher Schluss machen? … Ah, verstehe… Öhm, nein, hab ich nicht… Nein, hab ich vergessen… Öhm… Puh, das würdest du wirklich tun? … Hey, was würde ich ohne dich machen? … Oh, danke, du bist die Beste… Okay, darüber können wir nach den Festtagen sprechen… Ich wünsche dir ein wunderschönes Fest. Bye.“

Mister-Lover-Lover war wirklich umtriebig. Konnte ich meinem Protagonisten Mike drei Frauen an den Leib schreiben? Das erforderte ja richtig Zeitmanagement. Nur, wie zur Hölle sollte ich dann ihm und Jessica ein Happy End herbeischreiben? Ah, kein Happy End, sondern es begann mit einer Hochzeit und endete im Drama. Mal schauen, was mir dazu einfiel.
In mich hineinlächelnd, klappte ich meinen Laptop wieder auf und begann augenblicklich, in die Tasten zu hauen.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubi...“

Ich machte mir schon gar nicht mehr die Mühe meinen Kopf zu heben, sondern sah lediglich mit einem grimmigen Blick über meinen Bildschirm zu ihm herüber und tippte meine Ideen ab.

„Edward Cullen… Hey, Mom, was gibt´s? … Nein, mach dir wegen mir keine Umstände… Oh, wirklich? … Das ist toll… Jaaa, ich liebe Rehbraten… Ich freue mich… Okay, bis morgen. Bye.“

Bevor das Höllenteil wieder losdudeln konnte, stellte ich die elementare Frage, die mir seit dem ersten Anruf auf der Zunge brannte.

„Wie, um Himmels Willen, kommt man zu so einem Klingelton?“

Jedes einzelne Wort hatte ich besonders betont, damit er die Tragweite meiner Frage begriff.

Verzweifelt verzog er seinen Mund zu einem Lächeln und sah mich über den Tisch hinweg an.

„Er ist gräßlich, nicht wahr?“

Die Antwort erübrigte sich, dennoch nickte ich stumm mit meinem Kopf einmal langsam hoch und runter.

Verlegen strubbelte er sich durch das Haar und hielt mit seiner Hand im Nacken inne.

„Ist ne Wettschuld. Letztes Jahr hab ich beim Kartenspiel gegen meinen Bruder verloren. Ein Jahr lang diesen Klingelton auf meinem Handy mit mir herumtragen, war der Einsatz. Nun, noch zwei Tage muss ich durchhalten, dann hab ich es überstanden.“

Ungläubig starrte ich ihn an. Das ertrug er gegen seinen Willen schon fast ein Jahr lang?

Respekt!

„Schon mal dran gedacht, zu schummeln?“

Empört schüttelte er seinen Kopf.

„Wettschulden sind Ehrenschulden.“

Oh, Mister-ich-habe-Ehre-und-Gewissen, wenn dein Handy so weiter macht, dann werfe ich es unterwegs eigenhändig aus dem Fenster, dachte ich grimmig und überlegte mir eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie ich dem Handy den Garaus machen konnte.

Als ahne er meine kriminelle Energie, schaltete er sein Handy auf lautlos.

„Das gibt heute keinen Mucks mehr von sich, versprochen.“

Erleichtert atmete ich auf und tippte auf meiner Tastatur herum. Die Minuten flogen ins Land und draußen war es inzwischen dunkel. Mister-ich-krempel-mir-mal-lässig-die-Hemdsärmel-hoch hatte inzwischen das Licht angeschaltet und arbeitete seinerseits seine durcheinander geratenen Unterlagen auf, wobei er den kompletten Tisch einnahm. Nur ein winziges Eckchen blieb mir und meinem Laptop. Meine Geschichte wuchs, bis ich mich zurücklehnte und die letzten geschriebenen Zeilen überflog.

„Können wir bald schlafen gehen?“, fragte er unvermittelt.

Meine Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, als ich ihn über meinen Laptop hinweg musterte.

„Wir?“, echote ich.

Wieder flog ein Hauch rosa über seine Wangen. Awwww…

„Öhm, naja, jeder in seinem Bett versteht sich“, versuchte er, sich zu erklären und begann, seine Unterlagen auf dem Tisch zu sortieren.

