Aus- und Weiterbildung österreichischer Kindergartenpädagoginnen aus historischer und zukünftiger Perspektive

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1 Aus- und Weiterbildung österreichischer Kindergartenpädagoginnen aus historischer und zukünftiger Perspektive Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz eingereicht von Mag a. phil. Maria Waltraud KELLNER am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft Erstbegutachter: Zweitbegutachter: HR Univ. Doz. Dr. Johann Dvořák Ao. Univ. Prof. Mag. Dr. Rudolf Egger 2009

2 Seite 2 Eidesstattliche Erklärung Ich versichere, dass ich die Dissertation selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmitteln nicht benutzt und mich sonst auch keiner unerlaubten Hilfe bedient habe, dass ich diese Dissertation bisher weder im In- oder Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe. Graz, im Feber 2009

3 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Eidesstattliche Erklärung... 2 Inhaltsverzeichnis... 3 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis... 7 Vorwort Einleitung Zur Geschichte des Bildungsbegriffes Begriffsdefinition: Bildung und Erziehung Der Bildungsbegriff als zentrales schulisches Element Bildung als Schlüsselqualifikation Der Bildungsbegriff nach Humboldt Wissen als Macht Bildung und die Ergebnisse der internationalen PISA-Studie Begriff der Unbildung nach Konrad Paul Liessmann Zum Verhältnis der Begriffe Bildung und Lernen Wenn Bildung zur Ware wird Bildung ist Lernen im Kontext Der Prozess der Bildung Zusammenfassung Qualität und Evaluation in der Kleinkindpädagogik Begriffsdefinition Qualität Die Forderung nach pädagogischer Qualität Das relativistische Modell der Erziehungsqualität Das struktural-prozessuale Modell der Erziehungsqualität Kontextuelle Dimensionen von Erziehungsqualität Zusammenfassung Evaluation von pädagogischer Qualität und Bildungsqualität Begriffsdefinition Evaluation Evaluationsmodelle Evaluationsstandards Zusammenfassung QIBB Qualitätsinitiative Berufsbildung QIBB als Weiterentwicklung des traditionellen Qualitätskonzepts Sieben Grundsätze von QIBB Das Qualitätsmanifest der österreichischen Berufsbildung Das Qualitätsnetzwerk der Berufsbildung im Rahmen von QIBB Implementierung von QIBB Zusammenfassung Starting strong Österreichischer Hintergrundbericht zur OECD Länderprüfung Inhalte zur OECD-Länderprüfung Starting Strong... 63

4 Seite Aussageabsichten und Schlussfolgerungen des österreichischen Länderberichts im Rahmen der OECD-Studie Qualitätsfeststellung durch die Kindergarten Skala KES R Qualitätskonzept der KES-R eine Einführung in die KES-R Aufbau der KES-R Anwendung der KES-R Zusammenfassung Historische Wurzeln eines Berufes Michel Montaigne ( ) Johann Amos Comenius ( ) Jean Jaques Rousseau ( ) Johann Heinrich Pestalozzi ( ) Johann Friedrich Oberlin ( ) Robert Owen ( ) Kleinkinderbewahranstalten: Kinderasyl Kleinkinderschulen Ausbildung des Aufsichtspersonals in Kinderbewahranstalten bzw. Kleinkinderschulen Samuel Wilderspin ( ) Ritter Joseph von Wertheimer ( ) Leopold Chimanis ( ) Theoretisch-praktischer Leitfaden für Lehrer in Kinderbewahranstalten Der erste Lehrcurs zur Ausbildung von Gehilfinnen an Bewahranstalten und Kindergärten Die Entwicklung des österreichischen Kindergartenwesens der Beginn der institutionalisierten Kleinkindererziehung Raumausstattung der Beschäftigungszimmer Gesetzliche Verankerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin Die Kindergärtnerin ein neuer Frauenberuf Die Gründung der ersten Kindergärten durch Fröbel und deren Auswirkungen auf die Ausbildung Volkskindergarten Henriette Schrader-Breymann ( ) Baronin Bertha von Marrenholtz-Bülow ( ) Gesetzliche Regelungen und Gehaltsleistungen für Kindergärtnerinnen Allgemeine gesetzliche Regelungen für Kindergärtnerinnen Gehaltsleistungen für Kindergärtnerinnen Ausbildung von Kindergärtnerinnen in Bildungscursen und an Bildungsanstalten Gesetzliche Verankerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin Dekan Matthäus Hoerfarters Bildungsanstalt in Kufstein in Tirol Die Privat-Bildungsanstalt am Neubau in Wien Bildungskurse an öffentlichen Lehrerinnenbildungsanstalten Katholische Bildungskurse für Kindergärtnerinnen

5 Seite Statistische Übersicht aller Bildungskurse in Österreich von 1882/83 bis Die zweijährige Ausbildung von Kindergärtnerinnen Der erste Kindergärtnerinnentag in Österreich Ausbildung von Kindergärtnerinnen in den Zwischenkriegsjahren Anna Borchers ( ) Hanna Mecke ( ) Politische Einflüsse auf die Entwicklungen in der Kindergartenpädagogik Fachinspektorinnen in Kindergärten Die Privat-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen der Gemeinde Wien Ausbildung zur Kindergärtnerin an österreichischen Bundeserziehungsanstalten Die Integration der Hortausbildung in die Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen Die Befähigungsprüfung für Kindergärtnerinnen Die Berufsvereinigung der Kindergärtnerinnen Österreichs Bedeutende Lern- und Arbeitsbücher für Kindergärtnerinnen Die österreichische Fachzeitschrift für Kindergärtnerinnen Für unsere Kinder Die Ausbildung zur Kindergärtnerin in der Zeit von 1938 bis Die Gleichschaltungspolitik für Kindergärtnerinnen Die Ausbildung der Kindergärtnerin in der Zweiten Republik bis zum Schulorganisationsgesetz Die zweijährige Ausbildung an Bildungsanstalten Die dreijährige Ausbildung an Bildungsanstalten Die vierjährige Ausbildung an Bildungsanstalten Die Ausbildung zur Horterzieherin an Bundesbildungsanstalten Die Befähigungsprüfung in der vierjährigen Ausbildungsform an Bildungsanstalten Statistische Übersicht über die Entwicklung der Ausbildung der Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen Die fünfjährige Ausbildung an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Die Reife- und Diplomprüfung im Rahmen der fünfjährigen Ausbildung an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Kollegs für Kindergartenpädagogik in Österreich seit Kindergärtnerinnenmangel dazu ein Rückblick in die Ausbildungsentwicklung an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Zusammenfassung Aus- und Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen Berufsprofil zwischen Anerkennung und Zumutung Ist-Stand der 5-jährigen Österreichischen Ausbildung zur Kindergarten- und Hortpädagogin an der BAKIP

6 Seite Lehrplanverordnung Bildungs- und Lehraufgaben an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Interpretation des BAKIP-Lehrplans Der Bildungsauftrag vs. die Professionalität von Kindergartenpädagoginnen Kleinkindpädagogik im Wandel Innenqualität des Pädagogenteams als Faktor der Qualitätsentwicklung Professionalität durch Weiterentwicklung Pädagoginnen im Spannungsfeld von Traum und Wirklichkeit Die Profession von Pädagoginnen: anspruchsvoll und umfangreich Wertschätzung für den Beruf der Kleinkindpädagogin Weiterentwicklung als Lösungsansatz Der konkrete Bildungsauftrag von Kindergartenpädagoginnen Bildung braucht Intentionen Bildung braucht System Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen im Bundesland Steiermark Die Fachberatungsstelle Die Fortbildungsstelle Die Zukunft der Aus- und Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen Ausbildungsreform zwischen Resignation und Revolution Internationale Vergleiche von innovativen Berufsbildungskonzepte Vorschulische Bildung in Frankreich Vorschulische Bildung in Großbritannien Vorschulische Bildung in Finnland, Norwegen und Schweden Vorschulische Bildung in Griechenland und Italien Vorschulische Bildung in Dänemark Vorschulische Bildung in Portugal und Spanien Vorschulische Bildung in der Schweiz Vorschulische Bildung in Irland Vorschulische Bildung in Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik Vorschulische Bildung in den Benelux-Staaten Grundlagen und Strategiekonzepte in der Ausbildungsdiskussion Visionen in der Ausbildung von KindergartenpädagogInnen Zusammenfassung Literaturhinweise Anhang

7 Seite 7 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abb. 1: Die Entwicklung der Qualitätsprogramme in der Berufsbildung Abb. 2: Der PDCA Zyklus Abb. 3: Schematische Darstellung der Steuermechanismen zur Qualitätsentwicklung im Gesamtsystem Abb. 4: Struktur zur Umsetzung von QIBB Abb. 5: In der Nähschule Abb. 6: Warteschule Abb. 7: Theoretische Ausbildung von Diakonissen in Kaiserswerth (1850) Abb. 8: Praktische Berufsausbildung Abb. 9: Die Kindergärtnerin Abb. 10: Grundriss einer Kleinkinderschule Abb. 11: Grundriss eines Kleinkinderschulzimmers Abb. 12: Aufriss eines Kleinkinderschulzimmers Abb. 13: Sitzordnung auf der Galerie im Kleinkinderschulzimmer Abb. 14: Entwurf eines Kindergartenplans um Abb. 15: Im Kindergarten Abb. 16: Friedrich Fröbel Begründer des Kindergartens Abb. 17: Der erste Kindergarten der Welt in Blankenburg (1840) Abb. 18: Henriette Schrader-Breymann Abb. 19: Baronin Bertha von Marenholtz-Bülow Abb. 20: Mütter bringen ihre Kinder am Morgen in einen Kriegskindergarten. 136 Abb. 21: Das Soldatenspiel der Jungen (vor 1918) Abb. 22: Anna Borchers Abb. 23: Hanna Mecke Abb. 24: Bildungseinrichtung Fröbelseminar Abb. 25: Erziehung zur Selbständigkeit von Kindern Abb. 26: Fächerkasten im Beschäftigungszimmer Abb. 27: Erntekindergarten um Abb. 28: Erntekindergarten auf einem Ausflug um Abb. 29: Fotomontage aus der Broschüre Hilfswerk Mutter und Kind Tab. 1: Stundeneinteilung Vormittag Tab. 2: Stundeneinteilung Nachmittag Tab. 3: Die Belehrungsfächer Tab. 4: Übersicht über die Kindergärten und Bewahranstalten in Österreich Tab. 5: Stundenübersicht (1872) Tab. 6: Übersicht über die Gehälter von Kindergärtnerinnen 1882 (Wien) Tab. 7: Übersicht über Bildungskurse in Österreich (1882/ /93) Tab. 8: Übersicht über Bildungskurse in Österreich (1893/ ) Tab. 9: Stundentafel der zweijährigen Ausbildung Tab. 10: Beschäftigungsplan von Kindergärtnerinnen (Unterabteilung) Tab. 11: Beschäftigungsplan von Kindergärtnerinnen (Oberabteilung) Tab. 12: Statistische Angaben von Tab. 13: Integrierte Stundentafel zur Hortausbildung Tab. 14: Stundentafel nach den Richtlinien von Tab. 15: Übersicht über die Anzahl der Bildungsanstalten Tab. 16: Stundentafel der dreijährigen Ausbildung

8 Seite 8 Tab. 17: Vergleich von Stundentafeln von Tab. 18: Stundentafel der vierjährigen Ausbildung /89 Tab. 19: Übersicht über die österreichischen Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen aus dem Jahre 1980/ Tab. 20: Übersicht über die Entwicklung der Bildungsanstalten in Österreich Tab. 21: Stundentafel für die 5-jg. Ausbildungsform (gültig bis Juli 2008) /98 Tab. 22: Stundentafel für die 5-jg. Ausbildungsform (Lehrplan ab ) /00 Tab. 23: Übersicht: Mündliche Reife- und Diplomprüfung /02 Tab. 24: Übersicht: Mündliche Reife- und Diplomprüfung Zusatzprüfungen Tab. 25: Übersicht aus dem Jahre 1996/ Tab. 26: Berufseinstiegsquoten von KindergartenpädagogInnen Tab. 27: Schülerentwicklung an BAKIPs von Tab. 28: Stundentafel der 6-semestrigen Kollegausbildung an der BAKIP.. 205/06 Tab. 29: Stundentafel der 4-semestrigen Kollegausbildung an der BAKIP Tab. 30: Fortbildungskalender der FA 6B Jahresprogramm 2008/

9 Seite 9 Vorwort Auslöser für die Wahl des Themenbereiches meiner Dissertation waren zum einen mein Beruf als Didaktik- und Praxislehrerin an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik in Hartberg, welchen ich nunmehr seit beinahe 20 Jahren ausübe und zum anderen meine Diplomarbeit, welche ich zum Thema: Geschichte des Kindergartens Von der Mütterlichkeit zur Professionalität eines Berufsbildes verfasst habe. Ziel meiner wissenschaftlichen Arbeit ist es, sowohl die aktuelle internationale Diskussion über Bildungsqualität im vorschulischen Bereich zu erörtern, als auch die Aus- und Weiterbildung der praktizierenden Pädagoginnen innerhalb dieser Curriculumsentwicklung aus historischer und zukünftiger Perspektive darzustellen. Überdies möchte ich die Qualitätsentwicklung im pädagogischen Bereich diskutieren, die Fortbildungsinitiativen von Kleinkindpädagoginnen im Bundesland Steiermark aufzeigen und etwaige Visionen, welche die Zukunftsperspektiven der Ausbildung von Kindergartenpädagoginnen auf tertiärem Bildungsniveau anbelangen, recherchieren. Folgenden zentralen Fragestellungen werde ich anhand von differenzierten Literaturrecherchen in dieser Auseinandersetzung nachspüren und sie abhandeln: Brauchen wir in der Ausbildung von Kindergartenpädagoginnen neue Strategien und Konzepte und wie sollen sie konkret aussehen? Sollen diese neuen pädagogischen Ausbildungskonzepte auf tertiärer Ebene, also auf Pädagogischen Hochschulen, bzw. an Universitäten vermittelt werden? Welche Reformschritte sind als Konsequenz auf die Bildungsreform in der Fortund Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen zu setzen? Wie können diese Vorhaben bildungspolitisch organisiert und praktisch umgesetzt werden? Wie und wodurch kann ein dynamisches pädagogisches Feld zwischen Ausbildungsstätte und Praxisfeld geschaffen werden? Im einleitenden ersten Kapitel wird der Bildungsbegriff als solcher aus historischer und aktueller Perspektive diskutiert und erörtert, um dann im zweiten Kapitel durch die Be-

10 Seite 10 griffsdefinitionen von Qualität weitergeführt zu werden. Das dritte Kapitel wendet sich den Anfängen der Entwicklung der Berufsgeschichte der Kindergärtnerin zu und skizziert dazu einen historischen Abriss. Das vierte Kapitel beschreibt die Anfänge eines neuen Frauenberufes und belegt dazu konkret die gesetzliche Verankerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin. In diesem Zusammenhang wird auch der Wandel der Ausbildung, vom einjährigen Bildungscurs über den Abschluss an BAKIPs mit Reife- und Diplomprüfung bis hin zum Kolleg für Kindergartenpädagogik, beschrieben. Das fünfte Kapitel widmet sich der Aus- und Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen aus gegenwärtiger und zukünftiger Perspektive und zeichnet insofern ein Berufsprofil zwischen Anerkennung und Zumutung. In diesem Themenkapitel ist die Kernfrage dieser wissenschaftlichen Arbeit grundgelegt, die folgendermaßen erörtert wird. Ausgangspunkt dieser Fragestellung ist die Beschreibung des Ist-Standes der 5-jährigen Ausbildung zur Kindergartenpädagogin in Österreich. Auch werden generell Lehrplanverordnungen untersucht und der Bildungsauftrag aus gesellschaftspolitischer Perspektive erläutert. Die Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen im Bundesland Steiermark stellt in dieser Auseinandersetzung einen konkreten Schwerpunkt dar und mündet in die Diskussion der Ausbildung auf tertiärer Bildungsebene, welche einen internationalen Vergleich innerhalb der Europäischen Union mit einschließt. Den Schluss dieser wissenschaftlichen Darstellung bildet ein allgemeines Resümee mit entsprechenden Literaturhinweisen und einem ergänzenden Anhang. Es ist mir natürlich bewusst, dass im fünften Kapitel dieser Darstellung die zukünftigen Ausbildungsformen von Kindergartenpädagoginnen nur tendenziell diskutiert werden und insofern nicht von konkreten Zukunftsperspektiven gesprochen werden kann. Dennoch hoffe ich, dass ich dadurch lösungs- und handlungsorientierte Perspektiven aufzeigen konnte. Weil es sich im Bezug auf das pädagogische Terrain um ein beinahe männerfreies Arbeitsfeld handelt, verwende ich im Text die weibliche Form. Selbstverständlich sind die Pädagogen in gleicher Weise gemeint, vor allem wenn es um Fragen der beruflichen Handlungskompetenz geht. 1 1 Laut Statistik Austria besteht das Personal in den österreichischen Kindergärten gegenwärtig zu 98,9% aus Frauen und 1,1% aus Männern. Die Schulstatistik an den österreichischen Bildungsanstalten aus dem Jahr 2006 zeigt ein Verhältnis von 95,8% Mädchen zu 4,2% Burschen.

11 Seite 11 Dank Es ist mir ein Anliegen hier allen zu danken, die mich während meines Studiums begleitet, mich in meinem Vorhaben bekräftigt und in der Erarbeitung dieser Dissertation unterstützt haben. Mein Dank gilt in ganz besonderer Weise Herrn HR Univ.-Doz. Dr. Johann Dvořák, dem wissenschaftlichen Betreuer und kooperativen Begleiter dieser Arbeit. Mein Dank steht an dieser Stelle für all das, was er mir in den zurückliegenden Studienjahren an Wissen und Erfahrungen vermittelt hat und weit über eine bloße Betreuungstätigkeit hinausgeht. Ein besonders herzliches Danke möchte ich aber auch meinem ehemaligen Direktor, Herrn Dr. Hubert Farnberger aussprechen, der mich auf diesem wissenschaftlichen Weg in seiner fachlichen Qualifikation sehr professionell unterstützt und begleitet hat. An dieser Stelle möchte ich aber auch ganz besonders meiner Familie danken, da sie mich in meinem Vorhaben stets ermutigend unterstützt und begleitet hat, und mit viel Geduld und positivem Zuspruch zur Seite gestanden ist. Meinen jüngsten Nichten, den Zwillingen Julia und Sophie sowie ihrer Schwester Johanna, möchte ich für die Momente, in denen sie es waren, die mich nach vorne blicken ließen, ebenso in besonders herzlicher Weise danken.

12 Seite 12 1 Einleitung Wir müssen umdenken und begreifen, dass die Kosten frühkindlicher Bildung in Wahrheit Investitionen sind, die sich später auszahlen. Beunruhigend daran ist, dass die Zeit drängt, denn Bildung ist der Motor unserer Entwicklung, und wir haben ihn allzu lange vor sich hinrosten lassen. 2 Jürgen Kluge, McKinsey 1.1 Zur Geschichte des Bildungsbegriffes Der Bildungsbegriff lässt sich relativ weit zurückverfolgen, Meister Eckhart (ca ) bezeichnete es als inbilden oder als Einbilden des Bildes Gottes in die Seele des Menschen. Allgemein bezeichnet Bildung im Sinne von etwas bilden, die technische Herstellung, die künstlerische Formgebung eines Artefakts. Herder, Pestalozzi und Wilhelm von Humboldt prägten den Terminus technicus der Pädagogik. 3 Bildung ist wie alle Substantive mit der Endsilbe ung doppeldeutig: Es bezeichnet sowohl den Prozeß des Bildens als auch dessen Resultat, das Gebildetsein. Die technische Verwendung im Munde von Pädagogen zielt offenbar hauptsächlich auf die aktive Komponente, das Bilden, weil dies ja die Aufgabe des Erziehers ist. Der allgemeine Sprachgebrauch hingegen scheint es eher auf das Ergebnis abgesehen zu haben: Er denkt vornehmlich an die Bildung, d. h. an das Gebildetsein derer, die eine bestimmte Schulbildung genossen haben. Die pädagogische Reflexion über Bildung konzentriert sich auf die psychischen Prozesse, die in einem jeden, der gebildet wird, stattfinden, und deren Bedingungen. Die Allgemeinheit wiederum hat vor allem die nach außen hin wirkende Seite der Bildung im Blick: die gesellschaftliche Stellung, die sie ihrem Träger ermöglicht. 4 Die Unterscheidung zwischen Gebildeten und Ungebildeten setzte sich im 18. Jahrhundert durch und beanspruchte seither größeres Gewicht als all die Einteilungen der europäischen Menschheit, die bis dahin den Primat innegehabt hatten, als die von Adel Wehrmann, Ilse (Hg.): Kindergärten und ihre Zukunft. Weinheim / Basel / Berlin 2004, S. 17. Vgl. Fuhrmann, Manfred: Der europäische Bildungskanon des bürgerlichen Zeitalters. Frankfurt am Main / Leipzig 1999, S. 27. Fuhrmann, 1999, S. 27 f.

13 Seite 13 und Bürgern, von Klerikern und Laien, von Christen und Juden, von Katholiken und Protestanten. Dieses Zeitalter war von jenem Denken geprägt, wonach die Gesellschaft der Gebildeten generell Ungebildete ausschloss. Bildung wurde als Bildungsbesitz, als Status, als eine Fähigkeit betrachtet, die es ermöglichte, an der europäischen Kultur Anteil zu nehmen. Dies geschah aber nicht nur im Sinne des Aufnehmens und Reproduzierens, sondern auch im Sinne des Umprägens und Weitergebens. 5 Humboldt und seine Zeitgenossen hatten an die Perfektibilität des Menschen geglaubt, und so waren sie mutig genug gewesen, mit ihrer Bildungsprogrammatik in die Zukunft auszugreifen. Paulsen wiederum registrierte zwar die Veräußerlichung des Bildungsbegriffes in der wilhelminischen Gesellschaft, begnügte sich jedoch im übrigen damit, seine Bestimmungen und Forderungen als etwas Vorhandenes oder Erreichbares hinzustellen. Dieser Phase folgte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Wende zu düsterer gestimmten Betrachtungen. Theodor Litt erklärte im Jahre 1947 in einem Vortrag mit dem Titel Berufsbildung und Allgemeinbildung, wenn man Bildung als die Fähigkeit definierte, sogenannte Kulturgüter verstehend aufzunehmen, planvoll zu pflegen, [ ] und an die Nachwachsenden zu überliefern, dann dürfe man sich trotz der kriegsbedingten Verluste noch stets gebildet nennen; wenn man sie jedoch für eine innere Form halte, für eine hierdurch bedingte Seelenhaltung, die in den Stürmen des Daseins einen festen Stand verleihe, dann sei sie infolge der deutschen Katastrophe gänzlich dahin. Derartigen Betrachtungen wurde in jener Zeit des öfteren Ausdruck verliehen, und die Klage übe die NS-Zeit verdichtete sich zum Topos vom Versagen der humanistischen Bildung wobei man wieder, wie Paulsen und andere ein halbes Jahrhundert zuvor, eine im wesentlichen intellektuelle Zurüstung als moralischen Status betrachtet wissen wollte. 6 Bildung formte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts das Bürgertum Europas. Litt 7 nahm an, dass im Zeitalter der Weltkriege die bürgerliche Bildung ihre Substanz verloren habe. Dem ist allerdings nicht so, denn es zeigt sich bei genauerem Betrachten, dass jedenfalls in Deutschland schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts diese ihren politischen, freiheitlichen Impetus eingebüßt hat und zu einer apolitischen Ideologie verkommen sei Vgl. Fuhrmann, 1999, S. 27. Fuhrmann, 1999, S. 34. Theodor Litt ( ) war ein bedeutender Vertreter der deutschen Kultur- und Sozialphilosophie und Pädagogik. Vgl. Fuhrmann, 1999, S. 35.

14 Seite 14 Bildung ist ein Zentralbegriff und zugleich eine Besonderheit der deutschen Pädagogik, der in Abgrenzung zum Erziehungsbegriff die inhaltliche Seite der pädagogischen Bemühungen betonen soll. Er zielt darauf, die Fähigkeiten des Wissens, des Verstehens, der Kritik, der Aneignung von Wirklichkeit und eine die Weltzusammenhänge durchdringende Einstellung zu beschreiben, zu systematisieren und zu vermitteln. Über die alltagssprachliche Reduzierung auf Wissen, Wissenserwerb und Unterricht hinaus meint der Begriff die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit in der Auseinandersetzung mit der natürlichen, kulturellen, technischen, politisch-sozialen, ästhetisch verwandelten Welt (»interaktive Bildsamkeit«, Brenner 1991), Bildsamkeit ist demnach das Resultat einer freien, eigenen Anstrengung. [...] Es gibt allerdings keinen einheitlichen Bildungsbegriff in der Pädagogik. Bildungstheorien sind abhängig vom wissenschaftstheoretischen sowie politischphilosophischen Standpunkt ihrer Autoren. Es gibt geisteswissenschaftliche, materialistische, gesellschaftskritische Bildungstheorien und empirische Bildungsforschung. 9 In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Bildung stark missbraucht, wie etwa für Herrschaftszwecke funktionalisiert. In diesem Sinne war sie Volksbildung oder elitäre Bildung. In Folge entstanden Adolf-Hitler-Schulen und Nationalpolitische Schulen. Für die ideologische Absicherung wurde ein auf Auslese zielendes Bildungssystem entworfen. Das konservative geisteswissenschaftlich geprägte Bildungsdenken, welches sich angstvoll apolitisch artikulierte, dominierte die Nachkriegsjahre, die 1950er Jahre. In den Reformjahren der 1960er wurde der Bildungsbegriff dann im Zuge der Reformulierung des erziehungswissenschaftlichen Selbstverständnisses als untauglich, belastet und elitär verworfen, so ist er in den letzten 25 Jahren vor allem unter dem Eindruck neuer sozialer Bewegungen, der Friedens- und Ökologiebewegung, der technologischen Modernisierung, der sozialen Individualisierung und der Wiederentdeckung der Bildungspotenziale in der frühen Kindheit erneut vitalisiert worden. 9 Pousset, Raimund (Hg.): Handwörterbuch für Erzieherinnen und Erzieher. Weinheim / Basel 2006, S. 74 f.

15 Seite 15 Der Bildungstheoretiker Wolfgang Klafki 10 war es, der in den 1980er Jahren den Bildungsbegriff neu als eine zentrierende und orientierende Kategorie entworfen hat. Demnach hat diese Kategorie die Funktion, Lehren und Lernen begründbar zu machen. Bildung ist hier inhaltlich definiert und zwar mit gesellschaftskritischer Intention. Gleichzeitig aber ist dieser gewandelte Bildungsbegriff der Aufklärung verpflichtet, denn er appelliert an die Vernunftfähigkeit des Menschen, sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien. 11 Bildung muss also politisch als Prozess der Mündigkeit bzw. der Emanzipation verstanden werden, als eine Fähigkeit, wie Hans Joachim Heydorn 12 ( ) feststellte, Herrschaft aufzuheben und den»freigewordenen Menschen an ihre Stelle zu setzen«. Insofern ist Bildung für den auf Gesellschaft angewiesenen Menschen jenes Potenzial, das ihm die höchste Form seiner individuellen Subjektwerdung erlaubt. Das gesellschaftliche und ökonomische Interesse an Bildung bestehet darin, sich zu reproduzieren und Wissen und Können zu verwerten. Vor diesem Hintergrund ist Bildung auf (technische) Qualifikation konzentriert und büßt ihre politische und subjektive Kraft ein Begriffsdefinition: Bildung und Erziehung Die Wörter bilden, Bildung entstammen der Wurzel bil, die soviel wie behauen, glätten bedeutet. Der Leitbegriff der modernen Pädagogik hat also einen ähnlichen Ursprung wie das lateinische Wort eruditio, das sowohl den Unterricht als auch dessen Ergebnis, die Bildung, Gelehrsamkeit bezeichnet; eruditio ist von rudis, roh, abgeleitet, bedeutet somit eigentlich Entrohung. 14 Bildung als zentrale gesellschaftliche Ressource wird zusehends weltweit verstärkt in den Mittelpunkt gerückt und grundsätzlich neu bewertet. Soziale, kulturelle oder auch 10 Wolfgang Klafki, einer der bedeutendsten Erziehungswissenschafter der letzten 50 Jahre, lehrte seit 1963 in Marburg. Klafki hat sich neben seiner umfassenden wissenschaftlichen Tätigkeit auch bildungs- und wissenschaftspolitisch für die Demokratisierung der Schule und des Unterrichts engagiert. 11 Vgl. Pousset, 2006, S Hans Joachim Heydom war deutscher Pädagoge und Politiker und lehrte an der Pädagogischen Hochschule in Kiel und erhielt 1961 eine Professur für Erziehungs- und Bildungswesen in Frankfurt am Main. 13 Pousset, 2006, S Fuhrmann, 1999, S. 26.

16 Seite 16 wirtschaftliche Entwicklungen einer globalisierten Wissensgesellschaft werden immer stärker thematisiert und sind Anlass, Bildung generell aber auch Bildungssysteme zu evaluieren bzw. diese neu zu organisieren. Wissensgesellschaft dieser Terminus begleitet Pädagoginnen und Bildungspolitikerinnen permanent, erhitzt die Gemüter der Universitätsreformer und beflügelt Forscher, Märkte und Unternehmer. Bildung ist Selbstbildung und hat selbstorganisierenden Charakter. Damit ist Folgendes gemeint: Im Mittelpunkt des Bildungsbegriffs steht die Aktivität des Kindes. Kinder sind grundsätzlich unbelehrbar. Ein Mensch wird nicht gebildet, er bildet sich selbst. Es haftet dem Wort Bildung das Moment der Selbstständigkeit, also des Sich-Bildens der Persönlichkeit hartnäckig an (von Hentig 15 ). Kinder sind seit ihrer Geburt und mit allen Kräften bemüht, sich ein Bild von ihrer Welt zu machen. Kinder bilden sich mit allen Sinnen. Bewegung und Körpererfahrung ( begreifen ) sind als Wurzeln kindlichen Lernens zu verstehen. Aufgabe von Erzieherinnen ist es nun, die kindlichen Bildungsprozesse individuell zu erfassen und zu beantworten. 16 Die bildungspolitische Bedeutung des vorschulischen Bildungsbereichs oder auch Elementarbereichs des Bildungswesens, erfordert im Hinblick auf den Bildungsbegriff eine verbindliche Beschreibung seines konkreten Bildungsauftrages, aber auch klar definierte Aussagen dazu, wie dieser Auftrag wahrgenommen und umgesetzt werden soll. Die Grundlagen für den weiteren Bildungsweg der Kinder werden in der frühen Kindheit gelegt, so vertritt dies die neue hirnphysiologische Wissenschaft. Versäumnisse können später nur schwer nachgeholt, wenn überhaupt kompensiert werden. Der Bildungsbegriff wird von wissenschaftlicher Seite sehr differenziert definiert und diskutiert. So z.b. der Bildungsbegriff nach Laewen: 17 Bildung ist Selbstbildung. Ein Kind muss nicht gebildet werden, sondern es bildet sich aktiv selbst. Es konstruiert durch Sinneserfahrungen und Handeln ein Bild von sich selbst und der Welt und setzt sich in Verbindung mit ihr. Für Erzieherinnen bedeutet es, dass sie Bildungsprozesse durch Erziehung (nach Laewen Tätigkeiten von Erzieherinnen, um alle Kräfte des Kindes zur Selbstbildung anzuregen) ermöglichen, unterstützen und herausfordern sollen. Wenn Kinder 15 Hartmut von Hentig wurde 1925 in Posen geboren, leitet seit 1974 in Bielefeld eine Laborschule, lebt nun in Berlin und ist Mitglied der Humanistischen Union. 16 Vollmer, Knut: Das Fachwörterbuch für Erzieherinnen und pädagogische Fachkräfte. Freiburg im Breisgau 2005, S Hans-Joachim Laewen ist Autor spezifischer Fachliteratur zur Kleinkinderziehung.

17 Seite 17 gleichen Alters untereinander agieren, zusammen ihre Erfahrungen mit sich selbst und der Welt verarbeiten, ihre daraus gewonnenen, konstruierten Erkenntnisse den anderen Kindern mitteilen und aus den Rückmeldungen wiederum Erkenntnisse ziehen, spricht Laewen von Ko-Konstruktion unter Kindern. 18 Der Kindergarten als Ort der Bildung und Begegnung bietet zweifelsohne in der Gestaltung des alltäglichen Tagesablaufes eine Vielzahl an Möglichkeiten, die Kinder als Bildungssituation nützen und dadurch in Form dieser natürlichen Ko-Konstruktionen lernen können. Diese Lernform zeigt in elementarer Weise auf, wie wichtig aber pädagogische Überlegungen im täglichen Miteinander sind und welche Bildungschancen und Potenziale sie für Kleinkinder enthalten. Wassilios Fthenakis stellt fest, dass der Bildungsbegriff nach wie vor Konjunktur hat, aber mittlerweile so Divergierendes beschreibt, dass er im Grunde so gut wie gar nichts mehr beschreibt. Dazu eine Definition von Fthenakis: Bildung ist ein Prozess, der in sozialen Situationen und in Interaktion mit Kindern und Erwachsenen stattfindet. Die Lebenssituation der Kinder und Familien werden mitberücksichtigt (z.b. kulturelle Aspekte, Armut, Trennung und Scheidung). Neben der Vermittlung von Kenntnissen steht die Vermittlung von Lernkompetenzen (z.b.: wie man lernt, wie man Wissen organisiert) im Vordergrund (metakognitiver Ansatz). Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Stärkung kindlicher personaler und sozialer Kompetenzen (Bsp.: Selbstwert, Selbstregulationsfähigkeit, sichere Bindungen zu Eltern und Erzieherinnen, Kommunikationsfähigkeit). Nach Fthenakis sind Kinder Ko-Konstrukteure im Bildungsprozess. 19 Der Bildungsbegriff nach Schäfer 20 lehnt sich sehr stark an den von Laewen an, auch er spricht in diesem Zusammenhang vom konstruierenden Kind. Bildung ist Eigenaktivität und damit Selbstbildung. Selbstbildung ist die Tätigkeit, mit der die Kinder ihre Umwelt wahrnehmen und daraus das Bild vom Ich und das Bild der Welt konstruieren. Selbstbildung findet in einem Kooperationsprozess mit Kindern, Erwachsenen sowie der sachlichen Umwelt statt. 18 Vollmer, 2005, S Vollmer, 2005, S. 74 f. 20 Gerd Schäfer lehrt an der Humanwissenschaftlichen Fakultät in Köln. Fachspezifische Schwerpunkte sind unter anderem Frühe Kindheit und Familie.

18 Seite 18 Kinder sind Ko-Konstrukteure, Erwachsene agieren mit Kindern auf einer anderen Ebene (die komplementäre [ergänzende] Konstruktion). Lernprozesse werden auf die Kinder ausgerichtet, wenn auch Anforderungen der Gesellschaft berücksichtigt werden. Von zentraler Bedeutung für die Selbstbildungsprozesse ist das kindliche Spiel, da das kindliche Spiel die Erfahrung der Welt möglich macht. 21 Das konstruierende Kind oder eine Spielart des Konstruktivismus lässt sich noch am ehesten mit den Theorien Piagets in Verbindung bringen. Entscheidend ist letztendlich aber, dass Schäfer aber auch Laewen eine Position des einsam konstruierenden Kindes vertreten und sich damit aus internationalen entwicklungspsychologischen Standards ausgliedern. 22 Bildung, Erziehung und Betreuung in Krippen und Kindergärten sollen dazu beitragen, dass jedes einzelne Kind gleiche Rechte und gute Chancen für eine lebenswerte Perspektive in dieser Gesellschaft hat, gleich welchem Geschlecht es angehört, gleich welcher ethnisch-kulturellen Gruppe es selbst und die Mitglieder seiner Familie angehören. Unabhängig von der Herkunft und seinen individuellen Voraussetzungen soll jedes Kind die Chance haben, seine Absichten, seine Fähigkeiten und seine individuellen Möglichkeiten in die Entwicklung von Gemeinschaft von Gesellschaft einzubringen. Das entspricht unserer demokratischen Verfassung und einem demokratischen Bildungsverständnis. 23 Humboldt versteht unter Bildung eine Aneignungstätigkeit, mit der sich der Mensch ein Bild von der Welt macht. Somit ist Bildung als lebenslanger, von Irritationen und Widersprüchlichkeiten begleiteter Prozess. Dieses Weltbild beinhaltet infolgedessen, dass man sich ein Bild von sich selbst macht, dass man sich ein Bild von anderen macht und allgemein das Weltgeschehen erlebt und erkundet Vollmer, 2005, S Vgl. Fthenakis, Wassilios (Hg.): Ausbildungsqualität, Strategiekonzepte zur Weiterentwicklung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Berlin 2002, S Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Hg.): Berliner Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt. Berlin 2004, S Vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, 2004, S. 18.

19 Seite Der Bildungsbegriff als zentrales schulisches Element Der Begriff Bildung ist seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein zentrales Element, wenn nicht sogar das oberste Kriterium der deutschsprachigen Pädagogik. Im Deutschen ist dieser Ausdruck, der sich weder allgemein noch umfassend beschreiben lässt, sehr vielfältig in Verwendung, dementsprechend unbestimmt und vage ist auch sein Bedeutungsgehalt. Geradezu inflationär kommt er in einer Reihe von Komposita vor, wenn von Bildungsökonomie, -reform, -politik oder -forschung die Rede ist (vgl. Diederich/Tenorth 1997, 12). 25 Trotzdem definiert die Erziehungswissenschaft einen konkreten Bildungsbegriff, solange dieser nicht missbraucht wird, in dem nur Wissen strukturiert wird. Entscheidend ist, dass nicht nur versucht wird Fragestellungen zu klären sondern allgemein die Welt ausgelegt wird und somit ein interdisziplinärer Dialog über Bildung möglich wird. Weiters macht die vielfältige Verwendung des Bildungsbegriffes im deutschen Sprachgebrauch es beinahe unmöglich, diesen in andere Sprachen zu übersetzen und weist insofern fallweise einen völlig anderen Bedeutungsinhalt auf. 26 Der historische Rückblick auf den Bedeutungswandel des Begriffes macht ersichtlich, dass es selbst innerhalb einer Kulturepoche keine verbindlichen Entwürfe zum Bildungsbegriff gab und gibt. Diese Bedeutungsvielfalt veranlasste so manchen, den Begriff überhaupt abzulehnen und durch andere Formulierungen zu ersetzen, wie z.b. Selbstorganisation, Autopoiesis oder Emergenz (Lenzen 1997, 949 ff.). Dies führte etwa in den siebziger und achtziger Jahren dazu, dass der Begriff Bildung durch rund dreihundert verschiedene Ansätze einer Neudefinierung zu ersetzen versucht wurde. (Gudjons 1997, 203). 27 Für das Verständnis der Berufsbildung oder auch der Allgemeinbildung ist aus erziehungswissenschaftlicher Sicht der Bildungsbegriff als Prozessbegriff zu verstehen. In diesem Sinne wird Bildung als ein lebenslang währender Prozess in der Persönlichkeitsentwicklung definiert. Der Mensch erfährt aus seiner sozialen Mitwelt und Umwelt Anregungen und Herausforderungen und bildet sich in der Weise durch entsprechende Urteils-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit Friehs, Barbara: Einführung in die Theorie der Schule. Ein Studienbuch zu theoretischen Aspekten des österreichischen Schulwesens. Graz 2004, S Vgl. Friehs, 2004, S Friehs, 2004, S Vgl. Friehs, 2004, S. 44.

20 Seite 20 Im Zentrum der beruflichen Fachausbildung steht es, Leistungswissen, also spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Diese beziehen sich auf einen spezifischen Fachbereich und sollen die Übernahme von bestimmten Aufgabenbereichen und die Lösung von Problemen in komplexen Sachzusammenhängen ermöglichen (vgl. Windheuser 1992, 147). Berufsbildung qualifiziert zum selbständigen und wirkungsvollen Handeln (Arbeit) in bestimmten Feldern der Arbeitswelt einer arbeitsteiligen strukturierten Gesellschaft. Die Dimensionen spezieller Bildung beschränken sich jedoch nicht auf die Berufsfelder der traditionellen (bezahlten) Arbeit, sondern schließen auch Kompetenzen für ehrenamtliche Tätigkeitsbereiche (z.b. Sozialdienste, Katastrophenschutz) ein. 29 Was bedeutet nun der Bildungsbegriff aus der beruflichen Perspektive? Berufliche Handlungskompetenz, ein häufig verwendeter Terminus, ist zu verstehen als die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln, d.h. anstehende Probleme zielorientiert auf der Basis angeeigneter Handlungsschemata selbstständig zu lösen. Elementares Ziel der beruflichen Bildung ist somit die Handlungskompetenz. 30 Allgemeinbildung und Berufsbildung unterscheiden sich also in ihren Inhalten und Zielen, stehen aber in einer durch Differenzierung und Spezialisierung gekennzeichneten arbeitsteiligen Gesellschaft immer in einem Wechselverhältnis: Eine fundierte Allgemeinbildung ermöglicht es, als Urteilsfähiger begründet Vertrauen in jenen Bereichen zu schenken, in welchen man aufgrund mangelnder eigener Fähigkeiten zu einem Entscheiden und Handeln nicht imstande ist. Die Berufsbildung begründet das kompetente Entscheiden und Handeln in bestimmten Lebensbereichen und damit die Fähigkeit und Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen (vgl. Weniger o. J., 138). Obwohl sich Allgemeinbildung und Berufsbildung nach ihrem Bildungsinhalt unterscheiden (Brezinka 1998, 48), müssen sie zwar als eigenständige, aber dennoch aufeinander bezogene Faktoren eines einheitlichen Bildungsverständnisses gesehen werden Friehs, 2004, S Vgl. Friehs, 2004, S. 45 f. 31 Friehs, 2004, S. 46.

21 Seite Bildung als Schlüsselqualifikation Eine von Wertpluralismus geprägte Gesellschaft setzt auf einen gebildeten Bürger. Das bedeutet, dass dieser in der Lage sein muss, sein Leben eigenverantwortlich zu führen, an der Gestaltung einer lebenswerten Gesellschaft konstruktiv mitwirkt und für Gerechtigkeit eintritt. Ebenso zählt dazu auch ein gewisses Maß an Problemsensitivität um Herausforderungen und Bedrohungen, Möglichkeiten und Chancen wahrzunehmen. Bildung in diesem Sinne ist also wesentlich mehr als eine Anhäufung von Wissen, Fähigkeiten oder Kompetenzerwerb, sie umschließt den ganzen Menschen. 32 Unsere Gesellschaft wird sich in Zukunft nicht mehr weiterleisten können, dass die Leistungen unserer SchülerInnen sich nur im unteren Mittelfeld bewegen; dass die deutschen Schulen die weltweit größte Streuung von Schülerleistungen offenbaren die österreichischen sind nicht deutlich besser; dass wir in Deutschland eine Risikogruppe von 23 Prozent aller jungen Menschen, die wir in die Arbeitswelt entlassen, haben, die über keine ausreichenden Basiskompetenzen verfügen, um erfolgreich in den Wirtschaftskreislauf eingegliedert zu werden; dass wir bereits 33 Prozent der 15-Jährigen durch Abstufung, Abschulung oder Schulverweis beschämt haben, was nachweislich keine Leistungssteigerung oder sonstige Vorteile bringt, uns aber demotivierte, gedemütigte und beschädigte Jugendliche sowie hohe Kosten beschert; [...] dass uns ein ebenfalls beschämender und kurzsichtiger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und schulischen Leistungen unserer Kinder nachgewiesen wurde. Hier muss sich Deutschland des weltweit absoluten Spitzenwertes schämen und gerade in diesem Bereich liegt auch Österreich beschämend weit oben. 33 Die Autorin, Susanne Thurn, diskutiert diese Feststellungen sehr kontrovers. So stellt sie fest, dass die Wirtschaft Menschen braucht, die in ihrer Vielfalt aus ethnischer oder religiöser Sicht eine Bereicherung darstellen und nicht einen Fluch. Die Gesellschaft kann es sich auch nicht mehr leisten auf nur ein einziges Kind zu verzichten und muss insofern einen einheitlichen Bildungsweg vom Kindergarten über die Vorschule bis zum Ende der Pflichtschulzeit einschlagen. Bildungssysteme müssen Menschen zur Bil- 32 Vgl. Friehs, 2004, S Thurn, Susanne: Welche Bildung braucht die Wirtschaft? Die Menschen stärken, die Sachen klären. In: wessen der Mensch bedarf. Bildungsideale im Wettstreit. Tagungsband der 52. Internationalen Pädagogischen Werktagung in Salzburg Wien 2003, S. 126.

22 Seite 22 dung befähigen, in dem sie zum Lernen ermutigen, herausfordern und unterstützt werden. Ganz besonders aber braucht Bildung neben einem großen Spektrum an Methoden und Fertigkeiten, junge Menschen, die lernen, die Verantwortung für ihr eigenes Lernen, ihre Bildung selbst zu übernehmen. 34 Es ist bekannt, dass die moderne demokratische Gesellschaft es als ihr Ziel erachtet, allen ihren Mitgliedern im Sinne der Chancengleichheit Bildung angedeihen zu lassen, sie allerdings aber auch sehr wohl zu sozialer Ungleichheit führt. Weiter stellt sich die Frage, ob denn der in der Schule angebotene Fächerkanon tatsächlich jene Bildung vermittelt, die für Jugendliche und für ihre zukünftige Bestimmung relevant sein wird, d.h. dass diese Bildung tatsächlich einmal adäquat eingesetzt werden kann. 35 Trotz vieler gegenteiliger Argumente lässt sich bilanzierend feststellen, dass der Bildungsbegriff als solcher an Aktualität gewinnt. Der historische Bildungsbegriff als Orientierung hat nicht wirklich an Bedeutung verloren sondern fungiert als wichtige Leitkategorie. Darüber hinaus ist es aber erforderlich, die Standortbestimmung des Bildungsbegriffes von heute permanent auszuloten. Gerade in einer globalisierten Gesellschaft und schnelllebigen Zeit ist es vonnöten, sich seines kritischen Verstandes zu bedienen, geistige Beweglichkeit zu üben und es ist die Herausforderung, anstehende Probleme zu bewältigen bzw. sich von Überholtem zu befreien, angesagt. 36 Bildung ist also in gewisser Hinsicht Selbstzweck und die einzig wirkliche Schlüsselqualifikation der Zukunft, da außer Frage steht, was letztlich in der globalisierten Wirtschaft mehr zählen wird, kultivierte Bildung oder einfach planbare Teamfähigkeit, einhergehend mit der eher hilflosen Fähigkeit, das Lernen gelernt zu haben (Oelkers 1998, 159). 37 Susanne Thurn formuliert folgende These im Bezug auf die Frage: Welche Bildung braucht die Wirtschaft? 34 Vgl. Thurn, 2003, S. 127 f. 35 Vgl. Friehs, 2004, S Vgl. Friehs, 2004, S Friehs, 2004, S. 48 f.

23 Seite 23 Sie braucht ein Bildungssystem, das befreit ist von überflüssigen, überholten, sinnwidrigen Vorgaben und Verordnungen. Sie braucht Bildungsinstitutionen, die sich selbst entwickeln, reflektieren, überprüfen und verändern dürfen, aber zur Rechenschaft ihrer Freiheiten gegenüber der Gesellschaft verpflichtet sind. Sie braucht Bildungsinstitutionen, in denen Menschen Fehler machen dürfen, weil aus diesen besonders gut gelernt wird, und die zugleich darauf bauen dürfen, dass ihnen nicht nur etwas zugemutet, sondern auch zugetraut wird. 38 Bildungseinrichtungen vor dem Hintergrund diverser gesellschaftlicher Umbrüche, in denen Ressourcen immer knapper werden, dürfen aber keinesfalls zur Berechtigungsinstitution degradiert werden. Bildung bedeutet demnach nicht nur Zugang zu Macht oder ist auch kein Synonym für Einfluss und Privilegien. Unser Bildungssystem hat auch unter anderem die Aufgabe, auf ein humanes Leben neben der Erwerbsarbeit vorzubereiten Der Bildungsbegriff nach Humboldt 40 Wissen als Macht Die Frage, was gelehrt und gelernt werden soll, welche Kenntnisse und Fähigkeiten, welche Verhaltensmuster und Werte von Bedeutung sind, steht immer in Zusammenhang mit den Anliegen von sozialen Gruppen, mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen bzw. mit den ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Geschichte zeigt uns auf, dass Wissen und seine Vermittlung immer ein umkämpftes gesellschaftliches Steuerungsinstrument waren und unter Kontrolle von herrschenden Cliquen standen. 41 Wilhelm von Humboldt ( ), auf den die Schulreform in Preußen und die Gründung der Freien Universität Berlin (1810) zurückgeht, trat besonders für die Allgemeinbildung ein. Menschliche Bildung hat einen gewissen Grad von Unbestimmtheit Allgemeinbildung kommt nicht aufgrund eines höheren Status vor der Berufsbildung, sondern Bildung ist...an die Erfahrung der 38 Thurn, 2003, S Vgl. Thurn, 2003, S. 130 f. 40 Wilhelm von Humboldt ( ) war Philologe und Ästhet, Mitbegründer eines neu gegliederten Bildungssystems, das allen Schichten den Bildungserwerb sichern soll. 41 Vgl. Lenz, Werner: Bildung im Wandel (= Studientexte Bildung und Weiterbildung, Band 1). Wien 2005, S. 4 f.

24 Seite 24 Individualität des an seiner Bildung arbeitenden Menschen und der Widerstandsfähigkeit einer vorgegebenen Welt gebunden. (Brenner, 2003, S. 148). Jedes Individuum erfährt seine Bildung im Widerstand gegen die es umgebende Welt. 42 Im 18. Jahrhundert war für die Monarchen der deutschsprachigen Länder der Zusammenhang zwischen lese-, schreib- und rechenfähiger Bevölkerung und den Leistungen des Militärs, der Verwaltung und der wirtschaftlichen Entwicklung offenkundig geworden. 43 In der österreichischen Monarchie bemühte sich Kaiserin Maria Theresia (Regierungszeit ) gemeinsam mit Abt Ignaz Felbinger ( ) um eine allgemeine Schulordnung, um dem Volk eine Grundbildung angedeihen zu lassen, da zu dieser Zeit ein Großteil der Bevölkerung zu den Analphabeten zählte. Friedrich Schleiermacher 44 ( ) war bestrebt, Bildung voranzutreiben, in dem er versuchte, den Menschen aus einer gewissen Abhängigkeit zu befreien und zwar durch die Trennung von Kirche und Staat. Bildung und Religion sollten völlig unabhängig praktiziert werden können und zu einer Mündigkeit bzw. Selbstständigkeit führen. Der Staat hatte durch Humboldt und Schleiermacher die Macht als Aufsichtsorgan über das Bildungswesen verloren. 45 Humboldt und Schleiermacher haben zwei revolutionäre Modernisierungsschübe erlebt: eine politische Erschütterung war die Französische Revolution ab 1789, die sich gegen die bestehende politische Hierarchie wandte; eine ökonomische Umwälzung brachte der Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft mit der zunehmenden Bedeutung von Grundbildung für wirtschaftlichen Erfolg mit sich. 46 Die Auswirkungen dieser prägenden Modernisierungsschübe können wir bis heute feststellen. Einerseits haben Werthaltungen und Lebensregeln, wie sie uns von der Kirche vorgegeben wurden, stark an Bedeutung und Einfluss verloren, andererseits leben wir in einer Zeit der großen Ungewissheit und in gewisser Weise auch der Orientierungslosig- 42 Lenz, 2005, S. 5 f. 43 Vgl. Lenz, 2005, S. 4 f. 44 Friedrich Schleiermacher ( ) war protestantischer Theologe, Philosoph und Pädagoge. 45 Vgl. Lenz, 2005, S. 6 f. 46 Lenz, 2005, S. 7 f.

25 Seite 25 keit, die aber dem modernen Menschen von heute viel an Offenheit und Flexibilität, an Mobilität und Selbstständigkeit abverlangt. 47 Der Bildungsbegriff ist eine Folge der Aufklärung und wurde permanent von Kritik begleitet. Bildung wie sie schon von Johann Heinrich Pestalozzi 48 diskutiert wurde, bedeutet, dass sich der Mensch als Ganzer zu bilden habe, seinen Verstand, aber auch seine Hand, und insbesondere sein Herz. Bildung schließt somit Phantasie ein, Kreativität, Spiritualität, menschliche und soziale Werte. Damit einher geht aber auch der Gedanke oder vielmehr die Befürchtung, dass Bildung eine Entfremdung des Menschen zur Folge haben könnte. Ein anderer kritischer Ansatz richtet sich dagegen, dass Bildung im Grunde ein leeres Schlagwort sei, welches sich zwischen wahrer Bildung und bloßer Politur unterscheidet. Wie kann es sein, dass ein bloßer Begriff seit 200 Jahren Gegenstand von Streitigkeiten und Sonntagsreden auf bildungspolitischen Kongressen ist? Die verkürzte Antwort lautet: Gerade weil der Bildungsbegriff so unbestimmt ist, hinterlässt er ein Vakuum, das von Streitenden wie von Sonntagsrednern in beliebiger Weise gefüllt werden kann. Dabei kann man sich, wenn man nur hinreichend abstrakt redet oder bedeutungsvoll raunt, der Zustimmung der Zuhörer immer sicher sein, weil diese grundsätzlich dasjenige assoziieren, was ihrer individuellen begrifflichen Erfahrung mit diesem Terminus entspricht. Durch seine semantische Leere ist dieser Begriff auf der Rückseite aber nicht nur unbestimmt, sondern überdeterminiert worden. In ihm haben sich im historischen Verlauf so viele Bedeutungselemente akkumuliert, dass im konkreten Fall niemand weiß, was konnotiert wird. Für eine wissenschaftliche Verwendungsweise ist der Begriff also ungeeignet. Das ist es aber genau, was wir derzeit benötigen, eine wissenschaftlich möglichst präzise, empirisch gesättigte Fassung, eine Beschreibung von Wissensund Kompetenzbeständen, die unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Absolventinnen und Absolventen bis hin zu Professorinnen und Professoren besitzen müssen. In der Geschichte des deutschen Bildungsdenkens ist dieser Bedarf nicht selten auch im Begriff der Allgemeinbildung notiert worden. Er lebt von der Vorstellung, dass genau beschrieben werden kann, was das gebildete Individuum besitzen soll Vgl. Lenz, 2005, S. 7 f. 48 Johann Heinrich Pestalozzi ( ) war ein Schweizer Pädagoge, machte sich vor allem als Philanthrop, Schul- und Sozialreformer sowie als Politiker einen großen Namen. 49 Lenzen, Dieter: Vom Ideal der Allgemeinbildung zur Basiskompetenz. Der notwendige Wandel des Bildungsbegriffs. In: Internationale pädagogische Werktagung,... wessen der Mensch bedarf Bildungsideale im Wettstreit. Wien 2005, S. 16.

26 Seite 26 Bildung aus theologischer Perspektive betrachtet bedeutet aber auch, dass nicht nur Entfaltung sondern ein konkreter Auftrag damit verbunden ist. Der Mensch soll sich in gewisser Weise selbst verwirklichen und beobachten. Erziehung war die längste Zeit vor allem Selbsterziehung; und Erziehung wie Selbsterziehung müssen gesehen werden als eine Abfolge von Prozessen im Rahmen verschiedener formeller und informeller Institutionen: Literatur und eigenständige Lektüre gehören ebenso dazu wie neue Formen des religiösen Lebens, der Öffentlichkeit, der politischen Organisation, sowie die Organisation der Arbeitsprozesse, der Erzeugung und Verteilung von Gütern. Die längste Zeit wurde auch zu Recht die Meinung vertreten, jegliche formelle Erziehung bereite vor allem auf spätere Selbstbildungsprozesse vor und schaffe Grundlagen für die alltägliche Lebensgestaltung und die berufliche Praxis. Dies wird zwar auch heute noch propagiert, jedoch zu Recht keineswegs mehr geglaubt. In dem Ausmaß, in dem das Erziehungswesen, von der Grundschule bis zur Universität, systematisch in hierarchischer Weise gestaltet worden ist, verbunden mit allgemeiner Schulpflicht im Elementarbereich, mit einem System von Prüfungen, Zeugnissen und Zugangsberechtigungen zu jeweils höheren (Schul-) Stufen, gewinnt es eine völlig neue Bedeutung für die Kinder und Jugendlichen: Das Erziehungswesen insgesamt, ist nicht bloß eine Einrichtung zur Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, sondern wird zu einer Agentur, die der Vermittlung von Lebenschancen dient. 50 Dieser elementare Ansatz bedeutet nun heute, dass sich alle Bildungsbereiche, einschließlich der Weiterbildung, es sich zur Aufgabe gemacht haben, personale Schlüsselqualifikationen zu vermitteln, diese zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Lebenschancen als solche eröffnen sich insbesondere durch soziale Kompetenz, Verantwortungsbereitschaft, Durchsetzungsbereitschaft, Nachhaltigkeitsbereitschaft, Kompromissfähigkeit, Selbstverwirklichungsmotive, Unabhängigkeitsstreben, Leistungsmotive, Stressresistenz, emotionale Stabilität, Optimismus, Kreativität, Problemlösungsorientierung und Selbstorganisationsfähigkeit. Wenn die durch Bildungsprozesse erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen nicht nur an das Kriterium der Praxis, an ihre Verwertbarkeit im Alltag, gebunden sind, sondern vor allem an Prüfungen und Zeugnisse und den damit verbundenen Zugang zu jeweils höheren Stufen des Erziehungssystems, kann daran allmählich auch die Erwartung geknüpft werden, mit dem Erreichen höherer Schulstufen könnte auch eine höhere, als die angestammte Stellung in der Gesellschaft erreicht werden. 50 Dvořák, Johann: Selbstorganisierter Intellekt. Aufklärung, Bildung und Politik im neuzeitlichen England (= Bildung und gesellschaftliche Entwicklung, Band 2). Innsbruck / Wien 2001, S. 35.

27 Seite 27 Im Rahmen einer sozialgeschichtlich orientierten Untersuchung ist die radikale Transformation der Erziehung und ihrer gesellschaftlichen Funktion nicht bloß als Entwicklung und Fortschritt, sondern als Bruch und Neuanfang, als Summe von widersprüchlichen Prozessen, von gegensätzlichen Interessen, von gesellschaftlichen Konflikten zu beschreiben und zu erklären. 51 Generell lässt sich heute sagen, dass der Gegensatz zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung überholt ist. Wenn von Allgemeinbildung gesprochen wird, dann kann dies prinzipiell nur im Sinne der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen geschehen. Das Bildungssystem muss ein proaktives, positives Persönlichkeitsbild verfolgen und vermitteln. Der Mensch von heute muss zweifelsohne in der Lage sein, seine Denkfähigkeit hypothetisch, abstrakt, multidimensional und relativierend auszurichten Bildung und die Ergebnisse der internationalen PISA-Studie Die Debatte, wie vorschulische Kindertagesbetreuung ihren Bildungsauftrag wahrnehmen sollte, wurde auch durch die PISA-Studie angeregt und löste eine Reihe von stark divergierenden Bildungsdiskussionen aus. Wie die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen, gibt es klar formulierte und international vergleichbare Kriterien was die Qualitätsstandards in der Bildung betrifft. Aber es zeigt sich, dass es auch eine Pädagogik jenseits von PISA gibt. Grundsätzlich kann man sagen, dass das eigentliche und primäre Bildungsziel durch die PISA-Studie nicht gemessen wird. Die Neugierde junger Menschen, ihre Wissbegier, ihr Selbstvertrauen, ihr Optimismus, ihr Ehrgeiz und ihre Lebensfreude lässt sich schwer in empirischen Untersuchungen messen. Tatsächlich brauchen wir aber in Zukunft nicht nur gut informierte sondern auch mitfühlende, von Empathie getragene Menschen. Bis zur Bildungsdebatte nach der PISA-Studie existierte im Bereich der Kindertagesbetreuung keine einheitliche Definition des Bildungsbegriffs. Es war letztendlich den Kindertageseinrichtungen bzw. den Trägern überlassen, den Bildungsbegriff, in Abgrenzung zum Erziehungsbegriff, (nicht) zu definieren. Aktuell existieren für den Kindertagesbetreuungsbereich mehrere Definitionen des Begriffes Bildung, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen: Grundlage aktueller Bildungskonzepte ist dabei ein Bild vom Kind, das vom einem von Geburt an mit Kompetenzen und Fähigkeiten (welche zum Teil schon 51 Dvořák, 2001, S. 35.

28 Seite 28 im Mutterleib ausgebildet sind) ausgestatteten Kind ausgeht, welches mit Neugier sich selbst und seine Umwelt entdeckt und erforscht, sich dabei selbst bildet und Wissen aneignet. 52 Wesentliche Grundannahmen aktueller Bildungskonzepte, die auf den Erkenntnissen der Hirn-, Säuglings-, Kognitions-, Bindungs- und Wahrnehmungsforschung beruhen, lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen: Bildung ist ein aktiver Prozess, Kinder erforschen und gestalten ihre Welt. Aktive Kinder bilden sich selbst, denn sie kommen mit Kompetenzen und Neugier auf die Welt lernen also von Anfang an. In der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt sind Kinder von Geburt an eigenaktiv und stehen somit im Mittelpunkt von Bildungsprozessen. Kinder wollen in der Welt etwas Bedeutsames leisten. Dabei spielen Wahrnehmungsprozesse eine zentrale Bedeutung, welche auch durch die Hirnforschung in der pädagogischen Praxis belegt werden. Diese Wahrnehmungsprozesse ermöglichen es Kindern, vielfältige Eindrücke zu sammeln, zu strukturieren und zu differenzieren, um ihre Sicht der Welt über Bedeutungszuweisungen zu konstruieren. Kinder unterscheiden sich in ihrer Geschlechtszugehörigkeit, kein Kind gleicht dem anderen, auch Entwicklungsverläufe vollziehen sich unterschiedlich. [ ]. Bildung ist lustvoll, diese Feststellung beinhaltet ein neues Verständnis von Lernen. Primär lässt sich beobachten, dass Kinder das lernen, was sie wollen. Kinder sind glücklich und stolz, wenn sie Widerstände und Schwierigkeiten überwinden müssen um festzustellen, dass sich die eigene Erwartungshaltung erfüllt und ein Glücksgefühl einstellt. So lernen Kinder motiviert und können ein hohes Maß an Wissen aufnehmen und Handlungskompetenzen erwerben. Insofern spricht man von Selbstbildung, welche von der sozialen und emotionalen Umwelt beeinflusst wird. Das Bindungsverhalten der Kinder ist ausschlaggebend, wie sie mit der Umwelt und vor allem mit Bezugspersonen in Dialog treten. Eine sichere Bindung zu den Eltern oder später auch zur Kindergartenpädagogin ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erforschung der Umwelt, für Lern- und Selbstbildungsprozesse. 52 Vollmer, 2005, S. 76.

29 Seite 29 Die Gesellschaft der Zukunft muss in erster Linie als Zivilgesellschaft gestärkt werden. Insofern spielen Kommunikationsformen und emotionale Beziehungen eine elementare Rolle. Nur über Beziehungen und damit über eine wertschätzende und emotional kompetente Kommunikation können Kinder Umweltreize aufnehmen. In diesem Zusammenhang sind aber auch alle Formen der Partizipation, Solidarität und Kooperationsbereitschaft relevant. Ebenso spielt in der Bildung auch die materielle Ausstattung sowie die Zeit- und Raumstruktur eine Rolle. Kinder benötigen ein anregungsreiches Umfeld mit adäquatem Materialangebot, welches eine Über- bzw. Unterforderung ausschließt. Bezugspersonen wie Eltern oder Kleinkindpädagoginnen spielen eine entscheidende Rolle. Sie müssen erkennen, wenn sich Kinder in kritischen bzw. sensiblen Phasen befinden. Hier kommt auch die Vorbildwirkung der Pädagogin bzw. der Aspekt der emotionalen Absicherung des Kindes sehr stark zum Ausdruck. Um aufmerksam auf kindliche Selbstbildungstätigkeiten eingehen zu können, müssen diese beobachtet und dokumentiert werden. Beobachtungsprotokolle oder Entwicklungsportfolios geben Einblick in die kindlichen Lern- und Entwicklungsprozesse und sind darüber hinaus hilfreich, wenn es um die Qualitätssicherung von pädagogischen Angeboten geht. Erziehungs- und Bildungspartnerschaft im Sinne der Partizipation gehört wohl zu den höchsten Maximen einer pädagogischen Einrichtung. Insofern vertreten Eltern als die wichtigsten Bezugspersonen und Experten ihre Kinder, und genießen höchste Wertschätzung von Seiten der pädagogischen Fachkräfte der jeweiligen Einrichtung. 53 PISA (Programme for International Student Assessment), diese internationale Vergleichsstudie reicht aber mittlerweile weit über die bildungspolitische Szene hinaus, die Wirkung schulischer Bildung wird vielmehr als gesamtgesellschaftlicher Diskurs geführt. So gilt es, den Rohstoff Bildung zu mehren und in Richtung Lebenswissen zu entwickeln, was aber nicht heißt, dass formelhafte Schulentwicklung, bzw. die stets geforderte Optimierung von Unterrichtsgestaltung notwendigerweise zur Erhöhung von Bildungsqualität führt. 53 Vgl. Vollmer, 2005, S. 77 f.