„Ich muss noch schreiben“, hielt ich dagegen und war chronisch unzufrieden mit meinen letzten Sätzen.

„Wie lange schreibst du noch?“

Hey, was waren das denn für nervige Fragen? Erst sein Handy, jetzt er. Was wollte er denn von mir?

„Hä?“, pampte ich ihn lediglich an und stützte meinen Kopf in den angewinkelten Arm und löschte mit der anderen Hand die letzten Sätze.

„Naja, langsam werde ich müde“, murmelte er und stapelte langsam seine Papiere auf einem Haufen.

„Und?“, fragte ich einsilbig und hatte plötzlich eine Eingebung.

Rücksichtslos begann ich meinen Gedankengang niederzuschreiben.

„Das Licht ist bestimmt nicht förderlich, wenn man schlafen möchte“, bemühte er sich, mich zu bekehren doch langsam zum Ende zu kommen.

Okay, da musste ich ihm recht geben. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es wirklich schon spät war. Naja, er hatte dieses Höllenhandy auf lautlos gestellt, da konnte ich ihm auch ein wenig entgegen kommen.

Schnell schrieb ich meinen letzten Satz nieder, speicherte die Datei ab und fuhr meinen Laptop runter. Leben kam in ihn und gerade wollte er sich erheben, da schüttelte ich nur rasch meinen Kopf.

„Ladys first. Das Bad gehört mir.“

Mit einer ausladenden Handbewegung und einem unwiderstehlichen Lächeln, bedeutete er mir, mich vorzulassen. Schnell kramte ich meinen Kulturbeutel und mein zum Nachthemd umfunktioniertes Longshirt hervor und verschwand in der winzigen Nasszelle, die sich Bad schimpfte.

Gewissenhaft durchlief ich das gesamte abendliche Reinigungsprozedere und erledigte meine menschlichen Bedürfnisse. Zu guter Letzt, tauschte ich meinen grauen Rollkragenpulli und meine Jeans gegen ein Shirt mit dem Aufdruck der New York Yankees, das mir knapp über den Knien ab ging.

Langsam schob ich mich wieder in den Raum zurück, in dem schon ein halb entkleideter Mann am Fenster stand und angestrengt versuchte, draußen in der Dunkelheit etwas zu erkennen, während er schon wieder sein Handy am Ohr hatte.

Geräuschvoll zog ich die Luft zwischen meinen Zähnen ein. Was sagte man denn zu dieser Kombination? Ein dunkelblaues Calvin-Klein-T-Shirt, das perfekt seinem Oberkörper schmeichelte und dazu eine bunt bedruckte Snoopy-Shorts, die lediglich mal das erste Drittel seiner absolut attraktiven Oberschenkel und seinen knackigen Hintern bedeckte.

Himmel, der Kerl stand auf Snoopy!

„Ja, klingt eigentlich nach mir… Hmm, blöd… Okay… Hätte ich dir auch nicht zugetraut… Oh Mann,… Jasper, mach ihr das klar, sie ist am Boden zerstört… Ja, gleich morgen früh… Nein, ich gehe jetzt schlafen. Ich bin hundemüde… Ja, dir auch… Nacht, Jazz.“

Er klappte das Handy zu und drehte sich zu mir um. Rasch bewegte ich mich blinzelnd nach vorne, als hätte ich nicht eben ihn anstarrend, seinem Gespräch gelauscht.

„Bad ist frei“, murmelte ich und konnte mir ein Grinsen bei seinem Aufzug nicht verkneifen.

Ein schiefes, unsicheres Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er nach seinem Kulturbeutel griff und versuchte, meine Reaktion zu deuten.

„Was?“, fragte er und zog seine Augenbrauen zusammen.

Meine Hand zeigte mit einer ausladenden Geste an seiner Statur von oben nach unten, während ich ein Kichern nicht mehr zurückhalten konnte.

„Interessanter Aufzug. Ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber individuell.“

Als wüßte er nicht, was er trug, sah er an sich herunter, dann hob er seinen Kopf und schaute mich mit einem herausfordernden Blick an.

Er zupfte sich am T-Shirt.

„Weihnachtsgeschenk meiner Schwester.“

Seine Hand wanderte nach unten und zupfte an seiner Shorts.

„Geburtstagsgeschenk meines Bruders. Noch Fragen?“

Hoch erhobenen Hauptes, watschelte er barfuß in die Nasszelle und verschloss sie von innen. Huh, war da einer empfindlich, wenn es um seine Klamotten ging? Schulterzuckend begab ich mich zu meinem Koffer, verstaute meinen Kulturbeutel und legte mich in das untere Etagenbett.

Aus dem Bad hörte man jeden einzelnen Wassertropfen und peinlich berührt hoffte ich, dass er meinen Toilettengang nicht so deutlich gehört hatte, wie ich eben seinen. Zum Glück hatte er telefoniert, fuhr es mir durch den Sinn.

Um ihm mehr Privatsphäre zu gönnen, drehte ich mich auf die Seite und preßte mir mein Kissen auf das Ohr.

Warum hatte ich nur dieses eine kleine Häkchen in dem Onlineformular nicht gesetzt? Aber auf der anderen Seite, wäre ohne ihn diese Zugfahrt richtig langweilig verlaufen und hätte ich all diese Einfälle zu meinen Protagonisten gehabt, wenn er nicht gewesen wäre?

Meine Gedanken drifteten zu Jessica und Mike ab, dem ich insgeheim grüne Augen und rotbraune Haare verpasst hatte. Vom Drama war ich dann doch abgekommen und hatte mich auf Leidenschaft festgelegt. Mike küsste die brünette Schönheit stürmisch im Korridor auf der Zugfahrt nach Las Vegas, wo sie ihre Liebe mit einer Hochzeit besiegeln wollten. Ihre Körper waren ineinander verschlungen, sie schafften es eben noch ungesehen in ihr Abteil zu verschwinden, als…

Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich ein Finger durch meine Bettdecke tastete und mir sanft auf die Schulter klopfte. Mit einer einzigen Bewegung, hatte ich mich umgedreht, das Kissen von meinem Kopf gerissen und mich auf die Ellenbogen gestützt. Hatte er sich etwa angeschlichen oder war ich so tief schon in meinen Gedanken versunken gewesen?

„Was?“, schnappte ich.

Mein Tonfall war unfreundlicher als ich eigentlich wollte.

Unbehaglich verlagerte er sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und preßte für einen Moment die Lippen zusammen.

„Ähm, das ist mir jetzt etwas unangenehm, aber ich dachte, ich könnte eventuell unten schlafen?“

Wieder zuckten seine Augenbrauen zeitgleich mit seinen Mundwinkel hoch.

Was dachte er sich nur dabei? Ich lag hier schon das Bett warm und war so gut wie in einem Traum versunken.

„Du willst mich jetzt nicht ernsthaft nach oben jagen, oder?“

Ungehalten funkelte ich ihn an.

Nervös druckste er herum und verlagerte erneut sein Gewicht auf das andere Bein.

„Ähm, was wäre, wenn doch?“

Als Antwort ließ ich mich in mein Kissen sinken und schloss meine Augen.

„Abgelehnt“, preßte ich hervor und zog mir demonstrativ die Decke bis zur Schulter hoch.

Ein verzweifeltes Seufzen drang an mein Ohr und ein kleines, schlechtes Gewissen kroch in mir hoch. Mister-ich-will-in-dein-Bett erklomm langsam, geradezu im Schneckentempo die Sprossen und ließ sich dann geräuschvoll in die Kissen sinken.

„Hey, ich hoffe, du schnarchst nicht.“

„Nein, tu ich nicht“, ertönte es seltsam mutlos über mir.

Verdammt, der Kerl wusste, wie er mich elend fühlen ließ. Minutenlang zermarterte ich mir meinen Kopf, überlegte hin und her, ob ich ihm nicht doch seinen Willen lassen sollte, doch dann hörte ich seine gleichmäßigen Atemzüge. Er war bereits in das Reich der Träume übergelaufen, während ich mir hier um sein Wohlergehen den Kopf zerbrach.