30 Seite 30 Die ernüchternde Bilanz der PISA-Studie sollte Bildungsverantwortliche sensibilisieren. Leistungsbezogene Parameter wie Standards, Ranking und Evaluation sind nicht die einzige Lösung in einer human ausgerichteten Bildungslandschaft. Die Vermittlung von Werten und Tugenden erscheint neben einem berechtigten Leistungsprinzip nicht als Widerspruch. Im Hinblick auf den Innovationsbedarf nach PISA gilt: Globalisierung und Europäisierung werden in Zukunft eine divergierende Bildungslandschaft enorm tangieren und stellen letztendlich einen internationalen Wettbewerb dar Begriff der Unbildung nach Konrad Paul Liessmann Konrad Paul Liessmann 54 stellt in seinem Werk Theorie der Unbildung 55 fest, dass heute niemand mehr zu sagen weiß, worin Bildung oder Allgemeinbildung bestünden, dass dies keinen subjektiven Mangel darstellt, sondern das Resultat eines Denkens, das Bildung auf Ausbildung reduziert und Wissen zu einer bilanzierbaren Kennzahl des Humankapitals degradieren muss. Unbildung, so schreibt Liessmann, meint dabei nicht die schlichte Abwesenheit von Wissen oder eine bestimmte Form von Unkultiviertheit, sondern den mitunter durchaus intensiven Umgang mit Wissen jenseits jeder Idee von Bildung. Unbildung im heutigen Verständnis ist weder ein individuelles Versagen noch Resultat einer verfehlten Bildungspolitik: Sie ist unser aller Schicksal, weil sie die notwendige Konsequenz der Kapitalisierung des Geistes ist. 56 Liessmann stellt gleichzeitig fest, dass der Bereich der Bildung so sehr wie kein anderes gesellschaftliches Segment, unter dem Stigma der Unbeweglichkeit, Erstarrung und Antiquiertheit bzw. Verstaubtheit leidet. Er propagiert den Wahlspruch der Reformer nach Mobilität und Flexibilisierung. 57 Am Bildungsbereich lassen sich jene Tendenzen ablesen, die für den seit den späten achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vorgenommenen Umbau der Gesellschaft insgesamt stehen können.»reform«wurde dabei zu jenem Titel, unter dem der Abbau des Sozialstaates, die Privatisierung öffentlichen Eigentums und die Li- 54 Konrad Paul Liessmann ist Ordinarius für Philosophie an der Universität in Wien. 55 Liessmann, Konrad Paul: Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft. Wien Vgl. Liessmann, 2006, S Vgl. Liessmann, 2006, S. 159 f.

31 Seite 31 beralisierung der Finanz- und Kapitalmärkte genauso vorangetrieben werden konnten wie die Erosion staatlicher Strukturen und die Etablierung der Unternehmerperspektive als neue Weltanschauung und allgemeine Heilslehre. 58 Der Reformbegriff der Gegenwart als Herausforderung setzt auf die Zukunft, setzt sozusagen auf Zukunftschancen. Wenn auch der Terminus Reform einem Zauberwort gleichgesetzt wird, spannt sich dieser Reformgeist weitreichend über sämtliche sozialen, politischen und kulturellen Bereiche des Lebens und macht vor keiner Institution Halt. 59 Der Reformgeist ersetzt alle anderen politischen Programme, Konzepte und Ideen; und ersetzt auch die Moral. Es kommt nur noch darauf an, Mut zu Reformen zu zeigen. Tugendhaft ist heute, wer Reformbereitschaft signalisiert, einem Laster ist verfallen, wer Reformen verweigert. Die Reform ist das Gute, die Blockade das Böse, die Welt teilt sich in Reformfreudige und Reformfeinde. Und wie jede gute Ideologie kann auch der Reformgeist auf Begründungen seiner selbst verzichten. In jedem einzelnen Fall nachweisen zu müssen, ob überhaupt und wenn ja wie reformiert werden soll, wäre wahrlich zuviel verlangt. Eine Reform ist stets dringend geboten, weil Reformen stets dringend geboten sind. 60 Es stellt sich nach soviel Reformgeist die Frage, wie alt denn das vermeintlich Neue mitunter ist. Reformen im Bildungsbereich lösen zuweilen auch den Eindruck aus, einem Chaos ausgesetzt zu sein, welches es immer schwieriger macht, sinnvolle Arbeit zu leisten und somit das Bildungssystem destabilisieren. 61 Das dichte Netz an Kontrollen, Evaluationen, Überprüfungen, Anpassungen und Zielvorgaben im Bildungsbereich deutet darauf hin, dass sich anstelle einer Wissensgesellschaft eine Kontrollgesellschaft entwickelt hat. Die dumme Angst, man könnte etwas versäumen oder zu spät kommen, dominieren oder zeigen eine Art verblüffender Demutshaltung. Die Fähigkeit zu einer reflexiven Distanz gilt heute als Kulturpessimismus und bezeichnet das, was Bildung seit jeher von Unbildung schied. Liessmann spricht in diesem Zusammenhang von Unbildung als authentische Ausdrucksform der Wissensgesellschaft, die sich einnistet und am Geist frisst. 62 Bildung ist ein tatsächlich schwer zu definierender Begriff, der in der Fachliteratur aber auch in der Gesellschaft unterschiedlich weit gefasst ist. Versteht man unter Bildung 58 Liessmann, 2006, S Vgl. Liessmann, 2006, S Liessmann, 2006, S. 162 f. 61 Vgl. Liessmann, 2006, S Vgl. Liessmann, 2006, S. 174.

32 Seite 32 nicht nur eine Anhäufung von Wissen, könnte man den Begriff ausdehnen auf eine Art der Existenzsicherung, um für Beruf und Arbeitsmarkt qualifiziert zu sein. So verstanden aber wäre der Begriff eindeutig verkürzt dargestellt und steht im Grunde für einen viel umfassenderen und komplexeres Prozess. Bildung bezieht sich nicht nur auf ein einzelnes Individuum, sondern beinhaltet stets auch eine gesellschaftliche Dimension. Wenn auf dieser Ebene von Bildung gesprochen wird, dann geht es auch immer um Normen und Werte, die innerhalb einer Gesellschaft ausgehandelt werden. So könnten dies z. B. das kulturelle Erbe, das an die nächste Generation weitergegeben wird, sein, oder die gesellschaftliche Ordnung, das Verhältnis der Generationen untereinander und wie soziale Integration allgemein gelebt wird. Bildung findet also durch den ständigen Austausch des Individuums mit seiner sozialen Umwelt statt. 63 Bildung ist vor allem ein eigenständiger vom Menschen selbst organisierter Vorgang. Der Bildungsbegriff hat einen umfassenden Anspruch und bezieht einen breiten Kontext mit ein. 1.3 Zum Verhältnis der Begriffe Bildung und Lernen Unter Lernen wird üblicherweise ein stärker auf das Individuum und seine kognitiven Vorgänge konzentrierter Prozess verstanden. Die Neurobiologie, die mit ihren Forschungsergebnissen viele Ansichten der Pädagogik der frühen Kindheit beweisen konnte, spricht vorwiegend vom Lernen und nicht von Bildung. Lernen und Bildung sind aktive, aneignende Tätigkeiten. Lernen ist ein Vorgang, ohne den der Mensch nicht zu Bildung gelangen könnte. Im Unterschied zum Bildungsbegriff ist der Begriff Lernen leichter operationalisierbar und empirisch fassbar. Darüber hinaus ist er nach unseren Erfahrungen in der pädagogischen Praxis leichter zu verstehen und besser handhabbar Vgl. Leu, Hans Rudolf: Bildungs- und Lerngeschichten. Bildungsprozesse in früher Kindheit beobachten, dokumentieren und unterstützen. Berlin 2007, S Vgl. Leu, 2007, S. 36 f.

33 Seite 33 Bildung... Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere einen Kindergarten. Das Bildungsprogramm bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen, und alle Tiere wurden in allen Fächern gebildet. Die Ente war gut im Schwimmen, besser sogar als die Erzieher. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Bereich so schlecht war, musste sie immer wieder rennen, um das Rennen zu üben, und durfte nicht mit zum Schwimmen gehen. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittlich war aber akzeptabel, deshalb machte sich niemand Gedanken darüber nur die Ente. Das Kaninchen war zuerst im Laufen an der Spitze der Gruppe, aber es bekam einen Nervenzusammenbruch und musste vom Kindergarten abgemeldet werden wegen der vielen Förderstunden im Schwimmen. Das Eichhörnchen war Bester im Klettern, aber der Erzieher ließ die Flugstunden des Eichhörnchens am Boden beginnen statt im Baumwipfel. Das Eichhörnchen bekam Muskelkater durch Überanstrengung bei den Startübungen und wurde immer schlechter im Klettern und Rennen. Die mit Sinn fürs Praktische begabten Präriehunde gaben ihre Jungen zum Dachs in die Gruppe, als die Bildungskommission es ablehnte, das Buddeln in die Bildungsvereinbarung aufzunehmen. Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen und etwas rennen, klettern und fliegen konnte, die Schlussansprache in zwei Sprachen. (Verfasser unbekannt) Diese Geschichte zeigt die Notwendigkeit der Individualisierung und Differenzierung von Bildungs- und Lehrinhalten auf, damit effiziente Bildung und sinnvolles Lernen ermöglicht werden kann. Das bedeutet konkret, dass PädagogInnen SchülerInnen individuelle Lerntempi zugestehen, oder auf das jeweilige Verständnisniveau eingehen Wenn Bildung zur Ware wird Spricht man von Bildung, so geht es um keine Waren, ebenso funktionieren Bildungsprozesse nicht nach dem Modell des Warentransports. Menschen sind nicht mit Gefäßen zu vergleichen, in die man etwas einfüllen kann. Ich kann unmittelbar bewirken, dass ein anderer etwas lernt. Ich kann eine vorbereitete Umgebung mit Materialien gestalten und somit Lehrfeuerwerke entfachen, aber lernen muss jeder selbst. Pädagogische

34 Seite 34 Einwirkungsmöglichkeiten enden am Kopf des anderen und wenn der nicht entgegenkommt, dann laufen Lern- und Bildungsprozesse buchstäblich ins Leere. 65 Wenn in allen Schichten der Bevölkerung davon gesprochen wird, dass Bildung vermittelt wird, dann will keiner bemerken, dass vermitteln nichts anderes ist, als etwas, was ich habe an jemanden weiterzugeben, der das noch nicht hat. Die Rede von Bildung, die vermittelt wird, enthält in sich ob man das nun für richtig hält oder nicht das Modell von der Bildung als Ware. Das gleiche Bild verbirgt sich im Begriff der Bildungsgüter: Bildungsgüter werden vermittelt. Der Warencharakter tritt noch stärker zutage, wenn man statt Bildung von Kompetenzen spricht und meint, dass wir als Pädagogen Kindern Kompetenzen vermitteln müssten, die von Pädagogen, Psychologen, der Gesellschaft, dem Forum Bildung oder irgendeinem Wirtschaftsverband definiert werden. Sowohl von der fachlichen als auch von der Tagespresse wird dieser Begriff fast schon inflationär benutzt. In der pädagogischen Diskussion finden sich aber noch mehrere solche Begriffe, die ohne dass es bewusst gemacht wird ein Bildungsmodell ansprechen, das wissenschaftlich nicht tragfähig ist: weitergeben, übertragen, einwirken, beibringen, fähig machen, ein Bildungsangebot machen oder, ganz alltäglich: Kinder müssen lernen. 66 Betrachtet man bildungspolitische Entscheidungen, so zeigt sich, dass diese von diesem Denken stark geleitet sind. Bildung als Ware zu definieren kommt durch Modelle, die wie Dienstleistungen organisiert werden, zum Ausdruck. Institutionen, denen Bildung am Herzen liegt, sprechen sich ganz bestimmt gegen den Warencharakter aus, andererseits tragen sie aber widerspruchslos bildungspolitische Entscheidungen mit und spielen der Warenfrömmigkeit des Bildungsprozesses in die Hände. 67 Die Begriffe und Redewendungen, die wir benutzen, sind nicht neutral, sondern enthalten Denkmodelle. Es ist Aufgabe einer wissenschaftlichen Diskussion, diese Denkmodelle freizulegen, auf Widersprüche aufmerksam zu machen und Begriffsverwendungen zu kritisieren, die dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht entsprechen. Deshalb muss man das Verhältnis von Reden und Tun in der Pädagogik genau untersuchen. Wer das Warenmodell für Bildung und Bildungstransport als Handlungsvorstellung ablehnt, der wird nicht davon sprechen dürfen, dass Bildung oder Kompetenzen vermittelt werden. Wer aber das Warenmodell vertreten will, der soll es z.b. nicht hinter den Reden vom»kompetenten Kind«verstecken, sondern auch konsequent von Instruktion und nicht von Bildung sprechen Vgl. Schäfer, Gerd E. (Hg.): Bildung beginnt mit der Geburt. Ein offener Bildungsplan für Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfahlen. Weinheim / Basel 2005, S. 16 f. 66 Schäfer, 2005, S Vgl. Schäfer, 2005, S. 17 f. 68 Schäfer, 2005, S. 18.

35 Seite 35 Durch die Verwendung von Begriffen kommt automatisch zum Ausdruck, dass darin eingebaute Denkmodelle vertreten werden. Auch wenn das Bildungsmodell als Warentransport bewusst dementiert wird, wirkt es unbewusst weiter, solange die entsprechenden meinungsbildenden Begriffe den Markt beherrschen Bildung ist Lernen im Kontext Um zu verstehen, was ein chinesisches Schriftzeichen bedeutet, muss man eine chinesische Sprache und ihre Schreibweise kennen. Ohne dieses Kontextwissen bedeutet ein solches Zeichen entweder nichts oder etwas, was nichts mit einer chinesisches Sprache zu tun hat. Für einen Europäer hat es vielleicht eine ästhetische Bedeutung oder ist Repräsentant einer Bilderschrift. 70 Bildungsprozesse hervorzubringen, setzt ein Lernen voraus. Dazu ein Beispiel: wenn ich Kindern im Physikunterricht die schiefe Ebene vermitteln will, dann brauchen sie als Ausgangspunkt für ein Verständnis eine Vorstellung aus ihrem Alltag, von der sie ausgehen können. Angenommen, es gäbe jemanden, der noch keine Erfahrung oder kein Erlebnis mit einer schiefen Ebene gemacht hat, wie sollte er etwas von den physikalischen Phänomenen und den mit damit verbundenen mathematischen Modellen einer schiefen Ebene verstehen? Spricht man über bestimmte Phänomene, ist der kulturelle Kontext im Allgemeinen bekannt. So z.b. sind Mutter, Vater vertraute Phänomene, noch bevor überhaupt das Wort Mama oder Papa verstanden wird. Wenn ein kleines Kind das gesamte Geschirr zu Boden zieht, weil es an der Tischdecke zerrt, dann tut es dies, weil es noch nicht weiß, dass in vielen Fällen Tischdecke und Geschirr einen Zusammenhang bilden. 71 Lernen besteht nicht nur aus dem, was das Kind noch nicht kennt, sondern gleichermaßen aus den Vorerfahrungen, die es als Kontext mitbringt, um neue Erfahrungen zu entziffern und einzuordnen. Damit man sinnvolle Bildungsangebote machen kann, muss man also etwas von diesem individuellen Kontext wissen, den Kinder wissen, den Kinder mitbringen, und nicht nur von Inhalten etwas verstehen Vgl. Schäfer, 2005, S Schäfer, 2005, S Vgl. Schäfer, 2005, S. 19 f. 72 Schäfer, 2005, S. 20.

36 Seite 36 Sinnvolle Bildungsprozesse kommen erst dann zustande, wenn jemand auch Kontexte hat, mittels derer er sich wenigstens ansatzweise das Problem sinnvoll erschließen kann, welches zu erfassen wäre. Schlussfolgernd spricht man von sinnvoller Bildung und von Beteiligung des Kindes an seinem Bildungsprozess erst dann, wenn nicht nur auf das geblickt wird, was zu lernen ist, sondern genauso auf den Lebens-, Erfahrungs-, Könnens- und Wissenskontext, den ein Kind mitbringt, um sich Inhalte zu erschließen. Insofern muss es Aufgabe der Didaktik sein, Verfahren zu entwickeln, die aufzeigen, wie man das Können und Wissen der Kinder mit Lernaufgaben assoziiert, um so Kontexte zu ihren Bildungsprozessen einbringen zu können und diese in ihrer Eigenaktivität wahrgenommen und berücksichtigt werden. 73 Was Bildung nicht ist: Sie hängt nicht von bestimmten Inhalten ab, durch die man angeblich gebildet wird; sie ist kein anderes Wort für Kompetenzvermittlung; sie bezeichnet keinen spezifischen Förderbedarf; genauso wenig kann Bildung vermittelt werden. Stattdessen weist der Bildungsbegriff darauf hin, dass man sich letztlich nur sich selbst bilden kann; dass Bildungsprozesse mit sozialen Verständigungsprozessen verquickt sind; dass Lernen einen persönlichen Sinn ergeben muss das gilt auch für Säuglinge; dass in Bildungsprozessen Handeln, Empfinden, Fühlen, Denken, Werte, sozialer Austausch, subjektiver und objektiver Sinn miteinander in Einklang gebracht werden müssen; dass Bildungsprozesse Selbst- und Weltbilder zu einem mehr oder weniger spannungsvollen Gesamtbild verknüpfen Der Prozess der Bildung Bildung vollzieht sich als reflektierte Interaktion zwischen Person und Welt, wobei Welt, eine von Menschen hergestellte Wirklichkeit darstellt. Daraus erwächst die Bildungsaufgabe, sich Realität anzueignen und mittels eigener kreativer Tätigkeit zu ver- 73 Vgl. Schäfer, 2005, S Schäfer, 2005, S. 30.

37 Seite 37 wandeln, um in der Welt handlungsfähig und im ästhetischen Sinne zum Lebensgenuss fähig zu werden. In diesem Sinne besitzt Bildung einen Doppelcharakter. Der Philosoph Leonard Nelson 75 nennt dies einen Prozess der Gestaltung und Formung. Bildung gestaltet Welt und formt das Ich. Aber auf dem Weg der Subjektwerdung heißt Formung nicht geformt werden, sondern Selbstformung. Der moderne konstruktivistische, nun auch für den Elementarbereich konzipierte Bildungsbegriff, trägt dieser Einsicht nach Rechnung. Danach ist Bildung nicht machbar. Bildungsinstitutionen wie Kindergärten, Schulen oder Hochschulen können Lernen zwar methodisch-didaktisch aufbereiten, aber nicht eine gebildete Einstellung zur Urteilsbildung über die Welt herstellen. Bildung verläuft als subjektiver Vorgang vor allem als ein autopoietischer Prozess, bei dem das Kind, bzw. der Jugendliche Konstrukteur seiner Bildung und damit Selbst-Hersteller seiner Identität ist. So gesehen ist Bildung pädagogisch letztlich unverfügbar, aber durch didaktische Inszenierungen förderund anregbar. Dies ermöglicht bereits in der Elementarpädagogik auf spielerische Weise naturwissenschaftliche Erkenntnisse, literarisch-sprachliche oder mathematische Fähigkeiten in Gang zu setzen. Voraussetzung dafür aber ist das allgemeine Verstehen von Bildungsprozessen bei Kindern und Jugendlichen Zusammenfassung Bildung ist also als ein Zentralbegriff zu verstehen und drückt zugleich eine Besonderheit der deutschen Pädagogik aus, die in Abgrenzung zum Erziehungsbegriff die inhaltliche Seite der pädagogischen Bemühungen betonen soll. Der Begriff Bildung zielt darauf, die Fähigkeiten des Wissens, des Verstehens, der Kritik, der Aneignung von Wirklichkeit und eine die Weltzusammenhänge durchdringende Einstellung zu beschreiben, zu systematisieren und zu vermitteln. Über die alltagssprachliche Reduzierung dieses Begriffes auf Wissen, Wissenserwerb und Unterricht hinaus, meint der Begriff die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit in der Auseinandersetzung mit der natürlichen, kulturellen, technischen politisch-sozialen, ästhetisch verwandelten Welt. Bildsamkeit ist demnach das Resultat einer freien, eigenen Anstrengung. Weiters kann dieser Begriff losgelöst von Unterricht verstanden werden 75 Leonard Nelson ( ) war ein pädagogisch und politisch engagierter deutscher Philosoph mit den Arbeitsschwerpunkten Logik und Ethik. 76 Vgl. Pousset, 2006, S. 76 f.

38 Seite 38 und sich auf gesellschaftlich bedingte Tätigkeiten beziehen. In diesem Sinne ist Bildung sowohl ein pädagogischer als auch ein politischer Begriff. Die Pädagogik bringt allerdings keinen einheitlichen Bildungsbegriff hervor. Bildungstheorien aus diesem Bereich sind abhängig vom wissenschaftstheoretischen sowie politphilosophischen Standpunkt ihrer Autoren. Demnach gibt es geisteswissenschaftliche, materialistische, gesellschaftskritische Bildungstheorien und empirische Bildungsforschung. Was die Abgrenzung zum Erziehungsbegriff anbelangt, so werden in der pädagogischen Tradition Bildung und Erziehung im Hinblick auf die Perspektiven und Prozesse unterschieden. Das Trennende ist allerdings oft vage und unklar, so dass die Begriffe häufig synonym verwendet werden. In der Entstehungsgeschichte unterscheidet sich Bildung und Erziehung insofern, als dass der bereits bei Platon erwähnte Erziehungsbegriff deutlich älter ist als der im 18. Jahrhundert aufkommende Bildungsbegriff. Nach Dietrich Benner, 77 einem Erziehungswissenschaftler, befasst sich die Theorie der Bildung mit dem WAS und dem WOZU, die Theorie der Erziehung mit dem WIE. Aufgrund dieser Differenzierung wird Gegensätzliches deutlich: Zum einen lässt sich leicht nachweisen, dass es Erziehung auch mit dem WOZU z.b. durch Erziehung zur Mütterlichkeit, andererseits Bildung auch immer mit dem WIE z.b. durch Methoden der Vermittlung und Aneignung, zu tun hat, die Differenz also weiterhin unklar bleibt. Zum anderen ist plausibel, dass Bildung den Sachen, d.h. dem Wissen, Problemlösen und Können gegenüber Dingen und Prozessen näher ist als Erziehung, deren Hauptanliegen die menschliche Begegnung, d.h. die Förderung der Selbstfindung und sozialen Umgangsweisen der Kinder ist. Bildung ist aber auch nicht vorstellbar ohne ihre Ausrichtung auf wertorientierte Einstellungen und ohne Auswirkung auf die Identitätsbilder der Kinder, wie Horst Rumpf 78 dies 1982 analysiert hat. Schon der große Philosoph der Pädagogik, Friedrich J. Herbarth hat 1835 mit seiner Vorstellung vom erziehenden Unterricht Rechnung getragen. Hartmut von Hentig 79 gelingt es 1996 in seinem Bildungsbegriff beide Seiten miteinan- 77 Dietrich Benner, Professor für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Fakultät der Kardinal Stefan Wyszynskie Universität Warschau. 78 Horst Rumpf, emeritierter Universitätsprofessor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fachbereich für Erziehungswissenschaften, Mitautor der Fünf Einsprüche gegen die technokratische Umsteuerung des Bildungswesens. 79 Hartmut von Hentig (geb. 1925), bedeutender deutscher Pädagoge und Publizist.

39 Seite 39 der, nämlich den Aspekt der Aneignung der Welt mit dem der Entwicklung einer Persönlichkeit zu verbinden. Bildungseinrichtungen wie Schule oder Kindergarten, sind Lebens- und Erfahrungsräume, deren Auftrag nach Hentig lautet: die Menschen stärken, die Sachen klären. Was die Persönlichkeitsbildung als Welt- und Identitätsgewinn betrifft, konvergieren Bildung und Erziehung Vgl. Pousset, 2006, S. 74f.

40 Seite 40 2 Qualität und Evaluation in der Kleinkindpädagogik Qualität kostet nichts, aber sie wird einem nicht geschenkt. Sie beginnt beim Menschen, nicht bei den Dingen. Wer einen Wandel herbeiführen will, muss zuerst auf die innere Einstellung abzielen. (Philip B. Crosby) 2.1 Begriffsdefinition Qualität Der Begriff Qualität ist ein sozial konstruierter Begriff mit unzählig vielen Bedeutungen: Ob Qualität sich nun auf etwas Gutes oder Schlechtes bezieht, wird damit noch nicht ausgedrückt. Qualität (lat. qualitas = Beschaffenheit, Eigenschaft) bezeichnet die Güte, die Beschaffenheit, den Wert von einer Sache bzw. von einem Produkt. 81 Spricht man von Qualitätsmanagement, so ist die Gestaltung und Lenkung von Prozessen der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung gemeint. Für Schulen bzw. für Kindertageseinrichtungen besteht ein gesetzlicher Auftrag zur Arbeit mit einem Qualitätsmanagement. 82 Qualitätsdimensionen, wie z.b. die Orientierungsqualität, drücken sich in den pädagogischen Vorstellungen und Überzeugungen zum Auftrag, zu Werten, zum Bild vom Kind, zu Auffassungen über die kindliche Entwicklung aus. In Bildungseinrichtungen unterscheidet man bezüglich der Qualität der Bildungsprozesse zwischen Prozessqualität, Pädagogischer Prozessqualität, Strukturqualität und Ergebnisqualität. Die Pädagogische Prozessqualität ist Ausdruck der sozialen Interaktion zwischen den einzelnen Kindern, der Beziehung zwischen den Kindergartenpädagoginnen und den Kindern sowie der Bildungsangebote und des Bildungskonzepts einer Einrichtung. 81 Vollmer, 2005, S Vgl. Vollmer, 2005, S. 157 f.

41 Seite 41 Die Prozessqualität ermöglicht es, dass Aussagen über Leistungen gemacht werden, wie diese zustande kommen und welche Handlungsprozesse dafür erforderlich sind. Prozessqualität steht sozusagen auch für eine gewisse Transparenz im pädagogischen Geschehen. Strukturqualität bezieht sich auf situationsabhängigen Rahmenbedingungen und verschafft einen Überblick darüber, womit Qualität erreicht werden soll und kann, so z.b. gehören dazu die finanziellen Rahmenbedingungen, räumliche Bedingungen oder auch Faktoren, wie die Personalausstattung und etwaige Personalentwicklungsmaßnahmen. Ergebnisqualität stellt sozusagen eine gewisse Evaluierungsfunktion dar. Dadurch zeigt sich, ob das Versprochene, die im Qualitätsprozess erarbeiteten Standards, auch eingehalten bzw. umgesetzt worden sind. 83 Qualitätsentwicklung inkludiert alle Maßnahmen, die zur systematischen Qualitätsverbesserung beitragen. Folgende Gründe sind für eine Qualitätsentwicklung entscheidend: Zum einen geschieht dies, um Maßstäbe für die Bewertung des eigenen Handelns zu finden, etwa für einen Arbeitsbereich, für den es nur vage oder zu wenig konkretisierte messbare Vorgaben gab. Ein weiterer Grund könnte die Notwendigkeit der Profilierung durch Konkurrenzsituationen sein, daneben aber gibt es auch wirtschaftliche Gründe. Kindertageseinrichtungen, die genau wissen, was wie mit welchen Mitteln sinnvoll gemacht werden soll, können Finanzmittel zielgerichtet und sinnvoll einsetzen. Worin liegt nun z.b. die Bedeutung von Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder? Prioritätensetzung in der pädagogischen Arbeit, oder Schärfung des Profils der Einrichtung aber auch die Optimierung von Abläufen und Prozessen und die Möglichkeit der Erfolgskontrolle könnten, um nur einige zu nennen, anzustrebende Ziele sein. 84 Qualitätsstandards beschreiben eine bestimmte Qualität anhand definierter Merkmale und Kriterien, z.b. Qualitätsstandard in einer Kindertageseinrichtung ist, dass mindestens einmal im Jahr ein Entwicklungsgespräch mit Eltern geführt wird Vgl. Vollmer, 2005, S Vgl. Vollmer, 2005, S. 158 f. 85 Vollmer, 2005, S. 159.

42 Seite 42 Die Fragen nach Qualität im pädagogischen Bereich werden seit Anfang der 90er Jahre europaweit in Forschung und Fachpolitik vermehrt gestellt. Aufgrund der ernüchternden Bilanz von PISA muss man diese Diskussionen befürworten und die von der Bildungspolitik gegenwärtige breit angelegte Bestandsaufnahme gut heißen. Die enttäuschenden Ergebnisse von PISA haben einerseits dazu geführt, dass man sich nun von der Spaßpädagogik (Kraus 1998) eher abwendet und sich verstärkt an der Leistungspädagogik orientiert und dadurch eine rasche Verbesserung gegen die durch die Pisa-Studie zutage getretenen Schulleistungsdefizite herbeiführt. Der Tenor in den Bildungseinrichtungen lautet wieder eher: Fördern durch Fordern, dieser sollte aber möglichst nicht in die fatale Richtung des Überforderns abdriften. Gute Bildungsqualität setzt voraus, dass eine gewisse Unbefangenheit im Umgang mit Leistung förderlicher ist als das ständige Suggerieren von Leistungsdruck. Bildungsqualität sollte als Synonym für ein positives Leistungsverständnis stehen. Die positive Einstellung zur Leistung, gepaart mit Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Disziplin, stärken das Selbstwertgefühl des jungen Menschen. Der Erfolg des schulischen Lernens setzt auf die Einstellung zum Lernen, insofern bedarf es einer neuen Kultur der Begeisterung im Unterricht. 86 Die Konsequenz nach PISA sollte folgendermaßen lauten: Schule und Lehrer verdienen im Hinblick auf effiziente Bildung einfach mehr Akzeptanz, Anerkennung und Wertschätzung und dies auf allen Ebenen dieser Gesellschaft. Schule und Lehrer brauchen eine Allianz mit allen außerschulischen Erziehungsbeteiligten und Erziehungsverantwortlichen. Insofern bedeutet dies eine Einstellungsänderung für Erziehungsverantwortliche. Daraus resultiert, dass vorhin genannte Verantwortliche sich wieder stärker um die Optimierung von Bildungsqualität engagieren müssen und sich auch bei der Lösung von Erziehungsproblemen vermehrt ihrer Verantwortung bewusst werden müssen. Das bedeutet im Konkreten, sie müssen gemeinsam mit Schule und LehrerInnen pädagogisch verantwortungsvoll handeln Vgl. Schor, Bruno J.: PISA. Herausforderung und Chance zu schulischer Selbsterneuerung. Donauwörth 2002, S Vgl. Schor, 2002, S. 14.

43 Seite Die Forderung nach pädagogischer Qualität In den zurückliegenden Jahren erreichte die Frage nach der Qualität unterschiedlichste Dienstleistungsprozesse. Im Zuge der schrittweisen Ausweitung der Kindertagesbetreuung von Kindern ab etwa drei Jahren, der Konkurrenz unterschiedlicher pädagogischer Ansätze sowie der gleichzeitigen Verknappung öffentlicher Mittel rückte auch die Forderung nach pädagogischer Qualität bzw. nach ihrer Überprüfung und Gewährleistung in den Mittelpunkt des Interesses. Grundlegend für alle Ansätze zur Feststellung und Sicherung der pädagogischen Qualität ist das jeweils zugrunde gelegte Verständnis von Qualität Das relativistische Modell der Erziehungsqualität Was man unter qualitativ hochwertiger Erziehung oder Betreuung versteht, lässt sich nicht nach objektiven und allgemein gültigen Kriterien bestimmen. Diese Beurteilung basiert vielmehr auf kulturspezifischen und historisch gewachsenen Ziel- und Wertsetzungen, aber auch auf Wissensbeständen und Techniken einer Kulturgemeinschaft sowie auf verfügbaren kontextuellen Ressourcen. Innerhalb des relativistischen Modells von Erziehungsqualität werden die unterschiedlichen Perspektiven in einem Diskurs ausgehandelt. Dieser Qualitätsansatz trägt im Idealfall den unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen Rechnung und soll daher aus der Sicht von Experten, Kindern, Eltern, Erzieherinnen und Leiterinnen der Betreuungseinrichtungen sowie der Gesellschaft insgesamt, Berücksichtigung finden. (Katz 1992 in: Early childhood programs: Muliple perspektives on quality. Childhood Education, 69, 66-71). 89 Die verschiedenen beteiligten Gruppen setzen unterschiedliche Schwerpunkte bei der Bestimmung und konkreten Ausformulierung pädagogischer Qualität. So sind Experten interessiert an objektivierbaren, quantifizierbaren und damit überprüfbaren Qualitätsmerkmalen, die einer möglichst weiten Spannbreite von Situationen angemessen sind. Der Fokus liegt auf solchen Aspekten der Betreuung und Erziehung, denen eine die kindliche Entwicklung fördernde Wirkung zugesprochen wird (z.b. Betreuerschlüssel, Gruppengröße, pädagogischer Ansatz, Merkmale der Betreuer-Kind-Interaktion). Entlang dieser Gesichtspunkte werden Qualitätskriterien definiert, Forschungsfragen formuliert, Daten gesammelt und interpretiert und schließlich Schlussfolgerungen gezogen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Auf den Anfang kommt es an! Perspektiven zur Weiterentwicklung des Systems der Tageseinrichtungen für Kinder in Deutschland. Weinheim / Basel / Berlin 2003, S Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 83 f. 90 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 84.

44 Seite 44 Die Interpretation des relativistischen Konzepts der Erziehungsqualität zeigt durch die unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten sowie aufgrund des kulturellen Kontextes, eine gewisse Dynamik. Objektive und übergreifende Qualitätsstandards lassen sich insofern nur begrenzt postulieren, als dass die Kulturspezifität und Relativität entsprechenden Werte, Überzeugungen und Interessen berücksichtigt werden müssen. Qualität im vollständigen Konsens aller beteiligten Interessensgruppen zu bestimmen, kann nicht gelingen, weil es unrealistisch ist. Qualität ist immer als ein dynamischer und kontinuierlicher Entwicklungsprozess zu verstehen. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Definition, Feststellung und Sicherung von pädagogischer Qualität immer durch die Teilnahme möglichst vieler Nutzer an diesem Aushandlungsprozess garantiert wird Das struktural-prozessuale Modell der Erziehungsqualität Zu strukturellen Faktoren, die nachgewiesenermaßen die pädagogische Qualität beeinflussen, zählen z.b. die Gruppengröße von Kindern, die wiederum durch die Qualität von Interaktionsmustern in Verbindung mit Entwicklungsverläufen von Kindern stehen. Diese Beobachtungen sind auch sehr gut dokumentiert und aussagekräftig. Kinder in kleineren Gruppen z.b. sind kooperativer, beteiligen sich häufiger an sozialen Spielen und zeigen mehr soziale Kompetenzen, weisen darüber hinaus ein adäquateres Problemlöseverhalten als Kinder in größeren Gruppen auf. Differenzierte Studien geben Aufschluss darüber, dass das Verhalten von Kindern primär durch Pädagoginnen vermittelt bzw. vorgelebt wird. Zu den pädagogischen Standards zählt unter anderem der Personalschlüssel in den Einrichtungen, welcher sich im günstigen Fall natürlich auch positiv auf das Agieren der Erzieherinnen auswirkt. Dadurch bietet das gesamte pädagogische Handlungsfeld den Kindern mehr Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer sozialen, verbalen und kognitiven Fähigkeiten, was wiederum eine verbesserte Beziehungsqualität zu den Kindern zur Folge hat. Die Qualität der Ausbildung von Fachkräften ist natürlich nicht außer Acht zu lassen. Eine niveauvolle und qualitativ hochwertige Ausbildung von Fachkräften steht in engem Zusammenhang mit den Entwicklungszielen. Fachlich kompetente Pädagoginnen 91 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 85.

45 Seite 45 zeigen Auswirkungen auf die soziale Kompetenz der Kinder. Studien belegen diese Ergebnisse und reüssieren, dass das Niveau der Ausbildung in positiver Beziehung zur Gesamtqualität einer Einrichtung steht. Die Stabilität der Betreuung einer Gruppe durch Erzieherinnen, die Kontinuität, die in der Betreuer-Kind-Beziehung aufgebaut wird, ist ebenso eine wesentliche Dimension innerhalb der Qualitätsstandards. Eine frühe Stabilität in der Betreuungsbeziehung erleichtert später den Einstieg und die Anpassung an die Schule. Ein weiterer Faktor, der die pädagogische Qualität definiert, ist der Aspekt der Gesundheit und der Sicherheit. Vorschriftsgemäße sanitäre Maßnahmen und Hygienestandards in den Einrichtungen sind streng einzuhalten und verringern die Infektionsrate der betreuten Kinder. Der Aspekt der Raumgestaltung ist ein ebenso entscheidender Faktor in der pädagogischen Qualität. Aufgrund einer adäquaten und stimulierenden Lernumgebung können Kinder bessere kognitive und soziale Fähigkeiten entwickeln, darüber hinaus wird das Explorationsverhalten sowie die Kooperation zwischen den Kindern gesteigert. Die konkrete Strukturierung des Betreuungsablaufs kann primär auf das freie Spiel der Kinder ausgerichtet sein oder aber auf ein strukturiertes Lernen. Das freie Spiel der Kinder, ergänzt durch gezielte Förderprogramme seitens der Pädagogin, führt zu einer adäquaten sozialen Anpassung der Kinder. Zu den prozessualen Dimensionen von pädagogischer Qualität zählen vor allem: Die Bedeutung der Erzieherin-Kind-Interaktion: Internationale Studien haben eindeutig den Nachweis erbracht, dass zwischen dem Ausmaß der Interaktionen und Indikatoren der kindlichen Entwicklung Zusammenhänge bestehen. Ein weiterer entscheidender Indikator für Entwicklungsfortschritte des Kindes ist aber auch die adäquate Gestaltung der sprachlichen Kommunikation durch die pädagogische Betreuung. Die Dimension der Sensitivität und Responsivität der Erzieherin kommt im einfühlsamen und unterstützenden Erzieherverhalten dem Kind gegenüber zum Ausdruck. Die aktive Beteiligung an reziproken Interaktionen wie z.b. durch den positiven Zuspruch der Pädagogin dem Kind gegenüber, bezeichnet man als Responsivität. Eine sichere und fürsorgliche Betreuungssituation ist für den Aufbau einer stabilen Bindung unerlässlich und setzt ein sensitives und respon-

46 Seite 46 sives Erzieherverhalten voraus, was wiederum die optimale Basis für kindliches Lernen darstellt. Reziproke Interaktionen, ein Qualitätsmerkmal der prozessualen Dimensionen, beziehen sich auf die wechselseitige Kommunikation zwischen Erzieherin und Kind. Diese Form der Kommunikation erfordert einen intensiven verbalen Austausch und beeinträchtigt in weiterer Folge die soziale und sprachliche Entwicklung eines Kindes äußerst positiv. Interesse und Involvierung der Erzieherin an Spielprozessen der Kinder stellen einerseits einen natürlichen Motivationsfaktor dar und fördern konkret das Explorationsverhalten des Kindes, beeinflussen das imitierte Spiel und begünstigen das Sozialverhalten der Kinder wesentlich Kontextuelle Dimensionen von Erziehungsqualität Der Führungsstil der Leitung einer pädagogischen Einrichtung korreliert mit der Gesamtqualität einer Einrichtung. Das bedeutet, dass ein effektiv geführter Kindergarten mit klaren Erwartungen an die Mitarbeiterinnen, mit dem persönlichen Führungsstil der Leiterin in Zusammenhang steht. Das Betriebsklima in einer Einrichtung mit hohem Qualitätsstandard zeigt meist eine hohe Arbeitszufriedenheit, Innovationsfreude und eine geringe Personalfluktuation. Die Vergütung des Fachpersonals ist eng verwoben mit pädagogischer Qualität, denn eine angemessene Vergütung wird als Wertschätzung der pädagogischen Arbeit verstanden und erhöht die Identifikation mit der Einrichtung. Die Arbeitsbedingungen können für persönliche Unzufriedenheit der Erzieherinnen verantwortlich sein und zu unangemessenen Interaktionen im Umgang mit Kindern führen. Was die Trägerschaft der Einrichtung betrifft, diese teilt sich in profitorientierte und nicht profitorientierte Träger, gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Rückschlüsse. 93 Die Definition von Qualitätsstandards soll in erster Linie eine Professionalisierung der pädagogischen Arbeit in Kinderbetreuungseinrichtungen zum Ziel haben und Kinder- 92 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 88 f. 93 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 89 f.

47 Seite 47 gartenpädagoginnen die Möglichkeit geben, ihre strukturellen Rahmenbedingungen sowie ihre pädagogische Arbeit mit Unterstützung von Expertinnen zu überprüfen und mögliche Verbesserungen bzw. Rationalisierungsmaßnahmen vorzunehmen. Die Frage nach Qualität gewinnt auch auf persönlicher Ebene immer mehr an Bedeutung. Aufgrund der zunehmenden Komplexität und Informationsflut, aufgrund des beruflichen Zeit- und Effizienzdruckes, dem man ausgesetzt ist, kommt es auch, bedingt durch den rapiden sozialen Wandel, in gewisser Weise zu einem Verlust an Autoritäten und Orientierung. Die Suche nach Experten schließt diese Lücke. Der Qualitätsdiskurs ist somit auf der Suche nach klaren, einfachen und sicheren Antworten. 94 Qualitätskriterien werden spezifiziert durch Expertengruppen unterschiedlichster Fachrichtungen, der Prozess der Produktion dieser Kriterien ist durchdrungen von sozialen, kulturellen, politischen und moralischen Einflüssen. Typischerweise wird jedoch die Definition der Kriterien als ein technischer Prozess behandelt, der auf der Anwendung disziplinären Wissens und praktischer Erfahrung beruht und völlig wertfrei ist. Die Frage nach der philosophischen Grundlage fehlt völlig. Die Definition von Qualität ist ein exklusiver, didaktischer Prozess einer kleinen Gruppe mit dem Anspruch, darüber befinden zu können, was richtig oder falsch ist. Der Komplexität des Alltags in einer Einrichtung für Kinder wird man mit einer solchen Simplifizierung nicht gerecht werden. 95 Die Frage nach der Kundenzufriedenheit stellt einen anderen Zugang zur Qualitätsfrage dar. Der Kunde ist autorisiert, Qualität in Frage zu stellen bzw. diese zu beurteilen. Allerdings ist diese Vorstellung problematisch, wenn man bedenkt, dass der Begriff der Qualität auf Institutionen und Dienste im pädagogischen Bereich zutrifft. In diesem Aufgabenbereich ist eine Komplexität gegeben, dass eine geschäftsmäßige Annäherung den differenzierten Besonderheiten nicht gerecht werden würde. Das Modell des zufriedenen Kunden, wie es im wirtschaftlichen Raum kolportiert wird, ist im öffentlichen Bereich kaum übertragbar. Insofern stehen Bildungsverantwortliche tatsächlich vor großen Herausforderungen, das Erziehungsgeschehen sozusagen dialogisch-partizipativ zu organisieren Vgl. Fthenakis, 2002, S. 30 f. 95 Fthenakis, 2002, S Vgl. Fthenakis, 2002, S. 31 f.

48 Seite 48 Wie sollte man nun mit dem Qualitätsproblem umgehen? Kann man es hinsichtlich der Vielfalt und Komplexität, Subjektivität etc. rekonzeptualisieren? Gibt es je nach Land andere Qualitäten? Keine dieser Fragen führt sehr weit. Das Problem des Kontextes, die Unmöglichkeit, ihn auszupartialisieren, führte zu einer alternativen Sichtweise: Kultur wird nicht mehr als unabhängige Variable betrachtet, welche Kognition beeinflusst, sondern kognitive Prozesse werden als inhärent kulturell angesehen (Rogoff und Chavajay, 1995). Entsprechend sind auch die Institutionen der frühen Kindheit inhärent kulturell und mit dieser untrennbar verwoben, genauso wie alle anderen Variablen, die gemeinsam den Kontext bilden. 97 Fthenakis meint dazu, dass in einer humanisierten modernen Gesellschaft eine Dekontextualisierung von Problemen keine ernsthafte Option mehr darstellt. Tatsächlich wird ein neuer Diskurs benötigt, welcher der Vielfalt, der Komplexität, der Subjektivität und den vielfältigen Perspektiven Rechnung trägt, und der es uns als Teil einer emanzipatorischen Praxis ermöglicht, als Handlungsträger zu agieren, die Sinn konstruieren und nicht nur reflektieren. Ein dialogisch und kritisch geführter Austausch kann nur in Beziehung mit anderen gelingen, basierend auf konkreten menschlichen Erfahrungen und nicht auf Abstraktion, Kategorisierung oder kartographischer Erfassung. Das ist dann ein Diskurs, der nicht nur eine sozial-konstruktivistische Perspektive einnimmt, sondern sich auch auf das Lernen als einen Prozess der Ko-Konstruktion bezieht, indem in Beziehung mit anderen die Welt erschaffen wird. Evaluation ist demzufolge mit Prozessen der Reflexion, der Debatte und Rekonstruktion verknüpft und reagiert äußerst sensibel auf kulturelle Diversität und Komplexität Zusammenfassung Pädagogische Fachkräfte spielen im Zusammenhang mit Qualitätsdiskussionen eine unbestritten wichtige Schlüsselrolle. In den Bildungscurricula europäischer und außereuropäischen Länder werden Kinder und Pädagoginnen als aktive Ko-Konstrukteure von Wissen und Kultur mit Rechten, Pflichten und Möglichkeiten definiert. Die Bedeutung der Partizipation von Kindern und der Kooperation von Familie und Institution wird betont und kulturelle und linguale Diversität werden als gewünschte und bereichernde Aspekte anerkannt. 97 Fthenakis, 2002, S Vgl. Fthenakis, 2002, S. 33.

49 Seite 49 Die Entwicklung von länderübergreifenden Bildungsstandards und deren Konkretisierung in Form von Bildungs- und Erziehungsplänen der Länder stellt für die Zukunft der Bildungslandschaft eine große Herausforderung dar Evaluation von pädagogischer Qualität und Bildungsqualität Begriffsdefinition - Evaluation Evaluation (frz. Evaluation = Schätzung, lat. valere = stark, wert sein) ist eine systematische und kriterienbezogene Be- und Auswertung eines Vorhabens. Evaluation ist fester Bestandteil der Qualitätssicherung und -entwicklung. Es ist Leitungsaufgabe, personelle Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Qualität der Einrichtung zu erfassen und auszuwerten. Ebenso gehört es zu ihren Aufgaben, Mängel und Schwachstellen in der pädagogischen Arbeit zu beheben und Mitarbeiterinnen Verfahren zur Selbsteinschätzung ihrer Arbeit zur Verfügung zu stellen. Nach Möglichkeit beteiligt sich die Einrichtung an externen Evaluationen (Tietze/Viernickel, 2002). 100 Der Begriff der Evaluation kann weiter unterteilt werden in die formative Evaluation und die summative Evaluation. Die formative Evaluation findet während des Vorhabens statt und die Ergebnisse fließen zur weiteren Verbesserung mit ein. Die summative Evaluation findet nach Beendigung des Vorhabens statt. 101 Pädagogische Qualität und Bildungsqualität zu fordern und entsprechende Maßnahmen aufzuzeigen, die zur Erreichung dieser Ziele beitragen können, gewährleistet noch nicht, dass Qualitätssteigerungen bewirkt werden. Erst eine systematische Evaluation gibt darüber Auskunft, ob bestimmte Qualitätsstandards erreicht werden Evaluationsmodelle Evaluationskonzepte müssen immer aus der Perspektive betrachtet werden, welche Rolle sie dem Evaluator zuschreiben. So kann dies die Rolle des technischen oder methodischen Experten sein, die des Informators oder Mediators, aber auch die des Erziehers, Helfers, oder Konfliktlösers. Die unterschiedlichen Rollen- und Aufgabenschwerpunkte 99 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S Vollmer, 2005, S Vgl. Vollmer, 2005, S Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 103.

50 Seite 50 schließen sich aber keineswegs wechselseitig aus. Entscheidend ist, dass der Evaluator einen unmittelbaren Einfluss auf die Ausgestaltung der Evaluation hat. Wesentlich ist die Differenzierung zwischen Selbst- und Fremdevaluation. Westermann spricht dann von Selbstevaluation, wenn die Untersuchungen und Bewertungen des Evaluationsgegenstandes von Personen vorgenommen werden, die an der Gestaltung dieses Gegenstandes selbst beteiligt sind, eventuell sogar als wesentliche Mitarbeiter oder Verantwortungsträger. Die Fremdevaluation wird von Experten durchgeführt, die nicht zur Organisation gehören und die evaluierende Maßnahme in irgendeiner Weise gestalterisch beeinflussen könnten. Jede, dieser beiden vorhin genannten Methoden besitzen Vorteile und Risiken, beziehungsweise bergen sie die Gefahr der Parteilichkeit oder Urteilsverfälschung. Selbstevaluatoren brauchen in der Planung und Durchführung dieses Vorhabens in verstärktem Maße Hilfe und Unterstützung durch Experten. Bei der Durchführung einer Evaluation durch Außenstehende ist die Gefahr der Beeinträchtigung durch Partikularinteressen viel geringer, dabei wird eher die Chance ermöglicht, neue Perspektiven einfließen zu lassen. Bemerkenswert erscheint aber, dass externe Evaluatoren aufgrund mangelnder themenbezogener Expertisen wichtige Aspekte übersehen und Aussagen gerne verallgemeinern. 103 Bei der strategischen Planung von Evaluationsprogrammen sind die beteiligten Personengruppen zu identifizieren, die spezifische Interessen an der Gestaltung und an den Ergebnissen der Evaluation und der evaluierten Maßnahme haben. (Clarke [1999]Rossi [1999], Scriven [1991]). Folgende Interessensgruppen lassen sich unterscheiden: Personen, die Gegenstand der Evaluation sind oder die zu einer evaluierenden Gruppe oder Institution gehören; Unmittelbare Zielpersonen der zu evaluierenden Maßnahme (z.b. Kunden, behandelte Patienten, betreute Kinder) oder ihre organisierten Vertretungen sowie indirekt Betroffene (z.b. Eltern, Angehörige); Auftraggeber und Kostenträger der zu evaluierenden Maßnahme. 104 Der Auftraggeber bzw. Kostenträger ist es primär, der Interesse an Fremdevaluationen bekundet. Selbstevaluationen, die in erster Linie der Weiterentwicklung von Qualität dienen, sollten hingegen von der evaluierten Institution angeregt werden Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 103 f. 104 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 104.

51 Seite Evaluationsstandards Qualitätskriterien und Qualitätsstandards kommen nicht nur bei der Durchführung der Evaluation zur Anwendung Qualitätsstandards können als Soll-Werte verstanden werden, mit denen der erhobene Ist-Wert verglichen wird, auch an die Evaluationsmaßnahmen selbst sind Qualitätsstandards anzulegen. So hat das Joint Committee on Standards of Educational Evaluation einen Katalog solcher Evaluationsstandards vorgelegt, der vier Gruppen von Standards umfasst: Nützlichkeitsstandards Diese Standards sollen sicherstellen, dass eine Evaluation sich nach den Informationsbedürfnissen der vorgesehenen Evaluationsnutzer ausrichtet. Die einzelnen Standards betreffen unter anderem die Ermittlung der Beteiligten und Betroffenen, die Glaubwürdigkeit des Evaluators, den Umfang und die Auswahl der Informationen, die Feststellung von Werten, die Klarheit des Berichts, die Rechtzeitigkeit und Verbreitung des Berichts sowie die Wirkung der Evaluation. Evaluationen sollten so geplant, durchgeführt und dargestellt werden, dass die Beteiligten und Betroffenen dazu motiviert werden, dem Evaluationsprozess zu folgen, damit die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass die Evaluation von Nutzen ist. 2. Durchführbarkeitsstandards In dieser Kategorie der Standards werden Aspekte der Handhabbarkeit, der politischen Tragfähigkeit und der Kostenwirksamkeit der Evaluationsmaßnahme behandelt. Das heißt, die Durchführung der Evaluation sollte realistisch, gut durchdacht, diplomatisch und kostenbewusst durchgeführt werden. Dazu zählen folgende Standards: Praktische Verfahren, die Störungen minimieren, die politische Tragfähigkeit, die die Kooperation der beteiligten Gruppen inkludiert und nicht die Evaluationsaktivitäten einschränkt. Die Kostenwirksamkeit bezieht sich auf die Effizienz der Evaluation, auf den Wert, der dadurch hervorgebracht wird und in Relation zu den eingesetzten Mitteln steht. 105 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 104.

52 Seite Korrektheitsstandards Korrektheitsstandards sollen sicherstellen, dass eine Evaluation rechtlich und ethisch korrekt durchgeführt wird und dem Wohlergehen der in die Evaluation einbezogenen und auch der durch die Ergebnisse betroffenen Personen gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wird. Diese Gruppe beinhaltet folgende Standards: Die Unterstützung der Dienstleistungsorientierung, die die Berücksichtigung des gesamten Zielgruppenspektrums beinhaltet, die formalen Vereinbarungen wie die Pflichten der Vertragsparteien, die schriftlich festgehalten werden, der Schutz individueller Menschenrechte, generell human gestaltete Interaktionen, eine vollständige und faire Einschätzung, die transparente Offenlegung der Ergebnisse, die neutrale Deklaration von Interessenskonflikten und nicht zu vergessen, die finanzielle Verantwortlichkeit. 4. Genauigkeitsstandards Genauigkeitsstandards sichern eine Evaluation im Bezug auf Güte und/oder Verwertbarkeit des evaluierten Programms. Dadurch wird ermöglicht, dass fachlich angemessene Informationen hervorgebracht und vermittelt werden können. Diese Standards sind nun im Konkreten: Die Programmdokumentation, die es ermöglicht, dass das zu evaluierende Programm eindeutig identifiziert werden kann. Eine Kontextanalyse, damit etwaige Beeinflussungen des Programms identifiziert werden, ist durchzuführen. Die Beschreibung von Zielen und Vorgehensweisen wie auch die dazugehörenden verlässlichen Informationsquellen sind ein weiteres Kriterium. Valide und reliable Informationen, die die Gültigkeit der gewonnenen Interpretationen für den gegebenen Zweck sicherstellen, sind ebenso von großer Bedeutung. Eine systematische Informationsüberprüfung, die gewährleistet, dass alle gefundenen Fehler korrigiert werden, sowie die Analyse qualitativer Informationen ermöglichen, dass die Fragestellungen der Evaluation effektiv beantwortet werden können. Die begründete Schlussfolgerung und die unparteiische Berichterstattung runden diese Kategorie der Genauigkeitsstandards ab. Die Meta-Evaluation garantiert

53 Seite 53 bei Abschluss einer Evaluation, dass die Beteiligten und Betroffenen ihre Stärken und Schwächen gründlich überprüfen konnten Zusammenfassung Umbrüche in Wirtschaft, Technik, Politik und Wissenschaft beeinflussen die Qualitätsdebatte im pädagogischen Bereich permanent, oberstes Ziel dieser intensiv geführten Diskussionen ist die Optimierung von Bildungsqualität. Bildungsqualität zu fordern und entsprechende Maßnahmen aufzuzeigen, die zur Erreichung dieser angestrebten Ziele beitragen, gewährleisten noch nicht, dass hohe pädagogische Qualität in diversen Institutionen erreicht wird. Erst durch eine systematische Evaluation kann Auskunft darüber gegeben werden, ob bestimmte Qualitätsstandards erreicht werden. Qualitätskriterien und -standards kommen nicht nur bei der Durchführung der Evaluation zur Anwendung, auch für die Evaluationsmaßnahmen selbst werden Qualitätsstandards festgelegt QIBB Qualitätsinitiative Berufsbildung QIBB bezeichnet die Initiative der österreichischen Berufsbildung für Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität im Schulwesen. Schulentwicklung und die damit verbunden Qualitätsdiskussion stehen mehr denn je bei Aus- und Weiterbildungen am Programm. Diskussionsrunden über die Bildungsreform, geführt von Verantwortlichen wie z.b. aus der Bildungspolitik, aus dem Bereich der Wissenschaft oder auch der pädagogischen Praxis, unterstreichen die Aktualität dieser innovativen pädagogischen Idee. Pädagogische Qualität zu prüfen, stellt eine große Herausforderung dar, denn es gilt, Parameter zu finden, die einer Bewertung unterzogen werden können. Im Sinne der Qualitätssicherung ist die Evaluierung der Umsetzung von Bildungsqualität in Schulen von wesentlicher Bedeutung. Entscheidend für das Gelingen dieser Aufgabe als Schulentwicklungsstrategie ist unter anderem die Bereitschaft und aktive Beteiligung des Lehrerkollegiums. 107 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 104 ff. 108 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2003, S. 102.

54 Seite 54 Im Jahre 2004 wurde die Qualitätsinitiative Berufsbildung, kurz QIBB, als Qualitätsprogramm zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität im Schulwesen gestartet. Dieses Programm baut auf anerkannten Grundsätzen moderner Qualitätsmanagementsysteme auf und ergänzt die seit langem gepflegten traditionellen Vorgehensweisen in der Sicherung der Qualität des Bildungssystems. QIBB ist aber auch innerhalb des europaweit laufenden Qualitätsprozesses als ein Teilprogramm zu verstehen, das Ideen eines gemeinsamen Qualitätssicherungsrahmens CQAF (CQAF Fundamentals of a Common Quality Assurance Framework) aufgreift und diese auf nationale Gegebenheiten überträgt. Die Qualitätsmethodik von QIBB ist in ihren Grundsätzen weder eine Erfindung dieser Tage noch in seiner Umsetzung die unmittelbare Übertragung von Qualitätsmanagementansätzen aus der industriellen Wirtschaft in die Berufsbildungslandschaft. Ein wesentlicher Vorläufer in der schulischen Qualitätsentwicklung war das im Jahr 1999 begonnene und vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur initiierte Projekt Qualität in Schulen kurz QIS genannt. Diese Initiative war es, die wesentlich zur Entwicklung eines Qualitätsbewusstseins in den Schulen beigetragen hat. QIBB schloss an diese Entwicklung an, sodass ein nun mittlerweile gemeinsames Netzwerk von Qualitätssystemen für alle berufsbildenden Schulen Österreichs vorherrscht. 109 Abb.1: Die Entwicklung der Qualitätsprogramme in der Berufsbildung Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hg.): QIBB. Qualitätsinitiative Berufsbildung. Wien 2006, S Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 2.

55 Seite QIBB als Weiterentwicklung des traditionellen Qualitätskonzepts QIBB setzt auf die bereits vorhandene Qualitätsstruktur des österreichischen Bildungssystems. Diese beinhaltet verschiedene Formen der Qualitätssicherung, die mit der sich entwickelnden Struktur des Bildungssystems verbunden sind. Insofern agiert das Bildungssystem auf den zwei grundlegenden Strukturelementen, dem rechtlichen und dem organisatorischen Rahmen. Die Leitungs- und Lenkungsaufgaben im Rahmen dieses Bildungsmanagements erfolgen auf der Grundlage des geltenden Rechts und anerkannter Managementmethoden. Verbindliche Rechtsnormen regeln Bereiche der Bildungsarbeit bis ins Detail, so dass die Prozesse im Bildungssystem nach vorgegebenen Regeln ablaufen können. Dazu zählen vor allem das Personal- und Besoldungsrecht, zum Teil auch das Schulrecht. Die Qualitätsansätze in diesem Bereich sind meist inputorieniert und entsprechen der Denkweise, dass Qualität gesichert wird, wenn alle wesentlichen Einflussfaktoren einer Kontrolle unterliegen. In diesen Bereich fallen unter anderem Begutachtungsverfahren, die sorgfältig nach Rechtsnormen abgestimmt wurden wie z. B. Lehrplanverordnungen oder Prüfungsvorschriften. Die vertikale Gliederung des Bildungsmanagements im österreichischen Schulwesen erfolgt auf drei Systemebenen, auf der Ebene der Schulen, der Regionen und der nationalen Ebene. Darüber hinaus gibt es auf allen Ebenen Ansätze eines outputorientierten Managements. Die Ressourcenzuteilung wäre ein Beispiel für ein wirkungsorientiertes Management. Die Einbindung von Stakeholdern auf allen Ebenen der schulischen Berufsbildung gehört zum festen Bestandteil eines traditionellen Qualitätskonzepts. Dazu zählen Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern, oder auch Personen, die Leistungen der Berufsbildungseinrichtung in Anspruch nehmen Sieben Grundsätze von QIBB Die Qualitätsinitiative QIBB folgt in ihrer Struktur der Logik aller anerkannten Qualitätsmodelle und entspricht insofern dem Europäischen Qualitätssicherheitsrahmen CQAF. 111 Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 2 f.

56 Seite 56 Dazu einige nennenswerten Eckpunkte dieses Systems: 1. Qualität, als zentraler Aspekt des Planens und Handelns, ist auf die Erzielung von Nutzen für Stakeholder ausgerichtet. 2. Prozesse unterliegen dem PDCA-Zyklus und werden insofern einer ständigen Verbesserung zugeführt. 3. Von Seiten der MitarbeiterInnen wird Motivation und Eigenverantwortung erwartet und somit die gemeinsame Umsetzung von Zielvereinbarungen ermöglicht. 4. Alle berufsbildenden Schulen sind dem gemeinsamen Qualitätsrahmen QIBB zugeordnet. 5. QIBB stellt ein Netzwerk von sechs Qualitätsmanagementsystemen dar, die den Schulbereichen der Berufsbildung zugeordnet werden und alle dieselbe Struktur besitzen. 6. QIBB beschränkt sich nicht nur auf die Schulebene, sondern bindet auch die Landesebene in Form der Schulaufsicht ein sowie auch die nationale Ebene. 7. QIBB wird als ein Optimierungsprogramm bezeichnet, das im Rahmen der recht lichen Möglichkeiten und unter Unterstützung der Gestaltungsfreiräume eine Verbesserung der Ergebnisse des Bildungsprozesses anstrebt Das Qualitätsmanifest der österreichischen Berufsbildung Der wichtige und entscheidende Schritt, der zur rechtlichen Verankerung von Qualitätssicherung und -entwicklung im österreichischen Bildungssystem gesetzt wurde, geschah im Jahre In einer Novelle der österreichischen Bundesverfassung wurde festgehalten, dass österreichische Schulen ausdrücklich verpflichtet sind, ein höchstmögliches Bildungsniveau unter steter Sicherung und Weiterentwicklung bestmöglicher Qualität zu sichern. Das bedeutet im Konkreten für Schulen: 1. QIBB, die Qualitätsinitiative, wird im Bereich der schulischen Berufsbildung seit 2005/06 mit einer Pilotphase auf jeder Systemebene, sei es die Schule selbst oder beispielsweise die Schulaufsicht, umgesetzt. 112 Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 4 f.

57 Seite Seitens des Managements werden auf jeder Systemebene Evaluationspläne erstellt, nach denen regelmäßig und systematisch evaluiert wird. 3. Jede Institution muss jährlich einen Qualitätsbericht an die nächste Managementebene abgeben. 4. Mit dem Management der jeweils übergeordneten Ebene wird durch das Management jeder Institution jährlich ein Management und Performance Review durchgeführt Das Qualitätsnetzwerk der Berufsbildung im Rahmen von QIBB QIBB stellt nicht nur einen Qualitätsrahmen für die schulische Berufsbildung dar, sondern bietet auch Qualitätsmanagementsysteme für die verschiedenen Schulbereiche an. Die Qualitätsmanagementsysteme weisen Freiräume für standortbezogene Ergänzungen auf und können ohne eigene Systementwicklung umgesetzt werden. PDCA-Methodik 114 als Grundprinzip von QIBB Der PDCA-Zyklus ist das Kernstück des Qualitätsrahmen, der in allen Schulbereichen nach demselben Schema umgesetzt wird, und in der nachfolgenden Grafik dargestellt wird. Konkret bedeutet dieser Zyklus, dass zunächst ein Plan mit Zielen und Umsetzungsmaßnahmen für effektive Verbesserungen festzulegen ist. Planungsinstrumente sind neben verbindlichen Rechtsnormen z.b. auch das gemeinsame Leitbild, sowie die daraus abgeleiteten Qualitätsziele in Verbindung mit dem Arbeits- bzw. Schulprogramm. Danach wird ein Plan über Prozesse nach festgelegten Verfahrensanweisungen im Rahmen der rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Freiräume ausgeführt. Im Anschluss werden die Wirkungsmechanismen der veranlassten Maßnahmen erfasst und die Ergebnisse festgehalten. Diesen Teilschritt ermöglicht QIBB durch Bereitstellung eines webbasierenden Evaluationssystems mit integrierten Standardauswertungen. Ein zusätzliches Feedback über die nachhaltig bei den Schülerinnen und Schülern erzielte Bildungswirkung wird auch durch diverse Standards für die Berufsbildung erwartet. Am Schluss werden die Ergebnisse analysiert und in einem Qualitätsbericht gemeinsam mit einer Follow up Planung dargestellt. Dies ist im Weiteren die Grundlage für die im Zu- 113 Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 5 f. 114 PDCA-Methodik: Plan-Do-Check-Act

58 Seite 58 ge von Management & Performance Reviews zu vereinbarenden Entscheidungen über die weiteren Verbesserungsmaßnahmen. 115 Abb. 2: Der PDCA - Zyklus 116 Im Grunde laufen auf jeder Ebene Prozesse, die nach der PDCA-Methodik verbessert werden. Für die Steuerung des Gesamtsystems ist es zusätzlich erforderlich, dass alle Ebenen über Qualitätsregelkreise gekoppelt sind und sich diese Kreise somit auch auf der regionalen und zentralen Ebene schließen. Qualitätsberichte, aggregiert durch Länderberichte auf regionaler Ebene, bilden eine Grundlage für die Entwicklungsplanung auf der Landesebene, die im Rahmen von Zielvereinbarungen der Schulaufsicht mit den Schulleitungen landesweit Prioritäten festlegt. Im Anschluss werden auf der zentralen Ebene die Länderberichte zu Qualitätsberichten der jeweiligen Schulbereiche bzw. zum Qualitätsbericht der schulischen Berufsbildung insgesamt zusammengefasst. Diese Zusammenfassungen sind wiederum Grundlage für die Entwicklungsplanung auf Bundesebene, die im Rahmen von Zielvereinbarungen der Sektion Berufsbildung mit der Schulaufsicht bundesweit gültige Prioritäten festlegt Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 6 f. 116 Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 16.