Kopfschüttelnd wälzte ich mich in meinem Bett herum und versuchte, einzuschlafen. Unzählige Minuten gingen ins Land, doch an entspannenden Schlaf war nicht zu denken. Na toll, fauchte ich stumm und drehte mich auf den Bauch.

Also gut, dann halt wieder das Kopfkino bemühen, vielleicht träumte ich mich ja in meine Story.

Mikes Hände fuhren an ihrem Körper entlang… Ach, zur Hölle mit Mike… Edwards Hände fuhren an meinem Körper entlang, bis sie an meiner Hüfte verharrten. Sanft zog er mich an sich, bis sich unsere Lippen berührten. Begehrend schob er sie auf, während sich seine Lenden an meine …

„Einspruch, euer Ehren!“

Sofort wirbelte ich herum und saß mit weit aufgerissenen Augen in meinem Bett. Was, um Himmels Willen, war das?

„Die Fakten sprechen für sich“, ertönte es aus dem Bett über mir.

Umständlich schälte ich mich aus meiner Decke und krabbelte aus meinem Bett. Was ich sah, ließ mir den Mund offen stehen. Mister-ich-arbeite-auch-im-Schlaf saß aufgerichtet in seinem Bett, wedelte erklärend mit seinen Händen und sprach zur Wand.

„Ich plädiere auf Freispruch“, erklärte er in diesem Moment und unwillkürlich sah ich fragend die Wand an, ob sie ihm antwortete.

„Stattgegeben“, platzte es aus mir heraus und nur mühsam konnte ich mir ein Kichern verkneifen, während ich zu ihm hoch starrte.

„Das freut mich zu hören“, antwortete er und wedelte wieder vielsagend mit seinen Händen in der Luft herum.

„Mein Mandant ist unschuldig“, beteuerte er, neigte seinen Kopf etwas zur Seite und starrte weiter die Wand an.

„Ja, Mister Cullen, da haben sie völlig recht“, spielte ich das Spiel mit und kletterte die Sprossen hinauf zu seinem Bett, um in der Dunkelheit einen besseren Blick auf ihn zu erhaschen.

Seine Augen waren geöffnet, doch der Blick war leer. Unglaublich, so was war mir auch noch nie passiert. Ich hatte einen Schlafwandler in meinem Abteil. Das hätte er ruhig mal erwähnen können.

„Die Beweise sind eindeutig“, ließ er sich vernehmen und machte Anstalten, sich aus dem Bett zu schwingen.

Schnell machte ich einen Satz nach vorne und warf ihn unter mir begrabend wieder in das Kissen. Hey, ich würde bestimmt nicht zulassen, dass er aus dieser Höhe stürzte.

„Das ist schön zu wissen“, murmelte er und schlang seinen Arm um meine Schulter, was meinen Bewegungsspielraum auf ein absolutes Minimum begrenzte.

An seine Seite gedrückt, wanderten fragend meine Augen hinauf zu seinem Gesicht und dann wieder hinunter zu seinem Brustkorb. Die Augen waren inzwischen wieder geschlossen und sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.

Und jetzt?

Ich hatte mal gehört, Schlafwandler sollte man nicht wecken und der Kerl schlief wie ein Stein. Meine Aktion hatte ihn nicht im Mindesten aufgeweckt. In seiner Umarmung hielt er mich gefangen und nuschelte nur noch einmal wirres, nicht verständliches Zeug, dann verstummte er endgültig. Selig schlummerte er den Schlaf der Gerechten.

Meine Nase schnupperte seinen Duft ein und überraschenderweise fand ich seine Brust angenehm warm und anschmiegsam unter meiner Wange, also ergab ich mich in die Situation und kuschelte mich entspannt an ihn heran. Am nächsten Morgen konnte ich mich immer noch damit rausreden, ihn vor sich selbst beschützt zu haben. Genießerisch schloss ich die Augen, atmete tief seinen frischen und unheimlich reizvollen Duft ein und versank nur wenige Sekunden später im Schlaf.