59 Seite 59 Abb. 3: Schematische Darstellung der Steuermechanismen zur Qualitätsentwicklung im Gesamtsystem Implementierung von QIBB Mit Beginn des Schuljahres 2007/08 erfasste die Umsetzung von QIBB den Gesamtbereich der schulischen Berufsbildung. Dazu wurde eine eigene Projektstruktur aufgebaut. Diese setzt sich zusammen aus einer zentral eingerichteten Steuergruppe, in der alle Schulbereiche und externe Expertinnen vertreten sind. Dazu gibt es in jedem Schulbereich ein zentrales Lenkungsteam, es umfasst Mitglieder aus allen Ebenen des Schulbereichs sowie externe Expertinnen, die konkret die schulbereichsspezifische Umsetzung steuern. Auf Landesebene erfolgt die Koordination der Umsetzung durch die Schulaufsicht. Zentrale Aufgabe der Landesebene sind die Planung von Informations- und Schulungsveranstaltungen für das Lehr- und Verwaltungspersonal und die fachliche Umsetzungsbegleitung. Auf Schulebene liegt das strategische Projektmanagement bei der Schulleitung Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 17 f.

60 Seite 60 Abb. 4: Struktur zur Umsetzung von QIBB 120 Die erste Bilanz, die sich aus der Umsetzung von QIBB ergab, erfolgte im Jahre 2005 und zeigte erste zentrale Ergebnisse aus den Standortbestimmungen der Schulen. Diese neu gewonnenen Ergebnisse hatten natürlich Pilotcharakter und erfüllten primär den Zweck der praktischen Erprobung der Evaluationsinstrumente und der Infrastruktur für die Evaluation, aber auch eine Feststellung der für den Qualitätsprozess erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen Zusammenfassung Der Begriff Qualität ist auf europäischer Ebene zu einem Schlüsselbegriff geworden, dessen Postulat folgendermaßen lautet: Die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität ist eine wichtige Maßnahme, um die Effektivität der Berufsbildung zu steigern, die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventinnen zu verbessern und das gegenseitige Vertrauen in Lernangebote und Lernergebnisse zu stärken. Qualitätssicherung bedeutet aber auch, dass Bildungsprozesse definiert und Ergebnisse systematisch evaluiert werden. Dies schafft Transparenz und unterstützt die wechselseitige Anerkennung von bereits erworbenen Kompetenzen. Die Orientierung und Nutzung von bereits vorhandenen Kompetenzen, sowie eine unbürokratische Anerkennungspraxis fördern schließlich die Mobilität und das Lebenslange Lernen. Diese Formen des 120 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S. 19.

61 Seite 61 Lernens stellen ja auch letztlich die Intentionen des gemeinsamen Europäischen Qualifikationsrahmens (EQF) dar, der sowohl inhaltlich als auch in der Umsetzung eng mit der Qualitätssicherung verknüpft ist. Mit QIBB wurde ein Qualitätsnetzwerk geschaffen, das die gesamte schulische Berufsbildung Österreichs umfasst und die gemeinsame Grundlage für die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität darstellt. Die Eckpunkte des Qualitätsmanagements unter QIBB sind systematisches Planen und Vereinbaren von Zielen, regelmäßiges Evaluieren sowie ergebnisbasierte und zielorientierte Reviews zwischen den Führungsebenen. Die Umsetzung wurde im Schuljahr 2005/06 in Form eines umfassenden Pilotprojektes in Angriff genommen. Eine wesentliche Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg ist die gemeinsame Überzeugung, dass Qualitätsmanagement nicht nur als ein Methodenbündel zur Unterstützung des Managements der Schule, der Schulaufsicht und der Sektion Berufsbildung im bm:bwk betrachtet wird. Vielmehr muss eine Managementkultur entstehen, die alle am Bildungsprozess beteiligten Personen anspricht und einen für alle erkennbaren Mehrwert erzeugt Starting Strong - Österreichischer Hintergrundbericht zur OECD-Länderprüfung Im Frühjahr 2006 wurde der OECD-Länderbericht zur Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung für Österreich vorgelegt. Dieser Bericht erfasst die Situation der Kleinkinderziehung und -bildung im sozialen Kontext und empfiehlt Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung. Die Evaluation fällt im Allgemeinen für die Situation der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung in Österreich durch diese OECD-Studie positiv aus. Allerdings werden aber auch gravierende Mängel aufgezeigt, die ohnehin schon jahrelang im Bewusstsein der pädagogisch Verantwortlichen sind bzw. auf die durch die Forschungsarbeiten des Charlotte Bühler Institutes hingewiesen wurde. 123 Das Österreichische Institut für Jugendforschung wurde vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Erstellung des österreichischen Länderberichts zum OECD-Projekt Starting Strong beauftragt. Primäre Aufgabe dieses Projektes war es, sekundäranalytische Daten und Fakten über die Betreuung von Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren in Österreich mittels Be- 122 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2006, S Vgl. Hartmann, Waltraut: Stellungnahme zum OEDC-Bericht. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2006, Heft 5, S. 31.

62 Seite 62 antwortung eines vorgegebenen Fragenkatalogs zusammenzustellen und zu analysieren. 124 Der aufgrund dieser Erhebungen entstandene Länderbericht zur Situation der frühkindlichen Erziehung in Österreich stellt die Grundlage für eine thematische Länderprüfung der OECD dar. Bereits 1996 wurde dieses Projekt durch eine Bildungsministerkonferenz, welche dem frühkindlichen Bildungsbereich einen hohen Stellenwert zuschrieb, initiiert. Diese Initiative führte dann zur ersten Länderprüfungsrunde, an der sich Australien, Belgien, Tschechien, Finnland, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Großbritannien und Amerika beteiligten. Als besonders bereichernd und interessant stellten sich die anschließenden, über den nationalen Bereich hinaus gehenden Berichte und Informationen heraus, die ein Vergleichen durch die Außensicht der OECD im Sinne eines critical friend ermöglichten. Österreich ist eines dieser neun beteiligten Länder und erfährt so speziell Vergleichsmöglichkeiten mit Kanada, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Korea, Mexiko und Spanien. 125 Der Weg in die Wissensgesellschaft beginnt bereits im Vorschulalter die pädagogischen Konsequenzen dieser anerkannten Tatsache sind Arbeitsauftrag für alle Beteiligten in diesem Bereich: hier liegt die Basis für lebenslanges Lernen in der (künftigen) Wissensgesellschaft sowie für eine Gesellschaft, in der Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt zu sichern sind. 126 Die Projektabwicklung, bzw. die Projektleitung für Österreich wurde dankenswerterweise vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur übernommen. Die Bundesländer haben sich in erster Linie finanziell daran beteiligt. Sekundäranalytische Daten und Fakten über die Betreuung von Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren in Österreich sind mittels Beantwortung eines vorgegebenen Fragenkatalogs vorbereitet worden. Betrachtet wurde die Situation von Kindern von der Geburt an bis zum Eintritt in die Volksschule in all ihren Facetten, sowohl hinsichtlich der Quantität als auch der Qualität. Insofern kann der Betrachtungsansatz nur ein systemischer sein. Besondere Berücksichtigung fanden allerdings Themenbereiche wie gesetzliche Regelungen, Personal- 124 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hg.): Österreichischer Hintergrundbericht zur OECD-Länderprüfung Starting strong. Wien 2004, S Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2004, S Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2004, S. 2.

63 Seite 63 anforderungen, Bildungsinhalte und deren Realisierung Familienbeteiligung bzw. -unterstützung so wie auch der Finanzierungsfaktor. Was wurde nun aber von dieser Studie seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur erwartet? In erster Linie waren es Erkenntnisse für die Arbeit in den Ausbildungsstätten für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen. Das Grundlagenwissen sollte möglichst für die Lehrplangestaltung nutzbar gemacht werden und den Anbietern von Fort- und Weiterbildung die Formulierung praxisrelevanter Bildungsziele ermöglichen. Weiters werden die Antworten der strukturierten Fragen Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Ländern bieten, etwaige Kenntnisse aus der Sichtweise der OECD über die österreichische Einschätzung eröffnen, Anstöße zur Diskussion der gemeinsamen sozialen Verantwortung in der Kleinkindpädagogik geben und weitere Herausforderungen, bezogen auf alle Beteiligten im österreichischen ECEC-Bereich konkret formulieren. Die kontinuierliche Steigerung pädagogischer Qualität in vorschulischen Einrichtungen stellt unumstritten einen wesentlichen Faktor für langfristigen Bildungserfolg dar. Die aktive Beteiligung an dieser OECD Studie, sowie der Erkenntnisgewinn, der daraus resultiert, stellt bildungspolitisch eine ideale Möglichkeit dar, soziale Chancengleichheit zu fördern und den Start ins Lernen zu erleichtern Inhalte zur OECD-Länderprüfung Starting Strong Konkrete Inhalte, womit sich nun die Länderprüfung Starting Strong befasst: Einleitend werden wie folgt Definitionen und Hintergründe der institutionellen Kinderbetreuung in Österreich abgehandelt. Historische Wurzeln der institutionellen Kinderbetereuung in Österreich Verständnis von Kindheit und die Rolle der Eltern Einfluss von gesellschaftlichen Veränderungen auf die Kinderbetreuung Situation der Familienpolitik in Österreich Aktuelle Themen und Zielsetzungen in der Kinderbetreuung Alter der betreuten Kinder und Schuleintrittsalter Die Betreuungsformen im Überblick Politische Zuständigkeiten und Zusammenarbeit In einem weiteren Kapitel werden Qualität und deren Evaluation erörtert. 127 Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2004, S. 2 f.

64 Seite 64 Qualitätsvorstellungen in Veränderung Verschiedene Sichtweisen von Qualität Qualitätsrichtlinien und Qualitätsmessung Politische Strategien zur Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung Qualitätsüberprüfung in den Betreuungseinrichtungen Datenerhebungen zur Kinderbetreuung in Österreich Aktueller Datenstand Das dritte Kapitel befasst sich mit Kinderbetreuung im Allgemeinen sowie den dafür vorgesehenen Nutzern dieser Einrichtungen Unterstützungsleistungen für die Familie Unterstützung für Eltern mit behinderten Kindern Institutionelle Kinderbetreuung: Angebot und Nachfrage Inanspruchnahme von Kinderbetreuung durch bestimmte Bevölkerungsgruppen Im vierten Kapitel werden Fragen zum pädagogischen Personal diskutiert. Aufgabenbereich und verschiedene Funktionen im Personalbereich Die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen Ausübung des Berufes als Pädagogin bzw. Pädagoge Berufsprofile und Entlohnung Öffentliche Anerkennung Konkrete Inhalte und deren Umsetzungsformen von Kinderbetreuung werden im fünften Kapitel thematisiert. Curriculum und Philosophie der verschiedenen Angebote Übergänge: Familie Kindergarten Schule Das sechste Kapitel widmet sich der Elternarbeit und der Elternbildung. Einbindung der Eltern in die Kinderbetreuung Erwartungen der Eltern an die Einrichtungen Elternbildung und Familienberatung Dem siebenten Kapitel ist die Finanzierung zugrunde gelegt. Finanzierung der Betreuungseinrichtungen Ausgaben aus öffentlicher Hand Private Ausgaben Finanzierung von Kindergruppen und Tagesmütter Im letzten Kapitel werden Schlussfolgerungen dargestellt. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

65 Seite 65 Fehlende Betreuungsplätze Unterschiedliche Gesetzgebung Soziale Chancengleichheit Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung Im Anschluss an diese äußerst informativen und aufschlussreichen Fakten befinden sich noch ausführliche Kontextinformationen, ein sehr anschauliches Grafikverzeichnis, sowie ein übersichtliches Tabellenverzeichnis Aussageabsichten und Schlussfolgerungen des österreichischen Länderberichts im Rahmen der OECD-Studie Höhere öffentliche Finanzierung für bessere Qualität und Bildung Der OECD-Bericht zeigt auf, dass die öffentliche Finanzierung des frühkindlichen Bildungssystems in Österreich zu niedrig ist. Es werden nur 0,43% des Brutto- Inlandsproduktes (BIP) für das Bildungssystem verwendet, vergleichsweise dazu gibt Frankreich, Dänemark, Belgien, Schweden oder England 3,8% aus. Die EU Organisation Childcare Network hat bereits 1996 als Minimalinvestition vorgeschlagen, zumindest 1% des BIP dafür aufzuwenden, wenn entsprechende Qualität in den Einrichtungen erzielt werden soll. Aus diesem Anlass forderte die OECD Österreich auf, das Ausgabenniveau für die nächsten 10 bis 15 Jahre beträchtlich zu steigern. 129 Quantitative Erweiterung der Kindergartenplätze Die Grundaussage dieser Studie lautet, auch wenn sich die Situation im Bereich der außerhäuslichen Betreuung von Kindern bedeutend besser darstellt als für Kinder unter drei Jahren, dass es regional mehr Kindergartenplätze geben sollte. Dies soll zum einen sicherstellen, dass jedes Kind mindestens zwei Jahre vor Schuleintritt einen Platz im frühkindlichen Bildungs- und Erziehungssystem in Anspruch nehmen kann und andererseits, um vor allem Müttern die Vereinbarkeit von Kindererziehung und ihrer parallelen Berufstätigkeit zu ermöglichen. Laut Feststellung der OECD wird in Österreich durch das Kinderbetreuungsgesetz und die derzeitige Karenzbestimmungen der Maternalismus gefördert und die traditionelle Formen der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau beibehalten. Bedingt durch die 128 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2004, S. 5 ff. 129 Hartmann, 2006, S. 31.

66 Seite 66 Einführung des Kinderbetreuungsgeldes ist die Beschäftigungsrate für Frauen mit Kindern unter 30 Monaten von 54% auf 35% zurückgegangen. Aus entwicklungspsychologischer Perspektive lässt sich feststellen, dass die außerhäusliche Betreuung von Kindern unter sechs Jahren exzellente Qualitätsstandards voraussetzt, damit sich Kinder gut und angemessen entwickeln können und berufstätige Mütter kein schlechtes Gewissen haben müssen. Seit Jahren ist die Anhebung der Bildungsqualität in den ersten Lebensjahren Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit im Charlotte Bühler-Institut. 130 Evaluation und Forschung Bemerkenswert erscheint mir der Verweis im OECD Länderbericht auf fehlende regelmäßige Untersuchungen zur strukturellen und pädagogischen Qualität und die damit verbundenen Informationsdefizite für alle, die in diesem Bereich Verantwortung tragen. Als Maßnahme zur Behebung dieses mangelnden Forschungsinteresses wurde von universitärer Seite 1992 auf Initiative von Führungspersönlichkeiten aus dem Kindergartenbereich das Charlotte Bühler-Institut gegründet. Trotz fundierter Forschungsprojekte und Publikationen des Instituts, die seit Jahren Grundlage für Theorie und Praxis zeitgemäßer Kindergartenpädagogik in Österreich sind, ist es bisher nicht gelungen, regelmäßig Forschungsarbeiten durch gesicherte öffentliche Subventionierung zu realisieren. Ein Vorschlag von der OECD ist unter anderem, die Einrichtung von Lehrstühlen zur Kleinkindpädagogik, die Bildung von Forschungszentren und die Installierung von Graduiertenkollegs für DoktorandInnen. Weiters wird auch noch darauf hingewiesen, dass dazu eine substanzielle und reguläre Finanzierung notwendig ist, die auch einen höheren Status für KleinkindpädagogInnen mit sich bringen würde. Letzten Endes würde aber auch noch die Wertschätzung von Kindern unter sechs Jahren dadurch enorm angehoben werden Vgl. Hartmann, 2006, S Vgl. Hartmann, 2006, S. 31.

67 Seite Qualitätsfeststellung durch die Kindergarten Skala KES R 132 Kindergarten Skala, (Revidierte Fassung KES-R) Die Kindergarten-Skala KES-R wurde 1997 publik und ist derzeit das einzige deutschsprachige Instrument, das eine standardisierte externe Qualitätseinschätzung ermöglicht. HerausgeberInnen dieses Instrumentes zur Messung von pädagogischer Qualität sind unter anderem Prof. Dr. Wolfgang Tietze 133, Käthe-Maria Schuster, Katja Grenner und Hans-Günther Rossbach. Tietze verwendete dieses Instrument, um in deutschen Kindergärten pädagogische Qualität zu messen. Zertifizierte EvaluatorInnen führen in Kindergärten, nach ausführlicher Beobachtung der pädagogischen Prozesse und ergänzenden Interviews, eine zuverlässige Qualitätseinschätzung durch. Das primäre Ziel dieser Beobachtungen ist es, Stärken und Schwächen zu identifizieren, um eine Diskussionsgrundlage über die aktuelle Qualität in einer Kinderbetreuungseinrichtung zu schaffen. An die externe Qualitätsfeststellung ist eine Phase der Qualitätsentwicklung gekoppelt, die ebenfalls von außen betreut werden kann. Fundierte und aufwändige Qualitätsstudien in Österreich und in Deutschland haben gezeigt, dass eine kritische, externe Evaluation nicht durch die Selbstevaluation des pädagogischen Personals oder durch Elternbewertungen ersetzt werden kann, wohl aber eine Ergänzung und Bereicherung darstellt Qualitätskonzept der KES-R eine Einführung in die KES-R Qualitätsfragen im Kindergarten stellen einen vieldimensionalen und facettenreichen Gegenstandsbereich dar. Entscheidend und daher zu berücksichtigen ist immer, welche Bezugsgruppe die Qualitätsfrage stellt, je nach dem werden die Antworten unterschiedlich ausfallen. 132 KES-R: Kindergarten-Einschätz-Skala Revidierte Fassung; Skala zur Erfassung und Unterstützung pädagogischer Qualität in der Tagesbetreuung. 133 Wolfgang Tietze, Universitätsprofessor in Berlin, Autor von zahlreichen Publikationen aus dem Bereich der Kleinkindpädagogik, besonderer Schwerpunkt ist die Entwicklung von Instrumenten zur Feststellung von Qualität in pädagogischen Einrichtungen. 134 Vgl. Hartmann, Waltraud / Stoll, Maria: Pädagogische Qualität feststellen, entwickeln und sichern. In: Unsere Kinder: Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2005, Heft 4, S. 5.

68 Seite 68 Eltern, die an langen und flexiblen Öffnungszeiten interessiert sind, stellen Qualität aus einer anderen Perspektive dar als Fachkräfte, die an eigenen familienfreundlichen Arbeitszeiten interessiert sind und denen es auch um die Qualität ihres Arbeitsplatzes geht. Träger stellen wiederum andere Qualitätsmerkmale in den Vordergrund. Sie sind in erster Linie an der Umsetzung ihrer weltanschaulichen und konzeptionellen Auffassung interessiert und wollen auch wirtschaftliche Faktoren bei der Bereitstellung ihrer Betreuungsangebote berücksichtigt wissen. Diese Perspektiven bezüglich Qualität sind legitim, haben aber nur einen indirekten Bezug zu dem, was als pädagogische Qualität bezeichnet werden kann. Ausgangsbasis sollten die Interessen und die Perspektive des Kindes und der an seiner Erziehung und Entwicklung interessierten Eltern sein, diese sollten daher eine gewisse Vorrangstellung unter den verschiedenen möglichen Sichtweisen genießen. Das Messinstrument KES-R legt den Schwerpunkt grundsätzlich auf die Überprüfung von Vorhandenem und hat im weiteren zur Folge, dass es eine Einschätzung abgibt und ein Anstoß zur Weiterentwicklung sein soll. Die pädagogische Qualität rückt die Sichtweise und das stellvertretend wahrgenomme Interesse des Kindes sowie dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt und macht diese zum Maßstab für die Qualität eines Kindergartens. Diese Perspektive stellt zweifellos eine gewisse Verengung des Blickwinkels dar, wodurch andere, durchaus auch berechtigte Perspektiven auf die Qualität eines Kindergartens ausgeblendet werden. Oberste Priorität sollte aber dem Wohlbefinden und den Entwicklungschancen von Kindern zukommen. Es stellt sich nun die Frage, wann bzw. wodurch ist pädagogische Qualität in einer pädagogischen Einrichtung gegeben? Zum einen ist sie dann gegeben, wenn diese dem körperlichen, emotionalen und intellektuellen Wohlbefinden sowie der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungsförderung des Kindes dient und gleichzeitig die Familien in ihrer Betreuungs- und Erziehungsaufgabe unterstützt. 135 Grundsätzlich setzt ein wissenschaftlich fundiertes Feststellungsverfahren zur pädagogischen Qualität im Kindergarten ein verantwortungsvolles Qualitätsmanagement, das internationalen Standards gerecht wird, voraus. Das bedeutet, es muss so beschaffen sein, dass pädagogische Qualität unter den üblichen Praxisbedingungen und mit be- 135 Vgl. Tietze, Wolfgang: Kindergarten-Skala. Revidierte Fassung (KES-R). Neuwied/ Berlin 2001, S. 6.

69 Seite 69 grenztem Aufwand gemessen werden kann. Darüber hinaus muss das Instrument verlässlich sein und über ausreichende statistische Gütekriterien verfügen. Erst dadurch kann eine solide und zielorientierte Grundlage für die Qualitätsentwicklung geschaffen werden. 136 Die pädagogische Qualität der Prozesse, die in einer Kindergartengruppe ablaufen, wird durch die KES-R sehr umfassend thematisiert. Das heißt, im Mittelpunkt steht immer die einzelne Gruppe und nicht zunächst die gesamte Einrichtung. Insofern versteht sich Prozessqualität in einem sehr breiten Sinne und beinhaltet auch gewisse Voraussetzungen wie beispielsweise konzeptionelle Aspekte, Aspekte der räumlich-materiellen Ausstattung und ihrer Nutzung, insbesondere aber solche der Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern, den Kindern untereinander sowie zwischen den Erwachsenen. Pädagogische Prozesse beziehen sich demnach auf all das, was den konkreten Erfahrungs- und Erlebnisraum eines Kindes in der Einrichtung unmittelbar beeinflusst. Insgesamt sind 43 Merkmale in die KES-R eingebunden, diese beziehen sich auf die Förderung der Entwicklung der Kinder im physischen, sozialen, emotionalen und kognitiven Bereich. Diesen Beobachtungen werden aber auch Anforderungen an die Ausstattung der Einrichtung sowie deren Nutzung und die Aufgaben der Erzieherinnen zugrunde gelegt. 137 Der Auswahl und Formulierung der Merkmale liegen folgende grundlegende pädagogische Orientierungen zugrunde: 1. Kinder sind aktiv Lernende; sie lernen durch ihre Aktivitäten, durch das, was sie tun, hören, erfahren und sehen. 2. Kinder lernen durch die Interaktionen mit ihren Eltern, Erzieherinnen und anderen Erwachsenen wie auch durch die Interaktionen mit anderen Kindern. Sprachliche und nicht-sprachliche Interaktionen mit Erwachsenen sind wichtig zur Anregung kindlicher Lernprozesse. 3. Eine räumlich-materielle Umwelt, die so organisiert ist, dass Kinder maximal unabhängig und erfolgreich sein können, gibt den Kindern mehr Gelegenheit für produktive Interaktionen, Diskussionen und Freude. 4. Kinder benötigen emotionale Wärme und Geborgenheit und räumliche Möglichkeiten, die diesen Bedürfnissen entgegenkommen, sowie vorhersagbare Routinen, um sich sicher und geschützt zu fühlen. 5. Eine gute Umwelt für Kinder sollte auch den Bedürfnissen der Erwachsenen, die in ihr arbeiten, gerecht werden. 136 Vgl. Hartmann / Stoll, 2005, S Vgl. Tietze, 2001, S. 7.

70 Seite 70 Als Indikatoren für pädagogische Qualität werden zudem ein hohes Maß an Individualisierung der pädagogischen Arbeit und eine auf die Kinder und ihre Bedürfnisse ausgerichtete Planung, die Flexibilität und Veränderung zulässt, angesehen Aufbau der KES-R Die KES-R, eine revidierte Fassung der KES, hat sich durch ihren allgemeinen Aufbau in vielen Qualitätsfeststellungen bewährt. Die KES-R setzt sich aus 43 Ratingskalen zusammen, mit denen die entsprechenden Merkmale der pädagogischen Qualität festgestellt bzw. eingeschätzt werden können. Diese 43 Merkmale werden wiederum in sieben Kategorien unterteilt. 1. Platz und Ausstattung 2. Betreuung und Pflege der Kinder 3. Sprachliche und kognitive Anregungen 4. Aktivitäten 5. Interaktionen 6. Strukturierung der pädagogischen Arbeit 7. Eltern und Erzieherinnen Beschreibung der Skalenstufen Die verschiedenen Merkmale haben die Form von Ratingskalen mit sieben Bewertungsstufen der pädagogischen Qualität von 1 (diese Wertung steht für unzureichend) bis 7 (dieser Wert stellt eine ausgezeichnete Situation fest). So beschreibt z.b. die Skalenstufe 1 eine unzureichende Qualität und bezieht sich auf eine Situation in der Kindergruppe, in der die in dem Merkmal angesprochenen Qualitätsaspekte völlig unzureichend vorhanden oder gestaltet sind. Mit der Skalenstufe 3 wird eine minimale Qualität bezeichnet und bezieht sich auf eine Situation, in der die beurteilenden Aspekte in minimaler, gerade noch vertretbarer Ausprägung gegeben sind. Das könnte in der Praxis so aussehen, dass z.b. grundlegendes Material für die Kinder vorhanden ist, der Anregungsgrad jedoch begrenzt und eine pädagogisch durchdachte Nutzung nicht erkennbar ist. 138 Tietze, 2001, S. 7.

71 Seite 71 Durch die Skalenstufe 5 wird eine gute Qualität ermittelt. Diese Beschreibung repräsentiert eine Situation, in der zu den zu beurteilenden Aspekten gut differenziertes Material in adäquaten räumlichen Bedingungen gegeben ist und in der die Kinder mit Unterstützung der Erzieherinnen entwicklungsangemessene Erfahrungen gewinnen können. Die letzte Stufe, die Skalenstufe 7, bezeichnet eine ausgezeichnete Qualität. Diese Beschreibung trifft auf Situationen zu, in der die Kinder zu unabhängiger Auseinandersetzung mit den durch das Merkmal angesprochenen Aspekten aufgefordert werden und individuell auf einzelne Kinder abgestimmte Planungen der Erzieherinnen erkennbar sind Anwendung der KES-R Handhabung der Skala Die Ergebnisse der KES-R basieren auf der Grundlage einer mehrstündigen Beobachtungsdauer durch einen geschulten Beobachter, ergänzt mittels bestimmter Fragen an die Erzieherin. Die Güte der Beobachtungen, die ergänzende Befragung sowie die korrekte Beurteilung der einzelnen Merkmale ist für die Aussagekraft der Ergebnisse entscheidend. Voraussetzung für ein qualitativ hochwertiges Beobachtungs- und Ratingverfahren ist ein umfassendes und spezifisches, im Idealfall ein einwöchiges Training für AnwenderInnen. Dieses Training beinhaltet eine Einarbeitung in die Grundlagen des KES-R unter pädagogisch-inhaltlichen wie auch unter formal-methodischen Gesichtspunkten und praktischen Übungen mit Supervision. Dieses gilt erst dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn ein vorgegebenes Maß an Beobachterübereinstimmung erreicht ist. Darüber hinaus ist die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse ein wesentlicher Trainingsbestandteil Zusammenfassung Die europäische Bildungspolitik gibt dem gesamten Bildungssystem ehrgeizige Ziele vor. Bereits im Jahr 2000 wurde vom Europäischen Rat in Lissabon beschlossen, Europa soll sich zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten wis- 139 Tietze, 2001, S. 9 f. 140 Vgl. Tietze, 2001, S. 10.

72 Seite 72 sensbasierten Wirtschaftsraum der Welt entwickeln. Dieses Vorhaben bedarf natürlich eines hohen Qualitätsniveaus, das definiert, gemessen und immer wieder nach oben korrigiert werden muss. Davon sind Kindergärten nicht ausgenommen, bilden sie doch das Fundament unseres Bildungssystems. 141 Will man frühkindliche Bildungsprozesse kompetent fördern und begleiten, so bedarf dies eines kontinuierlichen Evaluationsprozesses. Dieser Prozess trägt nicht nur generell zur Reflexion bei sondern auch zur Sicherung und Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit in Kindergärten. Dabei sind einige grundlegende Perspektiven zu berücksichtigen, wie z.b. die Einbindung frühkindlicher Selbstbildungspotenziale in pädagogisches Denken und Handeln aber auch die Umsetzung grundsätzlicher pädagogischer Orientierungen als trägerübergreifende Bezugspunkte zum Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag in den Einrichtungen der Jugendhilfe. In diesem Sinne ist Evaluation Bestandteil eines kontinuierlichen Qualifizierungsprozesses der pädagogischen Fachkräfte und trägt damit entscheidend zur Festigung des Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrages im Elementarbereich bei. Keinesfalls aber sollten Evaluationsinstrumente zur Bewertung und Kontrolle der Einrichtung und ihrer Mitarbeiter eingesetzt werden, da sonst die Akzeptanz des Verfahrens und die Motivation der Fachkräfte, sich offen und ehrlich dem Evaluationsprozess zu stellen, erheblich sinkt. Entscheidend ist, dass die Ergebnisse einer Evaluation immer im Kontext der Rahmenbedingungen und Strukturen betrachtet werden. Erst dadurch wird es möglich, die Verantwortlichen zu benennen, die gemeinsam zur Professionalisierung der Bildungsarbeit im Elementarbereich beitragen. Evaluation ist grundsätzlich ein komplexer Vorgang, der nach entsprechenden Strukturen verlangt. Voraussetzung ist, dass die Träger der Einrichtungen sich verpflichten, den Mitarbeiterinnen einen Rahmen zu bieten, der ihnen einen kontinuierlichen Evaluationsprozess ermöglicht. 142 Zu diesen Rahmenbedingungen zählen: Transparenz bezüglich der Zielsetzung des Evaluationsvorhabens 141 Hetzer, Wolf-Dieter: Kindergärten unter (Argumentations-)Druck. Was ISO-Zertifizierungen dazu leisten können. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2005, Heft 4, S Vgl. Schäfer, 2005, S. 211 f.

73 Seite 73 Transparenz hinsichtlich des Umgangs mit etwaigen Konsequenzen aus den Ergebnissen einer Evaluation Berücksichtigung der Bedürfnislage aller Beteiligten Beobachtung als entscheidender Teil des Evaluationsprozesses Bereitstellung von Ressourcen finanzieller oder zeitlicher Art, wie etwa zur Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen Bereitstellung von finanziellen und zeitlichen Ressourcen, um einen kontinuierlichen Evaluationsprozess innerhalb einer Einrichtung zu gewährleisten. 143 Evaluationskultur kann mit einer Kultur des Umgangs gleichgesetzt werden und setzt unter anderem folgendes voraus: Human gestaltete Interaktion, Klärung der Absichten und Ziele, faire Einschätzung, Offenlegung der Ergebnisse, begründete Schlussfolgerungen, Darlegung möglicher Interessenkonflikte zwischen Fachkräften, Eltern und dem Träger. Qualitätsfeststellungen, wie es z.b. das KES-R- Verfahren darstellt, sind nur dann sinnvoll, wenn sie als Bestandteil eines langfristigen Prozesses einer Weiterentwicklungsmaßnahme gesehen werden. 144 Einschätzskalen, wie z.b. die KES-R, müssen immer als ein Teil der externen und internen Qualitätsfeststellung gesehen werden. Jedes Werkzeug ist aber nur so gut wie sein Anwender. Insofern müssen sich alle Beteiligten fragen, wie ernst für sie dieses Verfahren ist und wie sie damit umgehen. Die langjährigen Zertifizierungserfahrungen im Dienstleistungs- und Nonprofit-Bereich zeigen, dass diese Organisationen im Umgang mit den kontinuierlich wechselnden Anforderungen und Erwartungen ihrer Umfelder, bewusster, erfolgreicher und für sich selbst und andere transparent umgehen. Gerade in Zeiten, wo Corporate Social Responsibility 145 und nachhaltiges Handeln von Organisationen in aller Munde sind, muss diesem Thema auch in Kindergärten Rechnung getragen werden. Nachhaltigkeit heißt im Kontext von Kindergärten, am Puls der pädagogischen Erkenntnis der Zeit den Kindern fördernd zur Seite zu stehen und einen Rahmen anzubieten, um auf die Bedürfnisse und Anforderungen des Erwachsenseins heranzuführen. Ziel ist es, die Lücke zwischen den hohen Anforderungen und der tägli- 143 Vgl. Schäfer, 2005, S Vgl. Schäfer, 2005, S. 212 f. 145 Corporate Social Responsibility: CSR-Konzept für Unternehmerische Sozialverantwortung ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung.

74 Seite 74 chen Arbeit zu schließen. Wenn dieses Fundament nicht mitgegeben werden kann, ist nachhaltige Pädagogik nicht lebbar. 146 Qualitätsfeststellungsverfahren und Qualitätsprozesse sind gefordert, Sensibilität für die zu untersuchenden Felder und die beteiligten Personen zu entwickeln. Von Qualität reden viele, aber entscheidend ist, wie diese so komplexen Phänomene wie Qualität der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in ihrer Mehrdimensionalität erfasst werden. Qualitätsprozesse sind dann erfolgreich, wenn sie einem partizipativen, offenen und dialogfreundlichen Weg folgen. Entwicklungsziele werden im Wesentlichen durch den Dialog mit den beteiligten Personen bestimmt und ergeben sich nicht allein aus theoretischen bzw. strategischen Vorüberlegungen. Qualitätsprozesse sind erst dann wirksam und erfolgreich umsetzbar, wenn sie als gemeinsame Aufgabe begriffen und angegangen werden. Qualitätsentwicklung partizipativ gestaltet ist ein langfristiger Prozess des Dialogs mit allen Beteiligten. Qualitätsdefinition sollte als dynamischer und kontinuierlicher Prozess betrachtet werden, der regelmäßig überprüft wird und nie eine abschließende objektive Aussage erreicht. (Aus einem Dokument der EU-Kommission, 1996) 146 Vgl. Hetzer, 2005, S. 14.

75 Seite Historische Wurzeln eines Berufes Institutionen zur familienergänzenden Erziehung und Betreuung von Kindern im vorschulischen Alter gibt es seit zweihundert Jahren. Von Anfang an verfolgten sie zwei Ziele: zum einen sollten sie die Pflege und Betreuung der Kinder sichern, deren Mütter arbeiteten, und zum anderen Kinder erziehen und durch ihr Bildungsangebot auf den Schulbesuch vorbereiten. 147 Die Institutionalisierung der Kleinkindererziehung war eigentlich eine Reaktion auf wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Änderungsprozesse, die das veränderte Gesellschaftsgefüge des 18. Jahrhunderts mit sich brachte. Dies führte dazu, dass Orte für Kleinkinder geschaffen werden mussten, an denen sie sozusagen beaufsichtigt wurden, die sehr schulisch und starr orientiert waren und somit die Wesensart des Kleinkindes in keiner Weise berücksichtigten. Die finanzielle Situation der Unterschichtshaushalte erforderte eine Freistellung der Mütter um ihnen die Möglichkeit zu bieten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Gleichzeitig aber sollten die Kinder zu den Tugenden einer proletarischen Sittlichkeit geführt und gegen jegliche Revolutionsgedanken immunisiert werden Michel Montaigne ( ) Im häuslichen Bereich sah man im Kind ein reizendes Spielzeug, mit dem sich die Erwachsenen vergnügten. Erst im 16. und 17. Jahrhundert wandelte sich die Einstellung zum Kind, das nun nicht mehr Gegenstand zum Hätscheln war, sondern ein Geschöpf Gottes, das zu einem verständigen Wesen erzogen werden sollte. Die ersten entwickelten Konzepte zur häuslichen Erziehung des Kindes bis zum 6. Lebensjahr finden wir im Humanismus. Während dieser Periode war die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung des Bürgertums gestiegen. Die weitreichenden Handelsbeziehungen sowie die Leitung der entstandenen Manufakturen erforderten eine umfassende Bildung. Im Zuge dieser Neubewertung von Bildung und Erziehung schenkte man auch der Erziehung des Vorschulkindes erstmals eine besondere Beachtung. Der französische Humanist Michel de Montaigne ( ) stellte Überlegungen darüber an, welche Ursachen menschlichem Verhalten zugrunde liegen, und erkannte, welche Bedeutung die Erziehung in frühester Kindheit für die Ausbildung des Charakters hat Aden-Grossmann, Wilma: Kindergarten. Eine Einführung in seine Entwicklung und Pädagogik. Weinheim / Basel 2002, S Vgl. Baltruschat, Christa: Zur Geschichte der Ausbildung von Kindergärtnerinnen in Österreich. Wien 1986, S Aden-Grossmann, 2002, S. 18.

76 Seite 76 Montaigne lehnte die Anwendung von Gewalt in der Kindererziehung grundsätzlich ab, dies entspricht eindeutig dem humanistischen Denken, wo es oberstes Ziel ist, die Seele des Kindes an Freiheit und Ehre zu gewöhnen. Dazu nun pädagogische Überlegungen, die Michel de Montaigne seinen ErzieherInnen auftrug, damit sie in den Schulen, in der Erziehung und Pflege der Jugend, Ordnung halten konnten. 150 Ein kurzer Auszug aus der Schulordnung von 1578: In der nacht sollen die wachterin darob sein, das die kinder klein und groß fein schlafen und fleißig zuegedeckt werden, das sie nit erfrieren: auch soll ir, der wachterin, wan die kinder schlafen gen, sonst ein schwester ein weil helfen aufschauen, bis die kinder in schlaf komen, und man sol inen bey der nacht kein essen ins bet geben schleckwerckh, es sei den eim krancken ein lawing oder trincken: Die gesundten lass man dar fir schlafen: den es ungesundt ist, nachts und tags immer ein schoppen. Auch soll man die schlafenden kinder nit aus den schlaf aufstehn zwingen, sondern sie schlafen lassen: ist es einen von nöten, die natur wirts selbs auftreiben. Es sey dan etwan das sonderlich ein bueb oder dirn ein unsaubere gewonheit hat, die selben mag man mal aufweckhen und ir unsaubere gewonheit in gebirlicher zucht abnemen. Wen es einen ein mal oder zwey ongefargeschicht, das es das bet netzt etwa in traum, mag und soll man ims nachlassen auf besserung. Geschicht es aber effter, mag mans darum zichtigen. Die wachterin soll auch nit gleich mit den rueten schahen, wan ein kindt in der nacht zuweinen anfahet, sondern vil mer gefliessen sein durch andere mitel zu stillen. 151 Das humanistische Denken betrachtete die Anwendung von Gewalt als Zwang und Strenge und vertrat insofern die Meinung, dass das, was mit Behutsamkeit, Vernunft, Sanftmut und pädagogischem Geschick nicht erreicht werden kann, mit Strenge und Gewalt schon gar nicht gelingt Johann Amos Comenius ( ) Johann Amos Comenius oder nach der lateinischen Schreibweise auch Jan Amos Komenský, widmete in seiner Didactica magna ein Kapitel konkret der Kleinkindererziehung. Er selbst unterrichtete als Lehrer viele Jahre lang und vertrat die Ansicht, 150 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Krecker, Margot (Hg.): Quellen zur Geschichte der Vorschulerziehung. Leipzig 1983, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 18.

77 Seite 77 dass die Anlagen zu Bildung, Tugend und Frömmigkeit angeboren sind und durch entsprechende erzieherische Maßnahmen entfaltet werden. Dabei schreibt er der Erziehung unter anderem die Aufgabe zu, entsprechend der Entwicklungsstufen des Kindes, erste Grundlagen von Wissen zu vermitteln. Insbesondere sei in diesem pädagogischen Tun der Bewegungsdrang zu berücksichtigen und dem Bedürfnis des Kindes nach Spiel zu entsprechen. Comenius bemühte sich infolgedessen um ein einheitliches Schulsystem und erstellte in diesem Zusammenhang das Konzept der Mutterschule. 153 Comenius großes Anliegen bestand darin, das menschliche Erkenntnisvermögen und die Bildung zum Menschen durch den Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten auf der Basis des sittlichen Handelns und der religiösen Frömmigkeit in Form einer harmonischen Einheit heranzubilden. Entscheidend war die Tatsache, dass dies für alle Menschen in gleicher Weise Gültigkeit hatte, nicht nur für die Kinder der Reichen oder Wohlhabenden sondern auch für die Kinder der Armen, vor allem für Mädchen und Frauen. 154 Wissenschaft und Religion waren für ihn keine getrennten Bereiche; denn in der Tradition der revolutionären Hussiten, der radikalen christlichen Reformation, die von der Böhmischen Brüdergemeinde bewahrt wurde, war (wie in vergleichbaren Strömungen jüdischer Tradition) das Volk Gottes ein Volk von belesenen, gebildeten, selbstständig denkenden und handelnden Individuen, die ihre Einsichten gemeinsam diskutierten und in demokratischer Form Beschlüsse über ihr Handeln faßten. Im Zusammenhang mit derartigen anti-autoritären und antihierarchischen Traditionen brauchen die Menschen nicht passiv auf das Eintreffen des Messias oder auf das jüngste Gericht zu warten, sondern haben die Möglichkeit, ja die Aufgabe, die Welt aktiv umzugestalten, die,neue Erde selbst herzustellen; es gibt keine Trübung der menschlichen Denk- und Erkenntnisfähigkeit durch die sogenannte Erbsünde (jedenfalls keine, die nicht durch Bildung und Arbeit wettzumachen wäre, die eine ständige Anleitung der Individuen durch kirchliche und/oder weltliche Obrigkeiten als notwendig begründete; und es ist auch nicht notwendig, daß die Menschen dumpf in einem irdischen Dasein voller Opfer, Not und Elend verharren, um erst durch den Tod,erlöst und einem besseren Jenseits zugeführt zu werden. 155 Zusammenfassend sei festgehalten, dass Comenius bereits die anthropologischen Grundlagen moderner Vorschulpädagogik in seinem Informatorium der Mutter- Schule von 1633 erfasst hatte. Allerdings blieb sein Einfluss auf die Kleinkindpädago- 153 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 18 f. 154 Vgl. Dvořák, 2001, S. 76 f. 155 Dvořák, 2001, S. 76.

78 Seite 78 gik relativ gering, da seine pädagogischen Ideen durch die Wirren des 30-jährigen Krieges zum Großteil verloren gingen. Aber auch heute noch können wir von ihm lernen. Er war es schließlich, der den Wert von Kindheit, diesen alles entscheidenden Lebensabschnitt, der in unserer materialistischen Welt immer weniger geschätzt wird, so bewusst gemacht hat. Beachtenswert erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass Comenius bereits erkannt hatte, wie wichtig die Förderung des Kindes in seiner Gesamtpersönlichkeit ist. 156 Es geht insgesamt um eine praxis-orientierte wissenschaftliche Erkenntnis der Welt, ebenso wie um eine praxis-orientierte umfassende Bildung; gleichzeitig aber geht es um eine kollektive Organisation des Erwerbs von Kenntnissen und Fertigkeiten wie um eine kollektive Organisation ihrer Anwendung zum Zwecke der Gestaltung der Natur und Gesellschaft. Nicht der einzelne Mensch kann und soll für sich privat irgendwelche ungeheuren Wissensmengen anhäufen, sehr wohl aber die Menschen in ihrer Gesamtheit zum Wohlergehen aller: (...). 3.3 Jean Jacques Rousseau ( ) Jean Jacques Rousseau entwickelte mit seiner fiktiven Romanfigur Emile jene pädagogischen Grundgedanken, welche ein Jahrhundert später Pestalozzi und Fröbel beeinflussten. Er signalisierte, dass Kindererziehung nicht nur Sache der Familie, sondern auch Aufgabe des Staates sei. In diesem Moment war öffentliche Erziehung eine ergänzende familiäre Einrichtung. Rousseau vertritt die Auffassung, dass Erziehung mit der Geburt beginnt. Die Erziehung eröffnet dem Kind Erfahrungen, durch die es sich ein Urteil über die Umwelt bildet, d.h., dass das Lehren und Lernen durch Belehrung erst sekundär erfolgt. 157 Für Rousseau stehen das Glück und das Eigenrecht des Kindes im Vordergrund. Das Kind ist von Natur aus gut, es trägt seine Erfüllung und Reife in sich und entwickelt sich aus sich selbst heraus wenn die Einflüsse der Gesellschaft so weit wie möglich von ihm fern gehalten werden. Die Erziehung soll dieser natürlichen Haltung folgen, nicht einem von außen gesetzten Ziel Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 19 f. 158 Hartmann, Waltraut: Bildungsqualität im Kindergarten (= Schriftenreihe des Charlotte-Bühler- Instituts, Band 2). Wien 2000, S. 21.

79 Seite 79 Ähnlich wie in Fröbels pädagogischem Ansatz vertritt Rousseau die Ansicht, der Erzieher sollte sich möglichst stark zurückhalten, da natürliche Strafen dem Kind den Weg weisen. Der Erzieher hat primär die Aufgabe eine vorbereitete und anregende Umgebung zu schaffen. Diese erzieherische Perspektive war auch gleichzeitig die große Wende und entwickelte sich zu einer Pädagogik vom Kinde aus. Das bedeutete, dass das Kind bewusst wahrgenommen und somit als Subjekt verstanden wurde. Insofern galt Rousseau nicht nur als Vertreter, sondern vielmehr als Überwinder der Aufklärung und Initiator der Romantik. Dieser pädagogische Ansatz wird heute auch als begleitendes Wachsen lassen gedeutet und als Moment der Entpädagogisierung bzw. als Nicht- Erziehung definiert Johann Heinrich Pestalozzi ( ) Johann Heinrich Pestalozzi wurde in der Schweiz geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Da sein Vater sehr früh verstarb, war seine Mutter gezwungen, die vierköpfige Familie, die wohl zur Mittelschicht der Stadt Zürich zählte, durch äußerste Sparsamkeit durchzubringen. Pestalozzi beschrieb seine Erziehung rückblickend als überbehütet und weltabgewandt. Rousseau war es, der Pestalozzi mit seinen pädagogischen Idealen stark beeinflusste. Dies veranlasste ihn schließlich auch, dass er sein Studium der Theologie in Zürich abbrach und beschloss Landwirt zu werden. Allerdings war dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt, weil Pestalozzi dazu jegliche erforderliche Kenntnisse fehlten. 160 Die pädagogische Anthropologie Pestalozzis ( ) geht von einem System von Anlagen und Kräften im Menschen aus, dem sich alle Erziehungstätigkeit unterzuordnen hat, damit er sich naturgemäß entwickeln kann. Das Gesetz der inneren Kräfte und Anlagen wird als göttlich betrachtet. Nach Pestalozzi soll das Kind im Unterschied zu Rousseau nicht fern der Gesellschaft erzogen werden. Die Wärme der Familie und die Liebe der Eltern sind vielmehr grundlegend für das Gelingen der Erziehung Vgl. Hartmann, 2000, S. 21 f. 160 Küstner, Carolin: Johann Heinrich Pestalozzi. Auf den Spuren bedeutender PädagogInnen (3). In: Kindergarten heute. Fachzeitschrift für Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. 2007, Heft 9, S. 30 f. 161 Hartmann, 2000, S. 22.

80 Seite 80 Pestalozzis erklärtes Ziel war es, sich der Waisenkinder und der Armen anzunehmen, um ihnen Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten und dadurch ihre missliche Lebenslage zu verbessern. Nebenbei übte aber Pestalozzi eine zweite Haupttätigkeit aus, nämlich die Schriftstellerei. Bedeutende erfolgreiche Werke waren z.b. Lienhard und Gertrud (1781) oder Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801). In diesen beiden bedeutenden Werken manifestierte er seine wegweisenden reformpädagogischen Erziehungsprinzipien. 162 Auch für Pestalozzi spielt der Respekt vor der Unabhängigkeit des Kindes eine große Rolle: Kinder sollten sich möglichst selbstständig mit ihrer Umwelt auseinander setzen können. Pestalozzi versteht unter Erziehung Hilfe zur Selbsthilfe und meint damit Hilfe zur Mündigkeit, zur Selbstständigkeit, zur eigenen Wertebildung und zur Entscheidungsfähigkeit. Er betont die Notwendigkeit der Anschaulichkeit und Einfachheit pädagogischer Situationen. Die Hauptkritik Pestalozzis an Rousseau betrifft den Gehorsam: Während dieser von Rousseau abgelehnt wird, bezeichnet Pestalozzi den Gehorsam, der dem Vertrauen des Kindes in die Autorität der liebenden Eltern entspringt, als unabdingbar und gut. 163 Seinen Anschauungen nach sind dem Kind Kräfte innewohnend, die zur Entfaltung drängen. Damit meint er das Lernen mit Herz, Kopf und Hand, welches sich aber nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten entwickelt. Entscheidend ist, dass der Erzieher diese Gesetzmäßigkeiten erkennt, sich diesen unterwirft und erst dann kann naturgemäße Erziehung erfolgen. Als wesentlich erachtet Pestalozzi in diesem Zusammenhang die Mutter-Kind-Beziehung, die eine natürliche und liebevolle Bedürfnisbefriedigung, gepaart mit Geborgenheit, vermittelt. 164 Pestalozzi forderte eine Erziehung und Bildung, die die intellektuellen, sittlichreligiösen und handwerklichen Kräfte gleichermaßen entfaltet. Diese Elementarbildung sollte in der Familie beginnen und dann in der Schule fortgesetzt werden. Entsprechend fand an seinen Instituten die Erziehung der Kinder im Rahmen einer konkreten Lebensgemeinschaft und in Auseinandersetzung mit den Erfordernissen des Alltags statt. Mit Kopf, Herz und Hand dieses Erziehungs- und Bildungsideal Pestalozzis hat vor allem in der Frühpädagogik bis heute große Bedeutung. Eine solche ganzheitliche Bildung betrachtete er als naturgemäß, die einseitige Ausbildung des Intellekts, wie sie damals an den Schulen üblich war, hielt er dagegen für schädlich: Unsere unpsychologischen Schulen sind wesentlich nichts anderes als künstliche Erstickungsmaschinen von 162 Vgl. Küstner, 2007, S Hartmann, 2000, S Vgl. Küstner, 2007, S. 32.

81 Seite 81 allen Folgen der Kraft und der Erfahrung, die die Natur selber bei ihnen (den Kindern) zum Leben bringt (aus: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt ). Grundlage jeder Erkenntnis, so Pestalozzi, ist die sinnliche Anschauung. 165 Auch die aktuelle Säuglingsforschung bestätigt die Bedeutung der Bindung an die primäre Bezugsperson im frühen Kindesalter. Schulische Bildung setzt auch heute nach wie vor auf ein Klima der Warmherzigkeit und Offenheit, damit erfolgreiche Lernleistungen erzielt werden können. Pestalozzis pädagogisches Wirken fand in zwei Kinderhäusern, die 1947 in der Schweiz gegründet wurden, Niederschlag und tradiert nach wie vor sein pädagogisches Ideal. Sozial entwurzelte und in Not geratene Kinder und Jugendliche sind es, die hier Aufnahme und eine angemessene pädagogische Umgebung finden, in der Kopf, Herz und Hand im Sinne Pestalozzis agieren Johann Friedrich Oberlin ( ) Johann Friedrich Oberlin, ein elsässischer Pastor, wählte am Ende des 18. Jahrhunderts einen anderen Ansatz und gilt somit als Begründer der organisierten Kleinkinderfürsorge in Europa. Seine Strickstuben oder Wohnstuben für Stricken waren nicht nur Orte, wo sich Vorschulkinder und Schulkinder in der manuellen Tätigkeit des Strickens übten, sondern besaßen eindeutig pädagogischen Charakter. Neben der allgemeinen körperlichen Ausbildung umfasste sein pädagogisches Ziel zwar primär die Unterweisung im Stricken, aber auch Unterricht in Französisch, Heimatkunde und Umweltkunde. 167 Warteschulen und Strickschulen Bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bestanden neben den Kleinkinderschulen und Kindergärten auch noch die alten, traditionellen Formen der Kinderbetreuung, die Warte- und Winkelschulen. Private Warteschulen und Winkelschulen hatten insbesondere in den Städten Kinder von zwei Jahren bis zum Alter von zehn Jahren betreut unterrichtet. Der Ausbau eines städtischen Schulwesens führte zwischen den regulären Lehrern und den Wartefrauen zu einer Konkurrenz um das Schulgeld. Die Lehrer versuchten unter Hinweis auf die Schulpflichtgesetze, alle Kinder ab dem Alter von 165 Küstner, 2007, S. 31 f. 166 Vgl. Küstner, 2007, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 21 f.

82 Seite 82 sechs oder sieben Jahren aus den Warteschulen in die regulären Schulen zu bringen. 168 Allerdings konnte dieses Vorhaben aufgrund des nur langsam gelingen wollenden Ausbaus des Schulwesens nur zum Teil realisiert werden. Sehr oft mussten Mädchen daher bis zum achten oder zehnten Lebensjahr in diesen sogenannten Warte- oder Strickschulen verbleiben, da diese begehrten und in so begrenzter Zahl vorhandenen Schulplätze primär den Jungen vorbehalten waren. Erst durch die vollkommene Umsetzung der allgemeinen Schulpflicht wurden die Warteschulen für Schulkinder aufgelöst. Die unterrichtenden Wartefrauen gestalteten daher ihre Einrichtungen in die neu eingeführten Kleinkinderschulen um, bzw. führten sie weiter als die noch immer währenden und anerkannten Strick- und Nähschulen, oft auch aus dem einfachen Grund, sich damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 169 Abb.: 5 In der Nähschule Stich nach einem Gemälde von B. Vautier, Eine ältere Frau betreut in ihrer Stube eine Gruppe von Mädchen, die von ihr im Nähen unterwiesen werden. 170 Oberlins Strickschulen hatten einen eindeutig pädagogischen Charakter; sie waren nicht aus sozialfürsorgerischen Motiven entstanden. Die allgemeine politische Ursache für eine gesellschaftliche Kleinkindererziehung lag in Frankreich darin, dass die Bestrebungen nach einem Nationalstaat durch den Unterricht in 168 Erning, Günter: Bilder aus dem Kindergarten. Bilddokumente zur geschichtlichen Entwicklung der öffentlichen Kleinkindererziehung in Deutschland. Freiburg im Breisgau 1987, S Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 45.

83 Seite 83 der französischen Hochsprache anstelle der Dialekte unterstützt wurden. Die Strickstuben sollten in erster Linie einen Bildungsauftrag erfüllen und sind insofern als Vorläufer des von Fröbel fast siebzig Jahre später gegründeten Kindergartens anzusehen. 171 Der industrielle Fortschritt war es, der zu gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen führte, eine allgemeine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation von Kindern zur Folge hatte, eine hohe Säuglingssterblichkeitsrate implizierte und insofern sozialfürsorgerische Maßnahmen provozierte Robert Owen ( ) Robert Owen galt als äußerst erfolgreicher kapitalistischer Unternehmer in seiner Heimatstadt Newton in Wales. Er leitete bereits mit zwanzig Jahren eine Feinbaumwollspinnerei mit 500 Arbeitern. Als er um 1800 in Schottland eine Fabrik übernahm, war es sein vordergründiges Bestreben, durch sozialreformerische Maßnahmen eine Musterfabrik zu gründen, in denen die Arbeiter unter menschenwürdigen Bedingungen leben und arbeiten konnten. In weiterer Folge gründete er für die Kinder der Mitarbeiter eine Infant School, in der sie im Alter von zwei bis sechs Jahren aufgenommen und unterrichtet wurden. 173 Owen erkannte aber, dass die wahre Ursache für die elende Lage des Proletariats in den Eigentumsverhältnissen lag, und er entwarf Pläne für eine genossenschaftliche Organisation menschlichen Zusammenlebens. Diese realisierte er durch die Gründung der Siedlung New Harmony in Nordamerika (1825). In dieser Siedlung entsprach der kollektiven Wirtschaftsform auch die kollektive Lebensform, in der die Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen erzogen wurden. Die Ansätze der sozialistischen Erziehung Owens sind für die Entwicklung der Kleinkindpädagogik weitgehend ohne Einfluß geblieben, während die aus christlichem Glauben entstandenen Konzepte dominierten Aden-Grossmann, 2002 S Vgl. Aden-Grossmann, 2002 S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 22 f. 174 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 23 f.

84 Seite 84 Abb.:6 Warteschule 175 Abbildung aus S. Ch. Nelle: Beispiele des Guten, Mainz Der große Lehnstuhl und der lange Stock sind die Requisiten, die die Autorität der Wartefrau unterstreichen Kleinkinderbewahranstalten: Kinderasyl Kleinkinderschulen In der Zeit um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert kam es zu einer Veränderung im sozioökonomischen Bereich, es entstand das sogenannte Industrieproletariat, was zur Folge hatte, dass beide Elternteile einer außerhäuslichen Arbeit nachgingen. Diese Situation erforderte nun die Schaffung von diversen fürsorgerischen Einrichtungen für Kleinkinder, wie z.b. Bewahr-, Verwahr- oder Warteanstalten und Strickstuben. 177 Auf die Entwicklung der Kleinkinderbewahranstalten in Deutschland hatte Samuel Wilderspin ( ), Leiter der Zentral-Kinderschule in London, besonderen Einfluß, da sein Buch über die frühzeitige Erziehung der Kinder der Armen bereits 1826 in deutscher Sprache erschien. Kleinkinderbewahranstalten erfüllen nach Wilderspin vorrangig drei Funktionen: 1. Sie dienen der Verbrechensverhütung, indem sie der Verwahrlosung vorbeugen; 2. sie fördern den Schulbesuch älterer Kinder, die nicht mehr der Schule ferngehalten werden, weil sie auf jüngere Geschwister aufpassen müssen, und 3. bilden den Anfang einer christlichen Erziehung. 175 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 9.

85 Seite 85 Mit etwa 120 Kindern pro Erzieher war in den Kleinkinderbewahranstalten nur eine Massenerziehung möglich, für die besondere organisatorische Maßnahmen getroffen wurden. 178 Waren die Kleinkinderbewahranstalten in erster Linie für Kinder der Proletarier, so gab es parallel dazu für die Kinder höherer Stände die Kleinkinderschulen. Entscheidend für die Differenzierung dieser beiden Einrichtungen waren der soziale Status der Familien, vor allem waren es die Kinder, die durch die Erwerbstätigkeit ihrer Mütter besondere Zuwendung und Fürsorge erforderten gründete Fölsing eine»kleinkinderschule für die höheren Stände«, die sich in ihrer Zielsetzung von Kleinkinderschulen für die unteren Stände deutlich unterschied: Es war das Ziel»Körper und Geist der Kinder... auf eine dem kindlichen Wesen entsprechende, gleichsam spielende Weise, jedoch planmäßig zu entwickeln, sowie auch besonders ihren Thätigkeitstrieb, den Sinn für Ordnung und Wohlanständigkeit zu wecken und zu pflegen«(fölsing, zit. nach Krecker 1971, 153). 180 Grundsätzlich bemühten sich die Kleinkinderbewahranstalten um die Erziehung der armen Kinder noch bevor die Bildungsaufgabe außerhäuslicher Erziehungsstätten für das Kleinkind durch das Gesetz ihre Bestimmung fand. Ausschlaggebend für das erzieherische Wirken in den Anstalten waren die Herkunft und die künftigen Berufe der Kleinen sowie ihre ärmliche und schlechte Umgebung. Ziel war die Heranbildung gesitteter und tätiger Menschen, die auf Grund innerer und äußerer Ordnung das Rechte tun und in Gehorsam gegenüber der Obrigkeit ihre Pflicht erfüllen. 181 Weltanschaulich waren die Kleinkindbewahranstalten auf die Lehren und Auffassungen der katholischen Kirche ausgerichtet, die ja ihr Wirken beaufsichtigte. Das Kind war dazu bestimmt, in Gehorsam gegenüber seinem Lehrer und unter dessen Leitung in die geordnete Welt des Erwachsenen hineinzuwachsen. An Hand seiner Erklärungen und Darstellungen nahm es die Welt in Besitz. Wohl erkannte man die im Kind vorhandenen Kräfte, sein eigenes Streben und Handeln, doch sah man in ihnen nur ungeordnete Regungen eines unerfahrenen, beginnenden Lebens, zu überwindende Kinderart. Man hatte noch nicht gelernt, in das Kind hineinzuhorchen, es als eigenen Wert zu erfassen und interpretierte 178 Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Heckel, Christine: Der österreichische Kindergarten 1832 bis Unveröffentlichte Dissertation, Graz 1969, S. 18.

86 Seite 86 sein Tun aus der Sicht einer traditionsbewußten, geschlossenen Erwachsenenwelt. Der Erzieher bestimmte, was dem Kinde gemäß war und was ihm zum Heile gereichte. 182 Langsam wurden die Kleinkinderbewahranstalten durch die sogenannte organisierte Liebestätigkeit der Diakonissen übernommen, was im ausgehenden 19. Jahrhundert dazu führte, dass es zu dieser Zeit etwa 2000 von Diakonissen geführte Kleinkinderbewahranstalten gab. Allgemein wurden zu dieser Zeit pädagogische Einrichtungen vorwiegend von kirchlichen Organisationen getragen. 183 In der Kleinkinderbewahranstalt sind schon manche Grundsätze und Formen des späteren Kindergartens verwirklicht. In Ergänzung oder meist Ersetzung der Familienerziehung suchte man dem kindlichen Tätigkeitsdrang gerecht zu werden, doch fand man, stark orientiert an der Elementarschule, nicht immer die richtige Form. Das selbsttätige Spiel des Kindes und seine geistige Entfaltung blieben hinter Pflege und Wartung zurück. Wenn auch durch die Beobachtung der Kinder manche Erkenntnisse gereift waren, so fehlte doch ein geordnetes, durchdachtes System der Kleinkindererziehung; noch stand nicht das menschenbildende Moment im Vordergrund des erzieherischen Tuns, sondern das Moment des Bewahrens, der Fürsorge Ausbildung des Aufsichtspersonals in Kinderbewahranstalten bzw. Kleinkinderschulen Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Anfänge der institutionellen Kinderbetreuung in weiblichen Händen lag. Ebenso zeigt sich, dass im städtischen Bereich die Kinder vorwiegend von weltlichem Personal, welches von Adeligen oder Fabrikbesitzern eingestellt wurde, im ländlichen Bereich primär von Ordensschwestern, also von Klöstern und Orden, betreut wurden. 185 In den ersten Kinderbewahranstalten Wiens (ab 1830) arbeiteten ältere Frauen oder Mädchen, Männer (nebenberuflich), Ordensschwestern und Gründungsoder Leitergattinnen. Aus den Aufzeichnungen geht keine spezifische Schulbildung hervor. Häufig war auch die Kombination von Pfarrer als Leiter und einer Ordensfrau als Kindergärtnerin oder Kinderbewahrerin. Die Kinderbewahrerinnen um eine Benennung vor der Berufsbezeichnung Kindergärtnerin zu finden wurden in ihrer Tätigkeit allerdings von den leitenden sozial engagierten Damen, die meist auch Mitglied in dem Schutzverein der Anstalt 182 Heckel, 1969, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Heckel, 1969, S Vgl. Gary, Gisela M.: Wir sind keine Tanten! Die Kindergärtnerin: Zur Geschichte eines Frauenberufs in Österreich. Freistadt 2006, S. 41.

87 Seite 87 waren, überwacht. Auffällig ist, dass in den ersten Anstalten Wert darauf gelegt wurde, dass die Kinderbewahrerinnen ältere Frauen oder Mädchen waren. Gern gesehen wurden aber vor allem ledige oder verwitwete Damen. 186 Bemerkenswert ist, dass zwar die Entwicklung der Institutionalisierung der Kinderbeaufsichtigungsstätten relativ rasch vor sich ging, allerdings die Ausbildung des pädagogischen Personals, der Kindergärtnerinnen, auf sich warten ließ. Die verantwortlichen Begründer der institutionalisierten Kleinkinderziehung dieser Zeit wie z.b. Wilderspin oder Wertheimer, waren sich nicht einig darüber, ob denn das weibliche oder männliche Geschlecht für diesen Berufszweig das geeignetere wäre. 187 Bei der Frage nach dem Personal zeigt sich, dass zur Klärung der Geschichte des Berufs der Kindergärtnerin zuerst bei ihrem Arbeitsplatz begonnen werden muss. Die Anfänge des Kindergartenwesens bestanden in der Bewahrung der Kinder, daraus ergab sich noch nicht die Notwendigkeit eines geschulten Personals. Die straffe Organisation reichte für die Funktion der damaligen Anstalten aus. Mit dem Gedanken, dass die Anstalten nicht mehr nur der Verwahrung der Kinder dienten, kam auch die Idee der spezifischen Betreuung durch eigenes Personal auf. 188 Wertheimers Einstellung zur geschlechtsspezifischen Betreuung in den Institutionen war für die damalige Zeit in gewisser Weise fortschrittlich, in dem er feststellte, dass regsam denkende Frauen den Männern maximal physisch unterlegen und insofern gleichberechtigt sind. Interessant ist seine Sichtweise bezüglich der Aufgabenteilung, hier fällt den Frauen eher die Aufgabe des Ordnung Haltens zu und den Männern obliegt doch in erster Linie der erzieherische Arbeitsauftrag. Wohl aber betont er, dass beide Geschlechter dem erzieherischen Auftrag in gemeinsamer Arbeitsweise nachkommen sollen. 189 Interessant sind die Ansätze aus dem 17./18. Jahrhundert, als man einerseits erkannte, dass Kinder eine spezielle Förderung brauchen, aber andererseits sich kaum Gedanken machte über jene Personen, die diesen Wunsch nach bestimmter Erziehung verwirklichen sollten. Selbst in der Sekundärliteratur findet die Kinderbewahrerin bzw. die spätere Kindergärtnerin eigentlich erst ab Fröbels Tod Erwähnung. Waren es die Frauen welche die Kinderbetreuung durch Dritte ins Leben riefen, die den Beruf der Kindergärtnerin eigentlich begründeten, wurden 186 Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 42 f. 188 Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 44.