Das Nächste, was ich wahrnahm, war ein Erdbeben. Nun, zumindest fühlte es sich so an. Der Untergrund auf dem ich lag, bewegte sich und erzitterte förmlich. Räkelnd und gähnend, gab mein atmender Untergrund Geräusche von sich. Mühevoll öffnete ich meine Lider.

Smaragdgrüne Augen sahen mich fragend an.

„Guten Morgen“, flüsterte er mit sanfter Samtstimme und lächelte mich verschämt an.

Blinzelnd versuchte ich, mich zu orientieren.

Wo war ich und wie war ich hierher gekommen?

Langsam verschwand der Schleier des Schlafes und gab mein Verstand frei.

„Ich dachte, das Obergeschoss sagt dir nicht zu?“, neckte er mich und in seinen Mundwinkel zuckte es verschmitzt.

Aus großen Augen, sah ich meinen Bettnachbar an. Unrasiert sah er zum niederknien aus und sein Haar war durch den Schlaf gänzlich verwuschelt. Mein Herz raste in meiner Brust. Noch immer lag ich in seinem Arm und bemühte mich angestrengt, das Geschehene zu rekonstruieren.

„Hattest du angenehme Träume?“, hakte er lächelnd nach, als wäre es selbstverständlich alleine ins Bett zu gehen und zu zweit aufzuwachen.

Ach, ich vergaß Mister-ich-hab-an-jedem-Finger-eine-Frau war so etwas gewöhnt.

Langsam machte ich mich von ihm frei, während sich allmählich meine Wangen erwärmten.

„Ich verweigere die Aussage“, stieß ich mürrisch hervor und kletterte mit einem grimmigen Grinsen, wegen der Anspielung an die vergangene Nacht, aus seinem Bett und die Sprossen herunter.

Lässig setzte er sich auf und sah mir hinterher.

„Ich stehe übrigens auch auf die Yankees.“

Darum bemüht, mein Longshirt tiefer zu meinen Knien herunter zu ziehen, verschwand ich mit frischen Klamotten in dem Bad und verbarrikadierte mich. Dieser Typ trieb mich noch in den Wahnsinn. Was hatte er nur an sich?

Ein Blick in den Spiegel ließ mich aufjammern. Meine Haare standen mir in alle erdenkliche Richtungen ab. Ich sah aus, wie ein explodiertes Monchichi.

Super!

Da half nur noch eine heiße Dusche. Gerade wollte ich mir das Shirt ausziehen, als mir sein Wohlgeruch in die Nase stieg. Fasziniert schnupperte ich an meinem Oberteil, das über Nacht einen Hauch seines Duftes angenommen hatte.

Hmm, dieser Geruch war doch nicht von dieser Welt…

Hey, war mir noch zu helfen?

Ich stand hier, in einer winzigen Bad in einem fahrenden Zug und inhalierte wie ein Junkie den Duft von einem chaotischen Schlafwandler ein, der ein Handy mit einem abgrundtief nervigen Klingelton besaß und mal mindestens drei Frauen am Start hatte.

Grob riss ich mir mein Shirt über den Kopf und sprang unter die Dusche. Über mich selbst verwundert, schüttelte ich meinen Kopf, als auch schon das warme Wasser meine Muskulatur entspannte.

Mike sollte ich mal so einen Wahnsinnsduft erfinden, dann würden ihm in meinem Roman die Frauen zu Füßen liegen. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. In meiner Geschichte, musste ich ihn dringend zum Friseur schicken, er brauchte unbedingt diese rotbraune Haarfarbe.

Ein seliges Seufzen verließ meine Lippen, als ich an Mister-ich-besitze-einen-sexy-anschmiegsamen-Körper dachte. Er hatte sich so verdammt gut angefühlt. Gedanklich fuhr ich mit den Fingerspitzen über seinen Oberkörper. Träumen durfte doch noch erlaubt sein, oder nicht?

Nach einer gefühlten Ewigkeit, kletterte ich aus der Dusche. Heute stand mir der Sinn nach einem knielangen Rock, einer hellen Bluse und ein paar passenden Stiefeln. Also zog ich mich an und gab das Bad frei, damit er nicht zu meckern anfangen konnte. Im fliegenden Wechsel, tauschten wir die Räumlichkeiten und er verschwand, mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, in das Kabuff.