88 Seite 88 dann gerade sie diskriminierend behandelt. Die zunächst scheinbar ehrbare Tatsache, dass sich Frauen um die Kindererziehung kümmerten, wurde umgekehrt: Ein wenig geachteter und intellektuell anspruchsloser Beruf entstand. Ende des 19. Jahrhunderts existierte nachweislich das Vorurteil, Frauen können sich nicht so wie Männer fortschrittsmäßig weiterentwickeln und zu immer höherer geistiger Reife gelangen. 190 Immer wieder hörte man aus Fachkreisen, dass Kindergärtnerinnen möglichst nicht verheiratet sein sollten, also zölibatär leben sollten. Entgegen dieser Annahme steht die Feststellung, dass Kinderbewahranstalten sehr oft in idealer Weise von einem Ehepaar geleitet wurden. Auffällig war ebenso, dass sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Kindergärten eine sehr hohe Personalfluktuation abzeichnete. Häufige Erkrankungen von Kindergärtnerinnen könnten eine mögliche Ursache für den raschen Personalwechsel darstellen Samuel Wilderspin ( ) Der Engländer Samuel Wilderspin übte auf die Entwicklung der Kleinkinderbewahranstalten in Deutschland, aber auch in Österreich besonders großen Einfluss aus. Er war selbst Leiter der Zentral-Kinderschule in London und veröffentlichte das erste Lehrbuch zur Methodik der Kleinkinderschulen. Diese Abhandlung über die frühzeitige Erziehung der Kinder der Armen wurde 1826 in deutscher Sprache veröffentlicht. Wilderspin sah in der Kleinkinderbewahrung drei wesentliche Funktionen. Zum einen dienten sie der Verbrechensverhütung durch Vorbeugung der Verwahrlosung, zum anderen förderten sie den Schulbesuch der älteren Kinder, die nicht mehr vom Schulbesuch ausgeschlossen bleiben durften weil sie die jüngeren Geschwister beaufsichtigten und letztendlich bildeten sie den Anfang der christlichen Erziehung. 192 Mit etwa 120 Kindern pro Erzieher war in den Kleinkinderbewahranstalten nur eine Massenerziehung möglich, für die besondere organisatorische Maßnahmen getroffen wurden. Wilderspin arbeitete mit einem Helfersystem, bei dem eine Gruppe von Kindern von einem älteren Kind angeleitet wurde. Auf dem Lehrplan stand in erster Linie biblische Geschichte. Daneben lehrte man Natur- 190 Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 46 f. 192 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 24.

89 Seite 89 geschichte, die Zeitfolge der Könige von England, Lesen, Sprachlehre und Rechnen. 193 Samuel Wilderspins Abhandlung über die Erziehung der Kinder in englischen Klein- Kinder-Schulen beschrieb den Erzieher und seine Aufgaben in der Bewahranstalt sehr konkret: Dabei geht es a) um ein Aufzählen von Eigenschaften: Die Seele des Kindes gleicht einem unbeschriebenen Blatte Papier, und wenn es des Erziehers Beruf ist, auf dieses Blatt unauslöschliche Lehren zu schreiben, so wird viel Geduld, Sanftmuth, Beharrlichkeit, Selbstbeherrschung, Kenntniß der menschlichen Natur, und vor allem Religiosität erfordert, um ein so großes Werk zu vollbringen (S. Wilderspin, S. 55). b) um ein Anführen von zu erwartenden Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit den Eigenschaften gefordert wurden. Etwa: Nie im Zorn ein Kind bestrafen. Nie einem Kinde etwas zu nehmen, ohne es ihm zurückzugeben. Nie sich einem Versprechen zu entziehen. Nie einen Fehler zu übersehen. Stets sich zu bestreben, den Kindern als ein Muster der Nachahmung vorzugehen (S. Wilderspin, 1828, S. 57) Ritter Joseph von Wertheimer ( ) Ritter Joseph von Wertheimer, ein Wiener Kaufmann, ergänzte Wilderspins Ausführungen und erhob erste Forderungen nach fachlichen Kenntnissen für das pädagogische Personal in den Einrichtungen. Damit wurde eine heftige fachliche und nie enden wollende Diskussion über Ziele und Methoden in der öffentlichen Kleinkinderziehung ausgelöst. Wertheimer übersetzte 1826 Samuel Wilderspins Lehrbuch Über die frühzeitige Erziehung der Kinder und die englischen Klein-Kinder-Schulen und wollte damit eine Handreichung für das pädagogische Personal schaffen. Dieses Methodenbuch wurde im 193 Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 11.

90 Seite Jahrhundert tatsächlich ein erfolgreiches und viel verwendetes pädagogisches Werk neben Fliedners Schriften, die bereits seit den 40er Jahren auflagen. 196 Interessant war auch die Annahme, dass sittlicher Charakter und ein gewisses Maß an Allgemeinbildung als Qualifikation für einen Erzieher als ausreichend erachtet wurden. Vorwiegend wurde als Unterrichtsmethode das klassische Meister-Lehrling-Verhältnis in der Ausbildung zum Erzieher an Bewahranstalten angewandt. 197 Matthäus Kern war der erste Lehrer in der von Brunswick-Korompa gegründeten Bewahranstalt in Ofen. Ab 1830 wirkte er in einer Anstalt am Rennweg in Wien als Leiter und Bildner von Lehrern und Lehrerinnen für Kleinkinder. Bei ihm erwarben durch Hospitation und Mithilfe viele Erzieher für Bewahranstalten ihre berufspraktischen Fertigkeiten (L. Chimani, 1832, S. 9). 198 Wertheimers Bestreben war dahin ausgerichtet, dass Menschen durch eine verbesserte Volkserziehung zu einem angemessenen Arbeitsplatz und zugleich zu einem adäquaten Verdienst kommen mögen. Dadurch ermöglichte er zwar eine bessere Qualifizierung der Arbeitskräfte, gleichzeitig aber verstärkte sich auch die Fixierung der gegebenen Standesunterschiede. 199 Zusammen mit den Zusätzen Wertheimers hat Wilderspins Lehrbuch durch diese staatlichen Empfehlungen nahezu regierungsamtlichen Rang erhalten und kann aufgrund dieser Entwicklung gewissermaßen als die Geburtsurkunde der öffentlichen Kleinkindererziehung in Deutschland bezeichnet werden. In der Verbindung von Gedanken der Armenversorgung mit denen einer Armenerziehung, eingebettet in gesellschaftspolitische Zielsetzungen, lag hier ein Werk vor, das die künftige Entwicklung praktisch und theoretisch nachhaltig beeinflußte 200 Wertheimer setzte voraus, dass bezüglich der Leitungsaufgabe einer Anstalt zwei Personen erforderlich sind, das heißt ein Lehrer und eine Lehrerin. Wenn auch die Aufgabenverteilung nicht sehr emanzipiert erfolgte, das bedeutete, dass die Frau im Klassen- 196 Vgl. Erning, Günter (Hg.): Geschichte des Kindergartens. Band 1: Entstehung und Entwicklung der öffentlichen Kleinkindererziehung in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart. Freiburg im Breisgau 1987, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 28.

91 Seite 91 zimmer für Ordnung zu sorgen hatte und dem Mann die Erziehungsaufgaben zuteil wurden, so war der pädagogische Auftrag dennoch sehr fortschrittlich organisiert Leopold Chimani ( ) Leopold Chimanis ( ) er war Lehrerbildner und Verfasser von über hundert Jugendbüchern, ab 1817 war er als Administrator eines Schulbuchverlages tätig. Tabelle 1 bildet seinen Leitfaden, den er auf Kosten des Centralvereines für Kinderbewahranstalten in Österreich 1832 herausgegeben hatte, ab. Dies war ein Versuch, methodisch didaktische Hinweise zur Arbeit mit Kleinkindern anzubieten. Zum einen beinhaltete er Anregungen zur Entwicklung des Verstandes, des Gedächtnisses und der Erinnerungskraft, zum anderen verwies er auf die Erweckung der Aufmerksamkeit, des sittlichen und religiösen Gefühls, sowie die Begründung des moralischen Charakters. Tatsächlich fehlte es aber dennoch an konkreten pädagogischen methodischen Richtlinien für die Errichtung und Führung von Kinderbewahranstalten. Die Vereine betonten zwar in ihren Statuten, dass es sich primär um keinen unterrichtsähnlichen pädagogischen Ablauf handeln soll, dennoch wurden angeleitete Einheiten im halbstündigen Wechsel durchgeführt Theoretisch-praktischer Leitfaden für Lehrer in Kinderbewahranstalten Stundeneinteilung -Vormittag ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St Montag Gebeth oder Gesang Unterhaltungen über Gott Dienstag --- Biblische Erzählungen Mittwoch --- Moralische Erzählungen Übungen des Erkenntnißvermögens Verstandesübungen Gedächtnißübungen Körperliche Übungen Buchstabenkennen und Buchstabieren Essen und Handarbeiten Spiel --- Rechnen Gesang Donnerstag --- Unterhaltungen über Gott Gedächtsnißübungen --- Buchstabenkennen und Buchstabieren Freytag --- Biblische Erzählungen Sonnabend --- Moralische Erzählungen Übungen des Erkenntnißvermögens Verstandesübungen --- Rechnen Gesang Tab. 1 Stundeneinteilung - Vormittag Vgl. Gary, 2006, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 13.

92 Seite 92 Stundeneinteilung - Nachmittag ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St ½ St Montag Gebeth oder Gesang Moralische Erzählungen Dienstag --- Unterhaltungen über Gott Mittwoch --- Biblische Erzählungen Donnerstag --- Unterhaltungen über Gott Freytag --- Biblische Erzählungen Sonnabend --- Moralische Erzählungen Übungen des Erkenntnißvermögens Übungen des Verstandes Gedächtnißübungen Übungen des Erkenntnißvermögens Übungen des Verstandes Gedächtnißübungen Körperliche Übungen Gesang --- Buchstabenkennen und Buchstabieren Essen und Handarbeiten Spiel Rechnen Gesang Buchstabenkennen und Buchstabieren Rechnen Tab. 2: Stundeneinteilung - Nachmittag 204 Diese Wochenstundeneinteilung nach Chimani strukturierte den Tagesablauf der Bewahranstalten sehr minutiös, informiert über diverse Gegenstände und lässt demnach aber kaum Freiraum für aktuelle oder spontane Aktivitäten seitens der Erzieher oder der Kinder. Auswendiglernen von Choralversen, Bibelworten, moralischen Sinnsprüchen, Absingen von Zahlenreihen, Nachzeichnen von Buchstaben, Anschauungsübungen an Abbildungen, Stricken, Bandflechten dazwischen Marschieren im Hof oder im Raume mit Taktschlagen füllte den Tag des Kleinkindes von morgens bis abends. 205 Sehr wohl wurde aus fachlichen Kreisen, wie z. B. durch die Pfarr- und Privatvereine erkannt, dass es an einer adäquaten Ausbildung der Pädagogen mangelt. Das Land Niederösterreich richtete schließlich ein Ansuchen an das Ministerium für Cultus und Unterricht, in welchem es sich um eine Ermächtigung zur Heranbildung von Aufsichtsindividuen für Bewahranstalten bemühte, aber es blieb erfolglos. Erst 1868 wurde der 204 Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 12.

93 Seite 93 Grundstein aufgrund einer privaten Initiative für die fachspezifische Ausbildung für Erzieher von Kleinkindern gelegt Der erste Lehrcurs zur Ausbildung von Gehilfinnen an Bewahranstalten und Kindergärten Ritter Josef von Wertheimer war es, der am 22. Mai 1868 an die Statthalterei von Niederösterreich ein Ansuchen um Genehmigung zur Errichtung der 1. Bildungsanstalt für Kindermädchen, Bonnen und Gehilfinnen an Bewahranstalten stellte. Die vorgelegten Ausbildungspläne wurden von der Statthalterei schließlich am 5. September 1868 genehmigt und so wurde der 1.Bildungscurs an der Bewahranstalt in Wien II, der Schiffamtsgasse eröffnet. Der Lehrplan bezog sich auf Kindermädchen, Bonnen und Gehilfinnen an Bewahranstalten und Kindergärten. Der Ausdruck Bonnen entstammt dem französischen Sprachgebrauch und bedeutet wörtlich übersetzt die Gute und meint im übertragenen Sinne Kindermädchen, die in Familien arbeiten. 207 Kindermädchen wurden zur Betreuung von Kindern bis zum zweiten Lebensjahr ausgebildet; Bonnen sollten ältere Kinder in den Familien beaufsichtigen und Gehilfinnen an Bewahranstalten, im Lehrprogramm bereits als Kindergärtnerinnen bezeichnet, wurden darauf vorbereitet, mit einem Lehrer bzw. unter der Leitung eines Lehrers eine Kindergruppe in einer Bewahranstalt oder einen Kindergarten zu führen. 208 Ansätze der Fröbelschen Pädagogik gehörten bereits zum Ausbildungsprogramm von Bonnen und Gehilfinnen für Bewahranstalten. Entscheidendes Aufnahmekriterium in die Bildungsanstalt waren ein heiterer Sinn, ein tadelloses Vorleben, ein Alter von 17 bis 20 Jahren, Gesangsfähigkeit, sowie einige Fertigkeiten am Klavier. Die Ausbildungsdauer dieses Curses belief sich auf elf Monate und endete mit einer Abgangsprüfung Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 15.

94 Seite 94 Die Belehrung selbst umfasste folgende Fächer: Erziehungslehre Vorführung der Fröbel schen Spiel- und Beschäftigungsmittel Pflege der deutschen Sprache Populäre Naturkunde Raumlehre Gesang Turnen Vorbereitung der praktischen Versuche 3 Stunden 2 Stunden 3 Stunden 1 Stunde 1 Stunde 2 Stunden 2 Stunden 1 Stunde Tab. 3: Die Belehrungsfächer 210 Fröbels pädagogische und leitende Idee prägte also die Ausbildung der Pädagoginnen bereits wesentlich. Die mit fünfzehn Wochenstunden anberaumte Ausbildung legte großen Wert auf die Vermittlung der Erziehungslehre, welche drei Wochenstunden umfasste. Dem praxisnahen Unterricht, wie er in der Erprobung der Spiel- und Beschäftigungsgaben Fröbels vermittelt wurde, wurden zwei Wochenstunden eingeräumt. Insofern war die Kindergartenmethodik Fröbels grundlegende und leitende Idee in der Entstehungsgeschichte der Kleinkindpädagogik, welche sich durch die praktischen Versuche und darauffolgenden theoretischen Nachbesprechungen bestens erhalten und bewährt hatte. 211 Abb.7: Theoretische Ausbildung von Diakonissen in Kaiserswerth. Zeichnung von J. B. Sonderland, Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 15f. 212 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 31.

95 Seite 95 Bildung aus heutiger Sicht konnte in diesem ersten Lehrcurs nur in sehr geringem Ausmaß erworben werden. Im großen Entwicklungsabschnitt der Ausbildung von Kindergärtnerinnen von 1868 bis heute war aber die prinzipielle Erkenntnis, daß auch Erzieher für Kleinkinder einer Ausbildung bedürfen, der entscheidende Fortschritt und Durchbruch. Dieser erste Ausbildungskurs für Gehilfinnen an Bewahranstalten muß auch vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung der Bewahranstalt, des Kindergartens und der Schule gesehen werden. Es galt, der Institution Kindergarten und den darin tätigen Erziehern den ihnen zustehenden, eigenständigen Platz in den vorhandenen Erziehungseinrichtungen zuzuweisen. Wertheimers Kurs war ein Schritt in diese Richtung und muß als aufgeschlossener Versuch gewertet werden. 213 Darüber hinaus widmeten sich auch bürgerliche Vereine den sozialen Aufgaben, wie z. B. die der Kinderbetreuung, und handelten aus christlichem Geist und bezeichneten dieses Tun als christliche Liebestätigkeit. Diese Tätigkeiten hatten aber nichts mit der offiziellen Kirche zu tun. Die in diesen Vereinen tätigen Frauen wurden zwar nicht öffentlich anerkannt, aber es wurde akzeptiert, dass sie im Stillen Gutes taten. Engagierte Vereine gründeten sogar selbst Kleinkinderbewahranstalten. 214 In Kaiserswerth gründete der evangelische Pfarrer Theodor Fliedner eine Diakonissenanstalt. Die von ihm ausgebildeten Diakonissen übernahmen als Leiterinnen zahlreiche Kleinkinderbewahranstalten in Rheinland und in Westfalen. So beeinflußte Fliedners pädagogische Konzeption zahlreiche Kleinkinderschulen Baltruschat, 1986, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 24 f. 215 Aden-Grossmann, 2002, S. 25.

96 Seite 96 Abb.: 8 Praktische Berufsausbildung 216 Praktische Ausbildung in Kaiserswerth. Zeichnung von J. B. Sonderland, Die Kleinkinderschule in Kaiserswerth bot den Diakonissen während ihrer Ausbildung die Möglichkeit einer praktischen Erprobung des Gelernten. In der rechten Bildhälfte eine schottische Schaukel, die man in den Kleinkinderschulen anstelle einer Wippschaukel benützte, von der man eine sinnliche Erregung der Kinder befürchtete. 217 Theodor Fliedner ( ) engagierte sich in besonderer Weise für die Ausbildung von pädagogischem Betreuungspersonal und schuf dafür entsprechende Bildungseinrichtungen, wie z.b. das evangelische Seminar für Kleinkinderlehrerinnen an der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth. Die Ausbildungsdauer belief sich aber nur auf wenige Monate, und galt ausschließlich den Frauen Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 43 f.

97 Seite 97 Abb.: 9: Die Kindergärtnerin 219 Lithographie von H. Bürkner, um Ballund Reifenspiel, Kreisel und Seilhüpfen, bei dem die Kindergärtnerin Anleitung gibt, sind als Spielformen der Mädchengruppe dargestellt Die Entwicklung des österreichischen Kindergartenwesens der Beginn der institutionalisierten Kleinkinderziehung Friedrich Fröbels Anstalt zur Pflege des Beschäftigungstriebes der Kindheit und Jugend, die er in Blankenburg 1836 gründete, entstand im Unterschied zu den Bewahranstalten weniger aus sozialen Motiven sondern aus der Feststellung, dass der Schulerziehung das vorbereitende Fundament fehlte. Offensichtlich konnte diese notwendige vorschulische Erziehung in und durch die Familie nicht geleistet werden. Fröbel betonte auch die Pflege des Spieles im Kleinkindalter als entscheidende Methode der Schulvorbereitung und Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Damit war der Grundstein für die Eigenständigkeit und Notwendigkeit einer vor der Schule zu leistenden Erziehung und Bildung des Kleinkindes gelegt gründete in Wien Georg Hendl einen Kindergarten auf der Landstraße, dieser war höchstwahrscheinlich der erste in Österreich überhaupt. Später um 1870 kam es in Österreich zur Gründung vieler Vereins- und Privatkindergärten. Davon sind drei Kinder- 219 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 55.

98 Seite 98 gärten besonders hervorzuheben, da sie für die Weiterentwicklung des Kindergartenwesens und die Ausbildung der Kindergärtnerinnen in Österreich bedeutsam waren. 221 Eine von J. Wertheimer 1843 gegründete Bewahranstalt in Wien II übernahm 1863 unter der Leitung von A. S. Fischer alle Beschäftigungen für den Kindergarten nach Fröbels System. Wahrscheinlich war dies die erste Bewahranstalt, die bewußt die Umwandlung zu einem Kindergarten erfuhr begann Fischer in diesem Kindergarten mit einem Bildungscurs für Gehilfinnen an Bewahranstalten, Bonnen und Kindermädchen wurde der erste Vereinskindergarten in Wien-Neubau eröffnet. Die Gründung des Kindergartenvereines erfolgte auf Anregung des k.k.-landesschulinspektors Vinzenz Prausek und des Landtagsabgeordneten Dr. Ferdinand Schrank. Auf der Basis dieser Vereinsgründung wurden später zahlreiche Kindergärten in Österreich errichtet. Ab 1875 war mit diesem Kindergarten ein Bildungscurs verbunden, dessen pädagogische Leitung bis 1878 der Volksschullehrer Georg Ernst und ab 1878 Alois Fellner inne hatte. Sein Verdienst war die Einrichtung des sogenannten Volkskindergartens (Ganztagskindergarten) auf der Grundlage einer weiterentwickelten Kindergartenpädagogik Fröbels. Den ersten Kindergarten in Tirol errichtete 1870 Pfarrer Dr. Matthäus Hoerfarter in Kufstein. In Österreich fand Hoerfarter noch keine ausgebildeten Kindergärtnerinnen vor, darum führten seinen Kindergarten zwei nach Fröbel ausgebildete deutsche Kindergärtnerinnen. Bereits 1872 schloß Hoerfarter seinem Kindergarten einen Bildungscurs an und begann mit 5 Schülerinnen den Unterricht (nach: Nachlaß Hoerfarter, Stadtarchiev Kufstein) erfolgte in Linz im Rahmen eines Lehrertages die Bildung einer Sektion für Kindergärten innerhalb der Berufsvereinigung österreichischer Lehrer. Daraufhin wurde eine Denkschrift verfasst und an das Ministerium für Cultus und Unterricht übermittelt. Am 22. Juli 1872 wurde diese Forderung mit einem Ministererlass erfüllt. Die Grundlagen für eine öffentliche Anerkennung des Kindergartenwesens waren durch eine einheitlich gesetzliche Regelung und verbindliche Bestimmungen gelegt. Einerseits galt dies für die Gründung, Organisation, Leitung, pädagogische Beaufsichtigung sowie der räumlichen Ausgestaltung eines Kindergartens, andererseits für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen Vgl. Baltruschat, 1986, S. 17f. 222 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 19.

99 Seite konstituierte sich in Wien mit der Gründung des Vereines für Kindergärten in Österreich die erste selbständige, gesamtösterreichische Berufsvereinigung für Kindergärtnerinnen, deren Vorsitz A. S. Fischer innehatte. Sogenannte Fachvereine, die in den einzelnen Ländern entstanden waren, arbeiteten eng mit dem Zentralverein Wien zusammen. Diese Kontakte förderten eine einheitliche Ausrichtung der pädagogischen Arbeit in den Kindergärten in Österreich. Zugleich nahm die Zahl der Kindergärten in allen Ländern ständig zu. 224 Jahr NÖ OÖ S St K T V 1) Kindergärten 2) Bewahranstalten inkl. Südtirol Gesamt 1885/86 1) 2) /92 1) 2) /96 1) 2) /02 1) 2) /05 1) 2) /13 1) 2) Tab. 4: Übersicht über die Bewahranstalten in Österreich 225 Die Verbreitung der Kindergärten bzw. Bewahranstalten in den Jahren 1885/ /13 (bezogen auf das heutige Bundesgebiet) 226 Wertheimer war offensichtlich sehr bemüht die Bewahranstalten als etwas ganz Wichtiges und vor allem Nützliches darzustellen. Er erzählt von Gegnern der Anstalten und versucht mit vielen Geschichten über Kinder, die vom rechten Weg abgekommen sind, die Existenzberechtigung der Bewahranstalten zu beweisen. Wertheimers Vorwort gleicht einem Resümee über die Kriminalfälle der letzten Jahre. In seinem Vorwort wird deutlich, dass noch nicht die individuelle Förderung des Kindes im Vordergrund stand, sondern die Beaufsichtigung und Kontrolle über die Kinder Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Gary, 2006, S. 29.

100 Seite 100 Im Wiener Kirchensprengel gab es um 1850 bereits 16 Bewahranstalten die von den Halleiner Schulschwestern geleitet wurden. Kaiserin Caroline Augusta war es vor allem zu verdanken, sie wurde auch als Kaiserin-Mutter bezeichnet, dass durch großzügige Geldspenden die kirchlichen Bewahranstalten errichtet werden konnten Raumausstattung der Beschäftigungszimmer Was die Raumausstattung anbelangt gibt es nachweislich nur wenig konkretes Material in einschlägigen Lehrbüchern zur Kindergartenpädagogik. Kleinkinderschulen, bzw. Kindergärten sind aber gebaute Lebensräume, durch die das Bewusstsein der Erwachsenen über den Lebensabschnitt der institutionalisierten Kindheit zum Ausdruck kommt. Sie geben Aufschluss darüber, welche Bedeutung, welche Anforderungen und Chancen dieser Entwicklungsphase eingeräumt werden. 229 Abb.: 10 Grundriss einer Kleinkinderschule 230 Diese Ansicht zeigt einen Grundriss einer Kleinkinderschule nach den Plänen von Wilderspin. Das große Schulzimmer betrug in etwa 180 qm und zeigt eine Galerie mit Seitenbänken in welchem ungefähr 200 Kinder untergebracht wurden. Bemerkenswert erscheint, dass diese 200 Kinder von nur einem Lehrer mit Hilfe von Monitoren un- 228 Vgl. Gary, 2006, S Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 23.

101 Seite 101 terrichtet wurden. Diese Monitoren waren etwas ältere Kinder, welche die jüngeren Kinder mit entsprechenden Lernaufgaben zu beschäftigen hatten. 231 Lange Bänke für acht bis zehn Kinder und ebenso lange Tische waren im 19. Jahrhundert das vorherrschende Mobiliar in Kleinkinderschulen und Kindergärten. Mit der Begründung der besseren Übersichtlichkeit wurden die Kinder gegenüber dem oft durch ein Podest hervorgehobenen Katheder der Erzieherin gewissermaßen aufgereiht ; das Schema des Frontalunterrichtes aus der Schule war auch in diesen Einrichtungen maßgebend. Mit dieser Raumstruktur wurde die Autorität der Erzieherin unterstrichen. 232 Abb.: 11 Grundriss eines Kleinkinderschulzimmers 233 Diese Abbildung zeigt einen Grundriss eines Kleinkinderschulzimmers nach Plänen aus dem Jahre Bänke, eine Galerie, Lektionspfosten sowie ein Lehrerpult gliedern den Raum nach dem Vorbild einer Schule Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 24.

102 Seite 102 Abb.:12: Aufriss eines Kleinkinderschulzimmers 235 Dieser Aufriss zeigt ein Kleinkinderschulzimmer mit einer Galerie, auf der die Kinder saßen. Die Monitoren versammelten ihre zu betreuenden Kindergruppen um die Lektionspfosten herum. 236 Abb.: 13: Sitzordnung auf der Galerie im Kleinkinderschulzimmer 237 Diese Abbildung zeigt die Sitzordnung, wie sie auf der Galerie angeordnet wurde, nach einer Architekturempfehlung von Durch die Verkleinerung der Kindergruppen auf 20 Kinder pro Gruppe wurde es später möglich, eine andere Raumgestaltung zu planen, die es ermöglichte, dass sich Kinder auch von der strengen Aufsicht durch die Kindergärtnerin entziehen konnten. 235 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 24.

103 Seite 103 Kleine Tische und einzelne Sesseln sowie verschiedenes variables Mobiliar ermöglichten es sogar den Kindern selbst, den Raum zu gestalten bzw. zu verändern. 239 Diese neue Form der Raumgestaltung wurde zwar beispielgebend, konnte sich aber gleichwohl in den folgenden Jahrzehnten nur erst langsam durchsetzen, da die finanziellen Beschränkungen, denen die meisten Träger unterlagen, eine Verringerung der Gruppengrößen kaum zuließen. 240 Abb.: 14 Entwurf eines Kindergartenplans um Entwurf eines Kindergartenplanes für 72 Kinder; um 1875, Abbildung aus J. D. Georgens: Buch für Mutter und Kind, Leipzig o. J. Zwei Beschäftigungssäle von je etwa 35 qm, in denen an zwei langen Tischen die Kinder mit den Fröbelschen Spielgaben beschäftigt werden, sind durch einen Garderobenflur vom Spielsaal von 72 qm getrennt. Dieser Saal war vorgesehen für Bewegungs- und Reigenspiele unter Aufsicht der Kindergärtnerin. Eine großzügige Gartenanlage mit Spielhof, Sommerterrassen und Kinderbeeten umgibt den Kindergarten Gesetzliche Verankerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin 1867 wurde den Österreicherinnen und Österreichern die staatsbürgerliche Gleichheit in Bezug auf Bildung und Berufswahl innerhalb der Verfassung zugestanden Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Geschichte des Kindergartens. Band 1, 1987, S Erning, Geschichte des Kindergartens. Band 1, 1987, S Gary, 2006, S. 63.

104 Seite 104 Abb.: 15 Im Kindergarten 244 Im Kindergarten. Lithographie von H. Brückner, um Die Kindergärtnerin demonstriert eine Aufgabe aus dem Spielgabensystem Fröbels. 245 Auch wenn die Bedeutung der Ausbildung zur Pädagogin oder zum Pädagogen im Bewusstsein der Verantwortlichen war, so mangelte es dennoch allgemein an wissenschaftlich und pädagogisch fundiertem Grundwissen. Die klassische Handwerkslehre, das heißt, gewisse erzieherisch erforderliche Maßnahmen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, wurden vor Ort geübt bzw. gelernt. Obschon Fröbel mit seiner Kindergartenidee eine nicht auf spezifische Standesbedürfnisse zugeschnittene Erziehung aller Menschen entworfen hatte, waren doch die Kindergärten bis dahin weitgehend Einrichtungen für Bürgerkinder, da sie nur einen Teil des Tages geöffnet waren und somit den Betreuungsbedürfnissen der unteren Schicht entsprachen. 246 Wenn konkret von Beaufsichtigungs- und Ordnungsfunktionen im Rahmen der Armenpflege gesprochen wurde, bedurfte das Personal keiner besonderen fachlich fundierten Ausbildung. Die erzieherischen Tätigkeiten beschränkten sich primär auf ein Zurechtweisen und Disziplinieren der Kinder innerhalb eines engen Ordnungsrahmens Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S Vgl. Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 68.

105 Seite 105 Der Ministerial-Erlaß vom 22. Juli 1872 enthielt im Abschnitt A die ersten gesetzlichen Regelungen zur Heranbildung von Kindergärtnerinnen in Österreich. Um dieses Bildungsziel zu erreichen, boten sich vier mögliche Varianten an: a) Die Ausbildung konnte an staatlichen Lehrerinnenbildungsanstalten erfolgen, wo Lehramtskandidatinnen, welche sich speciell auch als Kindergärtnerinnen befähigen wollen, während des vorletzten oder letzten Jahrganges Gelegenheit geboten sei, eine eingehendere theoretisch-praktische Kenntnis des Kindergartens zu erlangen (Verordnungsblatt II 1872, Nr. 52, S. 296) Laut Verordnung vom 11. Mai 1872 (Zl. 2259) war es Lehramtskandidatinnen möglich, das Reifezeugnis als Volksschullehrer mit dem Befähigungsnachweis für Kindergärtnerinnen zu verbinden. Diese Bestimmung wurde erst mit Erlaß vom 30. Oktober 1952 (Zl IV/18/52) aufgehoben (Verordnungsblatt 1952, Nr. 125, S. 235). b) An einzelnen, vom Ministerium bestimmten Lehrerinnenbildungsanstalten konnten besondere einjährige Curse zur speziellen Heranbildung von Kindergärtnerinnen eingerichtet werden. c) Mit Genehmigung des Unterrichtsministeriums konnten einjährige Curse auch an öffentliche oder private Kindergärten angeschlossen werden. Der Lehrplan mußte sich an dem des Lehrcurses in den öffentlichen Lehrerbildungsanstalten orientieren. Eine sonst nicht obligatorische Abschlußprüfung fand unter Leitung eines Abgeordneten der Landesschulbehörde statt. d) Die Befähigung zur Kindergärtnerin konnte durch Privatstudium und ein mindestens dreimonatiges Hospitieren in einem gut eingerichteten Kindergarten, sowie durch eine theoretisch-praktische Prüfung an einer k. k.-lehrerinnenbildungsanstalt erworben werden. Für die Aufnahme in die besonderen einjährigen Curse wurde ein Alter von nicht weniger als sechzehn und nicht mehr als dreißig Jahren vorgeschrieben. 248 Die Aufnahmekriterien für diese einjährigen Ausbildungskurse bestanden darin, dass generell der Lehrstoff der allgemeinen Volksschulen als Voraussetzung galt und in besonderer Weise das musikalische Gehör überprüft wurde und eine gute Singstimme gegeben sein musste. 249 Unterrichtsgegenstände waren: 1. Pädagogik, bezogen auf die Kleinkindererziehung und die Kindergartentheorie. 2. Anleitungen zu den Beschäftigungen und Spielen des Kindergartens. 3. Sprach- und Sachunterricht: Lektüre und Aufsatzübungen, Unterweisungen im Besprechen von Naturobjekten und Bildern, Aneignung von Erzählungs-, Anschauungs- und Memorierstoffen und Anleitung zur praktischen Behandlung derselben. 248 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 21.

106 Seite Geometrische Formenlehre und Zeichnen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Kindergartens. 5. Gesang. 6. Turnen. Überdies hatten sich die Kandidatinnen unter entsprechender Anleitung an der praktischen Tätigkeit des Kindergartens zu beteiligen. 250 Das bedeutete, dass Lehrerinnen, die die Befähigung zur Kindergärtnerin anstrebten, verpflichtet waren, einmal in der Woche in einem Kindergarten zu hospitieren. Der Unterricht in Gesang und Turnen war ein zusätzliches Pflichtfach und musste mit günstigem Erfolg abgeschlossen werden. Die offizielle Regelung zur Heranbildung von Kindergärtnerinnen und zur Förderung der Kindergartenerziehung trat mit dem Ministerial-Erlass 1881 in Kraft. 251 Ein allgemeines Bildungsziel, Lehrplan, Stundenübersicht, die Formulierung von Lehrinhalten und Bestimmungen für die Schlußprüfungen fehlten bei dieser ersten gesetzlichen Regelung. Erst das Organisationsstatut für Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten vom 26. Mai 1824 (ZI Verordnungsblatt 1874, Nr. 31) gab auch der österreichischen Kindergärtnerinnenbildung eine klar definierte Form. Für die besonderen Lehrcurse für Kindergärtnerinnen schien im 93 des Organisationsstatutes ein allgemeines Bildungsziel auf: In diesen Kursen ist den Zöglingen jene Ausbildung zu vermitteln, welche zu einer erfolgreichen Kindergartenarbeit erforderlich ist, vornehmlich Verständnis der Kindesnatur, genaue Bekanntschaft mit den Zwecken, Mitteln und der Art der Kindergarten-Erziehung, Gewandtheit und Sicherheit in der Ausführung der Obliegenheiten einer Kindergärtnerin. 250 Baltruschat, 1986, S Vgl. Gary, 2006, S. 63.

107 Seite 107 Die Stundenübersicht stellte sich folgendermaßen dar: Gegenstand Erziehungslehre und Theorie des Kindegartens Praktische Übungen Sprach- und Sachunterricht Freihandzeichnen Formenarbeiten Gesang Turnen Stunden 3 Stunden 7 Stunden 6 Stunden 2 Stunden 2 Stunden 2 Stunden 2 Stunden 24 Stunden Tab. 5: Stundenübersicht 1872 Hauptgewicht wurde den Fächern Erziehungslehre und Theorie des Kindergartens, Praktische Übungen und Sprach- und Sachunterricht beigemessen. 252 Bemerkenswert war, dass die Befähigungszeugnisse der Kindergärtnerinnen während des Schuljahres ausgestellt wurden, allerdings waren von diesen Bestimmungen Zöglinge, die einem Privatkindergarten angehörten, ausgenommen. Erst 1925 wurde aufgrund eines Erlasses des Bundesministeriums für Unterricht die Befähigungsprüfung als ordentlicher Abschluss der Ausbildung eingeführt. 253 Diese ersten Ausbildungsbestimmungen muss man als Anfang oder Übergang sehen. Sie beendeten die kurzfristigen Abrichtungen der Aufsichtsindividuen und garantierten eine fachliche Qualifikation. Allgemeinbildung und Berufsausbildung hatten dabei einen bescheidenen Umfang. Das Wissen um das Kleinkind war trotz der Hinwendung zu Fröbels Auffassung noch im Zustand einer gewissen Unbestimmtheit, Unklarheit und Unsicherheit. 254 Das Ausbildungswesen der Kleinkinderziehung konnte in dieser Zeit nicht auf Traditionen zurück greifen, sondern fand ihren Weg aus der Praxis zur Theorie. Dieser elemen- 252 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 22 f. 254 Baltruschat, 1986, S. 23.

108 Seite 108 tare Praxisbezug ist bis heute erhalten geblieben, charakteristisch und von entscheidender Bedeutung in der österreichischen Kindergärtnerinnenausbildung. 255 Wesentliches über den Gehalt einer Ausbildung könnten Lehrbücher aussagen. Ihre Gliederung und ihr Aufbau sind gewissermaßen das Skelett des Gebäudes, der Rahmen für die Ausbildung. Da es in Österreich wenig spezifische Fachliteratur gab, fanden anfangs Lehrbücher zur Lehrerbildung auch in der Kindergärtnerinnenausbildung Verwendung. Erst nach 1875 ist ein Ansteigen der Kinderliteratur feststellbar. Zu den bekanntesten Werken gehören: Anton Fellners Formenarbeiten, Wien Sie wurden mit Erlaß vom 15. September 1878 (ZL Verordnungsblatt 1878, S. 203) speziell als Lehrbuch für Kindergärtnerinnen- Bildungskurse approbiert. Die sieben Hefte boten eine umfassende Auswahl aus Fröbels Formenarbeiten und konkrete, genaue Anleitungen zu ihrer Darstellung. Jedes Heft behandelte ein spezifisches Material und setzte es in Bezug zum Unterricht in der Volks- und Bürgerschule. 256 Der methodisch-didaktische Grundansatz dieser pädagogischen Überlegungen, nämlich, dass der Unterricht auf Anschauung und Darstellung beruht, ist aus heutiger Sicht als eindeutig zeitgemäß zu sehen. Folgende Hefte wurden zur konkreten Arbeitsanleitung angeboten: Heft 1: Das Stäbchenlegen in Verbindung mit der elementaren Formenlehre, dem Zeichnen und Rechnen. Heft 2: Das Flechten in Verbindung mit der elementaren Formenlehre, dem Zeichnen und Rechnen. Heft 3: Das Falten in Verbindung mit der elementaren Formenlehre und dem Zeichnen. Heft 4: Das Verschnüren. Heft 5: Das Stäbchenstecken. Heft 6: Das Pappen. Heft 7: Das Ausnähen geradliniger Figuren in dem Kindergarten und in der Schule Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 23 f.

109 Seite Die Kindergärtnerin ein neuer Frauenberuf 4.1 Die Gründung der ersten Kindergärten durch Fröbel und deren Auswirkungen auf die Ausbildung Abb.:16: Friedrich Fröbel Begründer des Kindergartens 258 Eine grundlegende Neugestaltung der Beschäftigungsweise kleiner Kinder, die nicht mehr sich am schulischen Vorbild orientierte und auf kleinkindliches Maß reduzierte Schulübungen als Inhalt der Arbeit ansah, gelang jedoch erst Friedrich Fröbel ( ). Seine Hinwendung zur Kleinkindpädagogik war das letzte Glied seiner Lebensaufgabe, die er in der Menschenerziehung sah und die ihn von den Plänen einer neu gestalteten Bildungsschule zu einer Beschäftigung mit der Bildung des Kleinkindes, ja des Säuglings führte. 259 Die Gründung des ersten Allgemeinen Deutschen Kindergartens fällt in das Jahr 1840 und war von Friedrich Fröbel als Musteranstalt an der Spielführer und führerinnen ausgebildet werden, geplant. Weiters sollten an dieser Ausbildungsstätte gleichzeitig Spielgaben entwickelt werden und mittels einer Fachzeitschrift einem größeren Fach- 258 Berger, Manfred: Frauen in der Geschichte des Kindergartens. Ein Handbuch. Frankfurt am Main 1995, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 36.

110 Seite 110 kreis publik gemacht werden, wenn auch dieser Plan letztendlich nicht umgesetzt werden konnte. Fröbels pädagogische Konzepte wurden zwar in den neu errichteten Kindergärten umgesetzt, führten aber von ihm zu einer nicht gewollten Trennung von Kindergärten die von bürgerlichen Kindern besucht wurden, und von Kindergärten, die Kinder der sozialen Unterschicht betreuten. Bürgerliche Kinder besuchten Kindergärten nur einen Teil des Tages um den Spielkreisen beizuwohnen, Kinder der ärmeren Schichten waren allerdings auf eine ganztägige Unterbringung angewiesen. 260 Abb.: 17: Der erste Kindergarten der Welt in Blankenburg (1840) 261 Mit der Gründung der Kindergärten hatte Fröbel eine neue Einrichtung der Kleinkindererziehung und zugleich einen neuen Frauenberuf geschaffen, für den eine eigene Ausbildung erforderlich war. Fröbel hatte schon 1839 in Blankenburg Kurse für Mädchen und Frauen abgehalten und sie zu Kindergärtnerinnen ausgebildet. Später in Keilhau bildete er in Kursen von einem halben Jahr Kinderpflegerinnen und Kindergärtnerinnen aus. 262 Fröbel sah in der Aufgabe der Kinderbetreuung eine typisch weibliche Berufung. Eine Kindergärtnerin sollte den Kindergarten als Pflanzstätte der Kindheitspflege sehen und in diesem Sinne Kindheit hegen und pflegen. Ebenso sollten Mütter Kindergärten in ihrer Vorbildfunktion sehen und diese als Anschauungsstätte besuchen. Die Pflege des 260 Vgl. Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S Berger, 1995, S Aden-Grossmann, 2002, S. 49 f.

111 Seite 111 kindlichen Spiels und des Gemeinschaftslebens standen im Vordergrund. Für die bürgerlichen Frauen war das nun der Moment, wo sie beruflich in das öffentliche Wirken treten konnten. 263 Weniger die sozialpolitische Notwendigkeit von Betreuungsinstitutionen für kleine Kinder war der Ausgangspunkt von Fröbels pädagogischen Überlegungen als vielmehr die Frage nach einer bildenden Einwirkung auf kleine Kinder, unabhängig von jeder familienfürsorgerischen Betreuungssituation. 264 Bemerkenswert erscheint es, dass die von Fröbel ausgebildeten Kindergärtnerinnen in den von konfessionellen Vereinen getragenen Betreuungseinrichtungen meist keine Anstellung fanden, oft gerade wegen ihrer spezifischen Ausbildung und sich daher ihren Lebensunterhalt von den Einkünften des Kindergartens verdienen mussten. Das wiederum hatte zur Folge, dass sie auf die höheren Kindergartenbeiträge der wohlhabenden bürgerlichen Elternschicht angewiesen waren. 265 Fröbel sah im Kindergarten die unterste Stufe eines einheitlichen Bildungssystems. Teile der Lehrerschaft unterstützten sein Bemühen um die Durchsetzung des Kindergartens und forderten 1848 die Nationalversammlung auf, in allen Gemeinden die Einrichtung öffentlicher Kindergärten zu empfehlen, denn so die Begründung die politische Neugestaltung, welche jedem Staatsbürger politische Rechte einräumt, fordert ein bis in die untersten Schichten gleichmäßiges gebildetes Volk. Nach dem Scheitern der Revolution von 1848 verhinderte jedoch das preußische Kindergartenverbot im August 1851 eine weitere Ausbreitung der Kindergärten. Erika Hoffmann, bekannt geworden als Fröbel-Forscherin, interpretierte das Kindergartenverbot: nach außen begründete sich das Verbot auf die Verwandtschaft Friedrich Fröbels mit Julius und Karl Fröbel, deren liberalistische Tätigkeit unangenehm aufgefallen war (Hoffmann 1951, Bd. 1, 179). Karl Fröbel bemühte sich in Hamburg darum, eine Hochschule für Frauen zu gründen. Er veröffentlichte 1851 eine kleine Schrift mit dem Titel Weibliche Hochschulen und Kindergärten wurden in Hamburg die Statuten des Allgemeinen Bildungsvereins deutscher Frauen veröffentlicht, deren Zielsetzung die Verbreitung humaner Bildung ohne Rücksicht auf konfessionelle Unterschiede war, aber auch die Gründung einer Hochschule 263 Vgl. Berger, 1995, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S Vgl. Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 38 f. 266 Aden-Grossmann, 2002, S. 39 f.

112 Seite 112 für das weibliche Geschlecht, sowie Kindergärten, Armen- und Krankenpflege zählten zu den angestrebten Projekten. 267 Dieser Bildungsverein gründete eine Hochschule für Frauen, deren Rektor Karl Fröbel, ein Neffe Friedrich Fröbels, wurde. Der erste Bildungsplan umfasste neben Religion, Philosophie und Sprachen auch Erziehungslehre und Übungen im Kindergarten. Die Hochschule für Frauen bestand jedoch nur kurze Zeit. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 wurde sie ein Opfer der wieder erstarkenden Reaktion.»Die Beziehungen der Hamburger Frauenhochschule zu den freireligiösen Gemeinden genügte den Gegnern, die Anstalt durch gedruckte Pamphlete zu verdächtigen. Sie wurde als Herd der Demagogie dargestellt, wo unter dem Mantel der Wissenschaft revolutionäre Pläne geschmiedet würden. Viele Eltern wurden dadurch irre gemacht und erlaubten ihren Töchtern nicht den Besuch der Schule. Der Mangel an Hörerinnen brachte die Anstalt in finanzielle Schwierigkeiten, und sie musste geschlossen werden (Siebe/Prüfer 1922, 158 f.). 268 Nachdem die Kindergärten polizeilich verboten wurden, waren nicht nur die Vorsteherinnen der Kindergärten ohne Existenz, sondern auch die Lehre Fröbels konnte nicht weitergetragen werden. Fröbels Einlenken gegen dieses politische Vorhaben, das Kindergartenverbot, scheiterte und als es zehn Jahre später 1860 aufgehoben wurde, konnte er die Wiedereröffnung seiner Kindergärten nicht mehr erleben. Die Kindergartenidee und die Spieltheorie Fröbels allerdings wurde stärker denn je diskutiert und verbreitet Volkskindergärten Das pädagogische Konzept Friedrich Fröbels wurde weiterentwickelt und hatte bedeutende Auswirkungen auf den sogenannten neu entstehenden Volkskindergarten. An dieser Entwicklung waren zwei Frauen maßgebend beteiligt, dies war zum einen Berta von Marenholtz-Bülow ( ) sie war Fröbels Nichte und Schülerin und zum anderen Henriette Schrader-Breymann ( ). 270 Die Volkskindergärten sollten also eine Erziehungsstätte für Arbeiterkinder sein und waren wie die Bewahranstalten ganztägig geöffnet. Die damit verbundenen Kosten waren erheblich. Die Eltern konnten nur einen geringen oder gar keinen Beitrag zahlen. Hinzu kamen die Kosten für ein Mittagessen, da meist beide Eltern 267 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 46.

113 Seite 113 arbeiteten. Die bestehenden privaten Erziehungsvereine, die nur Beiträge ihrer Mitglieder zur Verfügung hatten, konnten die materiellen Voraussetzungen für Volkskindergärten nicht schaffen. Sie versuchten daher auch, die bestehenden Bewahranstalten in Volkskindergärten umzuwandeln. Der Volkskindergarten, der seit 1860 Verbreitung fand, unterschied sich von den Kindergärten der Wohlhabenden vor allem darin, dass er die familiäre Erziehung ersetzen mußte Henriette Schrader-Breymann ( ) Abb.: 18: Henriette Schrader-Breymann 272 Henriette Schrader-Breymann war Fröbels Großnichte: sie übte anfangs herbe Kritik an seinen pädagogischen Philosophien, die sie folgendermaßen äußerte: Fröbels Tüfteleien über pädagogische Spieldinge seien zu stark schulisch orientiert und von Grübeleien und Schematismus gekennzeichnete Konstrukte. Nach heftigen Auseinandersetzungen und einer anschließenden Versöhnung lernte sie sich gegenüber gewisser Schwächen in Fröbels Charakter zur Wehr zu setzen. Schließlich hatte sie sich entschieden, Fröbels Haushalt zu führen und sich von ihm zur Kindergärtnerin ausbilden zu lassen. Der Höhepunkt ihres beruflichen Wirkens war die Gründung des Pestalozzi-Fröbel-Hauses 1874 in Berlin. 273 Dieses war eine allumfassende Erziehungs- und Bildungsinstitution zur Entfaltung und Förderung der»geistigen Mütterlichkeit«. Mit dem Programm der»geistigen 271 Aden-Grossmann, 2002, S Berger, 1995, S Vgl. Berger, 1995, S. 162 ff.

114 Seite 114 Mütterlichkeit«versuchte Henriette Schrader-Breymann die Frauenfrage und die soziale Frage zu lösen. Sie sah in der Frau die gleichwertige Partnerin des Mannes, wenn sich alle Frauen»als Mütter der Menschheit«fühlten, als Teil des weiblichen Prinzips, das dem männlichen Wirken für das große Ganze seine Ergänzung gib (Lyschinska, M. 1927, Bd. II, S. 467). 274 Mit der Gründung der Ausbildungsstätte des Pestalozzi-Fröbel-Hauses in Berlin hatte Henriette Schrader-Breymann einen wesentlichen Beitrag in der Entstehungsgeschichte des Berufes der Kindergärtnerin geleistet. Ihr großes pädagogisches Bestreben war es, die altersgemischte Kindergruppe mit ca. 12 bis 15 Kindern einzuführen. Doch aufgrund der hohen Kinderanzahl in den Gruppen, das waren immerhin an die 100 Kinder pro Gruppe, waren diesem Projekt Grenzen gesetzt. Ein Kompromiss war, dass jedes Kind die Möglichkeit bekam, innerhalb einer Woche einmal einer kleineren Gruppe anzugehören um seine Individualität, innerhalb dieser besser entfalten zu können. Henriette Schrader-Breymann bemühte sich bis zu ihrem Tode im Jahre 1899 an der Vervollkommnung der methodisch-didaktischen Belange in der Kindergartenpädagogik, sowie auch um pädagogische Belange im Pestalozzi-Fröbel-Haus Baronin Bertha von Marrenholtz-Bülow ( ) Die Baronin war eine der bedeutendsten und eloquentesten Fröbelpädagoginnen. Sie war es, die sich nach dem Tode Fröbels unermüdlich um die Verbreitung der Kindergartenidee und der Fröbelschen Erziehungsgedanken bemühte. Sie hielt über hundert Vorträge, auch in Frankreich, und verfasste das erste Handbuch der Fröbelschen Erziehungslehre in französischer Sprache. Frau von Marenholtz gründete in Dresden mit dem Allgemeinen Erziehungsverein die Dresdener Fröbelstiftung, eine mit Pensionat und Schulgarten verbundene Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen Berger, Manfred 1995, S Vgl. Berger, 1995, S. 162 ff. 276 Vgl. Berger, 1995, S. 127 f.

115 Seite 115 Abb. 19: Baronin Bertha von Marenhotz-Bülow 277 Geleitet von der Idee, eine Arbeitserziehung gerade für das arme Volk zu entwickeln, die Hand geschickt zu machen und frühzeitig Arbeitsdisziplin anzulegen, hat Baronin Bertha von Marenholtz das Spielgabensystem mechanisiert. Fröbels systematische Ordnung des Kinderspiels war auf den tiefsten religiösen Grund seiner Weltanschauung bezogen, sie war eine Deutung kindlichen Spiels und nicht ein Leitfaden für folgerichtig aufgebaute technische Übungen. Der Spielvorgang blieb bei Fröbel frei, er beabsichtigte keine meßbaren Lernergebnisse für diese Altersstufe. Er achtete die kindliche Aktivität als Äußerung schöpferischen Dranges des menschlichen Geistes und bewahrte die individuelle Freiheit. Die unfruchtbare Erstarrung seiner Spielweise, die bis ins 20. Jahrhundert mit dem Gebrauch der Spielgaben verbunden war, wo man noch daran festhielt, ist auf Bertha von Marenholtz missionarischen Eifer zurückzuführen. (Hoffmann, E. 1971, S. 38 f.) 278 Das neue Erziehungsziel, die Erziehung zu Ordnung und Reinlichkeit, war für die körperlich und seelisch vernachlässigten Kinder im Volkskindergarten die Chance, um die Versäumnisse der frühen familiären Erziehung aufzuholen. Insofern berücksichtigte der Volkskindergarten die soziale Lage der Arbeiterkinder. 279 Das Ziel des Fröbelschen Kindergartens war die allseitige Entfaltung und Entwicklung des Individuums, sowie die Selbstbestimmung des Menschen. Er blieb ei- 277 Berger, 1995, S Berger, 1995, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 48.

116 Seite 116 ne Erziehungsstätte des Bürgertums. Im Volkskindergarten, der die Massenerziehung der Bewahranstalten fortsetzte, wurden zwar Fröbels Spielgaben eingeführt, jedoch war ihre Anwendung aufgrund fehlender oder äußerst mangelhafter Ausbildung der Erzieherinnen zumeist eine mechanische Nachahmung der vorgegebenen Muster. Da die inneren mathematischen Zusammenhänge der Spielgaben nicht erkannt wurden, konnte ihre bildende Kraft nicht wirksam werden. Die Defizite in der Entwicklung der Arbeiterkinder und deren Ursachen, die in den Sozialisationsbedingungen lagen, wurden zwar bereits erkannt und beschrieben, jedoch gelangten die Anstrengungen einer kompensatorischen Erziehung nicht über eine Erziehung zur Anpassung hinaus. Durch die Erziehung zur Arbeit, Sauberkeit und Ordnung förderte man die im Produktionsprozeß gewünschten Verhaltensformen von Arbeiten Gesetzliche Regelungen und Gehaltsleistungen für Kindergärtnerinnen Allgemeine gesetzliche Regelungen für Kindergärtnerinnen 1867 wurde den Österreicherinnen und Österreichern die staatsbürgerliche Gleichheit in Bezug auf Bildung und Berufswahl innerhalb der Verfassung zugestanden trat der Ministerial-Erlass Zur Regelung des Vorgangs bei Heranbildung von Kindergärtnerinnen und zur Förderung der Kindergartenerziehung in Kraft. Für jene Lehrerinnen, welche die Befähigung zur Kindergärtnerin anstrebten, war es verpflichtend, einmal wöchentlich in einem Kindergarten zu hospitieren. Gesangs- und Turnunterricht war für Schülerinnen zusätzliches Pflichtfach, das mit günstigem Erfolg abgeschlossen werden musste. (In: Fellner, A., Der Kindergarten. Wien 1901, S. 207.) Gehaltsleistungen für Kindergärtnerinnen Zu dieser Zeit war es unüblich, dass einer Kindergärtnerin automatisch eine Gehaltsleistung zustand. Das mögliche Gehalt betrug im Jahre 1887 durchschnittlich 500 bis 700 fl. Zusätzlich gab es fallweise eine Zulage für Heizung und Unterkunft. Die Helferin, die zur damaligen Zeit auch oft als zweite Kindergärtnerin bezeichnet wurde, bekam vergleichsweise nur 300 bis 420 fl. im Jahr. Aufgrund der geringeren Bezahlung stand ihnen dafür Unterkunft und Heizung frei. 280 Aden-Grossmann, 2002, S. 48 f. 281 Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 63.

117 Seite 117 Die Entlohnung in den Fabrikkindergärten unterschied sich ebenfalls von den Gehältern der öffentlichen Kindergärten. Die Kindergärtnerinnen bezogen für ihre Tätigkeit zwischen 300 und 450 fl, hatten aber die Wohnung frei zur Verfügung. An Bewahranstalten wurde Kindergärtnerinnen ebenso ein Gehalt zwischen 200 und 400 fl jährlich ausbezahlt. Wesentlich mehr verdienten Leiter und Leiterinnen von pädagogischen Einrichtungen, diese wohnten aber ebenso gratis. (In: Geschichte der Kinderbewahranstalten und Kindergärten in Österreich. Verein für Kindergärten in Österreich (Hg.), Bd. 16 Wien 1887, S. 34.) 283 Offiziell war die Bezahlung der Kindergärtnerinnen in Österreich seit dem Ministerialerlass aus dem Jahre 1872 geregelt, sie sollte der von Übungslehrern entsprechen, doch wurden Kindergärtnerinnen oft unter dem Mindestlohn von Lehrern entgolten bzw. hatten sie bis zu 100 Kinder allein zu beaufsichtigen. Oder aber, wie aus der Tabelle ersichtlich, bekamen sie überhaupt nichts bezahlt. Natürlich kann man auch davon ausgehen, dass das Gehalt einfach nicht angegeben wurde, doch da über das Gehalt der Kindergärtnerin allgemein in den Quellen und in der Literatur wenig zu finden ist, gehe ich eher von dem Arbeiten-dafür-wohnen-Modell aus. Um 1900 verdiente die Kindergärtnerin in Österreich offiziell zirka Schilling im Jahr, allerdings ohne Urlaubs- und Pensionsanspruch. 284 Gründungsjahr des Kindergartens Gründer und Gründerinnen des Kindergartens Anzahl der Kindergärtnerinnen Kinderanzahl bei wie viel Gruppen Gehalt pro Monat 1834 Wertheimer 2 ca. 200/3 30 fl 1850 Gemeinde Gumpendorf 1880 Barmherzige Schwestern 1882 Baronin Schloißnigg 1885 Moritz Edler, Katharina Oppenheim Keine Kindergärtnerin, Leiterin arbeitet selbst 3 ca. 325/ / / /2 400 fl Tab. 6: Übersicht der Gehälter von Kindergärtnerinnen, 1882 in Wien Vgl. Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 65 f. 285 Gary, 2006, S. 65.

118 Seite 118 In den 1920-Jahren erhielt eine Kindergärtnerin der Gemeinde Wien 375 Schilling monatlich, die privat angestellten Kindergärtnerinnen verdienten weniger. Erstere hatten darüber hinaus einen Urlaubsanspruch, der sich nach je fünf Dienstjahren um drei Tage steigerte: 21 Tage in fünf Jahren, allerdings in einem ganzjährig geöffneten Kindergarten. Urlaubsgeld gab es keines, auch nicht für die Kindergärtnerinnen, die privat in Kindergärten arbeiteten, die ein Monat im Sommer geschlossen wurden war sich Ludwig Schindler bewusst, dass Kindergärtnerinnen auch Recht auf Urlaub haben sollten, wie es zu dieser Zeit in Deutschland schon gebräuchlich war. (Schindler, L. Das Kindergarten- und Kleinschulwesen in Österreich und Deutschland. Wien 1877, S. 52.) 286 Altersvorsorge oder etwaige Pensionsansprüche waren bis 1750 in Österreich und in Deutschland in keiner Weise üblich. Kindergärtnerinnen, die an staatlichen Anstalten arbeiteten, wurden an die gesetzliche Regelung des Übungsschullehrers angepasst und genossen insofern einen Pensionsanspruch. Generell gab es die Möglichkeit freiwillig in eine Pensionsanstalt einzutreten. 287 Der Verein für Kindergärten und Bewahranstalten in Österreich gründete eine Pensionskasse für die Kindergärtnerinnen, die jedoch in der Inflationszeit aufgelöst werden musste. Die österreichischen Kindergärtnerinnen, die im Ersten Weltkrieg von der Gemeinde Wien übernommen wurden, hatten Glück, da sie in das Pensionssystem der Stadt Wien eingegliedert wurden, alle anderen Kindergärtnerinnen hatten 1940/50 keinen Pensionsanspruch. (Handbuch der Frauenarbeit in Österreich. Arbeiterkammer Wien (Hg.), Wien 1930, S. 272.) Ausbildung von Kindergärtnerinnen in Bildungscursen und an Bildungsanstalten Gesetzliche Verankerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin Da es seit 1872 Frauen auch gestattet war, die Matura abzulegen, durften Schülerinnen mit einem guten Prüfungserfolg in der theoretisch-praktischen Kindergartenerziehung auch als Kindergärtnerinnen angestellt werden. Was konnten sie sonst noch viel tun mit der lang erkämpften Matura? Da sorgte die Regierung vor, ein Teil der Maturantinnen sollte eben gleich Kindergärtnerin werden. Offiziell konnten Frauen mit Reifezeugnis nun auch auf die Universität gehen, die Praxis sah leider anders aus. Tatsache war, dass nur Männer, aufgrund einer Verordnung aus dem Jahre 1878, immatrikulieren konnten bestanden 25 Frauen die Matura. (Albisetti, J. Mädchenerziehung im deutsch- 286 Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 67.

119 Seite 119 sprachigen Österreich. In: Frauen in Österreich, Good, D. Grandner, M., Maynes, M., (Hg.), S. 22.) 289 Entscheidend für die Aufnahme in die einjährigen Ausbildungskurse war das Eintrittsalter der angehenden Kindergärtnerinnen, dieses musste mindestens sechszehn und nicht mehr als dreißig Jahre sein. Ebenso war die Aufnahmeprüfung ein Kriterium. Dafür wurden der Lehrstoff der allgemeinen Volksschulen, das musikalisches Gehör, sowie eine gute Singstimme vorausgesetzt. 290 Diese gesetzliche Regelung war allerdings unvollständig, denn das allgemeine Bildungsziel, ein Lehrplan, eine Stundenübersicht, konkrete Formulierungen von Lehrinhalten und differenzierte Bestimmungen für die Schlussprüfungen, fehlten in dieser Ausbildung. Erst am 26. Mai 1874 wurde durch das Organisationsstatut für Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten der österreichischen Kindergärtnerinnenbildung eine klar definierte gesetzliche Form verliehen. 291 Dieser Modus, dass das Befähigungszeugnis zur Kindergärtnerin aufgrund diverser schulischer Leistungen auch während des Schuljahres ausgestellt wird, ist wohl noch auf die Idee Fröbels zurückzuführen, der davon ausging, dass unmöglich alle angehenden Kindergärtnerinnen gleichzeitig diese Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben können. Damit bezog er sich wohl auch auf individuelle Talente und Begabungen der Kandidatinnen. 292 Ausgenommen von dieser Bestimmung waren jene Zöglinge, die einen Bildungskurs besuchten, der an einen Privatkindergarten angeschlossen war. Sie mussten eine theoretisch-praktische Abschlussprüfung vor einer Prüfungskommission ablegen. Erst mit Erlaß vom 16. März 1925 (Zl Volkserziehung Nachrichten des Bundesministeriums für Unterricht, 1925, S. 69 7) wurde die Befähigungsprüfung als ordentlicher Abschluß der Ausbildung zur Kindergärtnerin generell eingeführt Gary, 2006, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 22 f.

120 Seite 120 Grundsätzlich waren diese gesetzlichen Regelungen bzw. Ausbildungsbestimmungen ein Anfang für eine qualifizierte Ausbildung zur Kindergärtnerin, wenn auch der Allgemeinbildung sowie der Berufsbildung viel zu wenig Beachtung geschenkt wurden. Fröbels Theorien waren in den fachlichen Bereichen zwar sehr dominierend, trotzdem waren viele Wissensbereiche noch unklar. 294 Das innere Verhältnis zum Phänomen Kleinkinderziehung konnte noch nicht an Traditionen anknüpfen, und es mußte eher von ihnen Abstand nehmen und sich zu verselbständigen suchen. Diese Verselbständigung nahm ihren Weg von unten her. Aus der Praxis entwickelte sich die Notwendigkeit einer qualifizierten Bildung für Kindergärtnerinnen. Der Praxisbezug ist bis heute erhalten und ein charakteristisches Merkmal der österreichischen Kindergärtnerinnenausbildung. 295 Fachliteratur, die die Entwicklung der Berufsgeschichte der Kindergärtnerin beschreibt, liegt in Österreich nur wenig auf, generell fehlten aber auch in der Ausbildung zur damaligen Zeit konkrete differenzierte Fachinhalte. Aus dieser Zwangslage ergab es sich dann, dass auch Fachbücher, die in der Lehrerinnenausbildung angeboten wurden, in der Ausbildung zur Kindergärtnerin Verwendung fanden. Dieses Defizit wurde erst nach 1875 durch ein Ansteigen an spezifischer Kindergartenliteratur ausgeglichen. 296 Namhafte Werke und Autoren für den Unterricht der Kindergärtnerinnen waren damals: Anton Fellner: Formenarbeiten (Wien 1874) A. S. Fischer: Der Kindergarten (Theoretisch-praktisches Handbuch Wien 1873) Wilhelm Preyer: Die Seele des Kindes (1882) Wilhelm Preyer: Die geistige Entwicklung in der ersten Kindheit (1893) Dr. R. O. Seydler: Die Mittel der Kindergarten-Erziehung (Wien 1867) Dekan Matthäus Hoerfarters Bildungsanstalt in Kufstein in Tirol Ab 1872 fand in Kufstein im 1870 gegründeten Kindergarten von Dekan Hoerfarter eine Ausbildung für Kindergärtnerinnen statt. Sie war die erste an einen Kindergarten angeschlossene Privat-Bildungsanstalt, die gemäß 23 des Ministererlasses von 1872 geführt wurde. Berta von Marenholtz-Bülow unterstützte 294 Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 24.

121 Seite 121 Hoerfarter bei der Formulierung eines Programmes für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen. Dadurch wurde der Kufsteiner Kindergarten bzw. die Ausbildung unmittelbar und direkt von Fröbels Gedankengut beinflußt. 298 Hoerfarters größtes Anliegen war es also, eine Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen zu gründen. Am 28. September 1872 wurde Hoerfarter schließlich die Genehmigung zur Eröffnung einer Privat-Bildungsanstalt bewilligt. Der Lehrcurs dauerte bis 1880 ein Jahr lang, dann allerdings wurde sie als einzige Bildungsanstalt in Österreich zweijährig. 299 Unterrichtsgegenstände waren: Anthropologie mit besonderer Rücksicht auf das Wesen des Kindes und seine physisch-geistige Entwicklung; Diätik mit einer Anweisung naturgemäßer Pflege der geistigen und leiblichen Gesundheit des Kindes; Pädagogik als Erziehungslehre nach Fröbel`schen Grundsätzen; Theorie und Praxis des Kindergartens; Geometrische Formenlehre und Zeichnen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Kindergartens; Sprach- und Sachunterricht; Gesang; Leibesübungen. Zusätzlich mussten sich die Kandidatinnen das ganze Jahr hindurch unter Anleitung der Kindergärtnerin an der praktischen Tätigkeit im Kindergarten beteiligen Die Privat-Bildungsanstalt am Neubau in Wien Das Kindergarten-Comité des Vereinskindergartens Wien-Neubau hatte bereits 1870 die Konzession zur Errichtung einer Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen erworben.(... ) auch der Privatbildungscurs für Kindergärtnerinnen des Neubauer Kindergarten-Comités wurde im Sinne der Verordnungen der Jahre 1872 bzw errichtet und geleitet. 301 Dieser Anstalt war es eigentlich zu verdanken, dass es zu einer Weiterentwicklung der Kindergärtnerinnenausbildung kam. Bemerkenswert erscheint es, dass man zur damaligen Zeit bemüht war, sogenannte Querverbindungen zu anderen Unterrichtgegenstän- 298 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 26 f. 301 Baltruschat, 1986, S. 27.