Noch ein lüsterner Blick auf seinen Hintern, der von unzähligen Snoopys geziert wurde und schon stürzte ich mich voller neuer Energie auf meine Geschichte. Rasch klappte ich meinen Laptop auf, startete ihn und tippte die Ideen, die mir unter der Dusche gekommen waren, ab.

Dusche…

Wieder hörte ich jeden einzelnen Wassertropfen und meine Gedanken drifteten ab. Ich stellte mir Edward vor, wie er in diesem Augenblick nur gut zwei Meter entfernt, getrennt durch eine dünne Wand, nackt unter der Dusche stand, sich einseifte und über seinen muskulösen Körper fuhr.

Von diesem Gedanken angeheizt, tobten meine Finger über die Tastatur und langsam kam ich mir vor wie bei Phantom der Oper, wenn das Phantom schrie: Sing, meine Muse, sing! Naja, so oder so ähnlich, den genauen Wortlaut hatte ich nicht mehr im Kopf, aber das war ja auch nebensächlich.

Die Badtür ging auf und unweigerlich ruckte mein Kopf zu ihm, um seinen heutigen Aufzug zu begutachten. In welches Extrem würde er heute verfallen? Snoopy oder Anzug?

Seine Erscheinung ließ meinen Herzschlag für eine Sekunde aussetzen. Frisch rasiert, würde er heute eine ordinäre ausgewaschene Jeans tragen, die tief auf seiner Hüfte saß und lässig mit einem hellgrauen Hemd kombiniert wurde. Die Haare hatten dem Aussehen nach vor wenigen Sekunden mit dem Handtuch Bekanntschaft gemacht. Verstrubbelt und feucht glänzend, sah er aus wie ein Model.

„Auch Lust auf einen Kaffee?“, fragte er, verstaute Calvin Klein und Snoopy in seinem Koffer und sah mich aus funkelnden, grünen Augen erwartungsvoll an.

Unfähig, etwas zu sagen, nickte ich stumm und schon verschwand er aus dem Abteil.

Okay, Bella, jetzt mal ganz langsam wieder runterkommen, atmen nicht vergessen und den Sabber aus dem Mundwinkel wischen. Das war doch nicht mehr normal. Kein Wunder, dass er an jedem Finger eine hatte, wenn sie ihm alle so verfielen wie ich.

Dieses Gefühl musste ich einfach niederschreiben, also hackte ich auf die Tasten meines Laptops ein.

Gerade als ich mich beruhigt hatte, wurden die Türschotten auch schon wieder geöffnet. Unter seinen rechten Arm hatte er sich eine Papiertüte geklemmt und hielt mit spitzen Fingern die heißen Becher von sich weg, als könne er so verhindern, sich die Finger zu verbrennen.

Schnell stand ich auf und nahm ihm meinen Becher ab. Er war wirklich heiß und lange wollte ich den bestimmt nicht halten.

„Ich habe Sandwichs mitgebracht. Interesse?“, fragte er und legte die Papiertüte auf den Tisch.

„Danke“, nuschelte ich, während ich vorsichtig an meinem Getränk nippte, um mir nicht die Zunge zu verbrennen.

Ich nahm noch einen kleinen, nippenden Schluck, dann stellte ich meinen Becher auf den Tisch. In dem Moment, als ich die Sandwich-Tüte nehmen wollte, holperte der Zug über die Schienen.

Der Wagon ruckelte kurz nach rechts und links, dann kam Mister-ich-lächle-so-süß-während-ich-an-meinem-Becher-nippe ins Wanken. Heißer Kaffee schwappte über seine Hand, worauf er zusammenzuckte und sich auch noch das Hemd übergoss.

Farbenfroh begann er, zu fluchen und warf den Becher einmal quer durch den Raum. Ich konnte eben noch meinen Laptop an meine Brust reißen und dahinter in Deckung gehen, um der heißen Brühe zu entgehen.

Hey, das war ja gemeingefährlich!

„Aaahhh, verdammt! Tut das weh!“, wimmerte er lautstark auf.

Immer noch wedelte er mit seiner Hand in der Luft herum, um Abkühlung bemüht, während seine linke Hand sich dran machte, die Knöpfe von seinem Hemd zu öffnen und damit nur mäßigen Erfolg hatte.

Das konnte man ja nicht mehr mit ansehen!

Ich stellte meinen Laptop auf den Tisch zurück, der wie durch ein Wunder keinen Kaffee abbekommen hatte, ging rüber zu dem kleinen Bad und zog Mister-ich-jammere-was-das-Zeug-hält am Ellenbogen hinter mir her.

Der Wasserhahn war schnell aufgedreht und kaltes Wasser lief beruhigend über seine verbrühte Hand. Nur langsam entspannte er sich, während ich ihm half, sein Hemd aufzuknöpfen. Kaum hatte ich seine Brust freigelegt, als mir sein frischer Duft entgegenschlug. Vermischt mit einem Hauch Kaffeegeruch, tat es seiner Anziehungskraft keinen Abbruch.

So unauffällig wie möglich, sog ich tief seinen Geruch in mich ein. Er roch einfach verboten gut. Ich zupfte sein Hemd aus der Hose und öffnete die letzten Knöpfe. Umständlich half ich ihm, aus seinem Ärmel zu schlüpfen, was in diesen beengten Räumlichkeiten nicht leicht war. Diese Nasszelle war für eine Person ausgelegt. Zudem fand ich von Sekunde zu Sekunde seine Nähe berauschender. Sein schlanker und dennoch durchtrainierter Oberkörper, der so gar nicht zu dem Bild eines steifen Anwalts paßte, zog mich unwiderstehlich an.

„Okay, ich denke, den Rest schaffst du alleine“, nuschelte ich.

Nur widerwillig riss ich mich von ihm und seinem Duft los. Als ich mich wieder aus dem winzigen Bad stehlen wollte, ließ sich die Tür nicht öffnen.

„Was ist denn jetzt los?“, fragte ich verwirrt und rüttelte an der verschlossenen Tür.

Edward drehte das Wasser ab und wandte sich vorsichtig um. Auch er versuchte sein Glück, doch die Tür blieb auf seltsame Weise verschlossen. Das Schloss blockierte weiterhin.

„Wir sind eingeschlossen“, stellte er überflüssigerweise fest und seine Augenbrauen zuckten für eine Sekunde nach oben.

„Toll“, schnaubte ich, als hätte ich das nicht auch bereits festgestellt.

Mit Gewalt rüttelte ich an der Tür, die sich davon nicht beeindrucken ließ. Nach ein paar Sekunden, gab ich frustriert auf.

„Du solltest dich von mir fernhalten. Ich ziehe das Unglück magisch an“, murmelte er.

Seufzend lehnte ich mich zurück und spürte seine nackte Brust an meinem Rücken. Beruhigend strichen seine Hände über meine Oberarme, was mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen ließ.

„Okay, die Lage ist beengt, aber nicht aussichtslos. Lass uns Ruhe bewahren“, besänftigte er mich.

„Beengt, aber nicht aussichtslos? Wir stehen hier auf gut einem Quadratmeter und können nicht raus“, fauchte ich ihn an und machte keine Anstalten von seiner Brust zu weichen. Es fühlte sich einfach zu gut an.

„DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDumDumDaaa“, erklang es von draußen.

Laut aufstöhnend, drehte ich mich nun doch zu ihm um.

„Sag mal, du super Hecht, ist es nicht unheimlich schwer, all deine Frauen unter einen Hut zu bekommen?“

„Wie meinen?“, fragte er erstaunt und wieder zuckten seine Mundwinkel mit seinen Augenbrauen um die Wette.

„…DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDumDumDaaa…“, ging sein Handy in die zweite Runde und ich kam nicht umhin, meinen Mund zu verziehen.

„Schon den Überblick verloren, oder was? Ich spreche von Rose, Alice und Angela.“

„Was?“, stieß er lachend hervor und lehnte sich gegen die Wand, während er sich durch die Haare strubbelte.