122 Seite 122 den herzustellen und somit eine Vernetzung des Bildungskanons anstrebte. Darüber hinaus wurde der Lehrplan hinsichtlich der allgemeinen und der berufstheoretischen Bildung für die Kandidatinnen differenziert dargelegt. 302 Demnach sollte jeder Lehrer sein Fach von a) einem eher wissenschaftlichen und b) einem eher methodisch begründeten Verständnis lehren. Um Theorie und Praxis innig zu verknüpfen wurden unter Leitung des Lehrers für Erziehungskunde und im Beisein des jeweiligen Fachlehrers praktische Übungen veranstaltet (wöchentlich acht Stunden). Nach einer Zeit des Hospitierens im Kindergarten führten die Kandidatinnen Probelektionen durch, die kritische Beleuchtung derselben erfolgte durch die anwesenden Fachlehrer und den Leiter der praktischen Übungen. Dieser Ansatz ist bis heute in der Ausbildung nicht generell verwirklicht, weil den Fachlehrern noch keine Praxisstunden zuerkannt werden. Die Detaillierung des Lehrplanes soll an dem Gegenstand Theorie des Kindergartens (1 Wochenstunde) aufgezeigt werden. Theorie des Kindergartens A) Normallehrplan Das Wesen und die Bedeutung des Kindergartens und das Verhältnis zur Familie und zur Schule; Aufgabe des Kindergartens und die besonderen Erziehungsmitteln desselben; Pflichten der Kindergärtnerin; äußere Einrichtung des Kindergartens; Geschichte und Literatur desselben. Belehrung über Bewahranstalten und Krippen. 302 Vgl. Baltruschat, 1986, S. 28.

123 Seite 123 B) Detaillehrplan Charakteristik des Kindes unter dem 6. Lebensjahre in leiblicher und geistiger Beziehung. Die Erziehung des Kindes in der Familie und in Erziehungsanstalten. Arten der Erziehungsanstalten für Kinder unter dem 6. Lebensjahr: Krippe, Bewahranstalt und Kindergarten. Gründung, Wesen, Zweck, Einrichtung und Verbreitung der Krippe und Bewahranstalt. Gründung, Wesen, Zweck des Kindergartens im allgemeinen. Arten desselben. Die äußere Einrichtung desselben, und zwar: 1. Beschäftigungszimmer, 2. Spielzimmer, 3. Nebenräumlichkeiten, 4. Garten, 5. Lehrmittel, 6. Beschäftigungsmittel, 7. Subsellien, 8. Vorkehrungen zur Pflege und Wahrung der Gesundheit der Kinder. Lectionsplan, Amtsanschriften. Spiel, Beschäftigung und Arbeit als Erziehungsmittel. System der Fröbelschen Beschäftigungen und Beschäftigungsmittel. Eingehendere Besprechung dieser, und zwar: Ball, Kugel, Walze, Würfel und Kegel, Baukästen, Legtäfelchen, Verschränkstäbe, Gliederstab, Stäbchen, Ringe, Legekörper als: Steinchen und Muscheln usw.; - Ausstechen, Fadenspiel, Ausnähen, Zeichnen, Kettenfassen, Flechten, Schnüren, Falten, Ausschneiden, Ausmalen, Stäbchenverbinden, Thonmodellieren. Beschäftigung und Spiele im Garten. Verwertung der von den Kindern angefertigten Arbeiten in erziehlicher Beziehung, insbesondere zu Ausstellungen. Ausflüge mit den Kindern. Kinderfeste. Eintritt der Kinder in den Kindergarten. Austritt aus demselben und Übertritt in die Volksschule. Trennung der Kinder in Abteilungen. Das Setzen und Sitzen der Kinder. Gruß und Gebet der Kinder. Essen, Trinken und Schlafen der Kinder im Kindergarten. Die Benützung des Abortes. Reinlichkeit. Kommen und Gehen der Kinder. Die Behörden und behördlichen Personen, denen der Kindergarten untersteht. Der pädagogische Leiter; Aufsichtsdamen. Die Kindergärtnerin. Die Kinderwärterin. Besprechungen: 1. des Ministerial-Erlasses vom 22. Juni 1872 in Betreff der Kindergärten und damit verwandten Anstalten; 2. der Verordnung vom 22. Juni 1872; 3. der Grundzüge zur Instruktion für die Bezirks- Schulinspectoren bezüglich der Kindergärtnerin und verwandten Anstalten ; 4. des Organisationsstatus für Lehrerinnen-Bildungsanstalten ;[26. Mai 1874, Zl. 7114], insoferne es sich auf Kindergärten und Bildungsanstalten bezieht. Geschichte und Literatur der Kleinkindererziehung. Fröbels Biographie. (Verordnungsblatt 1881, Nr. 32, S. 157). 303 Erwähnenswert ist, dass es in Graz bereits ab 1872/73 eine staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt mit Kindergärtnerinnenkurs gab. Insgesamt gab es um 1872 in Österreich 40 Lehrer- und 19 Lehrerinnenbildungsanstalten. (Fellner, A. Bericht über die Kindergärten und die Kindergärtnerinnen- Bildungsanstalt am Neubau in Wien. Wien 1881, S. 20.) Baltruschat, 1986, S. 28 f. 304 Vgl. Gary, 2006, S. 77.

124 Seite wurde an der Lehrerbildungsanstalt im Ersten Bezirk in Wien eine Kindergärtnerinnenausbildung eingerichtet, 1883 eine am Offizierstöchterinstitut in Hernals. (Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauenarbeit in Österreich. Wien 1930, S. 110.) 305 Wie bei allen anderen Vereinen, war auch bei diesem die Wohltätigkeit der Mitglieder besonders wichtig, obwohl der Privatkurs bereits vom Ministerium für Unterricht und Kultur geleitet wurde. Aufnahmebedingungen waren die Erlangung des 16. Lebensjahres, sittliche Unbescholtenheit, physische Tüchtigkeit, die Vorbildung, die auch bei der Aufnahme in eine Lehrerinnenbildungsanstalt Voraussetzung war, und Musikalität. Der Unterricht gestaltete sich ähnlich wie in der Schiffamtsgasse, ergänzt durch Zeichnen und Werken. (Fellner, A. Bericht über die Kindergärten und die Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt am Neubau in Wien. Wien 1881, S. 26.) 306 An dieser Ausbildungsstätte, der Neubauer Schule, wurde die Abschlussprüfung bereits als Befähigungsprüfung bezeichnet und war mit einer Taxe, die zu entrichten war, verbunden. Der Ausbildungskurs dauerte ein Jahr und kostete im Monat vier Gulden. Im Vergleich dazu verdiente eine ausgebildete Kindergärtnerin im Jahr ungefähr 500 Gulden, eine Helferin in etwa 60 Gulden. Die berufspraktischen Übungen absolvierten die Schülerinnen in einem dafür vorgesehenen, angeschlossenen Kindergarten, der heute mit einem Übungskindergarten zu vergleichen ist Bildungskurse an öffentlichen Lehrerinnenbildungsanstalten Nach dem Reichsvolksschulgesetz ( 67) oblag es dem Staate, Lehrerinnenbildungsanstalten zu errichten. Die Gründung von Privatschulen war auch für die Lehrerbildung bei Erfüllung bestimmter Bedingungen möglich. Diese Bedingungen waren: 1. Genehmigung des Lehrplanes und des Anstaltstatutes durch das Unterrichtsministerium. 2. Nachweis der vollen Lehrbefähigung des Direktors und der unterrichtenden Personen bestanden in sämtlichen Kronländern 40 Lehrer- und 19 Lehrerinnenbildungsanstalten (A. Ficker, 1873, S. 104ff.). Sie sollten konzentriert den perma- 305 Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 76 f. 307 Vgl. Gary, 2006, S. 77.

125 Seite 125 nenten Lehrermangel beheben, der seit 1869 durch die Verminderung der Maximalschülerzahlen in den Klassen, die verlängerte Schulpflicht und den allgemeinen Ausbau des Schulwesens herrschte. Der Mangel an Kindergärtnerinnen und an Ausbildungsstätten für diese wurde durch den Lehrernotstand praktisch verdeckt bestanden in den heutigen österreichischen Ländern fünf k.k. Lehrerinnenbildungsanstalten. Allerdings waren diese oft an Lehrerbildungsanstalten angeschlossen. Folgende Ausbildungsstätten zählten dazu: Wien k.k Lehrerinnenbildungsanstalt Wien St. Anna (später Hegelgasse) Graz Linz Innsbruck Klagenfurt In Innsbruck begann die Ausbildung erst relativ spät, nämlich erst (J. Lechtaler, 1966, S. 239) Katholische Bildungskurse für Kindergärtnerinnen Die Herausgabe der Christlich-pädagogischen Blätter für die österreichischungarische Monarchie ab 1879 und in weiterer Entwicklung die Gründung des Katholischen Schulvereins 1886 bahnten wieder das Verständnis für eine katholisch-konfessionelle Schule an (J. Schmidt, 1958, S. 129). Durch weibliche Lehrorden entstanden Lehrerinnenbildungsanstalten, an denen vereinzelt auch Kindergärtnerinnen ausgebildet wurden. In Tirol errichteten die Barmherzigen Schwestern in Zams 1889/90 eine Privat-Lehrerinnenbildungsanstalt, an der ab 1891/92 auch Kindergärtnerinnen ausgebildet wurden (laut Österreichischer Statistik ). 1909/10 eröffneten die Barmherzigen Schwestern in Innsbruck an der Kettenbrücke einen Kurs für Kindergärtnerinnen. 310 Ludwig Schindler stellte 1882 einen Vergleich in der Ausbildung von Kindergärtnerinnen zwischen Deutschland und Österreich an und stellte daraufhin die Forderung, dass das Ausbildungsniveau österreichischer Kindergärtnerinnen unbedingt verbessert werden muss. Damit wollte er verhindern, dass Kindergärten-Personal aus Deutschland 308 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 30.

126 Seite 126 angefordert wurde (Schindler, L. Das Kindergarten- und Kleinkinderschulwesen in Österreich und Deutschland. Wien 1877, S. 55) gründete die Kongregation der armen Schulschwestern in Salzburg, Schwarzstraße, einen Privat-Bildungskurs für Kindergärtnerinnen in Verbindung mit einem Kindergarten. Ab 1889 wurde diesem Kurs das Öffentlichkeitsrecht zuerkannt (C. Dederichs, 1962, S. 56ff.). Die Österreichische Statistik erfasst diese Ausbildung ab 1898/99. In der Steiermark bildeten die Schulschwestern in Graz Eggenberg ab 1908 Kindergärtnerinnen aus Statistische Übersicht aller Bildungskurse in Österreich von 1882/83 bis 1914 Die Zahlen von 1882/83 bis 1908/09 wurden der Österreichischen Statistik, Hrsg. Statistische Central-Commission Wien, entnommen; ab 1909/10: Neue Folge. Österreichische Statistik. Hrsg.: Statistisches Zentralamt Wien. 313 Bildungskurse in Jahr 1) Zöglinge 2) Externe NIEDERÖSTERREICH Wien, K.K. ST. ANNA** Wien II., Priv. Bild.Kurs Wien VII, Priv. Bild.Kurs Retz (Altsadt), Priv. BK OBERÖSTERREICH Linz, K.K. Linz, Schulschw. STEIERMARK Graz, K.K. Graz-Eggenberg (Schulschwestern) SALZBURG Salzburg, Schulschwestern TIROL Innsbruck, K.K. Kufstein, PBK*** Zams, Barmh. Schwestern Innsbruck, Barmh. Schwestern 1882/ / / / / / / / / / /93 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) SUMME Tab. 7: Übersicht über Bildungskurse in Österreich von 1882/ / Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 31.

127 Seite 127 NIEDERÖSTERREICH Wien, K.K. Hegelgasse Wien II., Priv. Bild.Kurs Wien VII, Priv. Bild.Kurs Retz (Altsadt), Priv. BK OBERÖSTERREICH Linz, K.K. Linz, Schulschw. STEIERMARK Graz, K.K. Graz-Eggenberg (Schulschwestern) SALZBURG Salzburg, Schulschwestern TIROL Innsbruck, K.K. Kufstein, PBK*** Zams, Barmh. Schwestern Innsbruck, Barmh. Schwestern 1893/ / / / / / / / / / /04 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) SUMME Bildungskurse in Jahr 1) Zöglinge 2) Externe NIEDERÖSTERREICH Wien, K.K. Hegelgasse Wien II., Priv. Bild.Kurs Wien VII, Priv. Bild.Kurs Retz (Altsadt), Priv. BK 1904/ / / / / / / / / ** 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) 1) 2) OBERÖSTERREICH Linz, K.K. Linz, Schulschw STEIERMARK Graz, K.K. Graz-Eggenberg (Schulschwestern) SALZBURG Salzburg, Schulschwestern TIROL Innsbruck, K.K. Kufstein, PBK*** Zams, Barmh. Schwestern Innsbruck, Barmh. Schwestern SUMME Tab. 8: Übersicht über Bildungskurse in Österreich von 1893/

128 Seite 128 Diese Statistik zeigt für die ersten vier Jahrzehnte der Kindergärtnerinnenbildung in Österreich folgende Aspekte auf: Es zeigt sich ein deutliches Ost-West-Gefälle hinsichtlich der Anzahl von ausgebildeten Kindergärtnerinnen: 1889/90 wurden von insgesamt 149 ausgestellten Befähigungszeugnissen 117 in Niederösterreich (inklusive Wien) erworben. Im Osten Österreichs erfolgte die Ausbildung überwiegend an öffentlichen Schulen oder in Kursen, die an Kindergärten angeschlossen waren. Um die Jahrhundertwende begannen katholische Bildungsanstalten mit der Ausbildung von Kindergärtnerinnen; diese Anstalten entwickelten sich vorerst in Westösterreich. Es erfolgte eine deutliche Zunahme der externen Prüfungen: 1882/83 wurden 13% der ausgestellten Befähigungszeugnisse von Externen erworben, 1893/94 betrug ihr Anteil 45%. Die Anzahl der ausgebildeten Kindergärtnerinnen stieg bis zur Jahrhundertwende kontinuierlich an; 1906 ist eine Rückentwicklung feststellbar Die zweijährige Ausbildung von Kindergärtnerinnen Um 1890 begann eine rege Diskussion um die Neugestaltung der Kleinkindpädagogik. Den Hintergrund dafür bildete die Pädagogische Bewegung vom Kinde aus, die auch die Arbeit im Kindergarten beeinflusste und veränderte. Grundlage der reformpädagogischen Konzeption war das Bild vom autonomen Menschen. Man stellte das Kind in den Mittelpunkt des erzieherischen Denkens und Handelns. Dieser neuen Grundeinstellung lag eine veränderte Vorstellung vom Kinde selbst und seiner Stellung zum Erwachsenen zugrunde. Kindsein wurde als besondere Lebensform erkannt, in der sich die physische und psychische Struktur von der des erwachsenen Menschen unterscheidet. Das Kind mußte aus seinen Entwicklungsstufen heraus verstanden werden, und darum durfte es nicht als kleiner Erwachsener gesehen und mit diesen Maßstäben gemessen werden. 316 Die schwedische Lehrerin Ellen Key bekundete in ihrem Werk Das Jahrhundert des Kindes welches 1900 in Buchform erschien, dass man sich primär am Kind, am Menschen selbst orientieren muss und nicht an gesellschaftlichen Gegebenheiten. Sie geht von der Perspektive aus, dass das Kind grundsätzlich als gut zu betrachten ist, eine eigene Würde besitzt. Es gilt, das Kind zu achten und ernst zu nehmen. Erziehung ist bloß ein unterstützender Prozess der freien Selbstentfaltung und der Vollendung der angeborenen Natur des Kindes Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Hartmann, 2000, S. 27.

129 Seite 129 Obwohl die praktische Arbeit in den Kindergärten durch Reformen eine enorme Weiterentwicklung erfahren hatte und die Anerkennung der Pädagogik als selbständige Disziplin an den Universitäten Impulse zur Auseinandersetzung mit dem Erziehungsgeschehen lieferte, erfuhr die Ausbildung zur Kindergärtnerin bis 1914 nur unwesentliche Veränderungen. (Pädagogik war ursprünglich ein Anhängsel anderer Wissenschaften [Philosophie, Theologie, Psychologie]. Erst um die Jahrhundertwende artikulierte sie einen eigenen Erkenntnisbereich und verselbständigte sich schließlich auch institutionell.) 318 In erster Linie bezog sich die Verordnung vom 3. Juni 1881 auf die Zöglinge, die einer Lehrerinnenbildungsanstalt zugehörten. Laut dieser Verordnung wurde das Hospitieren und Praktizieren in Kindergärten verpflichtend eingeführt, die Zusatzqualifikation der Kindergärtnerin konnte nur dann erworben werden, wenn das Unterrichtsfach Formenarbeiten belegt wurde. Allerdings konnten Volksschullehrer die Befähigung zur Kindergärtnerin erlangen, wenn sie drei Monate in einem Kindergarten hospitierten und ergänzend dazu eine Zusatzprüfung ablegten. 319 Die Berufseignung betreffend hieß es: Zöglinge, welche innerhalb der ersten drei Monate nach ihrer Aufnahme nach Ansicht des Lehrkörpers sich als unfähig erweisen, sind zu entfernen. Es fehlten genauere Angaben zu Definition Unfähigkeit und Kriterien zur Feststellung von Berufseignung. Die Verordnung vom 3. Juli 1914, Zl (Verordnungsblatt 1914, Stück 15, Nr. 32, S. 499ff) erweiterte die Ausbildung der Kindergärtnerinnen auf zwei Jahre. 320 Bereits seit 1881 gab es in Österreich eine Berufsvereinigung der Kindergärtnerinnen, dieser war es in erster Linie zu verdanken, dass es zu einer Verbesserung und Erweiterung der Fachausbildung von Kindergärtnerinnen kam. Die Aufwertung dieser Ausbildung fand in der Bezeichnung Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen Ausdruck. Mit dieser Aufwertung wurde die Bezeichnung Curse abgelegt. Die auf zwei Jahre verlängerte Ausbildungsdauer sollte zum Ziel haben, dass das Niveau der fachlichen Berufsqualifikation aufgewertet wird. 318 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 35 f. 320 Baltruschat, 1986, S. 36.

130 Seite 130 Das Befähigungszeugnis als Kindergärtnerin konnte aber nach wie vor mit der Ausbildung zur Volksschullehrerin erlangt werden, oder durch ein Privatstudium gekoppelt, mit einem einjährigen Berufspraktikum in einem Kindergarten erworben werden. 321 Für die Ausbildung bedeutsamer erscheint die Trennung und damit zugleich die Differenzierung des Gegenstandes Erziehungslehre und Theorie des Kindergartens in Erziehungslehre und Kindergartenlehre. Neu war die Einführung von nicht verbindlichen Lehrgegenständen; sie bezogen sich auf das Erlernen einer Fremdsprache und eines Musikinstrumentes. Die Stundentafel der zweijährigen Ausbildung: Religion Erziehungslehre Kindergartenlehre Praktische Übungen im Kindergarten Unterrichtssprache Sachunterricht Freihandzeichnen und Modellieren Formenarbeiten Weibliche Handarbeiten Gesang Turnen Zusammen Fremdsprache Violinspiel Klavierspiel Wöchentliche Stundenanzahl im I. Jahrgang II. Jahrgang Stunden Im Ganzen Stunden Tab. 9: Stundentafel der zweijährigen Ausbildung 322 Im zweiten Ausbildungsjahr erhielt der Gegenstand Erziehungslehre durch Kinderseelenkunde mit besonderer Anleitung zur Individualisierung und Kenntnis der Voraussetzungen für die Gefühls- und Willensbildung eine neue Akzentuierung, die auf psychologische Erkenntnisse Bezug nahm. Auch die Aufnahme von Elementen der Heilpädagogik bedeutete eine Erweiterung. Für den neuen Unterrichtsgegenstand Kindergartenlehre wurden nur wenige Lehrinhalte angegeben. Aufgabe und Einrichtung des Kindergartens sowie die 321 Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 37.

131 Seite 131 zweckmäßige Anwendung der zeitgemäßen Bildungsmittel bildeten die Schwerpunkte für den Unterricht im ersten Jahrgang. (...). Aus heutiger Sicht erscheint diese Aufgliederung spärlich und ungenügend. Methodische Fragen und kleinkindliche Betätigungsweisen fanden keine Berücksichtigung. Dennoch war dieser Lehrplan für Kindergartenlehre der Beginn einer methodisch-didaktischen Unterweisung, die in der weiteren Entwicklung der Anstalten als Spezielle Berufskunde und in den zukünftigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik als Pflichtgegenstand Didaktik (insbesondere Didaktik der Kindergartenerziehung und der Vorschulerziehung) gesetzlich verankert wurde. 323 Ein Meilenstein in der Berufsgeschichte der Kindergärtnerin ist wohl die Gründung der Gesellschaft für Kleinkindforschung, welche am 3. Juli 1906 in Wien vonstatten ging. Diese Gesellschaft bedeutete nicht nur Fortschritte in der wissenschaftlichen Forschung sondern setzte sich vor allem auch für die Erziehung des abnormen und geschädigten Kindes ein. In Wien wurde in weiterer Folge an der k. k.-universität ein pädagogischpsychologisches Laboratorium errichtet, welches Lehrer und Kindergärtnerinnen den Zutritt gestattete. Das Kinderspital in Graz bot Kindergärtnerinnen regelmäßig Vorlesungen über körperliche Erziehung durch Prof. Spitzy an. Engagierten Kindergärtnerinnen wurden sogar Reisestipendien ermöglicht, um den internationalen fachlichen Gedankenaustausch im Ausland zu pflegen und so Erfahrungen zu sammeln Baltruschat, 1986, S. 37f. 324 Vgl. Heckel, 1969, S. 148 f.

132 Seite 132 A. Beschäftigungsplan für die Unterabteilung eines Kindergartens mit zwei Kindergärtnerinnen, zwei getrennten Abteilungen und einem Spielsaal Tage Vormittag 9 12 Nachmittag 2-4 Dienstag Montag Morgenlied oder Morgengebet Anschauungsu.Sprech übungen 1 Wiederholen von Liedern u. Gedichten Mittwoch Bewegungsspiele Donnerstag Erzählen Freitag Spiele an Ort 2 Anschauungsu.Sprech - übungen Spiele an Ort Spiele an Ort Frühstückspause Bewegungsspiele 3 Spiele an Ort Spiele an Ort Bewegungsspiele Bauen 4 Bewegungsspiele Stäbchenlegen Schluß -gebet Eröffnungslied od. Gebet Ausnähen od. Täfelchen Legen 5 Spiele an Ort Falten F r e i Erzählen Bewegungsspiele Zeichnen Spiele an Ort Erzählen Ketten schnüren Bewegungsspiele Bauen od.rin gelegen Bauen Legen mit rundl. Körpern Bewegungsspiele Wiederholen von Liedern u. Gedichten Schluß -gebet Spiele an Ort Samstag Bewegungsspiele Tonformen o. Flechten F r e i Tab. 10: Beschäftigungsplan - Unterabteilung 1 Darunter ist auch das Erlernen und das Aufsagen von Gedichten sowie das Einüben neuer Melodien mit inbegriffen 2 Diese gliedern sich in Freiübungen, Fingerspiele, Ballspiele usw. 3 Dieselben umfassen die Marschierübungen und die Kreisspiele. 4 Die Zöglinge der Unterabteilung bauen mit dem 1. und 2. Fröbelschen Baukasten (Wiener Ausgabe). 5 Diese Beschäftigungen werden von allen Zöglingen gleichzeitig ausgeführt, es wird aber jede Woche nur eine derselben vorgenommen. Anmerkung: Im Sommer sollen sich die Zöglinge, wenn es die Witterung gestattet, im Garten oder auf dem Spielplatz aufhalten.

133 Seite 133 B. Beschäftigungsplan für die Oberabteilung eines Kindergartens mit zwei Kindergärtnerinnen, zwei getrennten Abteilungen und einem Spielsaal Tage Vormittag 9 12 Nachmittag 2-4 Dienstag Montag Morgenlied oder Morgengebet Anschauungsu.Sprech übungen 1 Wiederholen von Liedern u. Gedichten Mittwoch Bewegungsspiele Donnerstag Erzählen Freitag Bewegungsspiele 2 Spiele an Ort 3 Erzählen Anschauungsu.Sprech - übungen Spiele an Ort 2 Spiele an Ort 2 Spiele an Ort 2 Spiele an Ort 2 Bauen 4 Bewegungsspiele Stäbchenlegen Schluß -gebet Frühstückspause Eröffnungslied od. Gebet Ausnähen. Ketten schnüren o. Täfelchen legen 5 Spiele an Ort Falten F r e i Bewegungsspiele Ringelegen Legen mit rundl. Körpern Bewegungsspiele Zeichnen Spiele an Ort Erzählen Bewegungsspiele Tonformen o.ausscneiden Bewegungsspiele Bauen o.stäbchenstecken Wiederholen von Liedern u. Gedichten Schluß -gebet Samstag Spiele an Ort 2 Bewegungsspiele Flechten F r e i Tab. 11: Beschäftigungsplan Oberabteilung Darunter ist auch das Erlernen und das Aufsagen von Gedichten sowie das Einüben neuer Melodien mit inbegriffen. 2 Diese gliedern sich in Freiübungen, Fingerspiele, Ballspiele usw. 3 Dieselben umfassen die Marschierübungen und die Kreisspiele. 4 Die Zöglinge der Oberabteilung benützen hierbei vorzugsweise den 1. und 2. Wiener Baukasten. 5 Diese Beschäftigungen werden von allen Zöglingen gleichzeitig ausgeführt, es wird aber jede Woche nur eine derselben vorgenommen. 325 Baltruschat, 1986, S. 40 f.

134 Seite Der erste Kindergärtnerinnentag in Österreich Der Kindergärtnerinnentag von 1912 ein erster Höhepunkt und Abschluß in der Entwicklung des Kindergartens in Österreich. Einen glanzvollen Einblick in die vielfältigen Aufgaben und Probleme des Kindergartens und seiner Erzieher brachte der 1. Kindergärtnerinnentag in Österreich, der im April des Jahres Nachfolgerinnen Fröbels in Wien zusammenführte. K. k. Hoheit Frau Erzherzogin Maria Josefa hatte über diese Veranstaltung den Ehrenschutz übernommen. M. Hussarek v. Heinlein, k.k. Landesschulinspektor Hofrat K. Rieger und andere Persönlichkeiten zeichneten den Tag mit ihrer Anwesenheit aus. Delegierte aus dem Deutschen Reich, die Vorsteherin aus dem Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin, die Vertreterin des Deutschen Fröbelverbandes und Vertreter der Stadt München konnten dort begrüßt werden. Dieses Treffen war auf Anregung von B. Jaksch auf der Hauptversammlung des Vereines deutscher Kindergärtnerinnen in Böhmen beschlossen worden. (Dazu: Vom Kindergärtnerinnentag in Österreich, Wien April In: ZfdKgw [5/1912]: 84 88). 326 Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde durch den Unterrichtminister die Verlängerung des Bildungskurses für Kindergärtnerinnen auf zwei Jahre angekündigt. Darüber hinaus betonte er in seiner Festansprache die wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe von Kindergärtnerinnen im Umgang mit Kindern, die eine geistige Beeinträchtigung aufweisen. Ziel dieser Veranstaltung war auch, dass ein Komitee eine neue Kindergartenverordnung ausarbeiten solle und diese dem Ministerium als Vorschlag unterbreitet. Diese Verordnung sollte Klarheit bezüglich der Mittel in der Kindergartenerziehung schaffen sowie die Kompetenzbereiche des Kindergartens und der Schule definieren. Beschäftigungspläne des Kindergartens sollten in dieser Verordnung als verpflichtend festgehalten werden. (Zur Abänderung der Kindergartenreform. In: /fdkgw [9/1913]: 148, 18.) 327 Bisweilen werden die Anfänge des Kindergartenwesens in Österreich als pädagogisch unbedeutend, als reines Bewahren und vielleicht noch unkindliches, schulmäßiges Beschäftigen der Kleinkinder hingestellt. Bedenkt man jedoch die reiche Entwicklung, die der Kindergarten in Österreich bis zum ersten Kindergärtnerinnentag und bis zum Beginn des ersten Weltkrieges durchmachte, so ist dieses in manchen Geschichten der Pädagogik vorschnell gemachte Urteil entschieden zurückzuweisen. 326 Heckel, 1969, S. 150 f. 327 Vgl. Heckel, 1969, S. 151 f.

135 Seite 135 Vor allem waren es die Reformbestrebungen nach 1890, die gestützt auf die Erkenntnisse der Kinderforschung insbesonders in Österreich dem Kindergarten und der Kindergartenpädagogik eine völlig neue Gestalt gaben Ausbildung von Kindergärtnerinnen in den Zwischenkriegsjahren Für die österreichische Schulgeschichte führten die politischen Ereignisse im Herbst 1918 zu massiven Veränderungen. Es waren in erster Linie die parteipolitischen Gegensätze zwischen den Christlichsozialen und den Sozialdemokraten, die das Erziehungswesen beeinflussten. Im Vordergrund der Reformen stand das Schulwesen, die Kindergärtnerinnenausbildung wurde nur am Rande behandelt. 329 Wenn auch in den Quellen und der Literatur der 1920er-Jahre seiten von Kindergärtnerinnen gesprochen wird, ist die Wichtigkeit des Berufs in der Zeit ab 1918 durch den Ausbau der Kindergärten eine logische Folge. Ein Blick auf die politischen Entwicklungen zeigt zumindest schemenhaft die Veränderungen im Beruf Kindergärtnerin auf. Der Weg wird langsam deutlich: von einem stark fürsorgerischen und nur am Rande pädagogischen Beruf (ab 1918) wandelte sich der Beruf der Kindergärtnerin zu einem pädagogischen Erzieherberuf. Die Fürsorgerinnen, Erzieherinnen und die Kindergärtnerinnen haben in der Ersten Republik gleichartige Aufgabengebiete: die Fürsorge, Betreuung und Erziehung von Kindern. 330 Die Kriegserklärung an Serbien im Jahre 1914 war der Auslöser für den gravierenden Einschnitt bzw. für die Stagnation in der Kindergartenpädagogik. Pädagogische Belange des Kindergartens wurden in dieser Zeit in den Hintergrund gerückt, das Spielgeschehen der Kinder von militärischen Operationen beeinflusst und aufgrund der Kriegswirren trat die einstige fürsorgerische und bewahrende Funktion dieser Einrichtungen, die nun in Kriegskindergärten umgewandelt worden waren, wieder in den Vordergrund. Im I. Weltkrieg wurden nämlich die Frauen verstärkt zur außerhäußlichen Erwerbstätigkeit herangezogen, um die von den zum Heeresdienst eingezogenen Männern freigewordenen Positionen auszufüllen. In der Landwirtschaft, in den Rüstungsbetrieben, im öffentlichen Verwaltungsbereich und in den Dienstleistungen für Transport und Verkehr wurde Frauenarbeit aus den Erfordernissen und unter den Bedingungen einer Kriegswirtschaft dringend benötigt. 328 Heckel, 1969, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Gary, 2006, S. 105.

136 Seite 136 Von staatlichen Stellen unterstützt, haben insbesondere die Frauenvereine, vaterländischen Hilfsvereine und das Rote Kreuz solche Einrichtungen zur Kinderbetreuung geschaffen. In diesen Einrichtungen leisteten Mädchen und Frauen aus dem Bürgertum in patriotischer Begeisterung ihren aktiven Kriegsbeitrag. Deren ehrenamtliche Tätigkeit war getragen von gutem Willen, aber ohne jegliche Ausbildung für die Aufgaben der Kleinkinderbetreuung. So konnten diese Betreuerinnen die ihnen anvertrauten Kinder lediglich verwahren und mit irgendwelchen Kinderspielen den Tag über beschäftigen. 331 Abb.: 20: Mütter bringen ihre Kinder am Morgen in einen Kriegskindergarten; Abb.: 21: Das Soldatenspiel der Jungen (vor 1918) 333 Allerdings mussten viele Kriegskindergärten aufgrund massiver hygienischer Qualitätsmängel wieder geschlossen werden. Auch mit zunehmender Kriegsdauer schwand 331 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 108.

137 Seite 137 die anfängliche patriotische Kriegsbegeisterung und die ehrenamtlichen Tätigkeiten ließen nach. Der Mangel an Volkskindergärten zeigte sich sehr deutlich und damit wuchs die Kinderanzahl in den Bewahranstalten gewaltig Anna Borchers ( ) Die am 11. Juni 1870 in Oberschlesien geborene Anna Borchers gehörte einer keineswegs wohlhabenden Familie an, genoss aber dennoch eine gute Bildung und Erziehung. Ihr Vater war in der Politik tätig und engagierte sich primär für die örtlichen Schulpolitik. Trotz ihres schweren gesundheitlichen Schicksalsschlages, sie erblindete, ging sie ihrem ursprünglichen Berufswunsch nach und wurde Lehrerin. 335 Abb.: 22 Anna Borchers 336 Und die junge blinde Lehrerin fand diesen ersehnten Wirkungskreis trat sie ihr Amt als Schwesternlehrerin im Adalbert-Diakonissenmutterhaus zu Kraschnitz (...) an. Ihre Aufgabe bestand darin, die jungen Diakonissen auf ihre Tätigkeiten in den evangelischen Kleinkinderschulen vorzubereiten. (...). Anna Borchers gründete einen Kindergarten, Hort und eine Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen. (...) 337 Anna Borchers ist ein anschauliches Beispiel für die verstärkte Politisierung der Kindergartenerziehung mit Beginn des Kaiserreiches, wie nachstehendes Patriotisches Kinderlied exemplarisch belegt: 334 Vgl. Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Vgl. Berger, 1995, S Berger, 1995, S Berger, 1995, S. 20.

138 Seite 138 Ihr Knaben alle, groß und klein, wir wollen rechte Deutsche sein, marschieren nach Soldatenbrauch, dann freut sich unser Kaiser (König) auch. Lieb` Vaterland, magst ruhig sein, einst schützen wir den deutschen Rhein, den deutschen Rhein! Wenn Gott uns freudig schenkt den Sieg, wir froh heimkehren aus dem Krieg, dann kann sich uns`re Mutter freu`n und stolz auf ihre Jngen sein! Treu schützen wir den deutschen Rhein, den deutschen Rhein! (Borches, A. 1905, S. 22) Hanna Mecke ( ) Johanna Ottilie Wilhelmine Mecke wurde am 28. März 1857 in Lingen im Emsland geboren und besuchte trotz widriger finanzieller Umstände seitens ihrer Eltern die Höhere Töchterschule zu Verden an der Aller. Damit war ihre schulische Bildung abgeschlossen und die Basis für ihre berufliche Zukunft gelegt. Gerne wäre sie Lehrerin oder Kindergärtnerin geworden. Nachdem sie erst als Pflegerin in einem Kindergarten arbeitete bot sich ihr dann kurzfristig die Chance, 1875 die Leitung eines Kindergartens zu übernehmen. Nachdem Hanna Meckes Vater verstarb, zog sie wieder nach Hause, um ihre Familie finanziell unterstützen zu können und gründete deshalb einen Privatkindergarten. 339 Abb. 23: Hanna Mecke ( ) Berger, 1995, S Vgl. Berger, 1995, S Berger, 1995, S. 135.

139 Seite 139 Erst nach dem ihre Familie ihrer Unterstützung nicht mehr bedurfte, erfüllte sich ihr langersehnter Wunsch nach einer professionellen Ausbildung. Sie besuchte das Dresdener Seminar, welches von Baronin Bertha von Marenholtz-Bülow gegründet wurde und schloss an diese Ausbildung auch noch ein Lehrerinnenexamen an, um dann eine geplante Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen führen zu können wurde dann in Emden eine Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen eröffnet, wo ihr dann die Leitung übertragen wurde gründete sie dann in Kassel ihre eigene Ausbildungsstätte mit dem Namen Fröbelseminar und avancierte bald zur führenden Ausbildungsanstalt, der aus allen Teilen Deutschlands die Schülerinnen zuströmten. 341 Ihre Institution baute Hanna Mecke zu einer allumfassenden sozialen Bildungseinrichtung aus: Abb.: 24: Bildungseinrichtung: Fröbelseminar Berger, 1995, S. 132 ff. 342 Berger, 1995, S. 134.

140 Seite Politische Einflüsse auf die Entwicklungen in der Kindergartenpädagogik Auch in der Entwicklung der österreichischen Schulgeschichte gab es aufgrund der politischen Ereignisse des Herbstes 1918 einschneidende Veränderungen. Die parteipolitischen Gegensätze der Christlichsozialen und der Sozialdemokraten waren es, die zu bildungspolitischen Auseinandersetzungen und in weiterer Folge zu Reformen führten. In der Diskussion stand die Lehrerbildung im Vordergrund, die Kindergärtnerinnenausbildung wurde nur am Rande erörtert und war insofern von den Reformen nur geringfügig betroffen. 343 Von 1918 bis 1920 war Ferdinand Hanusch als Staatssekretär für Volksgesundheit und soziale Verwaltung für das Fürsorgewesen und große Anteile der sozialen Gesetzgebung zuständig. (In: Weissensteiner, F., Der ungeliebte Staat. Österreich zwischen 1918 und Wien, 1990, S. 65.) 344 Der Nachfolger von Ferdinand Hanusch war Dr. Julius Tandler und er begann mit der Umsetzung einer systematischen konzeptionellen Fürsorgepolitik als Familienpolitik. (In: Hauch, G., Vom Frauenstandpunkt aus. Frauen im Parlament Wien 1995, S. 170.) 345 Die Schulreform in Österreich stand im Mittelpunkt der bildungspolitischen Umstrukturierungsmaßnahmen. Die Umgestaltung der traditionellen Lernschule zu einer Arbeiterschule, die auf der Basis der Gemeinschaftserziehung beruhte, war das primäre Ziel. Staatskanzler Renner stellte 1919 sein Bildungsprogramm vor, in welchem der Unterricht an die tätige Natur des Menschen anknüpfen sollte und so dem Wissen des Kindes die Welt erschließt. Nach diesen Vorstellungen sollte die neu geschaffene Arbeitsschule den jungen Menschen als Gestaltenden und Schaffenden, der in und mit der Gemeinschaft lernt, sehen. Vorrangiges Ziel der österreichischen Schulreform nach dem ersten Weltkrieg war es, die Persönlichkeit des Menschen, seine Individualität, die sich im Dienste der Gemeinschaft heranbildet, vorbehaltlos zu berücksichtigen. So gesehen war 343 Baltruschat, 1986, S Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 106.

141 Seite 141 diese Perspektive von Schule eine Lebens-, Familien- und Arbeitsschule, die zur Erziehung als Lebenshilfe dient. Infolge dieses pädagogischen Aufbruchs ließ sich eine Neuorientierung im Kindergarten nicht aufhalten und Fröbels Grundgedanke, das tätige Kind in den Mittelpunkt zu stellen, wurde wieder aktualisiert. Die Grundprinzipien, wie die Selbsttätigkeit oder Individualisierungsmaßnahmen, erweckten neuerdings das Interesse an Fröbels pädagogischen Ideen. 346 Abb.: 25: Erziehung zur Selbstständigkeit von Kindern 347 In Wien wurden zu dieser Zeit den sogenannte Gemeindebauten Kindergärten sowie auch Kindergärtnerinnenschulen mit Versuchskindergärten zur Übung für Schülerinnen angeschlossen. (In: Engelbrecht, H., Geschichte des Österreichischen Bildungswesens. Bd. 5, Wien 1988, S. 152f.) 348 Tatsächlich ist in den Zwischenkriegsjahren in der Ausbildung der Kindergärtnerinnen nur eine einheitliche Festlegung der Bestimmungen für die Schlussprüfung und die Integration der Hortausbildung in die bestehende zweijährige Fachschule erfolgt Heckel, 1969, S. 260 f. 347 Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S. 42.

142 Seite 142 In diversen Ministerialakten finden sich immer wieder Hinweise auf die Forderung nach der Zugehörigkeit der Kindergärten zum Unterrichtsministerium. Diese könnten der Grund gewesen sein, die Kindergärten und ihre Erzieherinnen aus dem fürsorgerischen Bereich herauszulösen oder aber auch das Streben um Anerkennung des vorschulischen Erziehungsbereiches durch Gleichstellung mit der Schule. 350 Salzburg forderte vom Sozialministerium, eine Fortbildung für Kindergärtnerinnen zu organisieren, vor allem für diejenigen, die nur einen einjährigen Ausbildungskurs absolviert hatten. Gegen die Einsetzung von weiblichen Fachinspektorinnen wandte sich auch der Salzburger Stadtschulrat. Als Grund wurde die Zusammengehörigkeit und -arbeit zwischen Volksschule und Kindergarten angegeben, die aber nur theoretisch existierte, denn in der Praxis waren die beiden Institutionen strikt getrennt. (In: ÖStA, AdR, Staatsamt für soziale Verwaltung, Zl /1921, Nr ) Fachinspektorinnen in Kindergärten Immer wieder zeigen Quellen, dass es konkrete Forderungen gab, das Kindergartenwesen in den Schulbereich zu integrieren, bzw. die pädagogische Qualität des Kindergartens durch Fachinspektorinnen abgesichert zu wissen. Diese forderten die Teilnahme von Kindergärtnerinnen an Lehrerkonferenzen, um dort sozusagen eine fachspezifische Beratung abgeben zu können. (In: ÖStA, AdR, Staatsamt für soziale Verwaltung, Zl /1921, Nr ) 352 Seit 1914 gab es Kindergarteninspektorinnen. Daniel Siebert war Wiens erster Kindergarteninspektor. Ihm stand ein Beraterteam von gewählten Kindergärtnerinnen und eine Referentin für die Kindergärten zur Verfügung. Siebert wurde 1924/25 von Philip Frankowski abgelöst. Frankowski, der unter anderem zahlreiche Schriften für Kindergartenangelegenheiten herausgab, unterrichtet auch an der städtischen Bildungsanstalt. Doch die städtischen Kindergärtnerinnen ließen von ihrer Forderung nach einer Kindergärtnerin als Fachinspektorin nicht ab. Das geforderte Kindergartenreferat, mit Sitz im Unterrichtsministerium, wurde erst nach 1945 eingerichtet. (In: Baltruschat, C., Zur Geschichte der Ausbildung von Kindergärtnerinnen in Österreich. Wien 1986, S. 182.) Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 109 f. 352 Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 111 f.

143 Seite 143 Zu dieser Zeit herrschten unter den Kindergärtnerinnen bereits große Unterschiede, so z.b. durch die Ausbildung, das Anstellungsverhältnis, die Gehaltsunterschiede oder generell das Berufsimage im Vergleich zu Lehrerinnen. Von der Anerkennung des Kindergartens als entscheidende Vorschuleinrichtung war man noch weit entfernt. 354 Die traditionellen Rollen der Frauen (Hausfrau, Mutter, Kindererzieherin, Pflegerin) waren offensichtlich so tief verankert, dass trotz der Öffnung vieler Schultypen in den 1920er-Jahren, die meisten Mädchen frauentypische Schulen besuchten. Ausbildungen wie jene zur Kindergärtnerin, blieben über Jahrzehnte sehr speziell und erschwerten dadurch den Zugang zu anderen Berufen. Ab dieser Zeit konnten Frauen durch den Abschluss der Frauenoberschule nach einer kleinen Zusatzprüfung oder einer Kindergärtnerinnen-Schule Kindergärtnerin werden. Überdies waren auch Lehrerinnen befugt, als Kindergärtnerinnen zu arbeiten und in den Frauenoberschulen wurden Übungskindergärten geführt. 355 Erst durch den Schulreformer Viktor Fadrus wurde das Reforminteresse an der Kindergärtnerinnen-Ausbildung geweckt. Besonders diskutiert wurde in diesem Zusammenhang das Aufnahmealter an Kindergärtnerinnenschulen, eine allgemeine Neuregelung dazu erfolgte aber erst Die Reichsschulkonferenz war nicht befugt, Beschlüsse zu fassen. Deshalb handelte es sich bei den in Berlin erarbeiteten Leitsätzen um Empfehlungen, die aber dennoch maßgebend für die spätere Gesetzgebung waren. Die für die Konferenz gegründeten Ausschüsse Kindergarten und Jugendwohlfahrt stellten fest, der Kindergarten sei eine Einrichtung der Jugendwohlfahrt und keine Einrichtung der Schule. (In: Grossmann, W., Kinder-Garten. Basel 1987, S. 37f.) Das österreichische Reichsjugendwohlfahrtsgesetz orientierte sich wie auch das deutsche, an den Ergebnissen dieser Konferenz. Viktor Fadrus erklärte 1920 auf der Reichsschulkonferenz, dass (...) die Österreicher auch im Bildungswesen gleichen Schritt mit dem Deutschen Reich halten werden, weil wir anschlussreif bleiben wollen, bis das Ziel der Reichseinheit erreicht ist. (In: Engelbrecht, H., Geschichte des österreichischen Bildungswesen. Bd. 5, Wien 1988, S. 566.) Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 142 f. 357 Gary, 2006, S. 144 f.

144 Seite Die Privat-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen der Gemeinde Wien In den Jahren 1889 bis 1893 weist die Verwaltung der Gemeinde Wien die ersten 11 Kindergärten auf; 1913 verwaltete Wien 26 Kindergärten mit 94 Abteilungen, 1928 bereits 103 Kindergärten mit 321 Abteilungen. Die städtischen Kindergärten, in der Mehrzahl waren es Volkskindergärten, unterstanden dem Jugendamt und dem Stadtschulrat. Als pädagogische Referenten waren dem Jugendamt vom Jahre 1927 an Kindergarteninspektoren zugeteilt. (In: P. Frankowski, K. Gottlieb, 1927, S. 7-11). 358 Das Kindergartenwesen in Wien wurde stetig ausgebaut und es bedurfte insofern einer größerer Anzahl von Kindergärtnerinnen. Am 15. Juli wurde die Privat-Bildungsanstalt Wien VII, die 1874 vom Neubauer-Kindergarten-Komitee gegründete wurde, aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses in eine städtische Bildungsanstalt umgewandelt. An dieser Anstalt gab es bereits zwei Jahrgänge, die ausgebildet wurden und gleichzeitig fanden hier Weiterbildungskurse für Kindergärtnerinnen statt. Vortragsreihen zu Themen wie Erste Hilfe, Psychoanalytische Methoden, Rhythmikkurse oder auch Bürgerkunde wurden unter anderem angeboten. 359 Die Schule wurde dann 1924/25 aus den bisherigen Räumen in Wien VII nach Wien XII, Dörfelstraße 1, verlegt. Damit erfolgte die Angliederung der Bildungsanstalt an einen in großzügiger Weise ausgestatteten Volkskindergarten. Der Entwicklung des städtischen Kindergartenwesens entsprechend wurde mit dem Schuljahr 1927/28 an dieser Anstalt der erste Jahrgang bereits in zwei Parallelklassen geführt. Im Schuljahr 1929/30 besuchten 130 Schülerinnen die Bildungsanstalt, 1930/31 waren es 90 und 1931/32 30 Schülerinnen. (Die politische Situation Österreichs war wahrscheinlich einer der wesentlichen Gründe für den Rückgang der Schülerinnenzahl.) 360 Neu und bahnbrechend war damals, dass die Bildungsanstalt der Stadt Wien die berufspraktische Ausbildung der Schülerinnen des zweiten Jahrganges in zehn gemeindeeigene Versuchskindergärten verlegte. Heute würde man diese Praxisstätten als sogenannte Besuchskindergärten bezeichnen. Offensichtlich hatte man erkannt, dass die Vorbildwirkung einer erfahrenen Kindergärtnerin sowie der Modellcharakter des pädagogi- 358 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 49.

145 Seite 145 schen Erzieherinnenalltags der jungen Praktikantin eine sehr gute Möglichkeit bietet, nach der klassischen Handwerkslehre zu lernen. 361 Anton Tesarek, Leiter der städtischen Bildungsanstalt vor dem Zweiten Weltkrieg und Leiter des Jugendamtes der Gemeinde Wien nach 1945, forderte bereits 1931 eine Verlängerung der Bildungsdauer für Kindergärtnerinnen auf vier Jahre und wollte dabei das vierte Bildungsjahr vollkommen der praktischen Ausbildung vorbehalten wissen Ausbildung zur Kindergärtnerin an österreichischen Bundeserziehungsanstalten Aus der Vielfalt der schulischen Reformen und Erneuerungsbestrebungen nach 1919 ist die Errichtung der österreichischen Bundeserziehungsanstalten (Staatserziehungsanstalten) aufgrund des Gesetzes vom 28. November 1919 (Staatsgesetzblatt Nr. 542) anzuführen. Die Bundeserziehungsanstalten entstanden durch Umwandlung von Militär- Bildungsanstalten und Mädcheninstituten im Zuge der Schulreform unter Otto Glöckl. Diese Anstalten sollten [...] befähigten und bedürftigen Kindern, insbesondere Kriegswaisen österreichischer Staatszugehörigkeit, Unterhalt und Pflege, Erziehung und Unterricht gewähren. (In: Grundbestimmungen für die Staatserziehungsanstalten. In: Volkserziehung 1920, Stück 5, S. 68/69.) Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 49.

146 Wien Niederösterreich Oberösterreich Salzburg Steiermark Kärnten Tirol Vorarlberg Burgenland Gesamt Seite 146 An zwei von sechs bestehenden Bundeserziehungsanstalten Österreichs, in Wien XVII und Wien III, wurde ab 1920 bzw. 1929/30 eine Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen geführt. 364 Schuljahr 1) Schülerinnen an BA f. Kinderg., die einer Lehrerinnenbildungsanstalt angeschlossen waren 2) Schülerinnen an selbständigen BA f. Kinderg. 1923/24 ad 1) ad 2) /26 ad 1) und ad 2) /27 ad 1) ad 2) 1927/28 ad 1) ad 2) 1928/29 ad 1) ad 2) 1929/30 ad 1) ad 2) 1930/31 ad 1) ad 2) 1931/32 ad 1) ad 2) 1932/33 ad 1) ad 2) 1933/34 ad 1) ad 2) Tab. 12: Statistische Angaben von Vgl. Baltruschat, 1986, S. 50.

147 Seite 147 Wie aus der Statistik hervorgeht, fällt dem Bundesland Wien der größere Schülerinnenanteil zu. In Wien gab es nach wie vor die Möglichkeit, die Ausbildung an selbstständigen Bildungsanstalten wie auch an Bildungsanstalten, die an Lehrerinnenbildungsanstalten angeschlossen waren, zu absolvieren. In Vorarlberg gab es damals keine Bildungsanstalt, in Kärnten erst ab dem Jahre 1925/26. Im Schuljahr 1928/29 betrug die Schülerinnengesamtzahl aller Bildungsanstalten Österreichs 558, diese Zahl verringerte sich allerdings im Jahre 1934/35 auf 345. Der Schülerinnenrückgang war vor allem in den Bundesländern Wien und Niederösterreich zu beobachten gab es 14 Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen in der ehemaligen Monarchie, wovon drei unter geistlicher Führung standen. An etlichen Lehrerinnenbildungsanstalten wurden bis 1920 allerdings auch Bildungskurse abgehalten, die zur Arbeit als Kindergärtnerin befähigten. Vier der Anstalten befanden sich in Wien existierten 27 Lehrer- und Lehrerinnen- Bildungsanstalten mit angeschlossenen Kindergärtnerinnenkursen in Österreich. (In: Engelbrecht, H., Geschichte des österreichischen Bildungswesen. Bd. 5, Wien 1988, S. 301.) 367 Der überwiegende Teil der Kindergärtnerinnen wurde zu dieser Zeit in Wien ausgebildet. In Kärnten wurden zwischen 1923 und 1935 insgesamt nur 38 Schülerinnen ausgebildet. Im Burgenland und in Vorarlberg gab es zur damaligen Zeit überhaupt keine Ausbildungsstätte. (In: Statistisches Zentralamt, Statistisches Handbuch für die Republik Österreich von 1923 bis 1935.) Die Integration der Hortausbildung in die Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen Das österreichische Hortwesen entwickelte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auch hier zählten Frauen-, Pfarr- und Wohltätigkeitsvereine zu den Gründern der ersten Einrichtungen. Diese erfüllten eine rein fürsorgerische Funktion: Freiwillige Helfer ohne Vorbildung betreuten unbeaufsichtigte Schulkinder in deren Freizeit Baltruschat, 1986, S. 50 f. 366 Vgl. Baltruschat, 1986, S Gary, 2006, S. 145 f. 368 Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S. 43 f.

148 Seite 148 Nachdem seit Beginn des 19. Jahrhunderts Kindergärtnerinnen auch in der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern tätig waren, wurde die Notwendigkeit erkannt, die Ausbildung zur Horterzieherin offiziell in die Kindergärtnerinnenausbildung als Erweiterungsmöglichkeit aufzunehmen. Auf Anfrage der Linzer Privat-Bildungsanstalt im Jahre 1922 nach Statuten für die zusätzliche Ausbildung von Horterzieherinnen durch das Sozialministerium, konnten keine adäquaten Unterlagen bereitgestellt werden. Anstelle dessen bewilligte das Sozialministerium Kindergärtnerrinnen mit fundierter Praxis in einer Fürsorgeeinrichtung oder einem Hort die Tätigkeit der Horterzieherin auszuüben. (In: ÖStA, AdR, Bundesministerium für soziale Verwaltung, Jugendfürsorge, Nr ) 370 Die historische Entwicklung des Hortes ist eng mit Wien bzw. mit anderen österreichischen Großstädten verbunden. Zahlenmäßig brachte die wirtschaftliche Not während und nach dem Ersten Weltkrieg ein steiles Ansteigen der Horte und Tagesheimstätten mit sich und damit die Forderung nach qualifizierten Erziehern für diese Einrichtungen. Lehrer und Lehrerinnen zogen meist eine Tätigkeit in der Schule vor. Für den Aufgabenbereich Hort wurden Kindergärtnerinnen verwendet. In dieser Situation versuchte man die Ausbildung der Kindergärtnerin an den Erfordernissen dieser mannigfachen Aufgaben zu orientieren. 371 Am 26. Februar 1931 war es dann endlich soweit. Die Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen wurde aufgrund eines Antrages des Steiermärkischen Karitas-Verbandes für Wohlfahrtspflege und Fürsorge und vom Christlich-Deutschen Elternverein Frohe Kindheit, Graz im Einverständnis mit der Direktion der Bundeslehrerinnenbildungsanstalt Graz durch ein Ansuchen an das Bundesministerium für Unterricht in Wien, in die Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen umgewandelt. Zur damaligen Zeit verfügte Graz über zwölf Horte, in denen 23 Kindergärtnerinnen ohne entsprechende Vorbildung für die Hortarbeit angestellt waren Vgl. Gary, 2006, S. 146 f. 371 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 44.

149 Seite 149 Unterrichtsgegenstände und Stundenübersicht des dem Antrag beiliegenden Lehrplanentwurfes: Lehrgegenstände 1. Jahr 2. Jahr Religion Erziehungskunde Kindegarten-, Hort- und Heimkunde Praktische Erziehungsarbeit Deutsche Sprache Natur- und Kulturkunde Somatologie und Gesundheitslehre Bürger- und Jugendwohlfahrtskunde Freihandzeichnen und Modellieren Beschäftigungs- und Handfertigkeitsunterricht Weibliche Handarbeiten Musikpflege Turnen / /30 Nicht verbindliche Lehrgegenstände 1. Jahr 2. Jahr Englische Sprache Hauswirtschaft Lautenspiel Klavierspiel Tab. 13: Integrierte Stundentafel zur Hortausbildung 373 Durch die zusätzliche Ausbildung zur Horterzieherin erfolgte für die Kindergärtnerin zwar eine Ausweitung des Aufgabengebietes neben der Qualifikation zur Betreuung von Kleinkindern sollte aber innerhalb von nur zwei Jahren auch die Befähigung zur Erziehung von Schulkindern erworben werden. Die Stundentafel für diese kombinierte Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin wies jedoch nur einen geringen Zuwachs auf (5 Stunden im ersten Jahrgang und 4 im zweiten Jahrgang). Die Bezeichnung Kindergartenlehre wurde erweitert auf Kindergarten-, Hortund Heimkunde. Die praktischen Übungen im Kindergarten erfuhren eine Veränderung zur praktischen Erziehungsarbeit hin. Die Stundenanzahl für Erziehungskunde und für Praktische Erziehungsarbei blieb gleich. Kindergarten-, Hort- und Heimkunde wurde im ersten Jahrgang anstatt in einer Stunde in zwei gelehrt. Der Lehrstoff des Versuchsplanes erfuhr jedoch eine wesentliche Erweiterung; in den berufsbildenden Fächern sogar eine Verdoppelung im Hinblick auf die Arbeit mit dem Schulkind und Jugendlichen Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 45.

150 Seite 150 Für die in der Ausbildung stehenden Schülerinnen war diese Konzeption zur Vorbereitung der beiden Erziehungsaufgaben bestimmt eine enorme Herausforderung aber auch eine große Belastung, wenn man an die Zielgruppe, die drei- bis vierzehnjährigen Kinder, die es dann im Berufspraktikum zu betreuen gilt, denkt. In den Schuljahren 1931/32 und 1932/33 erfolgte versuchsweise an der Bundes-Lehrerinnenbildungsanstalt Graz nach diesem Versuchsplan die Heranbildung von Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen bei gleichbleibender zweijähriger Bildungsdauer (Erlaß des Bundesministeriums für Unterricht vom 5. Juni 1931, Zl I/9; nicht veröffentlicht). Dem Bericht vom 22. Februar 1933 (im Ministerium für Unterricht unter der Zahl 5260/33 eingelangt) über die Erfahrungen mit dem Versuchsplan ist zu entnehmen, daß die Erfüllung dieser Doppelaufgabe Schwierigkeiten bereitete und für die Inhalte des Lehrplanes die zur Verfügung stehende Zeit zu kurz war. 375 Im Schuljahr 1932/33 wurden schließlich am 14. April 1933 die Bestimmungen zur Durchführung der Befähigungsprüfung für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen vom Ministerium für Unterricht an den Landesschulrat für Steiermark weitergeleitet. Wesentlich war daran, dass die praktische Prüfung durch einen Auftritt im Hort erweitert wurde. In Hort- und Heimkunde galt es eine mündliche Prüfung abzulegen Die Befähigungsprüfung für Kindergärtnerinnen Diese Abschlussprüfung sollte als Nachweis dienen, dass das Lehrziel der Bildungsanstalten erreicht wurde und die dafür erforderliche Berufseignung gegeben ist. Diese Prüfung stellte somit auch ein einheitliches Prüfungsverfahren in Österreich dar. Die gesetzliche Regelung für diese Schlussprüfung wurde im Erlass Zl Volkserziehung 1925, Stück VII, S festgehalten. 377 Die Befähigungsprüfung bestand aus: a) schriftlichen Klausurarbeiten in Erziehungslehre, Kindergartenlehre und Unterrichtssprache ; b) einer praktischen und c) einer mündlichen Prüfung. 375 Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 43.

151 Seite 151 Die mündliche Prüfung bezog sich auf a) Erziehungslehre oder Kindergartenlehre und b) Religion oder Unterrichtssprache oder Sachunterricht. Die Befähigungsprüfung für Kindergärtnerinnen konnten auch jene Personen ablegen, die entweder a) das 18. Lebensjahr vollendet hatten, den Nachweis über ein mindestens einjähriges Hospitieren und Praktizieren in einem Kindergarten erbrachten und sich durch Privatstudium auf die Befähigungsprüfung vorbereitet hatten oder b) das Reifezeugnis einer Lehrerinnenbildungsanstalt oder einer vierklassigen Frauenoberschule erworben hatten und den Nachweis über ein dreimonatiges Hospitieren in einem Kindergarten vorlegten. Für diese Personen waren nur sogenannte Ergänzungsprüfungen vorgesehen. 378 In den Nachkriegsjahren war allerdings der bürokratische Aufwand, bedingt durch das Ausstellen von Anerkennungsbestätigungen aus der ehemaligen Monarchie für Befähigungszeugnisse von Kindergärtnerinnen, groß. Eine große Vielfalt an unterschiedlichen Ausbildungsmodulen erschwerte es dem Unterrichtsministerium, sich diesbezüglich auf eine Einheitlichkeit festzulegen und erforderte es, dass differenzierte Zusatzprüfungen abgelegt werden mussten. Ungarische Kindergärtnerinnen waren z.b. verpflichtet eine Ergänzungsprüfung abzulegen. Darüber hinaus war es bekannt, dass in den 20er-Jahren keine Kindergärtnerinnen benötigt wurden. (In: ÖStA, AVA, Unterricht, B1/13, 2475, Kindergärten, Nr. 7315, Nr ) 379 In der großen schulpolitischen Diskussion von 1928 ging es generell darum, dass in die neu errichteten Lehrerakademien mit einer Studiendauer von sechs Jahren, die Kindergärtnerinnenausbildung ebenfalls zugeordnet werden sollte. 380 Der Verlust der Selbständigkeit Österreichs verhinderte die Neugestaltung. Vorschläge für die Umgestaltung der Kindergärtnerinnenausbildung bezogen sich auf eine Erweiterung der Bildungsdauer von zwei auf vier Jahre und eine Vorverlegung des Aufnahmealters auf das vollendete 14. Lebensjahr. Die Externistenprüfung sollte durch Neuregelungen erschwert bzw. überhaupt unterbunden werden Baltruschat, 1986, S Vgl. Gary, 2006, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 42.

152 Seite Die Berufsvereinigung der Kindergärtnerinnen Österreichs Auch der Verein für Kindergärten und Bewahranstalten passte sich den veränderten Gegebenheiten an. Seine bisherige Tätigkeit, die Sorge und die Verbreitung der Kindergärten, war weitgehend auf die Gemeinden und Länder übergegangen. 382 Zu den primären Aufgaben des Deutsch-österreichischen Kindergärtnerinnenbundes zählte die Förderung der vorschulpflichtigen Jugend, aber auch die Aufgabe, die Interessen der zu dieser Erziehung befähigten Personen zu wahren und zu vertreten. Möglichkeiten waren unter anderem z.b. diverse Fachveranstaltungen oder die Herausgabe von Zeitschriften oder fachlichen Publikationen. Angeführt wurde dieser Bund durch Josef Kraft, der dem Verein schon seit 1892 vorstand. 383 Die Kriegsereignisse trieben viele deutschsprachige Kindergärtnerinnen von ihren Arbeitsplätzen oder lösten ihre Vereinszugehörigkeit. Der Zusammenbruch der Monarchie zerstörte die fruchtbare Zusammenarbeit der deutschsprachigen Kindergärtnerinnen aller Kronländer; mit den tschechischen Berufskolleginnen, dem Deutsch-Mährischen Fröbelverein, blieb man wohl in Verbindung entsprechende Mitteilungen wurden in die Vereinszeitschrift weiterhin aufgenommen doch zerbrach die gemeinsame Organisation. 384 Nun war die Zeit der großen politischen Veränderungen gekommen. Die Republik Deutschösterreich wurde am 12. November 1918 ausgerufen. Der im Jahre 1919 geschlossene Friedensvertrag von St. Germain führte schließlich zur Republik Österreich. Diese politische Wende führte dazu, dass eine Zusammenfassung aller Kindergärtnerinnen notwendig wurde. Die Hauptaufgabe des Vereins war nun die Aus- und Fortbildung der Kindergärtnerinnen, sowie der Schutz ihrer sozialen, rechtlichen und materiellen Ansprüche konstituierte sich die Berufsvereinigung der Kindergärtnerinnen Österreichs und schloss dadurch einseitige politische und religiöse Tendenzen aus. (Fischer, M.: Zur Frage der Berufsorganisation. In: ZfdKgw (1/1923): 2) Heckel, 1969, S Vgl. Heckel, 1969, S. 197 f. 384 Heckel, 1969, S Vgl. Heckel, 1969, S. 198 f.

153 Seite 153 Die Gründung dieser Berufsvereinigung ging ursprünglich auf den Kindergärtnerinnentag von 1912 zurück und stellte gewerkschaftliche Interessen in den Mittelpunkt. Ergänzt wurden bisherige Aktivitäten vor allem durch die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen für die Mitglieder. Weiters wurde ein Bildungsreferat, welches von Frau Mayer und Frau Kindergarteninspektorin Anna Arbeiter geleitet wurde, gegründet. (Bericht über das Vereinsjahr In: Kind und Kindergarten 1930: 44 f) übernahm Frau Insp. Anna Arbeiter die Leitung des Berufsvereines, der 1926 bei einer Gesamtzahl von 1226 Kindergärtnerinnen in Österreich 764 Mitglieder zählte. (Jahresbericht über das Jahr In: ZfdKgw (3,4/1926): 27, - Dazu: Statistisches Handbuch. Wien 1926, Kapitel XVIII., Tabelle 11). 387 Arbeitsziele der Berufsvereinigung waren unter anderem die Neugestaltung des Lehrplanes für die Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen, die soziale Besserstellung der Privatkindergärten sowie die Einführung eines gesetzlichen Kindergartenjahres zur besseren Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule. Bedingt durch die Wirtschaftskrise kam es 1922 zur Auflassung der 1897 gegründeten Altersversicherung für KindergärtnerInnen und musste von nun ab von der Öffentlichkeit getragen werden 388 Zur materiellen und sozialen Sicherung schlossen sich daher die einzelnen Landesverbände an größere Berufsorganisationen an, die ihre Interessen auch politisch vertraten. Der Verein der Städt. Kindergärtnerinnen Wiens wurde Mitglied des neugegründeten Verbandes der städtischen Angestellten; der Verein der niederösterreichischen Landeskindergärtnerinnen trat dem Zentralverband der Landesangestellten bei. Die Grazer städtischen Kindergärtnerinnen und ihre Berufskolleginnen in Linz und Salzburg schlossen sich der Gewerkschaft Reichsverband der Gemeindeangestellten an. Dieser regelte die verschiedenen dienstrechtlichen Fragen. 389 Die Ständeordnung unter Bundeskanzler Dollfuß war es, die den niederösterreichischen Kindergärtnerinnen, die ja 1932 dem Verband deutscher Lehrerinnen beigetreten waren, neue Sorgen bezüglich ihrer berufsständischen Eingliederung bereitete. Laut dieser Verordnung durfte sich der Verein ausschließlich mit kulturellen und wirtschaftlichen 386 Vgl. Heckel, 1969, S. 199 f. 387 Heckel, 1969, S Vgl. Heckel, 1969, S Heckel, 1969, S. 202.