Mein Blick war vernichtend auf ihn gerichtet, während das Handy sich draußen hemmungslos austobte und meine Nerven auf eine wahre Geduldsprobe stellte. Mister-oben-ohne wurde sich langsam der angespannten Lage bewußt, grinste mich wider Erwarten schief an und verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein.

„Ähm, also Rose ist meine Schwägerin und sie ist verzweifelt auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für meinen Bruder Emmett, weil der sich nämlich gestern das Autoradio gekauft hat, was sie ihm schenken wollte. Angela ist Seths und meine Sekretärin in der Anwaltskanzlei C&C und Alice, Himmel, Alice ist meine kleine Schwester, die aus einer Mücke einen Elefanten gemacht hat, weil sie die Zeichen falsch gedeutet hat und ihrem Freund eine Affäre unterstellt hat. Was natürlich völlig an den Haaren herbei gezogen ist. Jasper hat ihr einen Ring besorgt, den zufällig eine hübsche Angestellte von Tiffany ihm Zuhause abgeliefert hat. Er macht ihr zu Weihnachten einen Antrag.“

„…DumDumDaaaDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDubiDumDumDaaa.“

Endlich verstummte das Handy und ich ließ mich schwer gegen die Tür sinken und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht.

Himmel, war das peinlich. Was hatte ich mir da nur absurdes zusammengereimt?

„Keine Affären mit Frauen?“, murmelte ich hinter vorgehaltener Hand und wollte mir sofort ein Loch buddeln, in das ich mich verkriechen konnte.

Ah, war mein Auftritt blamabel!

Seine Hand griff nach meiner und zog sie vorsichtig nach unten.

„Gar keine“, bestätigte er lächelnd und strich eine Haarsträhne aus meinem Gesicht.

Seine rechte Hand verharrte an meiner Wange, sanft strich sein Daumen über meine Haut. Mein Herzschlag verdoppelte sich augenblicklich, während ich in einem Meer aus flüssigen Smaragden versank, die sich kontinuierlich zu mir hinunterbeugten und wortlos um Erlaubnis fragten, mir näher kommen zu dürfen.

Meine Hände entwickelten ein Eigenleben, indem sie seinen Nacken umschlangen, um ihn das letzte Stück zu mir herunterzuziehen.

Als sich unsere Lippen trafen, durchzuckte mein Magen ein gigantischer Blitz, der mich von den Füßen gerissen hätte, wenn Edward mich nicht inzwischen mit dem linken Arm an sich gezogen und mich auf so wunderbare Art festgehalten hätte.

Seine Lippen waren herrlich warm und weich. Sofort verschmolzen sie mit meinen zu einer Einheit. Wie selbstverständlich, öffneten sie sich und gewährten ihm Einlass. Behutsam drang er zu mir vor und ließ sich bereitwillig von mir locken. Zärtlich verschlangen sich unsere Zungen als seien sie füreinander geschaffen.

Atemlos genoss ich seine Hingabe, wie er sich immer wieder neckend zurückzog, nur um mit noch mehr Leidenschaft in den Kuss zu versinken. Immer wieder liebkoste und saugte er an mir, zog meine Lippe zwischen seine und verwöhnte mich erneut mit seiner Zunge, bis mich das Kribbeln in meinem Magen schier um den Verstand brachte. Keuchend löste ich mich von ihm und rang nach Atem.

Was für ein Kuss!

„Upps“, nuschelte Edward und bedachte mich mit seinem unglaublichen Lächeln. „Du musst wissen, dass das nicht meine übliche Vorgehensweise ist. Also nicht, dass du denkst, ich tu so was öfters. Bitte, denk nicht falsch von mir…“

Weiter ließ ich ihn nicht kommen, da legte ich ihm meinen Zeigefinger auf den Mund. Vergessen war, dass wir momentan auf engstem Raum gefangen waren. Wir hatten noch über zwanzig Stationen quer durch Amerika vor uns, aber momentan hätte ich mir keinen anderen Platz auf der Welt gewünscht als hier in Edwards Armen.

Aus großen Augen sah er mich an, während ich ihn keck anlächelte und mich auf die Zehenspitzen stellte, um seinen verführerischen Lippen näher zu sein.

„Küss mich einfach, du Chaot.“
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