154 Seite 154 Inhalten befassen. (In: Bericht der Landesgruppe Niederösterreich. In: Der österreichische Kindergarten (5/1937): 54 58) 390 Die Delegierten der Vereinigung der Kindergärtnerinnen Österreichs richteten 1935 an das Bundeskanzleramt eine Petition, in der sie die Einreihung der Kindergärtnerinnen in den Berufsstand Gruppe Lehrerschaft forderten. (In: Arbeiter, A.: Tätigkeitsbericht der Berufsvereinigung der Kindergärtnerinnen Österreichs. In: Der österreichische Kindergarten (5/1936): 55). Bundeskanzler Schuschnigg genehmigte den Antrag und reihte die Kindergärtnerinnen in den festgesetzten Berufszweig der Lehrpersonen und Schulaufsichtsbeamten ein (In: Bundesgesetzblatt II. Nr. 377/34, 1, Punkt 5). Auch die Privatkindergärtnerinnen strebten den Anschluß an die Gewerkschaft für Lehr- und Erziehungsberufe an. 391 Das Image der Kindergärtnerin dürfte bereits um 1930 ein heikler Problempunkt gewesen sein, der viele Diskussionen auslöste. Anton Tesarek gründete 1925 die sozialdemokratische Jugendorganisation Rote Falken und war von 1948 bis 1960 als Chefredakteur der Zeitschrift Sozialistische Erziehung und von 1955 bis 1959 als Präsident der Sozialistischen Erziehungsinternationale tätig. Er sowie auch die Berufsvereinigung glaubten damals, mit der Verbesserung der Ausbildung den Kindergärtnerinnen zu einem höherem Prestige verhelfen zu können. (In: Kind und Kindergarten, 50. Jg., Heft 3, 1930, S. 36f.) 392 Blickt man zurück, so sieht man, daß gerade der Zusammenschluß der Kindergärtnerinnen zu größeren Gemeinschaften die eigentliche pädagogische Arbeit wesentlich förderte. Die einzelne Kindergärtnerin wußte sich hineingestellt in einen Kreis Gleichgesinnter und orientierte ihr Tun an den Leistungen, Erfahrungen und Versuchen ihrer Berufskolleginnen. Die Berufsvereinigung für Kindergärtnerinnen Österreichs und die Katholische Frauenorganisation für die westlichen Bundesländer trugen den Hauptteil an der Entwicklung des Kindergartenwesens, auch wenn sie nicht direkt zusammenarbeiteten. In ihren Reihen fanden sich immer wieder hervorragende Erzieher, die nach neuen Wegen suchten, die wissenschaftliche Erkenntnisse der Psychologie, der Biologie, Soziologie und der Hygiene kritisch der Kindergartenerziehung dienstbar machten und in der praktischen Arbeit schöpferisch wirkten. Viele Kindergärtnerinnen fanden in ihnen nachahmenswerte Vorbilder Vgl. Heckel, 1969, S Heckel, 1969, S Vgl. Gary, 2006, S Heckel, 1969, S. 204 f.

155 Seite 155 Dank des Zusammenschlusses in der Berufsvereinigung war es gelungen zu verhindern, dass sich die Berufsgruppe der Kindergärtnerinnen in politische Lager spaltete. Die kontroversen Auseinandersetzungen zwischen Christlichsozialen und Sozialdemokraten stellte für die Berufsvereinigung eine Bewährungsprobe dar. Der Zweite Weltkrieg war dann aber der Grund, dass diese mühevolle Aufbauarbeit für die Berufsvereinigung mit einem Schlag zunichte gemacht wurde. Die Landesverbände wurden aufgelöst und nicht wieder aktiviert. 394 Zusammenfassend ist zu fragen, welche aus den politischen Ereignissen der 1914 bis 1938 gewachsenen Formen und Wesenszüge des Kindergartens bis heute erhalten blieben. Die erweiterten Bildungsziele und Aufgaben des Kindergartens der Zwischenkriegszeit, wie die Erziehung zur Gemeinschaft, zu demokratischer Haltung, körperliche Erziehung und hygienische Führung, Gesundheitsfürsorge, finden auch in der Gegenwart Beachtung. Die Verbindung von Fürsorge und Erziehung, von sozialer und pädagogischer Arbeit, wie sie in ersten Ansätzen die Bewahranstalt schon kannte, ist seit der Errichtung der öffentlichen Fürsorge für den Kindergarten bis heute charakteristisch geblieben. (...) Die Betonung des Kindergartens als Grundlage eines einheitlichen Bildungssystems war jedoch vor 1939 stärker als nach Bedeutende Lern- und Arbeitsbücher für Kindergärtnerinnen Als erster und wichtigster Behelf für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen, in dem Karl und Charlotte Bühler, Hetzer, Köhler aber auch Stern, Piaget, Spranger und Kroh zitiert wurden, galt Dr. Anton Simonic s Lehrbuch Lern- und Arbeitsbuch für Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalten. 396 Anton Simonic ( ), Professor für Pädagogik und Methodik an der Bundes-lehrerbildungsanstalt Wien I, Hegelgasse; Landesschulinspektor; Professor an der Uni Wien; 1931: Kindergartenpädagogik; 1934/35: Lehrbuch der Pädagogik (Band 1, 2) mit F. Hörburger 1953 (Band3) Vgl. Heckel, 1969, S Heckel, 1969, S. 206 f. 396 Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 46.

156 Seite 156 Der Autor Anton Simonics veröffentlichte sein Lehrbuch in zwei Ausgaben: in einem Band unter dem Titel Kindergartenpädagogik in zwei Bänden unter den Titeln Seelenkunde und Erziehungslehre und Kindergartenlehre. Eine Arbeitsgemeinschaft von Wiener Kindergärtnerinnen, in der auch Anna Arbeiter ein Mitglied war, wirkte bei der Gestaltung dieses Fachbuches mit. 398 Kindergartenpädagogik ermöglicht einen umfassenden Einblick in die Situation der Kleinkindpädagogik in Österreich um Nach Simonic sollte sein Lehrbuch Grundlagen für ein späteres Verständnis der Forschungen am Kind und für die Mitarbeit an der wissenschaftlichen Ausgestaltung der Kleinkindpädagogik bieten (In: Simonic, 1931, Vorwort). [...]. Der Abschnitt Kindergartenlehre behandelte unter anderem die Bildungsmittel des neuzeitlichen Kindergartens und in diesem Zusammenhang Anfänge einer Kindergarten-Methodik. Voraussetzung für die Auswahl aller Spiele, Beschäftigungen, Plaudereien usw. sollte der Erfahrungsbereich der Kinder sein. Simonic lehnte ein starres Üben der Stufengänge im Kollektiv ab und forderte bereits die Berücksichtigung der individuellen Entwicklungsstufe des einzelnen Kindes. 399 Ein Textauszug aus dem Buch Kindergartenlehre von Dr. Anton Simonic: Freie Wahl der Beschäftigung, freie Wahl des Materials ist der Leitgedanke unserer heutigen Kindergartenpädagogik. Daher müssen wir den Kindern die Möglichkeit geben, sich das Spielzeug oder das Arbeitsmaterial selbst aus dem Kasten nehmen und wieder einräumen zu können. Es soll daher in jedem Beschäftigungszimmer ein Fächerkasten sein, der der kindlichen Größe angepasst ist. (Abb. 7 und 8.) Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 46 f. 400 Simonic, Anton: Kindergartenlehre. Für Frauen-Oberschulen und verwandte Lehranstalten. Wien / Leipzig 1931 S. 16.

157 Seite 157 Abb.: 26: Fächerkasten im Beschäftigungszimmer 401 Grundlegende Veränderungen waren z.b. die Überwindung der starren Stundenpläne in den Kindergärten sowie die kollektive Behandlung von sogenannten Wochenthemen. Dadurch war es den Kindergärtnerinnen nicht möglich, den alters- oder auch erfahrungsbedingten Entwicklungsstand der drei bis sechsjährigen Kinder einer Gruppe zu berücksichtigen forderte Anton Tesarek, Leiter der städtischen Bildungsanstalt der Gemeinde Wien, von Erlebnissen der Kinder als Voraussetzung für kindgemäße Planung auszugehen; nicht alle Tätigkeiten des Kleinkindes in einen zwangsläufigen Zusammenhang mit dem Wochenthema zu bringen; Gliederung in Kleingruppen anzustreben und das Freispiel und die Freibeschäftigungen stärker zu betonen (In: Kind und Kindergarten, 1930, S. 6) Mit Kindergartenpädagogik war zum ersten Mal in der Fachliteratur für die Kindergärtnerinnenbildung eine geglückte Querverbindung von theoretischen und berufspraktischen Ansätzen gelungen. Sie ermöglichte den fächerübergreifenden Unterricht im Sinne einer berufsspezifischen Bildung Simonic, Kindergartenlehre, 1931, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 47 f. 403 Baltruschat, 1986, S. 48.

158 Seite Die österreichische Fachzeitschrift für Kindergärtnerinnen Für unsere Kinder Die Katholische Frauenorganisation in Linz führte schon seit 1923 ein Kindergartenreferat, betreut durch die Jugendleiterin Hildegard Heh. Als Clara Dederichs diese Aufgabe 1925 übernahm, begann sie mit dem Auf- und Ausbau eines bundesweiten Verbandes katholischer Kindergärten, Bewahranstalten und Horte, dessen Sitz sie nach Salzburg verlegte. Bei zahlreichen Besuchen in Kindergärten und Heimen und bei Fortbildungskursen forderte Dederichs die Kindergärtnerinnen zur Mitarbeit in diesem Verband auf und machte sie mit den neuen Erkenntnissen und Methoden der Kleinkindererziehung bekannt. Der Erfolg dieser Kurse führte zur Errichtung von Kindergarten- und Hortreferaten in allen Bundesländern. Sie wurden den Sekretariaten der Katholischen Frauenorganisation, den Elternvereinen Frohe Kindheit oder dem Caritasverband angegliedert. Die Organisation aller Bundesländer standen miteinander in Verbindung. Kurse und Tagungen vertieften die gemeinsame Arbeit. 404 Bedingt durch die aktive Zusammenarbeit der Mitglieder dieser Organisationen sowie durch ein kontinuierliches Fortbildungsangebot war ein gemeinsames Verbandsblatt gesichert. Seit 1924 wurden durch Hildegard Heh verschiedene Beschäftigungs- und Bastelanleitungen lose in einer Flügelmappe abgelegt. Diese Mappen wurden 1924 und 1925 dreimal jährlich an zehn Kindergärten versandt. Bemerkenswert erscheint mir daran, dass diese Unterlagen nur befristet im Kindergarten verbleiben durften und in weiterer Folge an eine vorgegebene Adresse weitergesandt werden mussten. 405 Clara Dederichs erkannte den Wert dieser Idee und bemühte sich um den Ausbau dieser Arbeitsmappe. Bereits 1926 konnte die Mappe als Eigentum an jede einzelne Anstalt (Kindergärten, Horte und Heime) versandt und dort behalten werden. Der Inhalt der Arbeitsmappen wurde kontinuierlich erweitert. Zu den Bastelanleitungen kamen pädagogische Beiträge vor allem über die damals modern gewordene Montessori-Pädagogik, aber auch neuartige Vorschläge für die Praxis in Form von Einheitsstoffen, die uns besser als Wochenstoffe bekannt sind. 406 Als die Zahl dieser abgezogenen Arbeitsbehelfe rapide anstieg, es wurden 1927 bereits 800 Mappen verschickt, war der Fachzeitschrift der erste große Durchbruch gelungen. Ein Viertel der Behelfe ging in die Tschechoslowakei, 100 gingen nach Erfurt für 404 Niederle, Charlotte: Wie alt ist Unsere Kinder? Zur Geschichte der Fachzeitschrift. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2000, Heft 1, S Vgl. Niederle, S Niederle, S. 15.

159 Seite 159 Thüringen und Sachsen, andere in die Schweiz, nach Lichtenstein, Dänemark, England, Frankreich, Spanien, Jugoslawien, Südamerika und in die Türkei. Aber auch in Österreich war das Interesse sehr groß und die Abonnements nahmen stetig zu. Erstmals erschien die Fachzeitschrift mit dem Titel: Für unsere Kinder im Jahre Der Titel der Fachzeitschrift war also geboren und begann mit einer Auflagezahl von 2000 Stück, davon wurden bereits über 1000 Hefte an Abonnentinnen versandt Die Ausbildung zur Kindergärtnerin in der Zeit von 1938 bis 1945 Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzte auch im Bereich der vorschulischen Erziehung eine Entwicklung ein, die schließlich zum Abbruch aller pädagogischen Experimente führte, die sich einer sozialistischen und/oder psychoanalytischen Konzeption verpflichtet fühlten. Die rigorose Ablehnung aller fortschrittlichen und demokratischen Erziehungsziele resultierte aus der Ablehnung der in diesem Bereich bis dahin für wesentlich erachteten Gebiete wie Sozialpädagogik, Psychologie und Psychoanalyse. An die Stelle der zumindest in Ansätzen vorhandenen Versuche einer wissenschaftlich begründeten Kleinkindererziehung trat nationalsozialistische Propaganda. 408 Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Erziehungsideologie in der institutionellen Kleinkinderziehung waren enorm. Autoritäre Strukturen wurden durch Gehorsam und Gefolgschaft gegenüber dem Führer gefestigt. Die Liebe zum Führer sollte durch die Kindergärtnerin geweckt und in die Herzen der Kinder gepflanzt werden, in dem sie gemeinsam mit den Kindern am Morgen den Führer begrüßte. Sport, bzw. körperliche Leistungsfähigkeit wurde überbetont und standen sozusagen für den heldenhaften Menschen. 409 Das nationalsozialistische Regime wollte die Kontrolle über alle politischen und sozialen Bereiche der Gesellschaft. Dem Prozeß der Gleichschaltung des Kindergartenwesens stellte sich jedoch die für Österreich charakteristische Vielfalt von Kindergartenvereinen, verbänden, erhaltern und -gründern gegenüber. Diese Situation machte es unmöglich, das Kindergartenwesen sofort gleichzuschalten. 1937/38 gab es in Österreich 926 allgemeine Kindergärten mit eingeschriebenen Kindern. (In: Österreichische Statistik, Wien, Heft 579, S. 25). Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) übernahm alle Kindergärten der Länder, Gemeinden und Pfarren. Für die Jahre 1938 bis 1945 liegen keine 407 Vgl. Niederle, S Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 52.

160 Seite 160 Unterlagen über das österreichische Kindergartenwesen vor, da das statistische Material an die Reichshauptstadt Berlin weitergeleitet wurde. 410 Das Schicksal traf die österreichische Fachzeitschrift für Kindergärtnerinnen Unsere Kinder im Nationalsozialismus hart. Clara Dederichs beschreibt diesen schicksalhaften Tag folgendermaßen: Dann kam der Umsturztag, einer der traurigsten meines Lebens. Er war von der ersten Tagesstunde bis zum späten Abend von stets neuen Schreckensbotschaften und einschränkenden und uns vernichtenden Erlässen und Befehlen ausgefüllt. Dieser Tag war der 13. März 1938! Alle Arbeit an der Zeitschrift, an den Weiterbildungskursen, in den Kindergärten und Horten wurde verboten. In meiner Kanzlei erschienen ein Herr und eine Dame von der Gestapo, die alle Hefte der Zeitschrift aus den Schränken holten, sogar meine persönlichen Exemplare. Ein Bediensteter lud sie alle auf einen Handkarren und fuhr sie weg. Ebenso wurden alle Listen der Kindergärten und Horte, der Abziehapparat und die Schreibmaschine beschlagnahmt. 411 Nationalsozialistische Pädagogen gingen von der Annahme aus, dass die Erziehung nach Geschlechtern getrennt zu verlaufen habe. Mädchen sollten auf die Rolle als Mutter und Hausfrau vorbereitet werden. Der Beruf der Kindergärtnerin wurde als typisch weiblicher Beruf eingestuft und als ein Beitrag zur Mütterschulung gewertet wurde dem Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten vom Stadtschulrat für Wien ein Lehrplanentwurf für eine nationalsozialistische Ausbildung der Kindergärtnerinnen vorgelegt. (Lehrplanentwurf für nationalsozialistische Kindergärtnerinnenausbildung vom 23. September 1939, Zl II Vorgelegt vom Stadtschulrat für Wien dem Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Abtlg. IV, Staatsarchiv, Faszikel 2472/13/Bl.) Der Entwurf bezog sich auf den ministeriellen Erlaß vom 21. April 1939, Zl. IV- 3n und wurde in Zusammenarbeit mit der Staatslehrerinnenbildungsanstalt Wien I, Hegelgasse 14, der Staatslehrerinnenbildungsanstalt Wien XII, Hofzeile 22, der Städtischen Kindergärtnerinnenbildungsanstalt Wohlfahrt Wien und der Gauamtsleitung der nationalsozialistischen Wohlfahrt Wien und des zukünftigen Seminares erstellt. Dieser Entwurf war eine Rahmenlehrplan; die Aufstellung eines Stoffverteilungsplanes fehlte Baltruschat, 1986, S Niederle, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Baltruschat, 1986, S. 52.

161 Seite 161 Dieser Lehrplan galt für alle Kindergärten, Kinderhorte, Kindertagesstätten und Kinderheime. Damit wurde auch eine einheitliche Berufsbezeichnung definiert, die den Berufstitel Kindergärtnerin und Hortnerin erhielt. In weiterer Folge kam es zu neuen Aufnahmebedingungen an Bildungsanstalten. 414 An neuen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Bildungsanstalt wurden gefordert: ein hauswirtschaftliches Jahr bzw. ein Jahr Praxis im Kindergarten oder bei einer kinderreichen Familie; die Zugehörigkeit zum Bund deutscher Mädchen (BDM) im Sinne einer volksbiologischen Erziehungsgemeinschaft sowie arische Abstammung. (Vor Beginn der Ausbildung sollte ein vierzehntägiges Ausleselager stattfinden; neben der körperlichen und sportlichen Eignung und der allgemeinen Haltung mußten die allgemeine Befähigung und die musikalische Begabung der Auszulesenden überprüft werden. Im Anschluss an das Ausleselager war ein dreiwöchiges Praktikum im Kindergarten zu absolvieren.) 415 Der Unterricht, der an Fachschulen für Mädchen mit einem Mindestalter von 16 Jahren stattfand, ging also von der Erb- und Rassenlehre aus, die wiederum die Grundlage für die Psychologie des Kindes darstellte. Insofern musste die Kindergärtnerin auch auf die politischen Aspekte ihres Berufes vorbereitet werden und sich persönlich zu einer eindeutigen und klaren politischen Haltung bekennen. Grundsätzlich gab es damals einen akuten Mangel an Kindergärtnerinnen, was zur Folge hatte, dass auch Kinderpflegerinnen zur Arbeit in Krippen und Kindergärten herangezogen wurden. Gleichzeitig wurden aber, um den Bedarf an Kinderpflegerinnen zu sichern, auch Kinderpflegerinnnenschulen errichtet, welche an die Kindergärtnerinnenseminare angeschlossen wurden. 416 Die Stundentafel wies im ersten Ausbildungsjahr 32 und im zweiten 36 Stunden auf. Zusätzlich waren für jede Schulwoche an eineinhalb Tagen praktische Übungen im Kindergarten bzw. Hort vorgesehen. Die ersten sechzehn Wochen des zweiten Ausbildungsjahres sollten als praktischer Block geführt werden (sechs Wochen Landpraxis, vier Wochen Ferialeinsatz, zwei bzw. vier Wochen Arbeit im Säuglings- und Kinderheim). Dieser Lehrplanentwurf berücksichtigte bereits die antiintellektualistische Grundhaltung der nationalsozialistischen Ideologie. Zur nationalpolitischen und volkstümlichen Schulung war ein eigener 414 Vgl. Baltruschat, 1986, S. 52 f. 415 Baltruschat, 1986, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 116.

162 Seite 162 Unterrichtsgegenstand vorgesehen; zugleich sollte dieses Gedankengut alle anderen Fachgebiete der Ausbildung durchdringen. Ein wesentlicher Aspekt der nationalsozialistischen Erzieherbildung lag weiters in der anstaltsgebundenen Gemeinschaftserziehung der zukünftigen Kindergärtnerinnen. 417 Die definitiven Richtlinien über die Ausbildung für Kindergärtnerinnen wurden erst im September 1942 mit einem Runderlass veröffentlicht. Mit diesen Bestimmungen sollte eine reichseinheitliche Ausbildung gewährleistet werden, die bereits während des Krieges in Kraft gesetzt wurde. In Österreich waren nur wenige Kindergärtnerinnen von dieser nationalsozialistischen Ausbildungskonzeption betroffen, deren Schulbezeichnung als Fachschule für Kindergärtnerinnen titelte. Im 7 der gesetzlichen Aufnahmebestimmungen wurde präzise betont, dass deutschblütige Abstammung, sowie deutsche Staatszugehörigkeit, die Zugehörigkeit zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), zum Bund deutscher Mädchen (BDM) oder zur NS-Frauenschaft bzw. zum Deutschen Frauenwerk Voraussetzung für eine etwaige Aufnahme an die Fachschule waren. Darüber hinaus war eine hauswirtschaftliche Vorbildung erwünscht. 418 Die Fächergruppe Nationalpolitische Erziehung sollte zur weltanschaulichen Ausrichtung die gesamte Ausbildung durchdringen. Die sozialpädagogischen und gesundheitserzieherischen Sachgebiete mußten in Beziehung zur praktischen Erziehungsarbeit angeboten werden und bildeten den Kernpunkt der pädagogischen Ausbildung; die werklichen und musischen Fächer wurden als sinnvolle Ergänzung der Ausbildung verstanden Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 53 f. 419 Baltruschat, 1986, S. 54.

163 Seite 163 Dazu die Stundentafel gemäß 11: Unterrichtsfächer I. Nationalpolitische Erziehung: Reichskunde Heimatkunde und Volkstumspflege Deutsch II. Sozialpädagogische Erziehung: Erziehungslehre mit Psychologie Berufskunde Volkspflege Jugendschrifttumskunde Kindespiel und Kinderarbeit Naturkunde III. Gesundheitserziehung und Gesundheitspflege: Leibeserziehung (Gymnastik, Volkstanz, Sport, Spiel) Leibesübungen mit Kindern Gesundheitslehre, Körperpflege und Kinderpflege IV. Werkliche und musische Erziehung: Hauswirtschaft (Hauswerk und Handarbeit) Werkarbeit Zeichnen und Formen Musik Stundenzahl 1. und 2. Jahr V. Praktische Erziehungsarbeit: Kindergaten, Hort, Heim 34 Tab. 14: Stundentafel nach den Richtlinien von Richtlinien über die Ausbildung der Kindergärtnerinnen vom 20. September 1942 Bestimmungen über die Ausbildungsstätte, Ausbildung und Prüfung von Kindegärtnerinnen 1. Aufgabe de Kindergärtnerin Die Kindergärtnerin ist Erzieherin. Sie ist mütterliche Führerin der Kinder in Kindertagesstätten (Kindergärten und Horten) und Kinderheimen oder in der Häuslichkeit zur Unterstützung oder auch an Stelle der Mutter. Ihre Arbeit ist Dienst am Kinde und damit zugleich Dienst an Familie und Volk. Zweiter Abschnitt: Ausbildung 5. Zweck der Ausbildung Die Fachschule soll die Kindergärtnerin im Sinne des 1 dieses Erlasses befähigen, ihrem erzieherischen, pflegerischen und sozialen Berufsaufgaben gerecht zu werden. 6. Dauer der Ausbildung 420 Aden-Grossmann, 2002, S. 117.

164 Seite 164 Die Ausbildung dauert zwei Jahre. Beim Nachweis besonderer Vorbildung kann diese Ausbildungsdauer auf 1 1/2 Jahre verkürzt werden. Die Genehmigung für die Durchführung von Sonderlehrgängen behalte ich mir vor. 7. Voraussetzungen für die Aufnahme der Schülerinnen (1) Die Aufnahme in eine Fachschule für Kindergärtnerinnen setzt voraus: 1. die Vollendung des 16. Lebensjahres, spätestens im Kalenderjahr des Eintritts, 2. eine angemessene Allgemeinbildung, 3. gründliche Vorbildung in der Hauswirtschaft (Hauswerk und Handarbeit), 4. eine gute Gesundheit, 5. die deutschblütige Abstammung, 6. der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit, 7. Zugehörigkeit zur NSDAP, zum BDM, oder zur NS-Frauenschaft oder zum Deutschen Frauenwerk. Anmerkung: Die Schülerinnen sind gehalten, während ihrer Ausbildungszeit an der Fachschule für Kindergärtnerinnen in der für sie zuständigen Gliederung der NSDAP Dienst zu leisten und insbesondere an den politischen Schulungsveranstaltungen teilzunehmen. 421 Die Stundentafel deklariert diesen Schultyp als reine Fachschule mit Betonung des sportlichen und gesundheitspflegenden Momentes sowie des praktischen Tuns. Die praktische Erziehungsarbeit wurde als geschlossene Übungszeit von mehrwöchiger Dauer abgeleistet. 422 Grundsätzlich zeigt dieser Erlass große Ähnlichkeit mit dem Wiener Entwurf aus dem Jahre 1939 auf. Pädagogische Prinzipien und Materialien Fröbels wurden beibehalten. Die Abschlussprüfung umfasste nun alle Fachgebiete und gliederte sich in eine schriftliche und eine mündliche Teilprüfung, die sich wiederum aus einem theoretischen und einem erziehungspraktischen Fachgebiet zusammensetzte. Ergänzt wurden diese beiden Prüfungen schließlich durch eine wirkliche Prüfung. 423 Das Prüfungszeugnis berechtigte neben der Ausübung der Tätigkeit einer Kindergärtnerin zum Eintritt a) in eine Fachschule für Jugendleiterinnen, b) in eine Fachschule für Volkspflegerinnen, c) in ein Werklehrerinnenseminar. 421 Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 55.

165 Seite 165 Dieser Runderlaß aus dem Jahre 1942 kennzeichnete die Ausrichtung der Kindergärtnerinnenausbildung und ihre Ein- und Unterordnung in die von einer völkisch-politischen Anthropologie bestimmten Schulpolitik. Man kann annehmen, daß diese Bestimmungen infolge des Krieges und des relativ kurzen Zeitabschnittes ihrer Geltung nicht im vollem Umfang zur Ausführung und Auswirkung kamen. Statistisches Material ist für diesen Zeitabschnitt nicht vorhanden Die Gleichschaltungspolitik für Kindergärtnerinnen 1938, mit der Machtübernahme Hitlers, wurden alle Bildungs- und Erziehungseinrichtungen in Österreich nationalsozialistisch ausgerichtet und umorganisiert. Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) war ab sofort für alle Kindergarten-Angelegenheiten zuständig. [...]. Alle jüdischen Kindergärtnerinnen wurden gekündigt. Die NSV war eine Organisation innerhalb der NSDAP und organisierte Kinder- und Jugendtagesstätten, Kinderlandverschickungen, Heimatsendung und die Erholungsfürsorge. Kindertagesstätten war der übergeordnete Begriff für Krippen, Kindergärten, Horte und Stuben. (In: Webler, H., Handbuch der Jugendhilfe, Heft 4, Die Kindertagesstätten. Berlin 1939, S. 1.) 425 Die Gleichschaltungspolitik im Kindergartenwesen sah so aus, dass zum einen bestehende Kindergärten übernommen und zum anderen Einrichtungen, wie z.b. Erntekindergärten, gegründet wurden,. 426 Wie vergeblich der Widerstand gegen das NS-Regime betreffend die Zwangseinverleibung der Kindergärten war, zeigt folgendes Beispiel: In Oberösterreich wehrte sich die Bevölkerung 1939 erfolglos gegen die NS- Übernahme eines Kindergartens. Seit der Einstellung der neuen Kindergärtnerin ist die Kinderzahl, die den Kleinkindergarten besuchen, auf acht bis zehn Kinder gesunken. Es scheint, daß wegen der Absetzung der katholischen Kindergärtnerin eine Opposition in der Beschickung des Kindergartens vorliegt. Der betroffene Kindergarten wurde bis zur Einstellung der nationalsozialistischen Kindergärtnerin von einer Katholikin geleitet, der Kindergarten zählte zu deren Wirkenszeit 25 Kinder. (In: Berger, K., Zwischen Eintopf und Fließband. Frauenarbeit und Frauenbild im Faschismus. Österreich 1938 bis Wien 1984, S. 128.) 427 Das autoritäre Regime mit all seinen Pädagogen heftete sich auf die Fahnen, dass sie es waren, die die Bewahranstalten zum Verschwinden brachten und dem Kindergar- 424 Baltruschat, 1986, S Gary, 2006, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 78 ff. 427 Gary, 2006, S. 183.

166 Seite 166 ten zum Durchbruch verhalfen. Hitler und sein Personal in den Kindergärten wussten über die Bedeutung der Form- und Bildbarkeit der ersten Lebensjahre eines Kindes Bescheid. Insofern mussten die Pädagoginnen NS-konform erzogen und vorbereitet werden. 428 Säer haben wir zu sein, die in das empfängliche Erdreich der Kinderseele guten Samen streuen, Gärtner dann später, - die sorgen, dass keimendes Unkraut verschwindet und die mit sicherer und vorsichtiger Hand das Kind in die erste große Lebensgemeinschaft, die des Kindergartens, führen. (In: Flessau, K., Erziehung im Nationalsozialismus. Wien 1987, S. 58.) 429 Mütter, die in der NS-Zeit ihre Arbeit verloren, blieben zu Hause bei ihren Kindern, um sich den Kindergartenbeitrag, der zu entrichten war, zu ersparen. Die Zahl der Kindergärten war relativ gering, insofern war diese Bildungseinrichtung anfangs für die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt von geringem Interesse. Sehr wohl wurden aber die Träger und Verbände dieser Tageseinrichtungen kontrolliert und schließlich auch manipuliert. Die 1872 gegründete Zeitschrift Kindergarten, die vom Deutschen Fröbel- Verband in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Schulkinderpflege sowie der Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen herausgegeben wurde, stand ab 1939 unter dem unmittelbaren Einfluss der NSV 430, die schließlich auch die Nachfolge des Fröbel-Verbandes antrat. 431 Die NSV hatte auch neue Formen wie den Erntekindergarten eingeführt, der nur während der Erntezeit unterhalten wurde. Der Bäuerin sollte während der Ernte die Sorge um die Kinder abgenommen werden, weil ihre Arbeitskraft auf dem Feld gebraucht wurde. Im Sommer 1937 bestanden ca bis Erntekindergärten (Donath 1937, 141). Raumnot und Fachkräftemangel zwangen zur Improvisation. Die Kindergärten wurden in Gasthäusern, Schulen oder in leerstehenden Bauernhäusern untergebracht. Da es nicht genügend ausgebildete Kindergärtnerinnen gab, wurden Kinderpflegerinnen oder junge Mädchen des BDM (Bund Deutscher Mädel) und des Reichsarbeitsdienstes eingesetzt. 432 In den Sommermonaten wurden auf den Dörfern Erntekindergärten und Spielkreise eingerichtet. Im pflichtmäßigen Arbeitsdienst, dem sog. Landjahr, wur- 428 Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S Nationalsozialistische Volkswohlfahrt 431 Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S. 113 f.

167 Seite 167 den junge Mädchen für diese Aufgabe nach einer kurzen Einarbeitung eingesetzt. 433 Abb.: 27: Erntekindergarten um Abb. 28: Erntekindergarten auf einem Ausflug um Die geschlechtstypische Rollenverteilung dieses Regimes sah es vor, bedingt durch die in der weiblichen Wesensart liegenden Fähigkeiten und Anlagen, dass die vierzehnjährigen schulentlassenen Mädchen das sogenannte 8- monatige Mädl-Landjahr ab- 433 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S. 146.

168 Seite 168 solvierten. Die für das Regime Verantwortlichen sahen darin die bestmögliche Berufsvorbereitung für Frauen. Viele dieser Mädchen übten in der Kinderbetreuung diesen Dienst aus. Diese Einrichtungen durften keinesfalls als Kindergärten bezeichnet werden, sondern wurden mit Spielstunden für Dorfkinder umschrieben und waren kostenlos. 436 Insgesamt gesehen aber hatte die Umgestaltung des Kindergartenwesens in der Zeit des Nationalsozialismus, nicht zuletzt auch aufgrund der Infiltration der Praxis und der Ausbildungsstätten mit Parteigenossen und genossinnen der NSDAP, ein Ausmaß erreicht, daß nach Kriegsende ein weitgehend zerstörtes Kindergartenwesen zurückblieb. 437 Kindergärtnerinnen in der NS-Zeit, die keinen Ariernachweis erbringen konnten, wurden entweder entlassen oder verhaftet. Der Beruf der Kindergärtnerin durfte nur mehr von deutsch-arischen Frauen ausgeübt werden. In Wien musste eine Leiterin Mitglied der NS-Frauenschaft sein, Kindergärtnerinnen wurde sie empfohlen. (In: Dillinger- Paller, B., Kindergartenerziehung in Österreich unter nationalsozialistischer Herrschaft. Beiträge zur Fachdidaktik 1/94. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde, 1/94. Wien 1994, S. 4.) 438 Dieses Bild zeigt eine Fotomontage aus der Broschüre Hilfswerk Mutter und Kind des Amtes für Volkswohlfahrt in Berlin um das Jahr Durch die Gleichschaltung wuchs die Zahl der von der NSV getragenen Kindergärten und Horte von zwei im Jahre 1935 auf 34 im Jahre Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S. 114 f. 437 Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S Vgl. Gary, 2006, S. 189 f. 439 Vgl.Aden-Grossmann, 2002, S. 111.

169 Seite Abb.: 29: Fotomontage aus der Broschüre Hilfswerk Mutter und Kind Die Ausbildung der Kindergärtnerinnen in der Zweiten Republik bis zum Schulorganisationsgesetz von 1962 Nach dem Ende und dem Zerfall des Dritten Reiches blieb eine Zerstörung und ein Bild der Verwüstung in unbegrenztem Ausmaße zurück. So stand die Bevölkerung vor gewaltigen politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Problemen. Die ersten Jahre nach dem nationalsozialistischen Regime und den Wirren des Krieges waren bestimmt vom materiellen Überlebenskampf und der Suche nach einer neuen politischkulturellen Identität. 442 Durch den Krieg hatten zahlreiche Kinder ihre Väter verloren; in vielen Familien stellten die aus der Kriegsgefangenschaft Heimkehrenden ein besonderes Problem dar, entweder weil sie sich in den veränderten Verhältnissen nicht mehr zurechtfanden oder weil sich ihre Frauen in den Jahren des Alleinlebens verändert hatten. Auch die Kinder litten unter den schwierigen Verhältnissen, und für die Kindergärtnerin war der Umgang mit den oft unterernährten und durch familiäre Konflikte belasteten Kindern schwierig Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S. 120.

170 Seite 170 Die Arbeit in den Kindergärten wurde trotz der wirtschaftlichen Notsituation wieder aufgenommen, auch wenn sie in erster Linie nur einer bloßen Verwahrung von Kindern diente. So war es primäre Aufgabe der damaligen Kindergärten, die Kinder vor Unwetter und Kälte zu schützen, sie zu kleiden, zu ernähren und gesund zu erhalten. Die Mütter der Kinder, die oftmals als Trümmerfrauen bezeichnet wurden, waren in der Erziehung ihrer Kinder alleingelassen, da die Väter im Krieg gefallen waren und sie den Lebensunterhalt für die Familie verdienen mussten. Die Kindergruppen in den Kindergärten hatten damals oft ein Größe von 70 Kindern und mehr und waren darüber hinaus ohne ausgebildetem Betreuungspersonal nach Auflösung der großdeutschen Regelung von 1938 galt es, Österreichs Schulwesen und Schulrecht neu aufzubauen. Es fehlte ein umfassendes Schulgesetzwerk In erster Linie war es in den Nachkriegsjahren die Aufgabe der Bevölkerung mit dem Wiederaufbau der zerstörten Gebäude zu beginnen. Die dringende Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen ergab sich aus dieser Notwendigkeit und lag im Organisationsbereich der Wohlfahrtsverbände bzw. Fachorganisationen. Für die Verantwortlichen im sozialpädagogischen Bereich war es keine Frage, ob man den Fachkräften mit NS-Vergangenheit eine zweite Chance geben sollte. Sie wurden einfach gebraucht, um das öffentliche Erziehungs- und Bildungswesen überhaupt wieder aufbauen zu können. Sigrid Ebert meint dazu, dass gerade dieses Gebraucht-Werden innerhalb des Berufsverbandes den verbindenden Moment darstellt, Berufsethos zum Ausdruck bringt und schlichtweg das Wegschauen und Schweigen der Bevölkerung erklärt. 446 Die Kindergartenpädagogik zeigte grundsätzlich die Tendenz an das Altbewährte anzuknüpfen, was sich in einer bürgerlich-konfessionell orientierten Programmatik der Kleinkindpädagogik zeigte. Differenzierte pädagogische Diskussionen blieben noch lange im Hintergrund. 447 Maßgeblich auf die pädagogische Konzeption hatten psychologische Reifetheorien, denen zufolge sich die geistig seelische Entwicklung analog zum biologischen Wachstum vollzieht. Nach dem von diesen Reifetheorien zugrunde- 444 Erning, Bilder aus dem Kindergarten, 1987, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Ebert, Sigrid: Erzieherin ein Beruf im Spannungsfeld von Gesellschaft und Politik. Freiburg im Breisgau 2006, S Erning, Geschichte des Kindergartens Band 1, 1987, S. 90.

171 Seite 171 gelegten Entwicklungsmodell vollzieht sich die Entwicklung des Kindes durch intern gesteuerte Entwicklungsschritte. Diese Auffassung war, verbunden mit Fröbels Konzeption, im wesentlichen die Basis, von der aus sich die Kindergartenpädagogik der Nachkriegszeit entwickelte. Eine Grundannahme dieser Kindergartenpädagogik war es, durch eine kindgerecht gestaltete Erziehung das Kind schulreif werden zu lassen, ohne Methoden und Inhalte der Schule vorwegzunehmen. 448 Aden-Grossmann meint dazu, dass die jeweils nächste Stufe der kindlichen Entwicklung, die unmittelbar folgt, sich von selbst ergibt, wenn nur das Fundament in der vorhergehenden Stufe richtig ausgelebt werden konnte. Die Hauptaufgabe der Kindergärtnerin besteht also darin, dass sie das pädagogische Umfeld entsprechend anregend gestaltet, sodass der natürliche Tätigkeitsdrang des Kindes sich entfalten kann. Aus methodisch-didaktischer Perspektive bilden das Spiel und die Spielpflege den Kern der pädagogischen Bildungsarbeit im Kindergarten. Kinder vor Reizüberflutung durch die moderne industrielle Umwelt zu bewahren und Kindheit als eigene Lebensphase zu schützen, waren also schon in dieser Zeit pädagogische Themen, die den Berufsalltag einer Kindergärtnerin prägten. 449 Für die jüngeren Kinder galt, daß der Kindergarten eng an die beschützende und bewahrende Art der Familienerziehung anknüpfte. Jedoch sollte mit den älteren gezielt und differenziert gearbeitet werden. Eine Sonderstellung nahm daher die Gruppe der 5-bis 6jährigen Kinder innerhalb des Kindergartens ein. Während dieses letzten Jahres im Kindergarten vollzieht sich bei den meisten Kindern der Wandel zum Schulkind. Daher sollten diese Kinder nach Möglichkeit eine Gruppe bilden, die sogenannte Vermittlungsgruppe. Ihre Aufgabe ist es, die Kinder von der Spielhaltung zur Arbeitshaltung zu führen. Die Grundlage für die Arbeitshaltung ist die Fähigkeit des Kindes zu spielen. 450 In der Definition des Berufsbildes der Kindergärtnerin der Nachkriegsjahre spielte die Frauenbewegung eine entscheidende Rolle. Befürchtungen wurden geäußert, wonach die Sorge besteht, dass die Obsorge der Kinder den Familien abgenommen und der Öffentlichkeit übertragen wird. In diesem Zusammenhang wurde auch die Bemerkung formuliert, dass auch der beste Kindergarten die familiäre Geborgenheit nicht ersetzen kann. Die Funktion des Kindergartens bzw. die pädagogische Aufgabe der Kindergärt- 448 Aden-Grossmann, 2002, S Vgl. Aden-Grossmann, 2002, S Aden-Grossmann, 2002, S. 122 f.

172 Seite 172 nerin kann insofern nur darin bestehen, dass die Erziehungs- und Bildungsaufgaben der Familie durch den Kindergarten bzw. durch gut ausgebildete Fachkräfte ergänzt und bereichert werden. Die Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren sollte verbunden sein mit einer guten Allgemeinbildung und ausreichenden hauswirtschaftlichen Kenntnissen und Fähigkeiten. 451 Bei der historischen Betrachtung der Ausbildung zur Kindergärtnerin fällt auf, dass die Bestrebungen, die Ausbildung zu professionalisieren, bis zum Jahr 1985 reichen. Die zweijährige Ausbildung wurde nach dem zweiten Weltkrieg vorerst beibehalten, obwohl diese Regelung häufig kritisiert wurde. Dr. Hannah Fischer verwies im persönlichen Gespräch auf die Problematik der 14jährigen Hauptschülerinnen. Die Pädagogin Fischer arbeitete nach dem Ende ihres Studiums von 1957 bis 1967 als Psychologin im Zentralkinderheim, dem jetzigen Charlotte Bühler-Institut in Wien wurde sie als Lehrkraft an die Bildungsanstalt der Stadt Wien bestellt, ab 1984 war sie als Direktorin der Bildungsanstalt tätig. (Gespräch mit Dr. Hannah Fischer, vom 17. März 1999). 452 Grundsätzlich orientierte man sich in den Nachkriegsjahren in Österreich bezüglich Lehrerausbildung an den Leitsätzen zur Neugestaltung der Lehrerbildung aus dem Jahre 1919 und den Richtlinien für die gesetzliche Neuordnung der Lehrerbildung aus dem Jahre Für die Ausbildung der Kindergärtnerinnen diente als Grundlage nach 1945 die Verordnung des Ministers für Kultus und Unterricht vom 3. Juli 1914 bzw. für die zusätzliche Ausbildung zur Horterzieherin die Regelung aus dem Jahre Wie sah die Motivation von Kindergärtnerinnen zur damaligen Zeit aber tatsächlich aus? Weil sie durch Betreuungsaufgaben überbelastet wurden, ging vielen Kindergärtnerinnen ein entscheidendes Moment der Professionalität verloren, nämlich Emotionalität und Rationalität auf geniale Weise in Form der Kindergartenpädagogik zu verbinden. Vermutlich förderten die Kindergartenseminare noch diese Entwicklung, weil sie die Fröbelpädagogik nur selektiv lehrten und die Ausbildung an der Praxis der Kindergärten auszurichten versuchten. Eine Ursache für diese Entwicklung könnte aber auch die Fröbelpädagogik selbst sein. Versuche, die Fröbelpädagogik als ein umfassendes System zu realisieren, waren von vornherein ausgeschlossen, da es Fröbel nicht gelungen war, 451 Vgl. Ebert, 2006, S. 181 f. 452 Gary, 2006, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 56.

173 Seite 173 ein solches zu entwickeln, worauf Eduard Spranger schon 1918 deutlich hingewiesen hatte. 454 Im Grunde fehlte ein umfassendes pädagogisches Konzept für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen, welches die Psychologie als Bezugswissenschaft einschließt und somit eine ganzheitliche Sichtweise vom Kind ermöglicht. Das wäre ein wünschenswerter Ansatz gewesen, um die pädagogische Funktion der Kindergärtnerin zu stärken. Dieses Problem war zwar im Bewusstsein der Verantwortlichen, Erika Hoffmann erkannte auch diese Problematik und meinte, dass unter diesen gegebenen Umständen kaum eine Professionalisierung im Rahmen des Bildungswesens erreicht werden kann. 455 Anstatt eine an den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entwicklung des Kindes orientierte Ausbildung einzufordern, wurde die Akademisierung der Lehrkräfte an Kindergartenseminaren geradezu als Gefahr pauschal herausgestellt. Diese Bewertung ist wahrscheinlich ein Indiz dafür, wie wenig es gelungen war, die Elementarpädagogik im Rahmen der wissenschaftlichen Disziplinen zu verankern, und zwar mit einer eigenständigen Methodik und Didaktik, die auch die Erkenntnisse der affinen Wissenschaften berücksichtigte. 456 Tilmann Netz meint dazu, dass die Persönlichkeitsbildung als dominierende Größe in die Kindergärtnerinnenausbildung interpretiert wird, ohne sie mit rational nachprüfbaren Kompetenzen zu verknüpfen. Die entscheidende Frage nach der sozialen Herkunft und der Motive für die Berufswahl dürfen aus den Überlegungen über eine Ausbildungskonzeption nicht ausgeklammert werden, da die Persönlichkeitsbildung in der Ausbildung Priorität hat. Gertrud Kietz kam aufgrund ihrer empirischen Untersuchung diesbezüglich zu einer klaren Antwort. Zentraler Beweggrund für die Wahl des Kindergärtnerinnenberufes ist die mütterliche Liebe zu den Kindern Netz, Tilmann: Erzieherinnen auf dem Weg zur Professionalität. Studien zur Genese der beruflichen Identität. Frankfurt am Main 1998, S Vgl. Netz, 1998, S Netz, 1998, S Vgl. Netz, 1998, S. 72.

174 Seite Die zweijährige Ausbildung an Bildungsanstalten Wie sah die Ausbildungssituation an Österreichs Bildungsanstalten konkret aus? Welchen Einfluss zeigte hier die Kindergartenpraxis auf die Definition der beruflichen Aufgaben einer Kindergärtnerin? 1945 sorgten sich viele Kindergärtnerinnen um die staatsrechtliche Gültigkeit ihrer zwischen 1938 und 1945 erworbenen Befähigungszeugnisse wurden sämtliche an die NSV-Kindergärtnerinnen-Seminaren erworbenen Befähigungszeugnisse für ungültig erklärt. Alle Frauen, die im Besitz von NSV- Kindergärtnerinnen-Zeugnissen waren, mussten die Privatistinnenprüfiung an einer Bildungsanstalt ablegen. Dafür war die österreichische Staatsbürgerschaft und eine mindest zweimonatige Praxis in einem Kindergarten erforderlich. (Erlass vom 31. Juli 1947, Z IV/15; Verordnungen des Unterrichtsministeriums, 1947, Nr. 56, S. 116) 458 Größtenteils wurden nach Kriegsende die Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen in Österreich weitergeführt und die Bestimmungen von 1914 aufgenommen. Die von Ordensschwestern geführte Bildungsanstalt in der Hofzeile und Kenyongasse, an denen ein zweijähriger Ausbildungsmodus durchgeführt wurde, zählten zu diesen Ausbildungsstätten. 459 Bei der 1. österreichischen Tagung für Kindergartenpädagogik im Juni 1948 vom Bundesministerium für Unterricht veranstaltet wurde u. a. die Revision der Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin als eine der vordringlichsten Aufgaben erkannt. Die schulpolitischen Auseinandersetzungen der Koalitionsparteien und das Fehlen eines neuen Schulgesetzes verzögerten aber vorerst eine Neugestaltung. Bis zum Schulgesetzwerk von 1962 konnten nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Veränderungen in der Ausbildung durchgeführt werden. 460 Aufgrund der Uneinigkeit in vielen gesetzlichen Reformpunkten trat die allgemeine Verordnung für Kindergartenpädagogik von 1931 in Kraft. Ursprüngliches Ziel war aber, dass von den Vertretern der einzelnen Bundesländer Konzepte zur Neuregelung der Ausbildung für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen erarbeitet werden. (Pädagogische Mitteilungen, Beilage zum Verordnungsblatt des Bundesministerium für 458 Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S. 56.

175 Seite 175 Unterricht, Jg. 1954, Stück 3, Dr. Agnes Niegl: Die Entwicklung der Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin. Die Ausbildung zur Arbeitshelferin. S. 41 f.) 461 Alle Landesschulräte wurden eingeladen, sich anschließend an den Verbesserungsvorschlägen zu einem bundeseinheitlichen Lehrplan für die Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen zu beteiligen. 462 Die Befähigungsprüfung zur Kindergärtnerin konnte in dieser Zeit auch durch eine Nachtragsprüfung oder Externistenprüfung erlangt werden. Im Jahre 1952 konnte man bereits zwischen einer zweijährigen und einer noch nicht offiziellen dreijährigen Ausbildung zur Kindergärtnerin wählen. Der Wunsch nach einer qualifizierteren und spezifischeren Ausbildung kam aber von Prüfungsgremien, die aufgrund ihrer negativen Erfahrungen mit Kandidatinnen diese Überlegung äußerten. 463 Der Erlaß vom 30. Oktober 1952 (Verordnungsblatt 1952, Stück 12, Nr , S. 235) bestimmte die Auflassung der Befähigungsklausel für Kindergärtnerinnen im Zeugnis der Reife für das Lehramt an Volksschulen. Damit konnte die Befähigung zur Kindergärtnerin nur durch die Absolvierung der zweijährig geführten Bildungsanstalten, durch das Ablegen einer Nachtragsprüfung zum Zeugnis der Reife für das Lehramt an Volksschulen und durch das Ablegen einer Privatisten-Befähigungsprüfung erworben werden. Eine bundeseinheitliche Durchführung der Zulassung zur Privatisten- Befähigungsprüfung für Kindergärtnerinnen bzw. für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen bestimmte der Erlaß vom 24. Mai 1954 (Verordnungsblatt 1954, Stück 7, Nr. 73, S. 97). 464 Die Zulassungsbedingungen für diese Prüfungen erschwerten den externen Ausbildungsweg und betonten allerdings den fachspezifischen und persönlichkeitsbildenden Aspekt der Bildungsanstalten. Die konkreten Stellungsnahmen der Landesschulräte zur Neuregelung der Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin sowie die Schaffung eines bundeseinheitlichen Lehrplans sahen folgendermaßen aus: Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 56.

176 Seite 176 Intensivierung der Allgemeinbildung bei sorgfältiger Stoffauswahl im Hinblick auf die Berufsausübung. 1. Streben nach engster Verbindung zwischen theoretischen und praktischen Unterrichtsfächern. 2. Ausbau der pädagogischen und psychologischen Fundierung der Praktischen Erziehungsarbeit. 3. Einführung in heilpädagogische Probleme, insbesondere in die Arbeit der Sonderkindergärtnerin. 4. Neuordnung der Einführung in die Praktische Erziehungsarbeit. 5. Verlängerung der Ausbildungszeit von zwei auf drei Jahre. (A. Niegl: Die Entwicklung der Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin. In: Pädagogische Mitteilungen. Beilage zum Verordnungsblatt des BM f. Unterricht 1954, Stück 3, S ) 466 Seit 1952 war es im Befähigungszeugnis möglich, das Prädikat Mit Auszeichnung befähigt zu erlangen. (Verordnungsblatt des Unterrichtsministeriums, 1952, Stück 7, Nr. 78, S. 148). 467 Kennzeichnend für die Neuanfänge der Fachausbildung in der Zweiten Republik war die versuchsweise Erprobung von verschiedenen Abänderungen des gültigen Lehrplanes an den einzelnen Bildungsanstalten. Beispielhaft sei für diese Versuchsarbeit angeführt: die Neugestaltung der Praktischen Erziehungsarbeit durch Ganztags- und Wochenpraktika an öffentlichen und privaten Kindergärten durch die Bundes- Bildungsanstalt Graz; die Vertiefung der Beziehung zur Praxis durch verpflichtende Ferialpraktika in Kinderheimen; das Hospitieren an Einrichtungen für entwicklungsgehemmte und -gestörte Kinder; die Blockbildung durch Zusammenlegung einzelner Wochenstunden als Voraussetzung für kursmäßige Veranstaltungen wie Säuglingspflege, Erste Hilfe ; der Versuch der Privat-Bildungsanstalt der Gemeinde Wien im Schuljahr 1951/52, einen Vorbereitungsjahrgang zur zweijährig geführten Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin zu eröffnen. (A. Niegl: Die Entwicklung der Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin. In: Pädagogische Mitteilungen. Beilage zum Verordnungsblatt des BM f. Unterricht 1954, Stück 3, S ) 468 In Deutschland wurde im Erzieherinnenberuf die Alleinverantwortlichkeit ausschließlich der Frau zugedacht. Auch wenn hier und da bereits anklang, dass Männer im Beruf erwünscht wären, so wurde an der Zuständigkeit der Frau für das Kind festgehalten. Es 466 Baltruschat, 1986, S Vgl. Gary, 2006, S Baltruschat, 1986, S. 57.

177 Seite 177 wurden Wünsche geäußert, wie z. B. dass Kinder, die in Horten und Heimen überwiegend von weiblich betonter Erziehung umgeben sind, durchaus von Männern betreut und erzogen werden sollten. 469 Völlig neu war in der österreichischen Ausbildung, dass ab 1945 nun auch Burschen in die Bildungsanstalt aufgenommen werden konnten. Diese Erneuerung wurde allerdings 1947 wieder abgeschaffen. Die zweijährige Ausbildungsdauer wurde nur mit wenigen Änderungen schließlich bis 1957 beibehalten. 470 Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen (In: Niegl, A. Gegenwartsfragen der Kindergartenerziehung. Wien 1950, S. 331.) 471 Land Bundes-Bildungsanstalten Private Anstalten Kärnten 1 - Niederösterreich - 1 Oberösterreich 1 1 Salzburg - 1 Steiermark 1 - Tirol 1 2 Wien 1 5 gesamt 5 10 Tab. 15: Übersicht über die Anzahl der Bildungsanstalten 1950 Zur Tabelle: Von den Kindergärtnerinnenbildungsanstalten in Österreich waren 1950 zehn private Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen; fünf Anstalten waren den Lehrerinnenbildungsanstalten angeschlossen. Die katholische Kirche führte 1950 neun Bildungsanstalten, die Gemeinde Wien eine und der Bund fünf. 1950/51 befanden sich in ganz Österreich 468 Kindergärtnerinnen in Ausbildung. (Statistische Mitteilungen im Anhang, Verordnungen des Unterrichtsministers, 1952, S. 15ff.) Vgl. Ebert, 2006, S. 190 f. 470 Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 249.

178 Seite 178 Dr. Agnes Niegl war damals Unterrichts-Minister-Sekretärin und bahnbrechend in der Neuregelung der verlängerten Ausbildung an Bildungsanstalten. Gemeinsam mit Lehrern und Lehrerinnen der Bildungsanstalten wurde ein Versuchslehrplan für Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen mit dreijähriger Ausbildungsdauer erarbeitet. Der Ruf nach einer fachlich fundierten Ausbildung wurde insofern begründet, als dass die Absolventinnen zwar ausgebildet, aber nicht gebildet sind und die Gefahr des Versagens im Beruf einfach sehr groß ist. 473 Noch fehlte im neuen Lehrplan die Formulierung eines allgemeinen Bildungsziels dieses Schultyps. So wurde jedem einzelnen Gegenstand ein eigenes Ziel zugewiesen. Seit 1886 stieg die Zahl der Unterrichtsfächer bis zum Jahr 1932 von 8 auf 16 an. In den Pädagogischen Mitteilungen aus dem Jahre 1957 wies Niegl auf die Notwendigkeit hin, alle 17 Gegenstände berufsbezogen zu unterrichten womit die Allgemeinbildung wieder weniger Platz hatte wurden genau diese Reformen wieder entfernt eben unter anderem aufgrund des Mangels an Allgemeinbildung unter dem Anspruch, dieselbe Wertigkeit wie andere berufsbildende Schulen, wie beispielsweise die Schule für hauswirtschaftliche Berufe, zu erreichen. Mit dem Erlass von 1957 stand der neue Lehr- und Stundenplan für eine dreijährig Ausbildung fest. 474 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Verlängerung bzw. die Neuregelung der Ausbildung an Bildungsanstalten zu einer Aufwertung des Berufsprestiges geführt haben und eine qualitativ höhere Allgemeinbildung implementieren, weil sich die Verantwortlichen für die Reformen auch Zeit gelassen haben. Als eindeutig nachteilig zu bewerten sind die unmissverständlichen Gehaltsunterschiede bedingt durch die Vielfalt an Ausbildungsformen sowie das wesentlich geringere Berufsimage im Vergleich zu Volksschulpädagoginnen. Ein Indiz für dieses Imagedenken mag wohl sein, dass es der Berufsgruppe der Kindergärtnerinnen nicht gelungen ist, eine gewisse Professionalität zu entwickeln, die gesellschafts-politisch anerkannt ist. Das zeigt sich z.b. darin, dass Sachmittel, die für die Berufsausübung erforderlich sind, vom Kindergartenerhalter oft nicht als selbstverständliche Voraussetzung für eine qualitativ-hochwertige Arbeit gesehen werden. 473 Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 251 f.

179 Seite 179 Dieses Verständnis beeinflußte auch die Bewertung fachlicher Leistungen. Primär wurde die Persönlichkeit aufgrund des eigenen subjektiven Verständnisses bewertet, sekundär methodische Kenntnisse. (...). Weil die Kohärenz zwischen den Begriffen Bildung und Persönlichkei zugunsten der Verknüpfung mit dem Begriff Erziehung aufgelöst wurde, fanden fachliche Kompetenzen nur eine eingeschränkte Anerkennung. Eine separate Entwicklung ohne Affinität zu den anderen pädagogischen Berufen schien damit vorgezeichnet Die dreijährige Ausbildung an Bildungsanstalten Bildungsreform angesichts des Wirtschaftswunders Mit dem rapiden ökonomischen Aufschwung Anfang der 60er Jahre rückte die Bildungspolitik und somit auch der Kindergarten Ende der 60er, Anfang der 70er so sehr ins Zentrum des öffentlichen Interesses, wie es vorher u. a. auch wegen des traditionellen Familienbildes, nie möglich gewesen wäre. Angesichts des ungedeckten Bedarfs an qualifizierten Fachkräften begannen intensive Diskussionen darüber, ob das Bildungssystem geeignet sei, jene hochqualifizierten und hochflexiblen Arbeitskräfte hervorzubringen, die so dringend für die Bewältigung der zukünftigen Anforderungen gebraucht werden würden. In der Sorge, das Bildungssystem sei nicht geeignet, die vorhandenen Begabungsreserven auszuschöpfen, sprach man von Bildungsnotstand bzw. Bildungskatastrophe. 476 Angesichts der Überbetonung der kognitiven Förderung in dieser Anfangsphase der Bildungsreform, dies war auch die Zeit, in der man sich verstärkt auf die Rückbesinnung von ganzheitlichen Erziehungskonzepten konzentrierte, sollte sich Wissen im kindlichen Leben konkret widerspiegeln und sich im alltäglichen Handeln niederschlagen. Persönlichkeitsbildende Aspekte und soziale Kompetenzen genossen zur damaligen Zeit einen sehr hohen Stellenwert in der Kleinkindpädagogik. 477 Ab Herbst 1954 erarbeiteten verschiedene Fachlehrer der Bildungsanstalten einen Versuchslehrplan für eine dreijährige Ausbildung. Mit Erlaß vom 7. Mai 1957 (Zl /56 Verordnungsblatt 1957, Stück 3, Nr. 24, S. 36) erfolgte die Bekanntgabe der neuen Stundentafel und mit Erlaß vom 25. August 1958 /Zl /58 Verordnungsblatt 1958, Stück 10a, S. 2ff.) die vorbehaltliche Einführung des Versuchslehrplanes für eine dreijährige Bildungsdauer Netz, 1998, S Reimitz-Filipič, Judith: Am Puls der Zeit. Kindergartenbilanz zur Jahrtausendwende ein Versuch. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2000, Heft 1, S Reimitz-Filipič, 2000, S Baltruschat, 1986, S. 58.

180 Seite 180 Die Stundentafel für eine dreijährige Ausbildung: Lehrgegenstände Religion Erziehungslehre Spezielle Berufskunde Praktische Erziehungsarbeit Deutsch Mathematik Geographie Geschichte Staatsbürgerkunde und Rechtskunde Naturkunde Somatologie und Gesundheitslehre Bildnerische Arbeit Werken Handarbeit Gesang und Musiklehre Instrumentalmusik Hauswirtschaft Leibesübungen Unverbindliche Lehrgegenstände Lebende Fremdsprache Kurzschrift Instrumentalmusik Zahl der Wochenstunden im Ausbildungsjahr Verlauf der Ausbildung Tab. 16: Stundentafel der dreijährigen Ausbildung Baltruschat, 1986, S. 58.

181 Seite 181 Ein Vergleich der Stundentafel von ergibt ein ständiges Anwachsen der Lehrgegenstände bzw. Der Anzahl der Stunden. 480 Stundenzahl im Jahr Zahl der Lehrgegenstände Ausbildungsjahr Tab. 17: Vergleich der Stundentafeln von 1872 bis Die großen Forderungen innerhalb dieses Versuchslehrplans waren die Berufsbezogenheit und die Konzentration auf die Berufsausbildung. Für die berufsspezifischen Fächer wie Erziehungslehre, Spezielle Berufskunde sowie Praktische Erziehungsarbeit wurden die Lehrpläne zur Gänze neu gestaltet. 482 Um die Einheit von Theorie und Praxis zu gewährleisten, sollte der Lehrer für Erziehungslehre im ersten Ausbildungsjahr eine Wochenstunde und im zweiten und dritten Ausbildungsjahr je zwei Wochenstunden an der praktischen Erziehungsarbeit teilnehmen. Spezielle Berufskunde und Praktische Erziehungsarbeit mußten um eine sinnvolle Querverbindung zu garantieren von derselben Übungskindergärtnerin unterrichtet werden. Die Reihenfolge des Lehrstoffes für Spezielle Berufskunde wurde nicht verbindlich festgelegt, um bei aktuellen Gegebenheiten den Bezug zur Praxis herstellen zu können. Grundsätzlich wurde Spezielle Berufskunde als Konzentrationsfach aufgefaßt, das sein Lehrziel nur in engster Zusammenarbeit mit allen anderen Lehrgegenständen erreichen konnte; regelmäßige Besprechungen der zuständigen Lehrer wurden zur Voraussetzung für dieses fächerübergreifende Prinzip in der Ausbildung Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 59.

182 Seite 182 Die grundlegenden Veränderungen in der dreijährigen Ausbildungsform waren: Freigegenstände, wie z.b. Instrumentalmusik und Kurzschrift, sollten die Ausbildung vertiefen, Englisch als Fremdsprache wurde mit zwei Wochenstunden angeboten. Die wissenschaftliche Ausbildung zu vertiefen war ja das primäre Ziel und aus diesem Grunde wurden eben Fächer wie Mathematik oder Geschichte im Lehrplan etabliert, wenn auch im Vergleich zu den anderen Allgemeinbildenden Höheren Schulen die Wochenstundenanzahl geringer war. Durch die verstärkte berufsspezifische Ausrichtung wurde der Schultyp aber auch gleichzeitig noch stärker in die Richtung eines typischen Frauenberufs gedrängt. Das Hausfrauen-Image haftete an diesem Ausbildungsmodus, hauswirtschaftlicher Unterricht in der ersten Klasse nahm ein Wochenstundenausmaß von 4 Stunden ein und drängte das Berufsbildende stark in den Vordergrund. Das Berufsbild bzw. das Berufsimage wurde durch das Unterrichtsministerium sehr stark geprägt. So lautete es in der Neuordnung zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen folgendermaßen: 484 Bei der guten Kindergärtnerin herrscht das Sinngebundene, Anschauliche, handgreifliche, manuelle vor. (In: Verordnungen des Unterrichtsministeriums, 1957, Pädagogische Mitteilungen, Stück 1, 1957, S. 4.) Der steigende Kindergärtnerinnenmangel signalisierte einerseits eine zu spezifische Ausbildung, andererseits vielleicht, dass der Beruf doch nicht so beliebt war. 485 Besonders im Gegenstand Praktische Erziehungsarbeit wurde Wert darauf gelegt, das Theorie-Praxis Verhältnis auszubauen und zu vertiefen. Primäres Unterrichtsziel war es, Bildungsangebote zu individualisieren, in der Praxis war das konkret das Arbeiten mit Kindern in den Sozialformen der Einzelarbeit und der Kleingruppe. Weitere erstrebenswerte Erziehungsziele waren die Erziehung zur Selbstständigkeit, zu Verantwortungsbewusstsein sowie zielorientiertes Handeln und Lernen zu vermitteln. Diese Intentionen bzw. Kompetenzen sollten Schülerinnen im Rahmen ihrer Ausbildung erwerben und umsetzen. Das Fächerübergreifende Unterrichtsprinzip verlangte nach Koordination mit allen anderen Lehrgegenständen ausgehend vom berufsspezifischen Fach der sogenannten Berufskunde. Berufsbezogene Praktika konnten im Rahmen der Ausbildung einerseits an Übungskindergärten aber auch an ausgewählten dislozierten Praxisstätten durchgeführt werden. 484 Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 254.

183 Seite 183 Das war eine Ausweitung der berufsspezifischen Ausbildung durch private wie auch öffentliche Einrichtungen für Klein- und Schulkinder. Wichtig war, dass das Hospitieren und Praktizieren in möglichst kleinen Gruppen von etwa zwei bis drei Studierenden ermöglicht wurde. Entscheidend war in der berufsbezogenen Ausbildung das Prinzip der Kontinuität, das heißt, die Praktika fanden wöchentlich statt. Zusätzlich galt es im zweiten und dritten Ausbildungsjahr je zwei Praxiswochen zu absolvieren. Zwei- bis dreiwöchige Ferialpraktika bei Klein- und Schulkindern ergänzten das Erproben der theoretischenpraktischen Erkenntnisse. Die Verantwortung bezüglich der Ausbildungsqualität in den Besuchskindergärten und die Organisation der Außenpraktika oblag der praxisbetreuenden Übungskindergärtnerin. Eine wesentliche und umfassende Aufgabe der Praxislehrerin war die Anleitung der Schülerin zur schriftlichen Vorbereitung und zur Reflexion dieser durchgeführten praktischen Aktivitäten. 486 Der Versuchslehrplan zur Neugestaltung der Kindergärtnerinnenausbildung war gekennzeichnet von einer durchgehenden Berücksichtigung der zukünftigen Arbeit der Kindergärtnerin und Horterzieherin mit dem Klein- bzw. Schulkind. Im Zentrum der Versuche stand das Bemühen um eine Konzentration auf die Berufsausbildung. Diese Berufsbezogenheit drückte sich in der Forderung nach Zusammenarbeit der berufsspezifischen Fächer aus, aber auch in der Schwerpunktsetzung der allgemeinbildenden Fächer und der Neugestaltung des Gegenstandes Praktische Erziehungsarbeit. Kritisch anzumerken ist, daß der Stoffumfang und die hohe Stundenzahl ein intensives, selbständiges Auseinandersetzen mit einzelnen Themenbereichen verhinderten. Der Aspekt der Persönlichkeitsbildung mußte gegenüber der Wissensvermittlung zurückstehen. 487 Durch das Schulorganisationsgesetz vom 25. Juli 1962, BGBL. Nr. 242, erhielt das Bildungs- und Erziehungssystem eine völlig neue Regelung. Die Kompetenztrennung zwischen Bund und Land war eine gravierende Veränderung. Dadurch oblag von nun an bis heute die Zuständigkeit für Kindergärten den Ländern, der Bund war und ist für die Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen zuständig. Das heißt, dass nun neun unterschiedliche Landeskindergartengesetze in Österreich vorhanden sind. Die Freiwilligkeit des Kindergartenbesuchs ist allen Bundesländern gemeinsam, ebenso ist das Eintrittsalter der Kinder von 3 Jahren ein einheitliches Kriterium. Alle neun Bundesländer haben die 486 Vgl. Baltruschat, 1986, S. 59 f. 487 Baltruschat, 1986, S. 60.

184 Seite 184 Zielsetzung, dass die Bildungsarbeit im Kindergarten von Fachinspektorinnen kontrolliert werden muss. Die Förderung des Kindes in seiner Gesamtpersönlichkeit ist primäres Ziel aller Kindergärten Österreichs. 488 Es ist nicht einfach, über die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, über deren tatsächliche fachlichen Inhalte, die an Bildungsanstalten vermittelt wurden, zu berichten. Anton Simonics Kindergartenpädagogik (Wien 1931) wurde nach 1945 nicht neu aufgelegt, fand aber Verwendung. Anton Simonics und Franz Hörburgers dreibändiges Handbuch der Pädagogik (Band 1: Philosophischer Einführungsunterricht, Wien Band 2: Pädagogische Psychologie, Wien Band 3: Erziehungs- und Unterrichtslehre, Wien 1953.) dessen dritter Band infolge der politischen Umwälzungen des Jahres 1938 erst 1953 erschien, wurde nach 1945 im verstärkten Maß das Gerüst für den Pädagogikunterricht an Lehrerbildungsanstalten. Der Erlaß vom 27. November 1953, Zl IV15/53 (Verordnungsblatt 1958, Stück 7, S. 166), erklärte dieses dreibändige Handbuch der Pädagogik als Hilfsbuch für den Unterricht an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen. In Ermangelung spezifischer Fachliteratur wurden damit einzelne Abschnitte für die Vorbereitung des Lehrers auch für die Ausbildung der Kindergärtnerin als geeignet erklärt. 489 Agnes Niegl war die Herausgabe des Buches: Gegenwartsfragen der Kindergartenerziehung zu verdanken. Sie arbeitete damals im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und veröffentlichte 1950 dieses Werk. Dieses Fachbuch, das aufgrund zweier Fortbildungsveranstaltungen zustande kam, bildete die Diskussionsgrundlage für die zukünftige Didaktik in der Kindergartenarbeit, die im Fach der Speziellen Berufskunde vermittelt wurde. Die Methodenfrage in der Kindergartenarbeit wurde in dem von Margarethe Schmaus 1958 veröffentlichten Buch Die Bildungsarbeit der Kindergärtnerin konkretisiert. In diesem Fachbuch waren wertvolle methodisch-didaktische und praxisbezogene Anregungen wie z.b. Spiel-, Spruch-, Sing- und Erzählgut enthalten. Margarethe Schmaus war es ein Anliegen, den praktizierenden und in der Ausbildung stehenden Pädagogin- 488 Vgl. Gary, 2006, S. 254 f. 489 Baltruschat, 1986, S. 60.

185 Seite 185 nen den neuen Aspekt zu vermitteln, nämlich dass Bildung und Erziehung nicht mehr zwei getrennte Größen darstellen. 490 Die Anerkennung der Gesamtheit von Erziehung und Bildung bewirkte eine Betonung der bildenden Momente innerhalb der Gesamterziehungsarbeit des Kindergartens. Damit begann in Österreich eine Diskussion über die Planung und Durchführung der Bildungsangebote im Kindergarten, die bis heute noch im Gange ist. Grundsätzlich unterschied Schmaus die Bildungsarbeit, bei der die Kindergärtnerin selbst die Werte übermittelte (M. Schmaus, Wien 1958, S. 9). Demzufolge sollte die Kindergärtnerin Bildungsvorgänge durch Bereitstellen und Zugänglichmachen des geeigneten Materials und die Bereitung möglichst reicher Spielsituationen (M. Schmaus, Wien, 1958, S. 9) provozieren bzw. durch Orientierung an einer Jahresplanung selbst Bildungswerte vermitteln. 491 Schmaus schreibt in ihrem Vorwort zur 3. Auflage ihres Buches Die Bildungsarbeit der Kindergärtnerin, das 1974 erschien, die Kindergärtnerin muss entsprechend den sich verändernden Umständen des Lebens ihre pädagogische Arbeit immer wieder überprüfen. Sie meint, aufgrund der Tatsache, dass die Lebensbedingungen der Kinder anders geworden sind und nicht in allem besser ergeben sich somit für die Pädagogin völlig neue Aufgaben. 492 Alle Fragen nach dem Wert und der Gültigkeit der Kindergartenarbeit hängen von dem richtigen Begriff vom Wesen des Kindergartens ab. An einem solchen mangelt es jedoch sehr. Der Kindergarten wurde und wird auch heute noch nicht allgemein als eine pädagogische Institution aufgefaßt. Das erklärt sich aus der Tatsache, daß er nicht nur in Notzeiten, sondern auch in Zeiten des Wohlstandes von sozialfürsorgerischen Aufgaben stark beansprucht wurde. So segensreich er dadurch wirken konnte, so sehr entfernte er sich dadurch von seiner eigentlichen Bestimmung, die speziell pädagogischer Art ist. Allein die stark überhöhten Besucherfrequenzen, die in Erfüllung der sozialfürsorgerischen Aufgabe eintreten, lassen pädagogische Leistungen nicht in hinreichendem Maße zu, abgesehen von anderen das Pädagogische hemmenden Umständen. [...] Trotz großer Leistungen in der äußeren Organisation leidet der Kindergar ten heute an ungelösten inneren Problemen. Sie rühren von den eingangs erwähnten gewandelten Lebensbedingungen des heutigen Menschen her. Dieser Wandel wirft Fragen auf, die an sich nicht neu sind, aber je nach dem Zeiten wandel einer immer wieder neuen Lösung zugeführt werden sollten Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Schmaus, Margarete: Die Bildungsarbeit der Kindergärtnerin. Wien 1974, S Schmaus, 1974, S. 10 f.

186 Seite 186 Schmaus schließt ihr Vorwort mit dem Gedanken, das Buch gegen die Programmlosigkeit eines Kindergartens geschrieben zu haben. Sie betont die Werte, die in der pädagogischen Bildungsarbeit liegen und sensibilisiert Pädagoginnen, neue Wege in der Bildungsarbeit zu entdecken und zu gehen, um das Notwendige tatsächlich zu erreichen. Wege, die für Kinder und Pädagoginnen wertvoll sind, sie zu gehen. 494 Im Vergleich zur Zeit vor 1938 bedeutet die Weiterentwicklung der Planung nach Bildungsbereichen die endgültige Abkehr von pflegerischen und bewahrenden Aspekten frühkindlicher Erziehung. Zugleich wurde die Notwendigkeit einer längerfristigen zusammenhängenden Planung, welche im Lebens- und Erfahrungsbereich der Kinder wurzelte, betont. Als weiterer Lehrbehelf müssen die Arbeitsblätter für die Schulreife- Entwicklungshilfe von E. Baar angeführt werden. (W. Baar: Schulreife- Entwicklungshilfe, für die 3. Auflage neu bearbeitet von Tschinkel. I. Pädagogik der Gegenwart 801, Wien, 4. Auflage 1968.) 495 Die Nahtstellen zwischen Kindergarten und Schule sollte so harmonisch wie möglich gestaltet und geschlossen werden. Diese pädagogische Aufgabe wurde durch die 1952 getroffene gesetzliche Neuregelung der Schulpflicht wieder aktuell. Diese Regelung vom 11. Februar 1952 besagte, dass die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September beginnt. Diese gesetzliche Regelung hatte zur Folge, dass sich die Zahl der Sechsjährigen im Kindergarten erhöhte, da nicht mehr alle Kinder, die im Laufe des Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollendeten, schulpflichtig waren. Daraufhin wurden in Wien sogenannte Übergangsgruppen eingerichtet, in denen Kinder, die erst im Laufe des Herbstes das 6. Lebensjahr erreichten oder auf ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt waren, betreut wurden. Diese von Dr. Ingeborg Tschinkel 496 entwickelten Arbeitsmaterialien werden zum Teil auch noch heute in weiterentwickelter Form zur Schulreife- Entwicklungshilfe für Fünf- bis Sechsjährige verwendet Vgl. Schmaus, 1974, S Baltruschat, 1986, S Dr. Ingeborg Tschinkel: Pädagogin, die sich primär mit basaler Begabungsförderung im Kindergarten befasste. 497 Vgl. Baltruschat, 1986, S. 62 f.

187 Seite Die vierjährige Ausbildung an Bildungsanstalten 1962 wurde der Ausbildungsmodus auf vier Jahre verlängert und der Schultyp zählte von nun an zu den mittleren Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung. (BGBL. Nr. 242/1962, in: SCHUG., Informationsblatt für Schulbildung und Gleichstellung, Nr. 6, (Hg.), Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Wien 1993, S. 9.) Diese gesetzlichen Grundlagen waren für die Fachausbildung bestimmend und haben bis 1985/86 gegolten. Neu war in dieser Fassung der gesetzlichen Regelung, dass das Eintrittsalter in diesen Schultyp an die achte Schulstufe anknüpfte. Erstmals wurden in dieser Verordnung zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen Termini wie Berufswissen, Berufskönnen und Berufsgesinnung verwendet. Die Anforderungen, die diese Begriffe implizieren, werden in der Eignung vorausgesetzt, bzw. sollten diese Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bewusstsein der angehenden Kindergärtnerinnen sein. 498 Erst die bildungspolitische Diskussion ab Mitte der 60er Jahre, die auch das Selbstverständnis der Kindergartenarbeit berührte, eröffnete die Chance, Professionalisierungstendenzen auch für den Beruf der Kindergärtnerin Geltung zu verschaffen, die wegen der sozialpflegerischen Orientierung verschüttet schienen. 499 Der Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Wachstum und der Effizienz des Bildungswesen wurde von Bildungsforschern durchleuchtet und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Qualität der beruflichen Tätigkeiten einer Kindergärtnerin. Somit war das Interesse an dieser Berufsgruppe der Kindergärtnerinnen plötzlich groß und stand im Mittelpunkt der öffentlichen bildungspolitischen Diskussionen. 500 Die Heranbildung von Horterzieherinnen erfolgte ebenfalls an den Bildungsanstalten. Dafür mußten in der 4. Klasse zusätzliche Unterrichtsveranstaltungen besucht und Prüfungen abgelegt werden. Weiters eröffnete das Gesetz die Möglichkeit, an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen nach Bedarf Lehrgänge zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen zu Sonderkindergärtnerinnen einzurichten Vgl. Gary, 2006, S Netz, 1998, S Vgl. Netz, 1998, S Baltruschat, 1986, S. 64.

188 Seite 188 Durch diese Veränderung im Ausbildungsmodus, nämlich der Verlängerung um ein Jahr, wurde die versuchsweise dreijährige Ausbildung eingestellt und eine zeitliche Lücke zwischen Pflichtschule und Berufsbildung geschlossen. Zu dieser Zeit wurde aber bereits die fünfjährige Ausbildungsdauer der Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen angedacht. 502 Die Aufnahme in eine Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen setzte die erfolgreiche Erfüllung der ersten acht Jahre der allgemeinen Schulpflicht und die positive Ablegung einer Eignungsprüfung voraus. Im Schulunterrichtsgesetz wurden für die Eignungsprüfung folgende Schwerpunkte festgelegt (Bundesgesetzblatt 139/1974, 3. Abschnitt): eine schriftliche Arbeit mit berufsbezogener Themenstellung in Deutsch; die Überprüfung der Sprechfähigkeit; die Feststellung der körperlichen Gewandtheit und Belastbarkeit; der musikalischen Bildbarkeit und der Gestaltungsfähigkeit auf dem Gebiet des Werkens. (Eine schriftliche und mündliche Prüfung in Mathematik erfolgte nur, wenn die Note im Jahreszeugnis der Abschlußklasse schlechter als gut war.) Die Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 22. Juli 1964 (Bundsgesetzblatt 167/1964) setzte den neuen Lehrplan für die vierjährige Ausbildung in Kraft. 503 Die Stundentafel für die vierjährige Ausbildung zur Kindergärtnerin und Horterzieherin (unter Berücksichtigung der Änderungen durch Verordnungen in den Bundesgesetzblättern Nr. 444/1975, 320/1978, 574/1978 und 478/1980): Für die Ausbildung zur Kindergärtnerin Horterzieherin Wochenstundenanzahl Pflichtgegenstand 1. Kl. 2. Kl. 3. Kl. 4. Kl. 4. Kl. Religion Pädagogik Spezielle Berufskunde Kindergartenpraxis Hortpraxis Deutsch Mathematik Geschichte und Sozialkunde Geographie und Wirtschaftskunde Rechtskunde Naturkunde Gesundheitslehre Musikerziehung Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 64.

189 Seite 189 Gitarre Instrumentalmusik/Flöte Bildnerische Erziehung Werkerziehung Mädchenhandarbeit Hauswirtschaft Leibeserziehung Ergänzende Unterrichtsveranstaltungen Gesamtwochenstundenanzahl Freigegenstände: Englisch Slowenisch Kroatisch Ungarisch Instrumentenbau Rhythmisch-musikalische Erziehung Stenotypie Unverbindliche Übungen: Chorgesang Spielmusik Literaturpflege Darstellendes Spiel Sprecherziehung Leibeserziehung Förderunterricht: Deutsch Mathematik Musikerziehung (2) (2) (1) (1) (1) (1) Tab. 18: Stundentafel der vierjährigen Ausbildung (1) (1) (1) Der Umfang dieser Stundentafel zeigt 21 Pflichtgegenstände, allerdings ohne die Zusatzausbildung zur Horterzieherin. Dadurch ergeben sich in der ersten und vierten Klasse 33 Wochenstunden und in der zweiten und dritten Klasse fallen 34 Wochenstunden an. Zusätzlich werden berufsspezifische Fächer wie Instrumentenbau oder Rhythmisch-musikalische Erziehung als Freigegenstände eingeführt. Ergänzende Unterrichtsveranstaltungen sollten die Ausbildung vertiefen und durch Fachreferenten, die aktuelle und berufsbezogene Themen behandeln, abgedeckt sein. Die Bildungs- und Lehraufgabe der einzelnen Unterrichtsgegenstände war in differenzierten Lehrplänen ausformuliert. 505 Diesen Unterrichtsgegenständen waren noch didaktische Grundsätze als Ergänzung zugrundegelegt und betonten darüber hinaus bestimmte Inhalte: Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 66.

190 Seite 190 die Berücksichtigung der Ergebnisse des Praktizierens und Hospitierens als Voraussetzung für zielführenden Unterricht; die Notwendigkeit einer Konzentration der Pflichtgegenstände Pädagogik Spezielle Berufskunde Kindergartenpraxis ; die Wahrung der Berufsbezogenheit durch Querverbindungen mit anderen Unterrichtsgegenständen. 507 Laut Statistik des Unterrichtsministeriums besuchten 1979/ Mädchen die 26 Bildungsanstalten in Österreich. Davon traten 1096 Kandidatinnen zur Befähigungsprüfung an, von denen 20 Schülerinnen negativ abschlossen, aber 284 mit ausgezeichnetem Erfolg Dazu eine Übersicht über die Bundesbildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen in Österreich aus dem Jahre 1980/81 Bundesland Öffentliche Bildungsanstalten Private Bildungsanstalten Kärnten 1 - Niederösterreich 2 2 Oberösterreich 3 2 Salzburg 1 2 Steiermark 3 1 Tirol 1 2 Vorarlberg - 1 Burgenland 1 - Wien 1 5 gesamt Tab. 19: Übersicht der österreichischen Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen aus dem Jahre 1980/ Mit insgesamt 18 Wochenstunden und sieben Praxiswochen nahm die Kindergartenpraxis eine wichtige Stellung im Ausbildungskonzept ein. Der Aufbau der praktischen Ausbildung erstreckte sich vom Hospitieren, als Grundlage für Analysen und Anfertigen von Beobachtungsprotokollen, über die erste Einführung in die Kindergartenarbeit und das Erstellen von schriftlichen Vorbereitungen bis zum selbständigen Praktizieren im Kindergarten nach eigenständiger Planung. Ein begrenztes Praktikum in der dritten Klasse im Hort sollte zur Klä- 507 Baltruschat, 1986, S Vgl. Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 257.

191 Seite 191 rung der Frage beitragen, ob die zusätzliche Ausbildung zur Horterzieherin in der vierten Klasse angestrebt wird. 510 Neu waren in diesem Lehrplan unter anderem in den drei berufsbildenden Unterrichtsfächern Pädagogik, Spezielle Berufskunde und Kindergartenpraxis die Erweiterung des Lehrstoffes bzw. eine konkrete Differenzierung der Inhalte. Besonderes Augenmerk wurde der Verknüpfung dieser drei vorhin genannten Unterrichtsgegenstände beigemessen, wobei die Betonung in den ersten beiden Ausbildungsjahren lag. Dieser fächerübergreifende Unterricht sollte eine gut fundierte und praxisnahe Ausbildung gewährleisten. Die Entfaltung der Erzieherpersönlichkeit war ein weiteres wesentliches Ausbildungsziel, welches durch ein spezielles Verhaltenstraining in der dritten und vierten Klasse ermöglicht wurde Die Ausbildung zur Horterzieherin an Bundesbildungsanstalten Gemäß 94, Absatz 2 des SCHOG erfolgte die Ausbildung zur Horterzieherin durch Hinweise im Rahmen des gesamten Unterrichts in den verschiedenen Pflichtgegenständen während der vierjährigen Ausbildung zur Kindergärtnerin und durch den Besuch zusätzlicher Pflichtgegenstände Pädagogik Spezielle Berufskunde Hortpraxis Deutsch Mathematik Ergänzender Unterricht im vierten Ausbildungsjahr. Die Anzahl der Wochenstunden erhöht sich auf 40 (ohne Freigegenstände). Die Entscheidung für die zusätzliche Ausbildung zur Horterzieherin wurde von den Schülerinnen getroffen. 512 Kritisiert wurde an diesem Ausbildungsmodus, dass eine intensivere Einführung und Vorbereitung auf die zukünftigen Aufgaben einer Horterzieherin fehlen. Eine sinnvolle Neuregelung wurde erst im Schuljahr 1985/86 im Umgestaltungsprozess zur fünfjährigen Ausbildung getroffen Baltruschat, 1986, S. 66 f. 511 Vgl. Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 67.

192 Seite Die Befähigungsprüfung in der vierjährigen Ausbildungsform an Bildungsanstalten Eine Regelung der Befähigungsprüfung erfolgte vorerst durch den Erlaß vom 2. Oktober 1972 (Verordnungsblatt 1972, 12. Stück, r. 151, S. 370). Seit 1975 bildete ein Bundesgesetz die Grundlage für die Durchführung der Befähigungsprüfung. Diese bestand aus fünfstündigen schriftlichen Klausurarbeiten in den Gegenständen: Pädagogik Spezieller Berufskunde und Deutsch und aus mündlichen Teilprüfungen in den Gegenständen Pädagogik Spezieller Berufskunde sowie in einem frei gewählten Pflichtgegenstand. Die zusätzliche Befähigungsprüfung für Horterzieherinnen umfaßte weitere mündliche Teilprüfungen in Pädagogik Spezieller Berufskunde Deutsch und Mathematik. 514 Natürlich konnte gemäß 98 des SCHOG die Befähigung zur Kindergärtnerin auch durch die erfolgreiche Ablegung einer Externisten-Prüfung erworben werden. Entscheidende Pflichtgegenstände für die Externisten-Befähigungsprüfung waren: Bildnerische Erziehung Leibeserziehung Instrumentenbau Werkerziehung Kindergarten- und Hortpraxis Für die Zulassung bzw. die Ablegung der Externistenprüfung war die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in diesen Gegenständen Voraussetzung Baltruschat, 1986, S. 67 f. 515 Vgl. Baltruschat, 1986, S. 68.

193 Seite Statistische Übersicht über die Entwicklung der Ausbildung der Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen Die Entwicklung dieser Berufsgruppe forcierten über die Jahre den kontinuierlichen Ausbau an Bildungsanstalten aber auch die Anhebung des Bildungsniveaus sowie die Verlängerung der Ausbildungsdauer für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen. Dazu eine Tabelle, die einen Überblick über die Weiterentwicklung der Bildungsanstalten von 1923/24 bis zum Schuljahr 1984/85 bieten soll. Quelle: Statistisches Handbuch für die Republik Österreich, XXXI. Jg. Hrsg. Österreichisches Statistisches Zentralamt, Wien 1984). 516 Schuljahr Schulen Klassen 1923/ / / / / / / / / / / / / / / / / / Ordentliche Schülerinnen der Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen absolute Indexzahlen Zahlen Tab. 20: Übersicht über die Entwicklung der Bildungsanstalten in Österreich 517 Als Folge des sprunghaften Anstieges der ordentlichen Schülerinnen (in den Schuljahren 1968/69 bis 1978/79 um 102%) gab es ein Überange- 516 Baltruschat, 1986, S Baltruschat, 1986, S. 69.

194 Seite 194 bot an Kindergärtnerinnen und damit Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Arbeitsplätzen. Diese Tatsache bewirkte zwischen 1978 und 1980 eine Verringerung der Auszubildenden um ca. 13%. 518 In Deutschland sah zur damaligen Zeit die Situation der Kindergärtner folgendermaßen aus: Aus der Diskrepanz zwischen den aufgrund des sozialen Wandels gewachsenen Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit der Kindertageseinrichtungen und einer traditionellen Frauen- und Familienpolitik erwuchs in den 1980er Jahren die Krise des Erzieherinnenberufs. Der Attraktivitätsschwund des Berufs stand selbstverständlich in Zusammenhang mit der politisch und ökonomisch vollzogenen Angleichung der Bildungsund Berufschancen von Männern und Frauen, in die jedoch das Kindergartenwesen und die dort beschäftigten weiblichen Fachkräfte nicht einbezogen worden waren. Das gesellschaftliche Ansehen war auf den Nullpunkt gesunken. Die Geringschätzung hatte noch sehr viel mit der landläufigen Meinung zu tun, erziehen kann jede(r), was sich unter anderem auch darin ausdrückte, dass den Berufsträgerinnen kein eigenes vom Geschlecht unabhängiges Professionswissen zugestanden wurde. 519 Was waren aber nun Gründe für die starke Erzieherfluktuation in den 1980er Jahren? Es zeichnet sich diesbezüglich ein klarer Wandel in der Berufsmotivation der Kindergärtnerinnen ab. In erster Linie wurde dieser Beruf von ihnen gewählt, weil sie sich für die Art der beruflichen Tätigkeit interessierten und eine gewisse berufliche Wertorientierung wie z.b., Kreativität, Selbstständigkeit und Selbstentfaltung im Beruf versprachen. Tatsächlich erlebten die Kleinkindpädagoginnen sehr oft einen Mangel an Fort und Weiterbildungsmöglichkeiten, die wiederum zu einem beruflichen Aufstieg führen hätten können, bzw. teilweise waren die Arbeitsbedingungen so schwierig, dass die berufliche Frustration wuchs und so manche Pädagogin den Beruf aufgab. 520 Zugleich zeigten aber Teile der Berufsgruppe die Neigung, ihre eigene Abwertung zu betreiben, indem sie sich mit dem defizitären Berufsbild identifizierten, ihre Überforderung im Beruf auf die Unzulänglichkeiten der Ausbildung zurückführten und mit den Klagen über den Mangel an Männer in ihrem Beruf mit dazu beitrugen, dass die Geschlechterordnung, die in den 1980er Jahren den bildungs- und berufspolitischen Entscheidungen zugrunde lag und noch nicht mit 518 Baltruschat, 1986, S Ebert, 2006, S Vgl. Ebert, 2006, S. 228.

195 Seite 195 aller Macht politisch aufrechterhalten wurde, noch nicht dekonstruiert werden konnte. 521 Liegle L. 522 nennt als Faktoren, die das Ende der Reformbewegung in Deutschland bedingt haben: die wirtschaftliche Rezession die Desillusionierung der Politik der Chancengleichheit die allgemeine Reformmüdigkeit 523 In Deutschland herrschten in den 80er Jahren rigorose Sparmaßnahmen, sodass es in Kindergärten aufgrund von Sachzwängen zu finanziellen Einschränkungen kam, was wiederum zu großen Gruppen und unzureichender personeller Besetzung führte. In diesem Kontext verlor der Kindergarten an Bildungs- und Betreuungsqualität. Die Diskussion über den Erziehungs- und Bildungsauftrag des Kindergartens war also berechtigt Die fünfjährige Ausbildung an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Mit der 7. Schulorganisations-Novelle vom 30. Juni 1982 BGBL. Nr. 365/1982 des Unterrichtsministeriums hatte eine völlig neue Ära begonnen. Seit dem Schuljahr 1985/86 gibt es nämlich den Abschluss an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen mit Matura. Die Ausbildungszeit ist damit auf fünf Jahre verlängert und die Institution in Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik umbenannt worden. (SCH.U.G., Informationsblatt für Schulbildung und Gleichstellung, Nr. 6, [Hg.], Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Wien 1993, S. 8.) Mit dieser Neuregelung wurde auch die Berufsbezeichnung neu definiert. Statt Kindergärtnerin und Horterzieherin lautet die korrekte Bezeichnung nun Kindergarten- und Hortpädagogin. Dadurch wurde die oftmals kritisierte Bildungssackgasse, bedingt durch die vierjährige Ausbildungsform ohne Matura, ein für allemal überwunden. Trotzdem ist aber die spezifische Berufsausbildung das vordergründige Ausbildungsziel. (Sprin- 521 Ebert, 2006, S. 228 f. 522 Liegle, L.: Die Reform des Elementarbereichs im internationalen Zusammenhang. In: Zimmer, Jürgen (Hg.): Erziehung in früher Kindheit (= Enzyklopädie Erziehungswissenschaft, Band 6). Stuttgart 1985, S Charlotte Bühler-Institut (Hg.): Bildungsziele und Funktionen des Kindergartens aus der Sicht der Kindergärtnerinnen. Forschungsbericht. Wien 1995, S. 29.

196 Seite 196 ger, R. Die Ausbildung der Kindergärtner(innen) und Erzieher ab 1985/86. In: Erziehung und Unterricht, 132, Jg., Heft 9/10, Wien 1982, S. 789.) 524 Das allgemeine Bildungsziel und die allgemeinen didaktischen Grundsätze der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik werden im BGBL. Nr. 514/1992 beschrieben: Als Experten des Erziehens für den gesamten vorschulischen Bereich und als Mitglied einer demokratisch strukturierten Gesellschaft sollen die Kindergartenpädagoginnen eine Dienstleistung erbringen können, die durch Vorbild, erzieherische Entscheidungsreife und kindergartendidaktische Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Dazu bedarf es auch der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung in der Ausbildungszeit. In diesem Sinne sollen alle Unterrichtsgegenstände über die Vermittlung der fachspezifischen Lerninhalte hinaus ihren Beitrag zur Förderung der Erlebnisfähigkeit und des Problembewusstseins, des selbständigen Denkens, der allseitigen sprachlichen Bildung, der Kreativität, Emotionalität und Innovationsfähigkeit und damit der intellektuellen, sittlichen und sozialen Mündigkeit leisten. 525 Mit dieser Neuordnung der Ausbildung erfolgte die Umwandlung des Schultyps in eine höhere Schule. Damit sollte auch dem Anspruch der gegenwärtigen Situation des Kindergartens mit seinen erhöhten Anforderungen, die der Bildungs- und Erziehungsauftrag an die Kindergartenpädagogin stellt, Folge geleistet werden. Der Lehrstoff dieses 1985 in Kraft getretenen Lehrplans beinhaltet im allgemeinen den AHS-Lehrstoff, wenn auch in etwas eingeschränkter Form. Durch diese Ausbildungsform, die die vorhin genannte Bildungssackgasse beendete, war nun der Hochschulzugang legitimiert. Für Absolventinnen der Bildungsanstalt besteht nun auch die Möglichkeit, durch ein zusätzliches Studium die Qualifikation für Führungspositionen im Kindergartenwesen, bzw. für eine Lehrtätigkeit in der Fachausbildung im Kindergartenwesen zu erwerben. Dadurch ist es möglich, sich beispielsweise durch diese Lehrtätigkeit im Fachunterricht an der Weiterentwicklung des Kindergartenwesens zu engagieren Vgl. Gary, 2006, S. 257 f. 525 Gary, 2006, S Vgl. Baltruschat, 1986, S. 70.

197 Seite 197 Die Bildungsanstalten sind für Mädchen und Burschen konzipiert. Somit kann der männliche Einfluß in der institutionellen Kleinkinderziehung eine wesentliche Ergänzung für diesen bis jetzt nur Frauen vorbehaltenen Beruf werden. 527 Die Stundentafel der fünfjährigen Ausbildung nach dem alten Lehrplan (auslaufend - gültig bis Juli 2008) Wochenstundenzahl Klasse Pflichtgegenstände Summe Religion Pädagogik (einschließlich Pädagogische Psychologie, Pädagogische Soziologie, Philosophie) Heil- und Sonderpädagogik Didaktik (insbesondere Didaktik der Kindergarten- und Vorschulerziehung) Kindergartenpraxis 1) Deutsch (einschließlich Sprecherziehung, Kinder- und Jugendliteratur) Lebende Fremdsprache Englisch Geschichte und Sozialkunde *) 1 *) 2 7 Geographie und Wirtschaftskunde Rechtskunde und Politische Bildung *) 1 *) 2 Mathematik Physik Chemie Biologie und Umweltkunde Gesundheitslehre Musikerziehung Instrumentalunterricht Gitarre 2) 2 Flöte 2) /1 1/ /5 3/2 Rhythmisch-musikalische Erziehung ,5 0,5 2 Bildnerische Erziehung 2) /2 8/10 Werkerziehung 2) /0 12/ Baltruschat, 1986, S. 70.

198 Seite 198 Leibeserziehung Verbindliche Übungen Ergänzende berufskundliche Unterrichtsveranstaltungen 2-2 *) - *) 2 6 Gesamtwochenstundenzahl Freigegenstände Slowenisch Italienisch Instrumentalunterricht Gitarre Instrumentalunterricht Flöte Unverbindliche Übungen Chorgesang 3) Praxisanleitung ) Praxiswochen: Sieben Wochen, auf die einzelnen Klassen laut Lehrplan verteilt. 2) In der 4. Klasse Gitarre oder Flöte bzw. in der 5. Klasse Bildnerische Erziehung oder Werkerziehung nach Wahl der Schüler. 3) Kann als Mehrklassenkurs geführt werden. 4) Kann nur einmal im Rahmen der Ausbildung besucht werden. *) Schulautonome Lehrplanbestimmung Tab. 21: Stundentafel der 5-jährigen Ausbildungsform (gültig bis Juli 2008) 528 Ergänzende berufskundliche Unterrichtsveranstaltungen sind als verbindliche Übungen zu besuchen darunter im ersten Jahr immer noch ein hauswirtschaftlich-gesundheitliches Fach, im dritten Jahr noch zusätzlich Kindergartenpraxis, im vierten Jahr Figurenspiel und Verkehrserziehung und im fünften Jahr zwei Stunden Buchhaltung. Die Gesamtstundenzahl (in Klammer) ergibt sich aus den in der Tabelle nicht eigens angeführten zusätzlichen Übungen bzw. den Mehrstunden für SchülerInnen der Hortausbildung. Im Schuljahr 1996/97 war der Zustrom zu den Bildungsanstalten groß, die Schulen werden vom Unterrichtsministerium als besonders gut besucht bezeichnet. (Quelle: Telefoninterview mit Dr. Klaus-Peter Diemert im Oktober 1997, Unterrichtsministerium, zuständig für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen.) Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Klagenfurt (Hg.): Stundentafel BAKIP. 5-jährige Ausbildung (auslaufend). o.j. Stand: Gary, 2006, S. 260 f.

199 Seite 199 Die Stundentafel der fünfjährigen Ausbildung nach neuem Lehrplan (gültig ab ) Wochenstundenzahl Klasse Pflichtgegenstände Summe Religion Pädagogik (einschließlich Pädagogische Psychologie, Pädagogische Soziologie, Philosophie) Heil- und Sonderpädagogik Didaktik (insbesondere Didaktik der Kindergarten- und Vorschulerziehung) Kindergartenpraxis 1) Deutsch (einschließlich Sprecherziehung, Kinder- und Jugendliteratur) Lebende Fremdsprache Englisch Geschichte und Sozialkunde Geographie und Wirtschaftskunde Mathematik Physik Chemie Biologie und Umweltkunde (einschl. Gesundheit und Ernährung) Musikerziehung Instrumentalunterricht Gitarre 2) 2 Flöte 2) - Rhythmisch-musikalische Erziehung /1 1/ /5 3/ Bildnerische Erziehung Werkerziehung Textiles Werken Seminar Bildnerische Erziehung, Werkerziehung und Textiles Gestalten Bewegungserziehung - 0,5 0,5 1,5 2 4,5 Bewegung und Sport 2 1,5 1,5 1,5-6,5 Informationsmanagement und Medien Seminar Organisation, Management und Recht

200 Seite 200 Seminar Ernährung mit praktischen Übungen Verbindliche Übungen Seminar Kommunikationspraxis und Gruppendynamik Gesamtwochenstundenzahl Freigegenstände Seminar Stimmbildung Slowenisch Italienisch Instrumentalunterricht Gitarre Instrumentalunterricht Flöte Unverbindliche Übungen Chorgesang 3) Förderunterricht Deutsch 4) Englisch 4) Mathematik 4) ) Praxiswochen: 8 Wochen, auf die einzelnen Klassen laut Lehrplan verteilt. 2) In der 4. Klasse Gitarre oder Flöte nach Wahl der Schüler. 3) Kann als Mehrklassenkurs geführt werden. 4) Als Klassen- oder Mehrklassenkurs durch einen Teil des Unterrichtsjahres. Tab. 22: Stundentafel der fünfjährigen Ausbildung nach dem neuen Lehrplan ( ) Die Reife- und Diplomprüfung im Rahmen der fünfjährigen Ausbildung an Bundbildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Die Reife- und Diplomprüfung besteht aus zwei Teilen: Vorprüfung zur Reife- und Diplomprüfung Reife- und Diplomprüfung 530 Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Klagenfurt (Hg.): Stundentafel BAKIP. 5-jährige Ausbildung nach neuem Lehrplan. o.j. Stand:

201 Seite 201 Vorprüfung zur Reife- und Diplomprüfung Die Vorprüfung ist eine mündliche Prüfung aus einem frei gewählten Fach und findet am Anfang, meistens in der 1. Schulwoche der 5. Klasse, statt. Folgende Gegenstände stehen zur Wahl: Mathematik Physik Chemie Biologie und Umweltkunde Geografie und Wirtschaftskunde Die Wahl des Vorprüfungsfaches muss mittels eines Formulars spätestens in der letzten Schulwoche der 4. Klasse getroffen werden. Durchführung der Reife- und Diplomprüfung 1. Teil: Die schriftliche Klausur: Sie umfasst folgende Gegenstände: Deutsch Englisch Pädagogik oder Didaktik Die Möglichkeit der Diplomarbeit: Statt der Klausur in Pädagogik oder Didaktik kann auch eine Diplomarbeit geschrieben werden. 2. Teil: Die mündlichen Prüfungsgebiete: Aus jeder der drei folgenden Gruppen ist ein Fach zu wählen: Gruppe A Gruppe B Pädagogik oder Didaktik (jenes Fach, das nicht schriftlich gewählt wurde) oder Pädagogik und Didaktik (falls eine Diplomarbeit geschrieben wurde) Gruppe C Religion Heil- und Sonderpädagogik Musikerziehung/Instrumentalmusik Musikerziehung und Rhythmischmusikalische Erziehung

202 Seite 202 Deutsch Englisch Geschichte Slowenisch Bildnerische Erziehung Werkerziehung Leibeserziehung Leibeserziehung und Rhythmischmusikalische Erziehung Rhythmisch-musikalische Erziehung Tab. 23: Mündliche Reife- und Diplomprüfung Zwei der gewählten Gegenstände können auch fächerübergreifend geprüft werden. Für diejenigen Kandidatinnen, die die zusätzliche Ausbildung für Erzieher an Horten oder Früherziehung absolvieren, gibt es noch zwei weitere mündliche Prüfungsgebiete: Horterziehung Früherziehung Didaktik der Horterziehung Pädagogik der Früherziehung Lernhilfe Deutsch oder Englisch oder Mathematik Didaktik der Früherziehung Tab. 24: Mündliche Reife- und Diplomprüfung Zusatzprüfungen Eine Übersicht über die Bildungsanstalten für Kindergarten- und Hortpädagogik aus dem Jahre 1996/97: Land Öffentliche Bildungsanstalten Private Bildungsanstalten Kärnten 1 - Niederösterreich 2 3 Oberösterreich 3 2 Salzburg 1 1 Steiermark 5 1 Tirol 1 2 Vorarlberg - 1 Burgenland 1 - Wien 2 2 gesamt Tab. 25: Übersicht über die Bildungsanstalten aus dem Jahre 1996/ Gary, 2006, S. 261.

203 Seite 203 Das Unterrichtsministerium erhob 1996 unter den Absolventinnen des vorhergehenden Schuljahres die Zahl der tatsächlichen in den Beruf KindergartenpädagogIn eingestiegenen SchülerInnen. Demnach ergriffen in Wien 66 Prozent der AbsolventInnen den erlernten Beruf. Sehr unterschiedlich erscheint das Interesse an einem Studium. Viele KindergärtnrerInnen planten nach der Ausbildung ein Pädagogik-Studium. Ein Blick auf die Bundesländer zeigt, dass das Berufsinteresse nicht einheitlich ist. 532 Dazu eine statistische Übersicht bezüglich der Berufseinstiegsquoten von KindergartenpädagogInnen. Befragung der DirektorInnen der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik durch das Unterrichtsministerium; Erhebungszeitpunkt: Bundesland Bundesschule (B) oder Privatanstalt (P) Tatsächliche BerufseinsteigerInnen in Prozent B/ Oberwart/ B 76 K/ Klagenfurt/ B 60 N/ Mistelbach/ B 50 N/ St. Pölten/ B 90 N/ Amstetten/ P 60 OÖ/ Linz/ B 60 OÖ/ Ried/ B 51,2 OÖ/ Steyr/ B 60 OÖ/ Linz/ P 40 OÖ/ Vöcklabruck/ P 90 S/ Bischofshofen/B 73,3 S/ Salzburg/ P 75 St/ Graz/ B 17 St/ Judenburg/ B 60 St/ Liezen/ B 35,7 St/ Mureck/ B 35 St/ Hartberg/ B 83 St/ Bruck / Mur/ P 90 T/ Innsbruck/ B 85 T/ Innsbruck/ P 65 T/ Zams/ P 62 V/ Feldkirch/ P 80 W/ Wien/ B 75 W/ Wien/ P 70 W/ Wien/ P 75 W/ Stadt Wien 66 Tab. 26: Berufseinstiegsquoten von KindergartenpädagogInnen Gary, 2006, S Vgl. Gary, 2006, S. 262.

204 Seite 204 Ein Indikator für die Professionalisierung eines Berufes ist die Ausbildung. Dieser wurde in Österreich dank der innovativen Neuregelung des Lehrplanes zweifelsohne Rechnung getragen, indem das Ausbildungsniveau angehoben wurde. Im europäischen Raum werden Kindergartenpädagoginnen überwiegend an Universitäten, bzw. an nichtuniversitären Einrichtungen mit Hochschulniveau ausgebildet. Die Statistische Übersicht der SchülerInnen an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen in Österreich seit dem Jahre 1980/81. Schuljahr Schülerinnen Schüler 1980/ / / / / / / / / / / / / / / / / / k. A. Tab. 27: Schülerentwicklung an BAKIP s von Kollegs für Kindergartenpädagogik in Österreich seit /98 besuchten SchülerInnen die Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und 230 SchülerInnen die Collegs. Collegs sind zweijährig geführte Ausbildungsvarianten, die nur mit Matura besucht werden können. Seit 1995 werden diese Collegs für Berufstätige wie auch Lehrgänge angeboten. (Statistisches Zentralamt, Schulstatistik, Zahl der Schüler an öff. und priv. Schulen in Ö., S. 198f., Berichtsjahre 1923 bis 1997.) Gary, 2006, S Gary, 2006, S Gary, 2006, S. 265.

205 Seite 205 Die Einführung der Kollegs in Österreich kann als ein Beitrag zur Annäherung an die internationale Situation gesehen werden und ermöglicht es einem wesentlich größeren Personenkreis, die Ausbildung zu absolvieren. 537 Die Dauer des Kollegs für Kindergartenpädagogik beläuft sich auf 6 Semester. Die Aufnahmevoraussetzungen hierfür sind folgende: a. Reifeprüfung oder Berufsreifeprüfung oder Studienberechtigung und b. erfolgreich abgelegte Eignungsprüfung Die Eignungsprüfung dient laut Schulunterrichtsgesetz der Feststellung, ob die Aufnahmswerber/in für die Anforderungen der zu vermittelnden berufsspezifischen Ausbildungsinhalte geeignet ist. Sie umfasst folgende Bereiche: 1. Musikalische Bildbarkeit (insbesondere die Fähigkeit zum Erfassen und Nachvollziehen von Rhythmen und Melodien, sowie der Voraussetzung für die Erlernung der im Lehrplan vorgesehenen Instrumente) 2. Fähigkeit zu schöpferischem Gestalten 3. Körperliche Gewandtheit und Belastbarkeit 4. Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit Die Stundentafel der 6-semestrigen Kollegausbildung für Berufstätige (Abendform) Wochenstundenzahl - Semester Summe Religion Pädagogik, Medienkunde und Interkulturelle Erziehung Heil- und Sonderpädagogik Didaktik Kindergartenpraxis 1) Vgl. Gary, 2006, S. 265.

206 Seite 206 Deutsch (einschließlich Sprecherziehung, Kinder- und Jugendliteratur) Rechtskunde und Politische Bildung Biologie und Umweltkunde Gesundheitslehre Musikerziehung Instrumentalunterricht: Gitarre Flöte Rhythmisch-musikalische Erziehung Bildnerische Erziehung 2) Werkerziehung 2) Leibeserziehung Verbindliche Übungen Ergänzende berufskundliche Unterrichtsveranstaltungen Hauswirtschaftlich-gesundheitlicher Bereich Fächerübergreifende berufsrelevante Aspekte Figurenspiel/Verkehrserziehung Buchhaltung/Kommunikationstechniken und Gruppendynamik Gesamtwochenstundenzahl Freigegenstände Slowenisch Unverbindliche Übungen Chorgesang Praxisanleitung ) Praxiswochen: Sieben Wochen, auf die einzelnen Semester laut Lehrplan verteilt. 2) Unterrichtsveranstaltungen, insbesondere jene, die nur mit einer Wochenstunde ausgeschrieben sind, können auch geblockt geführt werden. Tab. 28: Stundentafel der 6-semestrigen Kollegausbildung an BAKIPs Bundesbildngsanstalt für Kindergartenpädagogik Klagenfurt (Hg.): Stundentafel der 6-semesrigen Kollegausbildung an Bildungsanstalten. o.j.

207 Seite 207 Die Stundentafel der 4-semestrigen Kollegausbildung (Tagesform) SEMESTER Σ Pflichtgegenstände: Religion Pädagogik Heil- und Sonderpädagogik Didaktik Kindergartenpraxis Deutsch (einschl. Sprecherziehung und Kinderliteratur) Deutsch als Zweitsprache Seminar Organisation, Management und Recht Seminar Gesundheits- und Ernährungslehre Musikerziehung Instrumentalunterricht Gitarre Instrumentalunterricht Blockflöte Rhythmisch-musikalische Erziehung Bildnerische Erziehung Werkerziehung Textiles Gestalten Seminar Bildnerische Erziehung Werkerziehung Textiles Gestalten Bewegungserziehung Medienpädagogik Verbindliche Übungen: Seminar Kommunikationspraxis und Gruppendynamik Seminar Stimmbildung u. Sprechtechnik Fachspezifisches Seminar Ergänzende Pflichtgegenstände: ² ³ Philosophie (2) (2) (2) (2) 4 Biologie und Umweltkunde Musikerziehung Bildnerische Erziehung Tab. 29: Stundentafel der 4-semestrigen Kollegausbildung an BAKIPs Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Linz (Hg.): Stundentafel Kolleg. 4-semestrige Ausbildung. o.j. URL: Stand:

208 Seite Kindergärtnerinnenmangel dazu ein Rückblick in die Ausbildungsentwicklung an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Vielfach wird kolportiert, dass AbsolventInnen der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik nicht unmittelbar in den Beruf einsteigen. Der Vergleich mit den Zahlen der Studienanfänger an den Universitäten und Hochschulen zeigte, dass in den ersten drei Jahren seit der Einführung der Reife- und Diplomprüfung an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen von den jährlich etwa 1000 AbsolventInnen rund 30% ein Studium beginnen. Das ist nicht einmal ein Drittel. Die Zahl der StudienabbrecherInnen, die erst später in den erlernten Beruf zurückkehren, muss ebenfalls noch berücksichtigt werden. Studienrichtungen, die gewählt werden, sind sehr häufig Psychologie, Pädagogik oder Heil- und Sonderpädagogik, diese Studien sind letztlich wieder im Fachbereich angesiedelt und kommen der Kleinkindpädagogik zugute. Eine relativ geringe Anzahl von AbsolventInnen geht unmittelbar nach der Matura vorübergehend ins Ausland, um dort die Sprachkenntnisse zu vertiefen oder um ein spezifisches Berufspraktikum zu absolvieren. Eine weitere Möglichkeit, die sich AbsolventInnen der BAKIP bietet, ist die Ausbildung zur Sonderkindergärtnerin, was im Grunde nur eine erweiterte und gut fundierte Zusatzausbildung darstellt und am Arbeitsmarkt die Anstellungschancen enorm erhöht. Generell lässt sich feststellen, dass sich aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Bedürfnisse, wie z.b. längere Öffnungszeiten im Kindergarten, ein erhöhter Bedarf an Kindergärtnerinnen ergibt. Es nehmen aber auch die pädagogischen Aufgaben und Kompetenzen von Seiten der Kindergärtnerinnen zu. Pädagogische Aufgaben wie z.b. inter- oder multikulturelle Erziehung, Frühförderung oder die Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen, bedingen eine Reduzierung der Kinderzahlen pro Kindergruppe und erfordern darüber hinaus den vermehrten Einsatz von bestens ausgebildeten Kindergärtnerinnen. 540 Die Forderung auf Maturaniveau erfolgte bereits Mitte der 70er Jahre aufgrund der oben beschriebenen steigenden Anforderung an den Kindergarten und die Leistung der Kindergärtnerin. In diesem Sinne ist auch das allgemeine Bildungsziel im Lehrplan u. a. formuliert: 540 Vgl. Diemert, Klaus-Peter: Kindergärtnerinnenmangel. Eine Situationsanalyse. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 1994, Heft 1, S. 1 f.

209 Seite 209 Als Experten des Erziehens für den gesamten vorschulischen (frühkindlichen) Bereich und als Mitglied einer demokratisch strukturierten Gesellschaft sollen die Kindergartenpädagogen eine Dienstleistung erbringen können, die durch Vorbild, erzieherische Entscheidungsreife und kindergartendidaktische Fähigkeiten gekennzeichnet ist. 541 Welche Maßnahmen wurden in dieser Zeit zur Behebung des Kindergärtnerinnenmangels gesetzt? Als eine Möglichkeit wurde unter anderem die Führung von Kollegs für Kindergartenpädagogik diskutiert. Die Ausbildung zur Kindergärtnerin an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik ist im Rahmen der höheren Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung in den 94 bis 101 des Schulorganisationsgesetzes geregelt, dauert im Anschluß an die ersten acht Jahre der Pflichtschule fünf Jahre und schließt mit der Reife- und Diplomprüfung ab. Gemäß der 15. SCHOG-Novelle ( 95 Abs. 3a) können an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik zusätzlich nach Bedarf Kollegs eingerichtet werden, welche die Aufgabe haben, in einem viersemestrigen Bildungsgang Absolventinnen von höheren Schulen zum beruflichen Bildungsziel der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik zu führen. Diese Kollegs können auch als Schulen für Berufstätige, erforderlichenfalls unter Verlängerung der Ausbildungsdauer geführt werden. 542 Mit diesem Bildungsangebot ging man von der Annahme aus, dass Absolventinnen dieses postsekundären Bildungsweges zu einem hohen Prozentsatz in den Beruf einsteigen werden. Da die 15. SCHOG-Novelle mit 1. September 1993 in Kraft trat, konnten die erforderlichen Lehrplanvorbereitungen beginnen und es war realistisch, dass mit dem Schuljahr 1994/95 die ersten Kollegs geführt werden können. Hier sei noch angeführt, dass der Zugang zum Kolleg nicht nur für Maturantinnen vorgesehen war, sondern auch für die Interessentinnen, die durch die erfolgreiche Ablegung einer Studienberechtigungsprüfung die Aufnahmekriterien erfüllten. Interessant wurde die Kolleg-Ausbildung durch ihre berufsbegleitende Form auch für sogenannte Kindergarten-Helferinnen, die dadurch die Chance erhielten, die Ausbildung zur qualifizierten Kindergärtnerin zu absolvieren Diemert, 1994, S Diemert, S Vgl. Diemert, S. 2.

210 Seite 210 Das war aus der Sicht der bildungspolitischen Verantwortlichen die Möglichkeit um den zur damaligen Zeit vorherrschenden Kindergärtnerinnenmangel zu beheben. Eine weitere Maßnahme zur Behebung des Kindergärtnerinnenmangels sahen Verantwortliche im Ausbau der fünfjährigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik. Der Zustrom bzw. das Interesse an der Schulart Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik ist enorm groß, sodaß bundesweit für das Schuljahr 1993/94 mehr als 500 geeignete Interessentinnen aufgrund des Platzmangels trotz bestandener Eignungsprüfung abgewiesen werden mußten (z.b. an der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik in Linz über 48 %). Für die Betroffenen und deren Eltern ist die Diskrepanz zwischen der Diskussion der dringend benötigten Kindergärtnerinnen einerseits und der Abweisung von der Ausbildung andererseits unverständlich. Daher wäre an manchen Standorten ein behutsamer Ausbau der Bildungsanstalten bzw. die flexible Führung von Parallelklassen sowie von Lehrgängen für Sonderkindergartenpädagogik sinnvoll. 544 Trotz der Tatsache, dass das Kindergartengesetz in Österreich auf Landesebene und nicht auf Bundesebene geregelt wird, gilt für alle Bundesländer der Bildungsauftrag des Kindergartens als familienergänzende Institution mit sozialpädagogischem Auftrag. Unter diesem Aspekt hat die Kindergärtnerin aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse, wie z. B. unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer, pädagogischer, methodisch-didaktischer und soziologischer Erkenntnisse ihre Arbeit zu gestalten und zu reflektieren. Daraus resultierten die primären Intentionen des Kindergartens, nämlich das Kind mit seinen Bedürfnissen, Interessen und Anlagen in den Mittelpunkt des pädagogischen Handlungsfeldes zu stellen und nicht etwa zeitbedingte, gesellschaftspolitisch gesteuerte Anliegen. Insofern ist es zwar möglich, eine gut ausgebildete Hilfskraft der gruppenführenden Kindergärtnerin zur Seite zu stellen, keinesfalls aber sollte gestattet werden, die Absolventin einer dreijährigen Fachschule anstelle einer gruppenführenden Kindergärtnerin einzusetzen. Das könnte unter Umständen dazu führen, dass Kindergartenerhalter verleitet werden, die qualifikationsmäßig minder ausgebildete Fachkraft anstelle einer Maturantin einzustellen. Damit verbunden wäre die Gefahr, dass der Bildungs- und Erzie- 544 Diemert, 1994, S. 2 f.

211 Seite 211 hungsauftrag des Kindergartens nicht mehr gewährleistet werden könnte und die pädagogische Einrichtung wieder zur Bewahranstalt degradiert wird. 545 Standespolitische Konsequenzen: Ein Einsatz von Absolventinnen gegenständlicher dreijähriger Fachschule anstelle von zwei vollausgebildeten Kindergärtnerinnen würde nicht nur einen pädagogischen Rückschritt bedeuten, sondern auch eine Abwertung der Tätigkeit der Kindergärtnerin. Da vorwiegend Frauen für diese Funktion in Frage kommen würden, wäre dies auch eine Diskriminierung der Frauen: schlechtere Ausbildung für einen äußerst anspruchsvollen Beruf, schlechtere Bezahlung, Abstempelung als einseitig ausgebildete Kindergartentante, keine Aufstiegschancen, keine Weiterbildungsmöglichkeiten, Bildungssackgasse, keine Gleichstellung mit adäquaten Berufen der Kindererziehung, keine Anerkennung der Ausbildung im EWR in der EG. Weniger Bezahlung signalisiert geringeren Wert der Arbeit! 546 Im Rahmen dieser Diskussionen kam eindeutig zum Ausdruck, dass bildungspolitisch Verantwortliche aber auch gesamtgesellschaftlich gesehen, offensichtlich noch nicht erkannt wurde, wie entscheidend dieser vorschulische Entwicklungsabschnitt im Leben eines Menschen ist. Der Trend, der sich abzeichnet, geht in diese Richtung: Je jünger die Kinder, desto geringer die Ausbildungsanforderungen an die sie betreuenden Fachkräfte. Die Einführung einer dreijährigen Fachschule würde diesen Trend aber nur noch bestärken. Wenn man überlegt, welcher finanziellen Ressourcen es bedarf, um diese dreijährige Fachschule zu installieren, muss man sich eingestehen, dass diese Ausbildungsform zu umfassend ist und gleichzeitig auch zu teuer käme. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die wohl gut gemeinte Dreijährige Fachschule aus pädagogischer Sicht keinen Vorteil erwarten lässt Vgl. Diemert, 1994, S Diemert, 1994, S Vgl. Diemert, 1994, S. 3.

212 Seite Zusammenfassung Bei allen Bemühungen um eine Verbesserung der Berufsausbildung für Kleinkinderzieher, eine Anhebung ihrer Verdienstmöglichkeiten und damit verbunden einem steigenden Prestige in der Öffentlichkeit, müssen doch die für die Bewältigung der Berufsaufgabe unbedingt notwendigen altruistischen Motive erhalten werden. Die Erziehung und Bildung des Kleinkindes im Kindergarten kann nur gelingen, wenn fachliche Voraussetzungen und menschliche Verantwortung übereinstimmen 548 Pädagogik ist Dienst am Leben, zeigt die Richtung und weist den Weg. Das bedeutet für die Ausbildungsgeschichte der Kindergartenpädagogik, Entwicklung zu unterstützen, voranzutreiben und Qualität zu sichern. Dazu ist es erforderlich, dass die beiden Subsysteme, Bildungsanstalt bzw. Ausbildungsstätte und Kindergarten bzw. die Praxiseinrichtungen mit den dazu gehörenden Bildungsverantwortlichen kooperieren. Das Reformprofil der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik basiert auf dem Fundament der Dynamik, um der beruflichen Wirklichkeit gerecht werden zu können. 548 Baltruschat, 1986, S. 71.

213 Seite Aus- und Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen Berufsprofil zwischen Anerkennung und Zumutung? Pädagogik entsteht nicht aus sich heraus. Sie entsteht nur, wenn jemand in einer liebevollen Beziehung oder in Konfrontation mit der Gegenwart steht. (Loris Malaguzzi) 5.1 Ist-Stand der 5-jährigen österreichischen Ausbildung zur Kindergarten- und Hortpädagogin an der BAKIP Die gegenwärtige Bildungsdiskussion in der Ausbildung zur Kindergartenpädagogin ist Ausdruck eines kontroversen Diskurses, lässt die Emotionen hoch gehen und erhitzt nicht nur die Gemüter in Fachkreisen sondern auch die der Bildungsverantwortlichen. Die Weiterentwicklung des Berufsbildes der Kindergarten- und Hortpädagogin zur Bildungsexpertin in den frühen Jahren hat generell in letzter Zeit in vielen Ländern Europas für Aufmerksamkeit und Diskussionen gesorgt. Der Beruf der Kindergarten- und Hortpädagogin ist in jeder Hinsicht Herausforderung und Vielfalt, bewegt sich zwischen Berufung und Beruf, und ist getragen von Humanität und Professionalität. Die Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte Pädagogische Fachkräfte werden in Österreich an Bildungsanstalten für Kindergartenbzw. für Sozialpädagogik ausgebildet. Die Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik gehört zu den Anstalten der LehrerInnen- und ErzieherInnenbildung. Angehende PädagogInnen erhalten hier im Rahmen eines fünfjährigen Bildungsprogramms neben einer fundierten Allgemeinbildung, Kenntnisse, Haltungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die für eine professionelle Arbeit im Kindergarten bzw. im Hort erforderlich sind. Die angehenden PädagogInnen können auf freiwilliger Basis die Zusatzausbildung zur Erzieherin an Horten wählen. Der Bildungsweg erfolgt nach einem erfolgreichen Abschluss der ersten acht Jahre der Schulpflicht sowie nach Ablegung einer Eignungsprüfung und schließt mit einer Reife- und Diplomprüfung ab. Dieses fünfjährige Ausbildungsmodul ermöglicht also gleichzeitig zwei Bildungsabschlüsse, das heißt konkret, dass neben der beruflichen Qualifikation auch die Hochschulreife erlangt wird. Alternativ dazu gibt es die Möglichkeit, die Ausbildung in einem viersemestrigen bzw. für Be-

214 Seite 214 rufstätige in einem fünf- bzw. sechssemestrigen Kolleg zu absolvieren. Aufnahmevoraussetzungen für diese weitere schulische Ausbildungsform sind der erfolgreiche Abschluss der Reifeprüfung, Studienberechtigungsprüfung oder Berufsreifeprüfung sowie eine bestandene Eignungsprüfung. Im Anschluss an diese Ausbildung kann an einigen Standorten ein darauf aufbauender, viersemestriger, für Berufstätige fünf- oder sechssemestriger Lehrgang für Sonderkindergartenpädagogik besucht werden. Insgesamt sind innerhalb Österreichs 29 Bildungsanstalten zu verzeichnen, sechs davon im Bundesland Steiermark, für Sozialpädagogik hingegen gibt es nur fünf Standorte. Die Bildungsanstalten für Sozialpädagogik sollen die Schülerinnen befähigen, die Erziehungs- und Bildungsaufgaben in Horten, Heimen oder Tagesstätten für Kinder und Jugendliche aber auch in der außerschulischen Jugendarbeit übernehmen zu können. Die Berufsbezeichnung der Absolventinnen lautet Erzieherin bzw. Sozialpädagogin. 549 Der Beruf einer Kindergartenpädagogin bzw. eines Kindergartenpädagogen ist ein sehr verantwortungsvoller und erfordert eine hohe Berufsgesinnung sowie ein spezielles Berufswissen und Berufskönnen. In besonderer Weise sind vor allem soziales Einfühlungsvermögen, Verantwortungs- und Wertebewusstsein, eine sehr gute Allgemeinbildung sowie grundsätzliche didaktische und methodische Kompetenzen, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, emotionale Stabilität und Sensibilität, musische Begabung, Kreativität und Flexibilität, Innovationsfähigkeit, Organisationstalent, Einsatzbereitschaft und ein entsprechendes Maß an körperlicher Belastbarkeit gefordert. Österreichische Vorschuleinrichtungen bieten durch Zielsetzungen, wie z.b. die Förderung der körperlichen, kognitiven und psychischen Entwicklung von Kindern, ein Bildungsangebot, welches in der Bevölkerung allgemein hohe Anerkennung findet. Dies kommt beispielsweise dadurch zum Ausdruck, dass viele Kinder, deren Eltern berufstätig sind, einen Kindergarten besuchen. Aktuelle berufsspezifische Themenbereiche sind zurzeit in Österreich die frühe Begabungsförderung, insbesondere die Hoch- oder Spezialbegabungen, die Führung von alterserweiterten Kindergartengruppen sowie die geschlechtssensible Pädagogik und die Interkulturalität. Das österreichische Forschungs- 549 Vgl. Vogelsberger, Manfred: Ein Blick auf Europa. Vorschulische Bildung in Österreich. In: kinder garten heute. Fachzeitschrift für Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. 2006, Heft 10, S. 38 ff.

215 Seite 215 institut, das Charlotte Bühler Institut der Universität Wien, hat ein umfassendes Bildungskonzept erarbeitet, welches die Autonomie, die Selbstverwirklichung und die Kritikfähigkeit des Kindes in den Vordergrund des pädagogischen Handelns stellt. Somit wird dem Kind ermöglicht, selbst aktiver Gestalter seiner Entwicklungen zu werden, indem es konkrete Erfahrungen in diversen Alltagssituationen gewinnt. Der Transaktionale Ansatz ist das Kernstück dieser neuen Bildungstheorie und ermöglicht es, die komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem Kind, der Kindergartenpädagogin und der Lebenswelt Kindergarten durchschaubar zu machen Lehrplanverordnung Bildungs- und Lehraufgaben an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Auszug aus dem Lehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (BGB1 II Ausgegeben am 12. August 2004 Nr. 327) I. Art und Gliederung des Lehrplans Der Lehrplan für Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik ist ein Lehrplan mit Rahmencharakter, der unterschiedliche Ziele und Inhalte und Verfahren für die Planung und Realisierung von Lernprozessen angibt und die eigenständige und verantwortliche Unterrichtsarbeit der Lehrerinnen und Lehrer gemäß den Bestimmungen des 17 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes ermöglicht, aber sogleich in ihrem Ausmaß begrenzt. Der Lehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik umfasst: das allgemeine Bildungsziel die allgemeinen didaktischen Grundsätze die schulautonomen Lehrplanbestimmungen die Stundentafel und die Bildungs- und Lehraufgaben, die didaktischen Grundsätze sowie den Lehrstoff der einzelnen Unterrichtsgegenstände. 550 Vgl. Vogelsberger, Österreich, 2006, S. 38 f.

216 Seite 216 II. Allgemeines Bildungsziel Die Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik haben gemäß 94 unter Bedachtnahme auf 2 des Schulorganisationsgesetzes die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern eine fundierte Allgemeinbildung und jene Haltungen und Fähigkeiten zu vermitteln, die für eine professionelle pädagogische Arbeit im Berufsfeld Kindergarten und Hort bei Absolvierung der zusätzlichen Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher an Horten (Hortpädagogik) erforderlich sind und sie zugleich zur Universitätsreife zu führen. Die Absolventinnen und Absolventen sollen folgende Persönlichkeitsmerkmale entwickeln sowie über die angeführten allgemeinen und speziellen berufsrelevanten Kompetenzen verfügen. Persönlichkeitsmerkmale: Wertbewusstsein (Bewusstsein über ethische, religiöse und soziale Werte als Basis eines allgemeinen Wertesystems), Sensibilität und Offenheit für philosophisch-existentielle und religiöse Fragestellungen, speziell auch des Kindes, Verantwortungsbewusstsein, Bereitschaft zu Eigenverantwortung und Kritikfähigkeit, Sensibilität für kultur- und geschlechtsspezifische Aspekte von Erziehung und Sozialisation, Bereitschaft zu Innovationen, Flexibilität und Mobilität, Bereitschaft zu selbstständigem Wissenserwerb sowie zu Fort- und Weiterbildung und Fähigkeit und Bereitschaft zum Reflektieren des eigenen Handelns und seinen Bedingungen. Allgemeine berufsrelevante Kompetenzen: Philosophisch-ethisch-religiöse Grundkompetenz, Sprachkompetenz soziale Kompetenz, insbesondere auch Empathie, Fähigkeit zum Umgang mit der eigenen und mit fremder Emotionalität sowie Konfliktfähigkeit, kommunikative Kompetenzen (Präsentation, Teamfähigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der institutionellen Pädagogik, Öffentlichkeitsarbeit), Leitungskompetenzen (Gesprächsführung, Moderation von Gruppen, Projektmanagement) und kreative Kompetenz.

217 Seite 217 Spezielle Kompetenzen für die beruflichen Erfordernisse: Kenntnis wichtiger pädagogischer, psychologischer und soziologischer Erklärungsangebote insbesondere für die (früh)kindliche Entwicklung und ihre Raumbedingungen sowie Fähigkeit, sie in der Bildungsarbeit situationsgerecht umzusetzen, Kompetenz, die spezifisch kindlichen philosophisch-ethisch-religiösen Vorstellungen als eigenständige Größe menschlicher Entwicklung auf der Suche nach Sinn zu stärken, umfassendes Wissen zu Themen (sexuelle) Gewalt gegen Kinder, Fähigkeit zur Planung, Durchführung und Evaluation von personen-, altersgruppen- und aufgabenbezogener Bildungsarbeit (beispielsweise von Maßnahmen zu interkulturellem Lernen; zu geschlechtssensibler Pädagogik; zur speziellen Förderung von Kindern mit besonderem Förderbedarf und deren Integration; des Gesundheitsmanagements im Sinne der Vorsorge und Erziehung zu einer gesunden Lebensführung), Fähigkeit und Bereitschaft zur situationsgerechten Beratung von Eltern und Erziehungsberechtigten, besondere Kenntnisse berufsrechtlicher Grundlagen vor allem in den Bereichen Sicherheit, Haftung, Hygiene, Ausstattung, Erste Hilfe und Verkehrserziehung sowie Kompetenzen der Betriebsorganisation und des Managements institutioneller Kinderbetreuungseinrichtungen unter Berücksichtigung von ökologischen und ökonomischen Zusammenhängen unter Einbeziehung moderner technischer Hilfsmittel sowie von Qualitätsmanagement (Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung) III. Didaktische Grundsätze Die Auswahl des Lehrstoffes und der Unterrichtsmethoden gehört zu den verantwortungsvollen Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer. Es ist von den Lehrerinnen und Lehrern ein ausgewogenes Verhältnis von deklarativen, prozeduralem und kontextuellem Wissen anzustreben. Um das allgemeine Bildungsziel zu erreichen, sind für die Unterrichtsarbeit folgende allgemeine didaktische Grundsätze zu berücksichtigen: Unterrichtsplanung: Die kontinuierliche Zusammenarbeit aller Lehrerinnen und Lehrer zum Zwecke des zeigerechten Bereitstellens von Vorkenntnissen, der Nutzung von Synergien, des fächerübergreifenden Unterrichtes im Sinne ganzheitlicher Bildung ist erforderlich.

218 Seite 218 Diese notwendige Zusammenarbeit wird durch pädagogische Konferenzen, Beratungen, Teambildungen innerhalb des Lehrkörpers und andere Kommunikationsformen ermöglicht. Entsprechende schriftliche Aufzeichnungen wie z.b. Lehrstoffverteilungspläne und (in Teams zu erarbeitende) Unterrichtsvorbereitungen sind zu führen. Entsprechend den Erfordernissen sind inhaltlich und methodisch zu beachten: Aktualitätsbezug Berücksichtigung der Lebens- und Erfahrungswelten der Schülerinnen und Schüler, Chancengleichheit der Geschlechter, Öffentliche Anlässe, Fächerübergreifende Aspekte, Vielfalt von Lehr- und Lernformen, Verschiedene Sozialformen, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien (Medieneinsatz) sowie Im Sinne einer ganzheitlichen Bildung die Unterrichtsprinzipien Gesundheitserziehung, Erziehung zum interkulturellen Denken und Handeln, Erziehung zum europäischen Denken und Handeln, Lese- und Sprecherziehung, Medienerziehung, Musische Erziehung, Politische Bildung (einschließlich staatsbürgerliche Erziehung und Friedenserziehung), Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Sexualerziehung (einschließlich Erziehung zum partnerschaftlichen Verhalten zwischen den Geschlechtern), Umwelterziehung, Verkehrserziehung, Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufswelt, Vorbereitung auf die Anwendung neuer Techniken, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechniken, Wirtschaftserziehung (einschließlich Sparerziehung und Konsumentenerziehung) sowie umfassende Landesverteidigung. Im Rahmen der inneren Differenzierung sind besondere Begabungen, Interessen, Defizite, aktuelle Lernvoraussetzungen sowie die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler zu beachten. Bei der Unterrichtsplanung sind je nach Aufgabenstellung neben den traditionellen Unterrichtsformen auch besondere Organisationsformen wie z.b. seminaristisches und projektorientiertes Arbeiten vorzusehen. In jenen Unterrichtsgegenständen, für die Schularbeiten im Abschnitt VII (Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Unterrichtsgegenstände, didaktische Grundsätze, Lehrstoff) mit einem vorgegebenen Rahmen vorgesehen sind, hat die jeweilige Lehrerin oder der jeweilige Lehrer den Zeitpunkt, die Anzahl und Dauer der Schularbeiten festzulegen vorbehaltlich einer Regelung durch

219 Seite 219 schulautonome Lehrplanbestimmungen gemäß den Bestimmungen des IV. Abschnittes. Durchführung des Unterrichts: Eine ausgewogene Balance zwischen Theorie und Praxis ist unerlässlich. Zu ihrer Gewährleistung können fallweise außerschulische Kontakte hergestellt, außerschulische Lernorte gewählt und Expertinnen und Experten einbezogen werden. Auf den korrekten Gebrauch der Standardsprache ist in der Unterrichtsarbeit besonders zu achten. Orientiert am neuesten Stand der Wissenschaft ist exemplarischem und projektorientiertem Lehren und Lernen ein großer Stellenwert einzuräumen. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass den Schülerinnen und Schülern auch das nötige Ausmaß an Systematik und Überblickswissen vermittelt wird, das ihnen eine sinnvolle Einordnung des erworbenen Wissens ermöglicht. Besondere Aspekte des Unterrichts: Auf ausreichenden Umgang mit Fachliteratur ist Wert zu legen. Systematisches Denken ist zu fördern. Die Hinführung zu wissenschaftlichen Arbeiten ist vorzusehen. Fehler und Misserfolge sind mögliche Bestandteile von Erkenntnis- und Lernprozessen und gegebenenfalls in die Unterrichtsarbeit einzubinden. Sicherung des Unterrichtertrages: Als geeignete Formen sind anzuwenden: kontinuierliches, abwechslungsreiches, sinnvolles Zusammenfassen, Üben und Wiederholen des Wesentlichen, Anknüpfen an Gelerntes (bei Beachtung der Heterogenität der Voraussetzungen), Herstellen von Querverbindungen innerhalb des Unterrichtsgegenstandes und zwischen den Unterrichtsgegenständen, Anwendung des Gelernten in zunehmend variierenden Aufgabenstellungen und in verschiedenen Zusammenhängen, mündliche, schriftliche und praktische nachbearbeitende Hausübungen. Der Zusammenhang von Lehrplan, Lernzielen und verschiedenen Formen der Leistungsfeststellung ist in der jeweils gegebenen Situation transparent zu machen.

220 Seite 220 Förderunterricht: Ein Förderunterricht kann in den in der Stundentafel vorgesehenen Pflichtgegenständen und im Rahmen der Schule zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden angeboten werden. Hinsichtlich der Organisation und des Ausmaßes des Förderunterrichtes wird auf die achte Fußnote zur Stundentafel (Abschnitt V) und hinsichtlich der Bildungs- und Lehraufgabe, der didaktischen Grundsätze und des Lehrstoffes wird auf die Bestimmungen im Abschnitt VII, Unterabschnitt F verwiesen. Evaluation des Unterrichts: Die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsarbeit gemäß 17 des Schulunterrichtsgesetzes hat die Qualitätsentwicklung zu berücksichtigen. Wichtiger Bestandteil der Qualitätsentwicklung ist Selbstevaluation. Auf individueller Ebene haben die Lehrerinnen und Lehrer durch Feedback seitens der Schülerinnen und Schüler, der Erziehungsberechtigten sowie anderer Lehrerinnen und Lehrer ihre Unterrichtsarbeit zu evaluieren. Im Sinne umfassender Qualitätssicherung kann auch eine Fremdevaluation erfolgen Interpretation des BAKIP-Lehrplans Hieß es z. B. im Lehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik aus dem Jahre 1985 im Punkt II Allgemeines Bildungsziel und in den allgemeinen didaktischen Grundsätzen noch, dass es Ziel und Aufgabe der Ausbildung sei, den Schülern jene Berufsgesinnung sowie jenes Berufswissen und Berufskönnen zu vermitteln, die zur Erfüllung der Erziehungs- und Bildungsaufgaben in den Kindergärten erforderlich sind, und sie zugleich zur Hochschulreife zu führen, so wird nun im aktuellen Lehrplan von berufsrelevanten Kompetenzen, die es zu vermitteln gilt, gesprochen. Damit gemeint sind unter anderem Persönlichkeitsmerkmale, die es zu fördern und weiterzuentwickeln gilt. Dazu zählt beispielsweise ein Wertebewusstsein, das SchülerInnen im religiösen, ethischen oder auch im sozialen Bereich sensibilisiert. Aber auch das Verantwortungsbewusstsein bzw. die Bereitschaft zur Eigenverantwortung ist eine wesentliche Vorausset- 551 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hg.): Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Lehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik i.d.f. vom 12. August 2004, BGBl. II, Nr. 327, Anlage, S. 1 ff.

221 Seite 221 zung für die Heranbildung von Erzieherpersönlichkeiten von morgen. Die Bereitschaft zu Innovationen, die Fähigkeiten wie Flexibilität und Mobilität runden das Anforderungsprofil der Kindergartenpädagogin ab. Die permanente Fort- und Weiterbildung, bzw. die Fähigkeit sich selbst zu reflektieren, erscheint mir für eine verantwortungsbewusste Kleinkindpädagogin als unabdingbare Notwendigkeit. Das Anforderungsprofil angehender Kindergartenpädagoginnen ist sehr breit gefächert. Bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel klingt der Begriff der Berufsgesinnung veraltert, da er meist in Verbindung mit dem Berufstitel Tante verwendet wurde. Insofern sollte dieser Terminus der Berufsgesinnung in entsprechender Weise hinterfragt bzw. analysiert werden. Die rechte Berufsgesinnung zu zeigen, bedeutete hohe Leistungsbereitschaft bei geringer Bezahlung und geringem Image Frau machte dies für die Kinder und zeigte Idealismus und Altruismus. Diese Selbst- und Fremdausbeutung endete oft in Resignation und Ohnmacht. Die aktuelle Ausbildungsform mit der Diplom- und Reifeprüfung ermöglicht einen Berufseinstieg und eine weitere Ausbildung in Form eines Studiums oder Kollegs. Es besteht manchmal der Verdacht, dass nicht die Berufung für die Arbeit mit Kindern als Motivation für die Schulwahl im Vordergrund steht, sondern die vermeintlich leichte Matura. Befürchtungen werden von manchen KindergartenpädagogInnen geäußert, dass Berufswissen und Berufskönnen zu Gunsten der Allgemeinbildung vernachlässigt wird. Vermehrtes Allgemein- und Expertenwissen wird von manchen als Verhinderung für die wahre Berufsgesinnung (...) gesehen. 552 Das Image der Kindergartenpädagogin ist von dieser Berufsgesinnung nach wie vor geprägt und ein Trend zur Aufwertung dieser Berufsgruppe besteht in erster Linie darin, dass zusätzliche Qualifikationen, wie die der Sonderkindergartenpädagogin oder Motopädagogin erworben und in die Berufspraxis eingebracht werden. Der gesellschaftliche Wandel forciert aber auch die Professionalität der Kindergartenpädagogin. So hat sich die traditionelle Familienform weitgehend aufgelöst. Ehescheidungen und die daraus resultierende steigende Zahl der Ein-Eltern-Familien sind eine nicht selten gewordene Familienform. 552 Randjbar, Helga: Berufsgesinnung, was ist das? Vermittlung einer Berufsgesinnung als Aufgabe der Ausbildung. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2004, Heft 4, S. 10.

222 Seite 222 Ein Indikator für die Professionalisierung eines Berufes ist die Ausbildung. Diese wurde in Österreich in den letzten Jahrzehnten angehoben. Trotzdem kommt ein Vergleich der europäischen Ausbildungen zu dem Ergebnis, dass die Ausbildung in Österreich (gemeinsam mit Deutschland und Italien) am schlechtesten ist. In Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Schweden und Spanien werden Kindergartenpädagoginnen an Universitäten unterrichtet, in Belgien, Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal an nichtuniversitären Einrichtungen, jedoch mit Hochschulniveau Der Bildungsauftrag vs. die Professionalität von Kindergartenpädagoginnen Dr. Armin Krenz, geb. 1952, Dozent und heilkundlicher Psychotherapeut, arbeitet am "Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik" in Kiel. Er führt für den Bereich Elementarpädagogik Fortbildungen im In- und Ausland durch und hat einen seiner Arbeitsschwerpunkte in der Erforschung kindlicher Ausdrucksformen und deren Bedeutung. Er ist Autor zahlreicher erfolgreicher Pädagogikbücher und Elternratgeber, aber auch verantwortlich für Veröffentlichungen von diversen Artikeln aus dem Bereich der Kleinkindpädagogik in Fachzeitschriften. Zum Thema Erzieherin heute: erst Berufung, dann Beruf und schließlich Job? hat er in der Fachzeitschrift klein & groß Lebensorte für Kinder im Heft 05/08 einen Artikel veröffentlicht. Im Folgenden werden Vergleiche gezogen bzw. Inhalte zitiert Kleinkindpädagogik im Wandel Der Beruf der Kindergartenpädagogin ist herausfordernd und vielfältig. Viele starten vorerst hochmotiviert in diese Tätigkeit, dann tauchen die ersten gemischten oder irritierenden Erfahrungen in der Berufspraxis auf. Nur allzu oft wird dieser Beruf mit seinem Anforderungsprofil unterschätzt. Zwar steht im Berufsalltag noch immer die Entwicklungsbegleitung von Kindern an oberster Stelle und die aktive Zusammenarbeit mit Eltern und die Weiterentwicklung der Pädagogik im Vordergrund, doch kommen zunehmend Aufgaben auf Kleinkindpädagoginnen hinzu, die eine Herausforderung für die lebendige Alltagspädagogik darstellen. 553 Moser, Lisa: Gärtnerin Tante Pädagogin? Was sie leistet und wie wertvoll ihre Arbeit ist. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2003, Heft 5, S. 131 f.

223 Seite 223 Viele Pädagoginnen merken im Laufe ihrer Berufspraxis, dass ihr ursprünglicher Berufswunsch mit vielen Idealen und Wunschvorstellungen verbunden war und diese mit der erlebten Realität einfach nicht mehr übereinstimmen. Ihnen wird deutlich, dass in der Ausbildung, wie sie z.b. durch die Berufspraktika an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik vermittelt wird, oft nicht die notwendigen Handlungskompetenzen entwickelt werden können, welche aber für die Berufspraxis unerlässlich, entscheidend und hilfreich wären. Ausgelöst durch die PISA-Diskussionen sowie durch europaweit durchgeführte Qualitätsoffensiven, ergeben sich völlig neue Herausforderungen und umfangreiche Aufgaben für Kindergartenpädagoginnen von heute. Zusätzlich kommen immer stärker ausgeprägte Erwartungen vieler Eltern hinzu, die ihre speziellen Vorstellungen von einer Bildungspädagogik haben und diese als deutliche Forderung den Erzieherinnen gegenüber artikulieren. 554 Es ist offensichtlich, dass sich in den letzten Jahren in der Pädagogik ein deutlicher Wandel, vor allem in der Kleinkindpädagogik, sowohl fachlich als auch personell, vollzogen hat. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass viele Veränderungen und neue Herausforderungen, die natürlich entsprechend kritisch betrachtet werden müssen, berechtigterweise einer Veränderung Platz machen müssen. Eine Modifizierung des Qualitätssystems ist ganz bestimmt von Vorteil, um die praktische Arbeit zu verbessern, z. B. durch den ressourcenorientierten Ansatz im Sinne von Stärken zu stärken und Schwächen zu schwächen, geschieht, was pädagogisch eindeutig im Trend der Zeit liegt. Eine weitere Herausforderung, die sich im Bereich der Kleinkindpädagogik auftut, ist die breit angelegte Diskussion über die Bedeutung der Bildungsarbeit in Kindergärten und wie hilfreich in diesem Zusammenhang die Dokumentation von kindgemäßen Bildungsprozessen, diversen Entwicklungsvorhaben der Einrichtungen oder das regelmäßige Führen eines Qualitätshandbuches ist. Weitere Kompetenzen, die von Kleinkindpädagoginnen gefordert werden, sind beispielsweise Team- und Zeitmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, präventive Elternarbeit oder wie diese Aufgabe nach neuestem Bildungsverständnis bezeichnet wird, das Wahrnehmen und Praktizieren der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit Eltern. 554 Vgl. Krenz Armin: Erzieherin heute: Erst Berufung, dann Beruf und schließlich Job? Humanität und Professionalität als Grundlagen des Berufs. In: klein & groß. Lebensorte für Kinder. 2008, Heft 5, S.7.

224 Seite 224 Diese Betrachtungsweise zeigt deutlich, dass jede Aufgabenstellung spezifische Handlungskompetenzen von Pädagoginnen verlangt Innenqualität des Pädagogenteams als Faktor der Qualitätsentwicklung Grundsätzlich kann man sagen, dass die Innenqualität eines Kollegiums der Ausgangspunkt für eine Qualitätsstruktur ist. Wenn auch vor Jahren noch die Einstellung herrschte, dass die Leitungskraft für administrative und strukturell ausgerichtete Aufgaben zuständig und verantwortlich sei, so hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, dass ein professionell arbeitendes Kollegium nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle bedeutsamen Aufgaben auf alle Kolleginnen verteilt sind. Ebenso galt noch vor Jahren die Einstellung, dass nicht jedes Teammitglied in allen Teilbereichen Kompetenz besitzen müsste und die Schwächen des Einzelnen durch Stärken der anderen aufgefangen werden. Aus heutiger Perspektive ist diese Annahme falsch, hat sich doch durch vielfältige Qualitätserhebungen herausgestellt, dass solche Einstellungen Qualitätsentwicklungen einer Gesamteinrichtung in vielen Bereichen behindern. Eigene Kompetenzen stärken bedeutet, dass pädagogische Fachkräfte bei den vielen Herausforderungen des Berufsalltags ihre Kompetenzen sehr genau betrachten und einschätzen und diese mit den aktuellen Anforderungen in Beziehung setzen. Sind Kompetenzmängel festzustellen und erweisen sich diese als hinderlich für eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung der Einrichtung, so ergibt sich daraus die Konsequenz, die entsprechenden Schwächen durch adäquate Fort- und Weiterbildung zu beheben. Diese Strategie zeigt deutlich, wie sich der Weg im Hinblick auf persönliche und fachliche Weiterentwicklung in den letzten Jahren verändert hat. Konnten Fachkräfte in der Vergangenheit üblicherweise ihre persönlichen Fort- und Weiterbildungswünsche äußern, so ergeben sich heute die Themen für einzelne Pädagoginnen eher als eine Fortbildungsnotwendigkeit in einem bestimmten Schwerpunktbereich. Diese Bestandsaufnahme der Fortbildungswünsche wird im Kollegenkreis diskutiert und infolge durch gemeinsame Absprache an bestimmte Teammitglieder delegiert. Es ist natürlich klar, dass hierbei persönliche Wünsche aus individueller Sicht zu kurz kommen Vgl. Krenz, 2008, S Vgl. Krenz, 2008, S.7 f.

225 Seite Professionalität durch Weiterentwicklung Die Entwicklung des Menschen ist durch ständige Veränderungsprozesse seines Umfeldes und seiner Lebensbedingungen beeinflusst. Auch in der Pädagogik vollzieht sich ein permanenter Wandel, bedingt durch Umfeld- und Umweltveränderungen, neuen Erfahrungen oder neuen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung zur Neubetrachtung von bisherigen Zielen, Wegen, Methoden oder didaktischen Schwerpunkten, wie sie z.b. in der Resilienzforschung oder Neurophysiologie thematisiert werden. Was gestern noch für die Pädagogik, Psychologie oder auch Didaktik eine allgemeine oder spezielle Gültigkeit besaß, kann heute schon durch neue Forschungsergebnisse revidiert sein. Beispielsweise sind bedeutende Kernaussagen von Jean Piaget mittlerweile durch neue Untersuchungsresultate gänzlich aufgehoben und durch andere Belege ersetzt worden. Auch in Bereichen wie in Team-, Konflikt-, Bildungs- oder Bindungsforschung trifft diese Tatsache zu. Stillstand bedeutet Rückschritt, mit diesem Gedanken lässt sich die Notwendigkeit des permanenten Fortschrittes begründen und trifft alle Entwicklungen im pädagogischen Terrain, seien sie personenbezogen oder arbeitsfeldorientiert. Aufgrund dieser Erkenntnis ist traditionsverbundene Arbeit, in der die Gestaltung der Berufstätigkeit durch Wiederholungen zurückliegender Arbeitsvorgänge charakterisiert war, nicht mehr möglich. Wenn die Pädagogik den Anspruch erhebt, Qualität von Anfang an zu realisieren und auch Träger von Einrichtungen sowie politische Mandatsträger den hohen und berechtigten Anspruch an die pädagogischen Fachkräfte stellen, Bildung von Anfang an in den Institutionen zu etablieren, dann müssen auch bestehende Bedingungen diesen Anforderungen angeglichen werden, andernfalls bleiben solche Ideologien bloße Lippenbekenntnisse. Charakteristisch für professionelles Handeln ist auch immer das messbare, dokumentierte Ergebnis. Möglichkeiten der Dokumentationen sind das Leitbild oder die Konzeptionsarbeit, erfolgreich praktizierte Gesprächsführung, qualitätsgeprägte Entwicklungsberichte in Form von Portfolios, gelungene Konfliktlösungen oder repräsentative Öffentlichkeitsarbeit, erfolgreiches Sponsoring oder schlichtweg die Transparenz und Dokumentation der alltäglichen pädagogischen Arbeit Vgl. Krenz, 2008, S.8.

226 Seite Pädagoginnen im Spannungsfeld von Traum und Wirklichkeit Im Rahmen eines Fortbildungsseminars wurde Pädagoginnen die Aufgabe gestellt, anhand einer Phantasiereise zu erörtern, welche Veränderungen es wohl geben müsse, damit ihnen der Erzieherinnenberuf in höchstem Maße gefiele. 558 Folgende Antworten und Gedanken wurden formuliert: Das müssten Kindergärten sein, in denen die Gruppengröße radikal reduziert wäre, sodass die Kinder selbst mit viel mehr Ruhe und Zeit, mit weniger Konflikten und mehr Raum spielen, lernen und sich bilden könnten und die Fachkräfte weitaus stärker auf einzelne Kinder eingehen könnten, als es zurzeit möglich ist. Weiters wäre eine bessere Personalausstattung mit fachlich gut ausgebildeten Kräften vorzufinden und der Träger der Einrichtung würde sich ebenso für das Wohlbefinden aller Mitarbeiter interessieren. Ebenso würden zum festen Bestandteil der Arbeitszeit sämtliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, Supervision und Coaching gehören und anfallende Kosten dafür selbstverständlich vom Träger der Einrichtung übernommen werden. Die Visionen dieser Berufsvorstellungen gingen noch weiter, indem das Engagement der Eltern für eine aktive Mitarbeit in den Einrichtungen enorm groß ist und grundlegendes Interesse an einer dauerhaften, konstruktiven Zusammenarbeit besteht. Eltern würden demnach immer wieder den Dialog mit Fachkräften suchen, beispielsweise über den aktuellen Entwicklungsstand ihrer Kinder, über gültige Konzeptionen, pädagogische Perspektiven und deren Handlungshintergründe diskutieren. Eine weitere visionäre Vorstellung wäre, dass alle Mitarbeiterinnen voller Tatendrang neue professionelle Handlungsstrategien in ihre Aktivitäten aufnehmen würden, Konflikte im Kollegium grundlegend geklärt wären und insofern eine Arbeitsatmosphäre existieren würde, die eine volle Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben der Arbeit zuließe. Schlussendlich wäre da noch die Entlohnung zu erwähnen, diese sollte den hohen beruflichen Anforderungen entsprechen. Nach dieser Phantasiereise wurden die Teilnehmerinnen mit der Frage konfrontiert, warum sie dann noch in ihrer Einrichtung arbeiten, wenn offensichtlich so viele Gegebenheiten für sie Irritationen und Unmut hervorrufen? Darauf hin folgte eine längere Pause und diese wurde schließlich mit folgenden Antworten unterbrochen: Eine Gruppe von Pädagoginnen meinte, dass sie schon vieles versucht hätten, um in der Einrichtung etwas zu verändern, ohne allerdings wirklich bedeutsame Innovationen erreicht zu haben. Gleichzeitig hätten sie lernen müssen, sich mit der Tatsache abzufinden. Eine andere Gruppe meinte, dass sie nun einmal den 558 Vgl. Krenz, 2008, S.8.

227 Seite 227 Beruf der Kindergartenpädagogin gewählt hätten und durch ihre Ausbildung und ihre Berufspraxis darauf angewiesen seien, auch weiterhin in diesem Berufsfeld zu arbeiten. Eine weitere Gruppe artikulierte sehr deutlich, dass ihre Berufsvorstellungen zu Beginn ihrer Tätigkeit andere gewesen seien, sie dennoch auch weiterhin bzw. durch die zurückliegenden und aktuellen Erfahrungen davon überzeugt wären, dass Kinder sie brauchen. Die letzte Gruppe von diesen Teilnehmerinnen bekräftigte zwar ihre Unzufriedenheit, zog aber gleichzeitig auch in Betracht, dass es auch an ihrem eigenen Unvermögen läge, berufspolitische und fachspezifische Ziele sowohl zu erkennen als auch konsequent und gleichzeitig qualitätsorientiert zu verfolgen. Ein zu schnelles Resignieren, fehlendes Methodenwissen, lückenhafte Fachkompetenzen und auch persönliche Unsicherheiten seien daran beteiligt, dass die Situationen vor Ort so sind, wie sie sich nun einmal zeigen, und dadurch auch die Gesamtsituation entsprechend geprägt sei Die Profession von Pädagoginnen: anspruchsvoll und umfangreich Hier begegnen einander zwei Extreme. Auf der einen Seite erwarten zukünftige Pädagoginnen voller Motivation und Neugierde den angestrebten Beruf, auf der anderen Seite macht sich bei vielen berufserfahrenen Pädagoginnen schon nach einigen Jahren eine größere Berufsunzufriedenheit breit, verbunden mit der Tatsache, dass zum einen die Anforderungen stetig größer werden und zum anderen die Erwartungen von Eltern, dem Träger und den unterschiedlichen Fachwissenschaften ebenfalls steigen und dies bei einer häufig fehlenden Wertschätzung des Berufes in der breiten Öffentlichkeit und den zunehmend entwicklungshinderlichen Rahmenbedingungen. Trotz alledem kann man aber sagen, dass der Beruf der Kindergartenpädagogin nach wie vor aus subjektiver Sicht idealtypisch grundsätzlich positiv bewertet wird. Allerdings muss in diesem Zusammenhang auch gesagt werden, dass die starken beruflichen Belastungen die persönliche Lebens- bzw. Familiengestaltung stark beeinträchtigen und Burnout Symptome nicht selten zutage kommen. Daran knüpfen sich auch wiederholte Aussteigerwünsche und stetige Hoffnungen auf Strukturverbesserungen. Dennoch zeigt der pädagogische Berufsalltag, dass treue Fachkräfte ihren Beruf mit großem Engagement und bestem Wissen und Können ausüben. Charakteristische Merkmale, wie sie im Beruf der Kindergartenpädagogin zum Ausdruck gebracht werden, sind z.b. dass sie gerne und viel mit Kindern lacht, spielt, tanzt, werkt, sich freut, Musik erlebt und gestaltet, textet und viele kreative Aktivitäten durch- 559 Vgl. Krenz, 2008, S.8 ff.

228 Seite 228 führt. Humor und Kreativität im pädagogischen Alltag sind sicher zielführender und wertvoller, als wenn Menschen in diesem Beruf nur eine absichtsgesteuerte Erziehung von Kindern als ihre Primäraufgabe ansehen würden und dabei gleichzeitig wichtige, emotionale Faktoren außer Acht ließen. Allerdings ist die gesamte Berufstätigkeit von pädagogischen Fachkräften weitaus umfangreicher als hier angeführt, man denke z.b. nur an administrative Aufgaben, wie die der Bildungsdokumentation von einzelnen Kindern oder an die gezielten Förderangebote für Kinder mit speziellem Entwicklungsförderbedarf. 560 So bedeutet die Arbeit der Pädagogin neben der vielfältigen Arbeit mit Kindern eben auch, sich mit Kolleginnen und Eltern, dem Träger und Fachkräften aus anderen Einrichtungen immer wieder aktiv, konfliktbereit, fachpolitisch orientiert und vor allem fachkompetent auseinander zu setzen. durch aktive Öffentlichkeitsarbeit das Image der Erzieherin sowie der gesamten Elementar- und Primarpädagogik zu verbessern, durch berufs- und gesellschaftspolitische Aktivitäten für eine verbesserte Humanisierung des Lebensumfeldes von Kindern und Erwachsenen einzutreten, der Einrichtung selbst zu einem unverwechselbaren Profil zu verhelfen, den weiteren Qualitätsprozess der Institution aktiv und engagiert zu unterstützen und durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen eigene Schwächen zu schwächen und innewohnende Stärken weiter zu stärken Wertschätzung für den Beruf der Kleinkindpädagogin Es gehört zu einer pädagogischen Laufbahn, dass durch die Berufstätigkeit immer wieder Höhen und Tiefen erlebt werden, sei es im alltäglichen Umgang mit Kindern oder Eltern, im Kollegium oder mit dem Träger. Dieses Erleben, dieses Auf und Ab kennzeichnet das pädagogische Spannungsfeld mit seiner verantwortungsvollen Tätigkeit. Aber auch objektive Umstände können dazu beitragen, dass Pädagoginnen ihren Berufsalltag als äußerst belastend erleben: Finanzielle Ressourcen werden gekürzt, Arbeitszeiten verlängert, pädagogisches Fachpersonal wird überhaupt nicht oder erst nach längerer Zeit nachbesetzt. Insofern kann man sich nur wundern, wenn pädagogische 560 Vgl Krenz, 2008, S Krenz, 2008, S.10.

229 Seite 229 Fachkräfte ihren Idealismus, ihr Berufsethos nicht verlieren, vielmehr wie ein Fels in der Brandung stehen und ihre Aufgaben fachkompetent meistern. Leider ist aber in diesem Zusammenhang auch oft festzustellen, dass Pädagoginnen mit solch überaus großem Engagement innerhalb der eigenen aber auch von anderen Berufsgruppen verhöhnt oder belächelt, von der Öffentlichkeit und der Politik weitgehend verkannt, in keinem Maße auch nur annähernd entlohnt, von vielen Eltern mit höchsten Erwartungen überfrachtet oder auch bei diversen Aktionen alleine gelassen, von den Grundschulen nicht selten unangemessenen Forderungen unter Druck gesetzt sowie von den eigenen Erwartungen an sich selbst immer wieder aufs Neue gefordert werden. Es drängt sich nun der Gedanke auf, ob sich aus dem ursprünglichen Traumberuf der Kindergartenpädagogin nun nicht doch ein beruflicher Albtraum entwickelt hat. Es ist nun wirklich ein Gebot der Stunde, dass bildungspolitisch Verantwortliche den Handlungsbedarf erkennen und endlich Taten folgen. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für Kinder und PädagogInnen eine professionelle und menschenwürdige Pädagogik ermöglichen Weiterentwicklung als Lösungsansatz Mit Life skills bezeichnet man Lebenskompetenzen. Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, hat mit diesen Life skills ermittelt, ob Menschen entsprechende Anforderungen als Belastung oder als produktive Herausforderung erleben. Entscheidend ist, dass diese Lebenskompetenzen permanent weiterentwickelt werden. 563 Darunter fallen insbesondere: eine gute Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, ein sorgsamer und aktiver Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen, ein kritisches Denken, eine vorhandene Entscheidungs- und selbstaktive Handlungsfähigkeit, die Bereitschaft zur Selbstreflexion und ein vorhandenes Selbstbewusstsein, guter Umgang mit Stress und Ängsten sowie eine Widerstandsfähigkeit gegenüber Gruppendruck, Interesse, Motivation in sich tragen, etwas mit anderen sinnvoll auszuhandeln, gestalten und verändern zu wollen Vgl. Krenz, 2008, S Vgl. Krenz, 2008, S Vgl. Krenz, 2008, S.11 f.

230 Seite 230 Weiterentwicklung im allgemeinen Sinne erfolgt durch die Stärkung von Lebenskompetenzen. Diese Lebenskompetenzen können aber ohne weiteres auch auf die Berufsgestaltung von Pädagoginnen übertragen werden, ergänzt durch berufsspezifische Anforderungen wie der Wunsch, sich immer wieder gerne auf neue Herausforderungen des Berufsfeldes einzulassen, die professionelle Fachlichkeit immer weiter zu verbessern und erreichte Qualitätskriterien zu stabilisieren. Pädagogik, dieses Berufsfeld ist immer in gewisser Weise einem Spannungsfeld gleichzusetzen, damit gemeint kann aber auch eine positive Wohlspannung sein, die im Berufsalltag von Pädagoginnen immer wieder aufs Neue geweckt werden kann und somit eine Herausforderung für einen verantwortungsvollen, spannenden, einfach wunderbaren Beruf darstellt Der konkrete Bildungsauftrag von Kindergartenpädagoginnen Erzieherinnen müssen Widersprüche aushalten: Sie sollen in einer eigens für Kinder eingerichteten Welt sensibel sein für zuviel Versorgung und zuviel Pädagogisierung. Sie müssen für die Sicherheit der Kinder sorgen und dennoch Kindern ihren eigenen freien Lauf, ihre eigenen Erfahrungen und ihre eigenen Spielräume lassen. Sie haben die Umwelt so zu gestalten, dass der Alltag so viel an Anregung bietet, dass möglichst wenig vom Erwachsenen für die Kinder inszeniert werden muss. (Verfasser unbekannt) Wenn es heißt, Kinder seien ein wertvolles Gut, drängt sich die Frage auf: Wie wertvoll ist dann die von Kindergartenpädagoginnen geleistete Bildungs- und Erziehungsarbeit? Der Dreiklang von Bildung, Erziehung und Betreuung steht im Bildungsauftrag einer Kindergartenpädagogin wohl an oberster Stelle. Der Kindergarten versteht sich als ein Bildungsort und hat einen konkreten, differenzierten Bildungsauftrag. Allgemein ist in den letzten Jahren in einigen Ländern Europas eine neue Aufmerksamkeit für die frühkindliche Bildung festzustellen. Der Kindergartenpädagogin als Bildungsexpertin kommt in der Diskussion um frühes Lernen in vorschulischen Einrichtungen eine bedeutsame Rolle zu. 565 Vgl. Krenz, 2008, S.12.

231 Seite 231 Dr. Irmgard Maria Burtscher, 1957 in Bludenz geboren, absolvierte die Ausbildung zur (Sonder)Kindergartenpädagogin in Feldkirch und Klagenfurt. Nach ihrer Tätigkeit als Kindergartenpädagogin in Bludenz, Feldkirch und Innsbruck erfolgte das Studium der Erziehungswissenschaften in Innsbruck und Kalifornien. Sie verfasste in der Fachzeitschrift Unsere Kinder im Heft 05/2003 zum Thema Vorschulkinder kompetent begleiten einen Fachartikel, aus dem ich inhaltlich zitieren bzw. vergleichen möchte. Die Kindergartenpädagogin schafft adäquate Voraussetzungen, welche die frühkindliche Lerngrundhaltung des Kindes positiv beeinflussen. In der Kleinkindpädagogik hat man in Vergangenheit und Gegenwart die spezielle Art, wie sich Kleinkinder ihrer Umwelt zuwenden, beobachtet und beschrieben. In diesem Zusammenhang spricht man von der sogenannten intrinsischen Motivation, die die Kraft und Macht, die im Kind steckt, beschreibt. Damit einher gehen aber auch die natürlichen Kräfte und die kindliche Eigenaktivität, die ganzheitliche Hingabe, die Intensität des kindlichen Spiels, Entdeckerfreude sowie intuitiver Lerncharakter. Bedingt durch ein harmonisches Lernumfeld, in dem gesunde Kleinkinder sich wohlfühlen, können Kinder Lerngrundhaltungen wie Neugier, Interesse, Konzentration, Beharrlichkeit, Faszination, Fürsorge, Beobachtungsgabe, blühende Fantasie, Weltoffenheit entwickeln. Diese Lerngrundhaltungen sind die Basis für frühkindliche, aber auch lebenslange Bildungsprozesse. Hierbei kommt der Kindergartenpädagogin die Aufgabe der bewussten Wahrnehmung, der sensiblen Beobachtung, der reflektierenden Analyse, der sorgsamen Pflege und des Ausbaues dieser dominanten Lerngrundhaltungen zu. 566 Die Kindergartenpädagogin schafft die Basis für elementare Bildungsinhalte. Die Bildungsinhalte in der Frühpädagogik können nicht unabhängig von der sozialen und wirtschaftlichen Lage einer Gesellschaft, der philosophisch-religiösen Einstellung von Erwachsenen, neuen Forschungsergebnissen, pädagogischen Zeitströmungen und der Reaktion auf vorhergehende pädagogische Zeitströmungen gesehen werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte die Erziehung zu Gehorsamkeit und Disziplin oberste Priorität, das Exerzieren war ebenso ein elementarer Bildungsinhalt der Kleinkinderschulen dieser Zeit. Heute, im 21. Jahrhundert, beschäftigen uns pädagogische Aufga- 566 Vgl. Burtscher, Irmgard Maria: Vorschulkinder kompetent begleiten. Bildungsauftrag der Kindergartenpädagogin. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik. 2003, Heft 5, S. 115.

232 Seite 232 ben wie die geschlechtssensible Erziehung, die Erziehung nach dem Prinzip der Partizipation oder auch interkulturelle und gewaltfreie Erziehungsansätze. Insofern ist das Berufs- und Aufgabenprofil einer Kindergartenpädagogin ein vielseitiges. Gemeinsam mit Kindern werden Bildungsangebote eruiert und die Pädagogin erlebt sich dadurch selbst als Lernende und Forschende, indem sie täglich neue spontane Bildungssituationen erkennt, darauf reagiert und reflektiert, wie sie durch ihr pädagogisches Wirken die Kinder entwicklungsfördernd unterstützen und begleiten kann. Dieses pädagogische Berufsverständnis beschreibt die Kindergartenpädagogin eindeutig als individuelle Bildungsbegleiterin eines Kindes. Grundlegende Bildungsziele, welche in der Geschichte der Kindergartenpädagogik schon sehr lange Gültigkeit besitzen, sind beispielsweise, das Kind in seinem ureigensten Wesen, in seiner Einmaligkeit, zu erfassen oder auch forschend nach dem Wesen des Kindes zu suchen, die Entfaltung der individuellen Persönlichkeit des Kindes zu fördern und so dem Kind durch pädagogische Anregungen helfen sich selbst zu entwickeln. Jedes Kind soll von der Kindergartenpädagogin von seinen gegenwärtigen Auffassungen und Kompetenzen auf eine neue Stufe des Könnens und der Erkenntnis, der Fertigkeiten und Denkfähigkeit geleitet werden. Die Kindergartenpädagogin als kompetente Bildungsbegleiterin ist allerdings immer von diversen Rahmenbedingungen abhängig. Entscheidend für das Gelingen dieser Bildungsbegleitung ist allerdings das Erkennen und Erfassen der Interessens- und Bedürfnislage eines jeden einzelnen Kindes. Dazu ist wiederum eine intensiv angelegte Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern, also ein Bündnis zum Wohle des Kindes, Voraussetzung. Ein vertrauensvolles Beziehungsdreieck zwischen Kind, Eltern und Kindergartenpädagogin stellt die wichtigste Grundlage für alle Bildungsprozesse im Kindergarten dar. Der gesetzliche Bildungsauftrag des Kindergartens ist eindeutig so angelegt, dass Kindergartenpädagoginnen familienergänzend und familienunterstützend agieren. Dieses Bildungsziel kann allerdings nur dann erreicht werden, wenn Pädagoginnen wissen, was der Familie wichtig ist, welche Eindrücke und Erlebnisse Kinder aus ihrem Familienumfeld bei Kindergarteneintritt mitbringen. Insofern begleitet und unterstützt die Kindergartenpädagogin sogenannte Lerngemeinschaften. Bereits Fröbel hat den Wert und die Chance einer Kindergruppe als natürliche Lernanregung bzw. Lernumgebung erkannt und erleben lassen. Kreis- und Bewegungsspielen in Kindergruppen, wo Kinder sich als Teil eines Ganzen erfahren durften,

233 Seite 233 schenkte Fröbel größte Bedeutung und zeigte so die bildende Wirkung der Gemeinschaft von Kleinkindern auf. Heute wird das soziale Lernen mit dem sachlichen Lernen in der Kindergruppe gezielt vernetzt. So erleben Kinder beispielsweise, was es heißt, gemeinsam von einer Aufgabe gefesselt zu sein, sich gegenseitig zu motivieren, neue Aspekte einer Sache zu entdecken, sich von der Begeisterung der anderen anstecken zu lassen, selber zu begeistern, zu erleben, dass jedes Gruppenmitglied auf seine Art und Weise zum Gelingen des gemeinsamen Unternehmens beitragen kann. Primäre Aufgabe der Kindergartenpädagogin bei solchen Aktivitäten ist die alltägliche Beobachtung und die Analyse der spontanen und geplanten Gruppenprozesse, sowie die behutsame Anleitung und Weiterentwicklung der Kindergruppe zu einer Gemeinschaft von Lernenden. Die Kindergartenpädagogin wird in diesem Sinne Initiatorin und Moderatorin von bedeutsamen Gruppenprozessen. Dr. Burtscher stellt in ihrem Artikel zusammenfassend fest, dass Kinder in jedem Alter das Recht darauf haben, als Bildungspersonen wahrgenommen und in ihrer Entwicklung optimal unterstützt zu werden Bildung braucht Intentionen Bildung braucht System Das verpflichtende Vorschuljahr Bildung ist das, was übrigbleibt, wenn wir vergessen, was wir gelernt haben. (Hartmut von Hentig) Der Landtag Steiermark hat im Frühjahr 2007 für den Kinderbetreuungsbereich eine wichtige Gesetzesnovelle verabschiedet. Aus dem bisherigen Kinderbetreuungsgesetz wurde das Steiermärkische Kinderbildungs und betreuungsgesetz. Damit wurde jenem Verständnis Rechnung getragen, das in den steirischen Kinderbetreuungseinrichtungen schon lange gelebt wird, nämlich Kinder nicht nur zu betreuen, sondern auch durch eine altersgerechte Bildungsarbeit die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder zu fördern. Welch hohen Stellenwert die vorschulische Bildung hat, zeigt die aktuelle Diskussion über die geplante Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres. Optimale Bildungsarbeit setzt die Beistellung entsprechender Sach- und Personal- 567 Vgl. Burtscher, 2003, S. 115 ff.

234 Seite 234 ressourcen voraus. Nur unter diesen Bedingungen kann Qualität für die Kinder im Spannungsfeld zwischen Bildung und Betreuung gesichert werden. 568 Bildung ist immer als ein Produkt der Zeit zu verstehen und einem steten Wandel unterlegen und muss insofern kritisch betrachtet werden. Bildung beginnt mit der Geburt und in den ersten Lebensjahren werden entscheidende Basiskompetenzen erworben, auf die weitere Bildungsprozesse aufbauen. Dem frühen Lernen, wie dies in der Familie geschieht, kommt eine enorm wichtige Bedeutung zu. Kinderbildungs- und betreuungseinrichtungen als familienergänzende Institutionen haben den Auftrag, allen Kindern rechtzeitig bestmögliche Bildungserfahrungen und -chancen zu bieten. Dieser bildungspolitische Zugang wurde in der Steiermark schon im Oktober 2005 durch die Übernahme der Kinderbetreuung in das Bildungsressort bestätigt. Die Gesetzesnovelle zum Steiermärkischen Kinderbetreuungsgesetz betont den Bildungsaspekt auch im Titel des Gesetzes. 569 Die Wissensgesellschaft und die Forderung Bildung für alle Wo keine Freude ist, ist auch keine Bildung, und Freude ist der alltägliche Abglanz des Glücks. (Hartmut von Hentig) Ein Auszug aus dem UNESCO-Weltbericht Bildung für alle (EFA Global Monitoring Report 2007) 570 Ziel 1 Frühkindliche Förderung und Erziehung soll ausgebaut und verbessert werden, insbesondere für benachteiligte Kinder. Ziel 2 Bis 2015 sollen alle Kinder insbesondere Mädchen, Kinder in schwierigen Lebensumständen und Kinder, die zu ethnischen Minderheiten gehören Zugang zu unentgeltlicher, obligatorischer und qualitativ hochwertiger Grundschulbildung erhalten und diese auch abschließen. 568 Eigner, Albert: Zum Geleit. In: Kiste 07. Die Kinderbetreuung in der Steiermark. 2007, S Vgl. Vollath, Bettina: Zum Geleit. In: Kiste 07. Die Kinderbetreuung in der Steiermark. 2007, S Vgl. o. A.: Der Bildungsbegriff oder haben wir Bildung begriffen? In: Kiste 07. Die Kinderbetreuung in der Steiermark. 2007, S. 8.

235 Seite 235 Ziel 3 Die Lernbedürfnisse von Jugendlichen sollen durch Zugang zu Lernangeboten und Training von Basisqualifikationen (life skills) abgesichert werden. Ziel 4 Die Alphabetisierungsrate unter Erwachsenen, besonders unter Frauen, soll bis 2015 um 50% erhöht werden. Der Zugang von Erwachsenen zu Grund- und Weiterbildung soll gesichert werden. Ziel 5 Bis 2015 soll das Geschlechtergefälle in der Primar- und Sekundarbildung überwunden werden. Bis 2015 soll Gleichberechtigung der Geschlechter im gesamten Bildungsbereich erreicht werden, wobei ein Schwerpunkt auf der Verbesserung der Lernchancen für Mädchen liegen muss. Ziel 6 Die Qualität von Bildung muss verbessert werden. 571 Der Bildungsauftrag von Kinderbetreuungseinrichtungen Durch die Veröffentlichung der OECD-Bildungsstudien, wie etwa der PISA-Studie oder Starting Strong, wurde der Bildungsauftrag in den Kinderbetreuungseinrichtungen in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Das Steirische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz beschreibt in den Paragraphen 4 und 5 konkret den Aufgabenbereich der Kinderbetreuungseinrichtungen. 572 Auszug aus dem Steirischen Kindergartengesetz 4 Gemeinsame Aufgaben aller Kinderbetreuungseinrichtungen Alle Kinderbetreuungseinrichtungen haben: 1. die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung jedes Kindes individuell zu unterstützen; 2. nach gesicherten Erkenntnissen und Methoden der Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung einer altersgerechten Bildungsarbeit die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit jedes Kindes und seine Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen, selbstständigen und mündigen Lebensführung in der Gemeinschaft zu fördern; 571 Vgl. o. A., Bildungsbegriff, 2007, S Vgl. o. A.: Der Bildungsauftrag von Kinderbetreuungseinrichtungen. In: Kiste 07. Die Kinderbetreuung in der Steiermark. 2007, S. 9.

236 Seite auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes einzugehen, insbesondere auch die Familiensituation zu berücksichtigen; 4. die Familienerziehung bis zur Beendigung der Schulpflicht zu unterstützen und zu ergänzen (Subsidiarität); 5. Integrationsaufgaben im Hinblick auf Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen oder auf interkulturelle Aspekte zu übernehmen 6. zu einer grundlegenden religiösen und ethischen Bildung beizutragen; 7. bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit den Eltern (Erziehungsberechtigten) bzw. den LehrerInnen der Kinder in geeigneter Weise möglichst eng zusammenzuarbeiten. 573 Bildungspläne im Kindergarten Bildungspläne des Kindergartens werden oftmals skeptisch betrachtet, weil sie automatisch mit Lehrplänen assoziiert werden und eine Vereinheitlichung durch Standards befürchten und somit eine Normierung im vorschulischen Bereich implementieren. Im deutschsprachigen Raum gibt es bereits seit den siebziger Jahren Bemühungen, verbindliche Bildungs- und Erziehungsziele in Form von Bildungsplänen zu erfassen. Aktuelle Bildungspläne grenzen sich klar von der früheren Belehrungspädagogik ab und stellen eine kindgemäße Lernpädagogik ins Zentrum. Die große Herausforderung besteht darin, dass möglichst viele Einrichtungen einen allgemein gültigen Bildungsplan adaptieren und somit ein gleichmäßiges Qualitätsniveau anstreben. Angesichts der Vielfalt an Bildungsplänen ist ein Vergleich nicht nur spannend, sondern auch lohnenswert. Die Verbindlichkeit der Bildungspläne ist ebenso unterschiedlich stark, sie reicht von einer Rechtsverbindlichkeit bis zur Empfehlung. Wenn ein Bildungsplan für den Vorschulbereich ähnlich verbindlich ist wie ein Lehrplan für die Schulen, ist zu erwarten, dass es auch zu einer gesellschaftlichen Aufwertung der Bildungsprozesse kommen wird. Der Aufbau der Bildungspläne ist im Allgemeinen sehr ähnlich, keiner der Pläne beschränkt sich nur auf eine einfache Aufzählung von Bildungszielen. Auffallend ist, dass die meisten Bildungspläne eine ausführliche Darstellung konkreter Aspekte der Kindergartenpädagogik aufweisen. Dazu zählen etwa die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern, die Gestaltung von Übergängen wie z.b. der Übertritt vom Kindergarten in die Schule, sowie die Beobachtung und Dokumentation kindlicher Lern- 573 o. A., Bildungsauftrag 2007, S. 9.

237 Seite 237 und Entwicklungsprozesse. Große Unterschiede zeigen sich lediglich in der inneren Struktur der Bildungspläne. 574 Die Entscheidung, einen Bildungsplan zu formulieren, lohnt sich trotz der vielschichtigen, komplexen und langwierigen Arbeit. Am Ende kann man auf einen intensiven Diskussionsprozess um philosophische Grundlagen, pädagogische Wert- und Zielvorstellungen und Inhalte für den Bereich frühkindlicher Bildung zurückblicken: Eine auf Konsens basierende Grundlage für die Gestaltung pädagogischer Arbeit ist entstanden Verbindlichkeit rückt an die Stelle pädagogischer Beliebigkeit! 575 Bildung ist immer kulturell geprägt. Insofern bedarf es eines differenzierten Blickes auf unsere in Veränderung befindliche Gesellschaft. Frühkindliche Bildungsprozesse orientieren sich primär an der Lebenswelt des Kindes, das heißt, die Pädagogin orientiert sich in erster Linie an den kindlichen Aneignungsprozessen. Das wiederum führt dazu, dass sie sich ein Bild vom Kind machen muss, ein Bild von den anderen und ein Bild von der Welt, in der das Kind lebt. Insofern muss ein Bildungsplan die unterschiedlichsten Voraussetzungen von allen Kindern miteinbeziehen, auch von Kindern mit Behinderungen oder mit besonderen Bedürfnissen. 5.4 Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen im Bundesland Steiermark Im Folgenden wird das Kinderbetreuungsreferat der Fachabteilung 6B, die sich im konkreten aus der Fachberatungs- und Fortbildungsstelle zusammensetzt, vorgestellt Die Fachberatungsstelle Seit 1. September 1991 wurden der Funktionstitel und die Aufgaben der Fachberaterinnen in Ablösung der Kindergarteninspektorinnen gesetzlich neu geregelt. In der Steirmark wird die fachliche Weiterbildung von Kindergartenpädagoginnen und deren Assistentinnen über die Fachabteilung 6B organisiert und geregelt. 574 Vgl. Kneidinger, Elisabeth: Balanceakt zwischen Orientierungshilfe und Verbindlichkeit. Bildungspläne für den Elementarbereich im Vergleich. In: Unsere Kinder. Fachzeitschrift für Kindergartenund Kleinkindpädagogik. 2007, Heft 2, S. 9 f. 575 Kneidinger, 2007, S. 14.

238 Seite 238 Ziele, welche die Fachabteilung verfolgt, sind zum einen die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit für Kinder bis zur Beendigung der Schulpflicht, zum anderen das Mitwirken an der Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit, orientiert an der jeweiligen Lebenssituation von Kindern und Familien vor dem Hintergrund aktueller wissenschaftlicher, sozialer und politischer Gegebenheiten. Über all diesen Zielen aber steht die Intention, in Ergänzung zur Familie Raum zu schaffen, sodass Kinder ihre Persönlichkeit entfalten können und sich wohl fühlen. Als konkrete Handlungsfelder dafür sind Kinderkrippen, Kindergärten, Heilpädagogische Kindergärten, Horte, Heilpädagogische Horte, Kinderhäuser und Tagesmütter/ väter vorgesehen. Die angesprochenen Zielgruppen sind das Personal in den Kinderbetreuungseinrichtungen, einschließlich der Tagesmütter / väter, die Kinder, Jugendlichen, Eltern und die Familien sowie die Erhalter von Kinderbetreuungseinrichtungen. 576 Leitgedanke Die Gesellschaft anerkennt den Wert von Kinderbetreuungseinrichtungen als Lebensräume, in denen Kinder langfristig und nachhaltig ihre Fähigkeiten entfalten, Fertigkeiten erwerben, Selbstvertrauen und Selbständigkeit entwickeln. Verantwortung und Handlungsbereitschaft für die Gemeinschaft aufbauen können. Kinderbetreuungseinrichtungen sind Kommunikationszentren des örtlichen Gemeinwesens. 577 Aufgabenbereiche der Fachberatungsstelle Die rechtlichen Grundlagen beruhen auf dem Steiermärkischen Kinderbetreuungsgesetz (LGBl. Nr. 22/2000) und dem Steiermärkischem Kinderbetreuungsförderungsgesetz (LGBl. Nr. 23/2000, i.d.g.f.) und mit diesen in Zusammenhang stehende gesetzliche Bestimmungen. Die fachlichen Grundlagen beziehen sich auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, sowie auf praxisorientierte Handlungsmodelle. Entsprechende Rahmenbedingungen, die individuelle Begleitung, Unterstützung und Beratung sowie adäquate Fort- und Weiterbildung des Personals bilden die Basis für qualitativ hochwertige Arbeit. Darüber hi- 576 Vgl. o. A.: Konzeption Fachberatungsstelle. In: Kiste 03. Die Kinderbetreuung in der Steiermark. 2003, S o. A., 2003, S. 4.

239 Seite 239 naus ist eine von allen getragene Kultur der gegenseitigen Wertschätzung ein wesentliches Anliegen. 578 Die Aufsichtstätigkeit, die sich aus diesem Aufgabenbereich ergibt, üben sogenannte Fachberaterinnen aus. Sie überprüfen schwerpunktmäßig die Rahmenbedingungen zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben in den Kinderbetreuungseinrichtungen, beobachten und analysieren pädagogische Handlungsweisen hinsichtlich ihrer Entsprechung gemäß des Steiermärkischen Kinderbetreuungsgesetzes. Überdies führen sie Erhebungen bei Verdacht von Gesetzwidrigkeiten und Mängeln durch, beraten bei Maßnahmen zur Mängelbehebung, unterstützen bei der Problemlösung und in der Erhaltung und pädagogischen Führung von Kinderbetreuungseinrichtungen. Darüber hinaus gehört es zu ihren Pflichten, Berichte, Gutachten und Stellungnahmen zur allfälligen Einleitung von Mängelerhebungsverfahren sowie anderen Verwaltungsverfahren zu erstellen. Ein sehr umfassender und wichtiger Aufgabenbereich ist die Information über zeitgemäße, qualitätsorientierte, einrichtungsspezifische Didaktik, sowie über diverse gesetzliche Grundlagen. Die Aufsichtstätigkeit der Fachberaterin erfolgt nach dem Steiermärkischen Kinderbetreuungsgesetz 2000 entweder mit oder ohne vorherige Terminankündigung und dient primär der Qualitätssicherung, der Sicherung gesetzeskonformer Rahmenbedingungen und der gerechtfertigten Verwendung öffentlicher Budgetmittel. 579 Pädagogische Fachberatung Hauptaufgabe der Fachberaterinnen, es sind dies in der Steiermark zurzeit ausschließlich Frauen, ist das Erheben, Sichern und Entwickeln einer Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität. Sie regen verschiedene Handlungskonzepte und Modellversuche in der Kinderbetreuung an und begleiten und begutachten diese dann im Anschluss daran. Große Bedeutung kommt der Beratung, der Unterstützung und der Begleitung des pädagogischen Personals in Kinderbetreuungseinrichtungen zu, was wiederum dem Wohl der zu betreuenden Kinder zugute kommt. Unerlässlich ist die Erarbeitung, Dokumentation und Förderung der Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken. 578 Vgl. o. A., 2003, S Vgl. o. A., 2003, S. 5.

240 Seite 240 Fachberaterinnen bieten Auskünfte, Beratungen, allgemeine Informationen, im speziellen auch hinsichtlich der Errichtung und Erhaltung von Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Moderation und Begleitung, sowie die Mitwirkung an fachbezogenen Fortbildungsveranstaltungen gehört ebenso zu ihrem Aufgabengebiet. Abgerundet wird das Anforderungsprofil der Fachberaterinnen durch die Teilnahme an interdisziplinären Arbeitskreisen, Tagungen und Foren zu Theorie und Praxis aus dem Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Pflege von Kontakten und der fachliche Austausch mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen insbesondere mit den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und den Organisatoren von Ausbildungslehrgängen, sowie verwaltungstechnische Aufgaben, geben Aufschluss darüber, wie vielseitig das Aufgabenspektrum der Fachberaterinnen ist. 580 Steiermarkweit sind fünf pädagogische Fachberaterinnen im Einsatz, die für bestimmte Regionen zuständig sind. Zusätzlich ist eine Mitarbeiterin für die Frühe Sprachförderung verantwortlich. Die Zuständigkeit der Fachberatungsstelle erstreckt sich über 834 Kinderbildungs und -betreuungseinrichtungen, mit Gruppen und KindergartenpädagogInnen. 581 Der permanente gesellschaftliche Wandel fordert das pädagogische Personal in den Einrichtungen enorm. Die elementare Bildungsaufgabe in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen erfordert höchste Professionalität seitens der PädagogInnen. Eltern, aber auch Erhaltern der Kinderbildungs und betreuungseinrichtungen müssen nun pädagogische Standards bzw. diese pädagogische Qualität transparent gemacht werden. Der Garant für diese qualitätsvollen Rahmenbedingungen ist das Steiermärkische Kinderbildungs und -betreuungsgesetz und die Kontrolle der Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen im Sinne der zu betreuenden Kinder ist Aufgabe der Fachberatungsstelle. Die Aufsicht bezieht sich auf sämtliche Belange der Kinderbildungs und betreuungseinrichtungen, soweit sie durch Landesgesetze geregelt sind. Ziele der sogenannten Aufsichtsbesuche sind zum einen die Sicherung der gesetzeskonformen Rahmenbedin- 580 Vgl. o. A., 2003, S o. A.: Information zur Arbeit der pädagogischen Fachberatung. In: Amt der Steiermärkischen Landes regierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Fachberatung aktuell. Jahresprogramm 2008/09, S. 5.

241 Seite 241 gungen und zum anderen die Kontrolle über die gerechtfertigte Verwendung öffentlicher Budgetmittel Die Fortbildungsstelle Fort- und Weiterbildung, so lautet der Tenor, ist in der heutigen Wissensgesellschaft der Schlüssel zum Erfolg. Liessmann äußerst sich dazu kritisch und meint, dass wir uns anstelle einer Wissensgesellschaft auf eine Kontrollgesellschaft zubewegen. Aber Zeiten der konkreten Vorgaben und des Wettbewerbs, man denke hier an die sogenannten Qualitätsrankings, verlangen ein System von Kontrollen, Evaluationen, Anpassungen und Zielvorgaben. Pädagogik ist Dienst am Leben und das Leben fließt, das heißt, alles ist in Bewegung und dies gilt in besonderer Weise für den Bildungssektor. Die Fortbildungsbestimmungen der Fachabteilung 6B im Bundesland Steiermark Grundsätzlich bietet die Fortbildungsstelle der Fachabteilung 6B im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und nach Maßgabe der budgetären Mittel die Möglichkeit, Fortbildungen für das Personal aller steirischen Kinderbetreuungseinrichtungen anzubieten. Diese zum Teil ganz- bzw. halbtägigen Veranstaltungen werden größtenteils kostenlos angeboten Fortbildungsverpflichtung des Personals in den Kinderbetreuungseinrichtungen und Pflichten der Erhalter 1) Das Personal in den Kinderbetreuungseinrichtungen ist, ausgenommen das Grobreinigungs- und Hauspersonal, im Ausmaß bis zu acht Tagen pro Kinderbetreuungsjahr zur Fortbildung verpflichtet. Diese Verpflichtung kann durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen während allfälliger Hauptferien im Ausmaß bis zu vier Tagen erfüllt werden. Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen während der übrigen Ferien im Sinne des 11 ist nicht verpflichtend. 582 Vgl. o. A., Arbeit der pädagogischen Fachberatung, 2008/09, S Vgl. o. A.: Information zu den Veranstaltungen der Fachberatung. In: Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Fachberatung aktuell. Jahresprogramm 2008/09, S. 8.

242 Seite 242 2) Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen gilt bis zu dem in Abs. 1 genannten Ausmaß als Dienstobliegenheit bzw. als Arbeitsauftrag. Die Erhalter haben, sofern es sich um Fortbildungsveranstaltungen innerhalb der Steiermark handelt, dem Personal die Teilnahme zu ermöglichen. Sofern es sich um Fortbildungsveranstaltungen außerhalb der Steiermark handelt, kann der Erhalter dem Personal die Teilnahme ermöglichen. 584 Kooperationspartner, die vom Land Steiermark über die Fachabteilung 6B gefördert werden: Verein Berufsgruppe Steirische Kindergarten- und Hortpädagoginnen diverse Fortbildungsveranstaltungen steiermarkweit Mosaik Bildung und Kompetenz GmbH Heilpädagogische Tage Projekt VIVID (Volkshilfe Steiermark Gem. Betriebs GmbH) Veranstaltungen zur Suchtprävention im Kindesalter Verein HAZISSA Veranstaltungen zur Präventionsarbeit zum Thema Sexueller Missbrauch Verein RAINBOWS Veranstaltungen zum Thema Trennung, Scheidung, Tod und Trauer Tagesmütter Graz-Steiermark GmbH Veranstaltungen für Tagesmütter u.a. diverse Veranstaltungen für Kindergartenpädagoginnen und Kinderbetreuerinnen Verein Landesverband der Steirischen Kindergruppen diverse Fortbildungsangebote steiermarkweit Hilfswerk Steiermark GmbH diverse Fortbildungsangebote steiermarkweit BFI Liezen diverse Fortbildungsangebote für Kindergartenpädagoginnen Das Rote Kreuz bietet kostenlose und kostenpflichtige Erste Hilfe- und Notfallskurse in den einzelnen Bezirken an des Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/2000 zuletzt i.d.f. LGBl. Nr. 69/ Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Jahresprogramm 2008/09, S. 10.

243 Seite 243 Die hier angeführten Veranstaltungen werden von der Fortbildungsstelle als offizielle Fortbildungsveranstaltung anerkannt. Die Teilnahmebestätigungen können im Bildungspass der Fachabteilung 6B abgelegt werden und gelten bei Bedarf als Nachweis der Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung gemäß 25 Stmk. Kinderbildungs und betreuungsgesetz LGBl. Nr. 22/2000 zuletzt i. d. F. LGBl. Nr. 69/ Themenbereiche und Titel der angebotenen Veranstaltungen aus dem Fortbildungskalender von 2008/09 der Fachabteilung 6B (ein Auszug) Die autonome Bewegungsentwicklung und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Kindes (Referentin: Mag a Doris Leopolt-Mandl) Lustvolles Lesen von leichter Lyrik (Referentin: Elisabeth Michl-Schnedlitz) Natur-Geschichten (Referentin: Mag a Almut Moshammer) Körperbewusstsein durch Yoga im Kindergartenalltag (Referentin: Sibylle Schöppel) Die Bedeutung einer sicheren Bindung als protektiver Faktor in der Entwicklung des Kindes (Referentin: Mag a Doris Leopolt-Mandl) Essen Sport - Bewegung im Bilderbuch (Referentin: Monika Kresse) Beobachten mit dem Salzburger Beobachtungskonzept (Referentin: Dr in Maria Zeilinger) Im freien Spiel die Welt begreifen (Referentin: Mag a Doris Leopolt-Mandl) Sprache und Kreativität im Kindergartenalltag) (Referenten: Maria Schäffer, Elke Hofstätter, Jasmin Schuster, Larissa Pock) Gesundheitsbildung mit Kindern durch Eutonie (Referentin: Ilse Schinner- Crüsemann) Beschwerdemanagement (Referent. DI Josef Starman) Erfolgreich arbeiten im Team (Referentin: Mag a Eva Fidlschuster) Gemeinsam planen, handeln und evaluieren (Referent: Dr. Manfred Pretis) 587 Grundsätzlich ist es möglich, dass pro Person mehrere Veranstaltungen gebucht werden können, allerdings erfolgt die Zuteilung nach Maßgabe freier Plätze. Anmeldungen können grundsätzlich auch online durchgeführt werden Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Jahresprogramm 2008/09, S Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Jahresprogramm 2008/09, S. 11 ff. 588 Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Jahresprogramm 2008/09, S. 9.

244 Seite 244 Tab. 30: Fortbildungskalender Jahresprogramm 2008/ Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6B (Hg.): Jahresprogramm 2008/09, S. 115.

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